Titel: | Ueber gewisse Verbesserungen bei dem Verfahren der Zuckersiederei und der Raffinirung des Zuckers. |
Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. V., S. 76 |
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V.
Ueber gewisse Verbesserungen bei dem Verfahren der Zuckersiederei und der Raffinirung des Zuckers.
Von Daniel Wilson in London, Earl Street. D. 3 Hornung 1818, woruͤber er ein Patent erhielt.Woͤrtlich uͤbersezt, mit Hinweglassung des Juridischen, aus: Specification of the Patent granted to Daniel
Wilson, of Earl Street, London, Gentleman; for certain Improvements in
the Process of Boiling and Refining Sugar. Dtd. Febr. 3.
1818. in The Repertory of Arts, Manufactures and
Agriculture. N. CCI. Second series. Febr. 1819. p.
134.
Mit Anmerkungen und einem Zusaze vom Herausgeber.
Wilson über Verbesserung der Zuckersiederei.
Ich Daniel Wilson erklaͤre,
daß meine Erfindung in folgender Beschreibung angegeben ist, naͤmlich:
Der ausgepreßte Saft aus dem Zuckerrohr enthaͤlt zugleich mit dem Zuckerstoff
eine Menge anderer Substanzen, welche die Krystallisation des Zuckers hindern, und,
indem sie demselben theilweise anhaͤngen, ihn zugleich verunreinigen. Dieser
Beimischung fremder Ingredienzien ist es vorzuͤglich zuzuschreiben, daß der
Saft aus dem Zuckerrohr eine so große Neigung besizt in Saͤure
uͤberzugehen; denn sie wirken als ein kuͤnstliches Ferment, und das,
was von ihnen dem Rohzucker anhaͤngt, faͤhrt fort auf eine
aͤhnliche Weise zu wirken, indem es allgemein bekannt ist, daß eine
Aufloͤsung von Rohzucker weit leichter in Saͤure uͤbergeht, als
ein Syrup von gleicher Saͤttigung, der aus raffinirtem Zucker erzeugt wurde.
Es wird daher ein Gegenstand von Wichtigkeit sowohl bei Erzeugung des Rohzuckers in
den Kolonien als bei
Raffinirung desselben, die Natur jener schaͤdlichen Ingredienzen zu
bestimmen, und durch chemische Mittel ihre Scheidung ohne Nachtheil des Zuckerkerns
zu bewirken.
Ich finde es fuͤr die Beschreibung meiner Erfindung unnoͤthig, hier
uͤber die Bestandtheile des Saftes des Zuckerrohres oder des Rohzuckers im
Allgemeinen mich einzulassen; ich beschraͤnke meine Bemerkungen auf jene
Substanzen, welche vorzuͤglich nachtheilig sind, und deren Trennung ich
bewirke.
Der Saft des Zuckerrohres und die Aufloͤsung von Rohzucker enthalten zwei
verschiedene Arten von Unreinigkeiten, eine chemische und eine mechanische, d.h.,
leztere besteht blos aus Theilchen zerstampften Zuckerrohres, die in der
Fluͤssigkeit schwebend erhalten, und auf eine mechanische Weise, nach welcher
es auch gewoͤhnlich geschieht, von derselben getrennt werden; erstere aber,
welche wirklich aufgeloͤst, und in inniger Verbindung mit derselben ist, kann
nur durch chemische Kraft beseitiget werden, und fuͤr diese, fuͤr
deren Entfernung bisher noch kein Mittel angegeben werden konnte, ist meine
Erfindung berechnet. Ich bewerkstellige dies durch Zusaz gewisser in der Folge zu
beschreibenden Substanzen, welche sich mit den chemischen Unreinigkeiten des Saftes
des Zuckerrohres oder Rohzuckers verbinden, mit denselben eine unaufloͤsliche
Mischung bilden, und sie hierdurch in den Zustand mechanischer Unreinigkeiten
versezen, welche man durch Seihung davon entfernen kann.
Eine dieser chemischen Unreinigkeiten, die zugleich die haͤufigste ist,
naͤhert sich ihrer Natur nach demjenigen, was die Chemiker
Extractiv-Stoff nennen; die andern sind Gaͤrbestoff und
Gallussaͤure, deren Daseyn im Safte des Zuckerrohres und im Rohzucker ich
entdeckt habe. Diese Substanzen besizen die Eigenschaft mit Zinn- und
Zink-Salzen und Oxyden unaufloͤsliche Zusammensezungen zu bilden; und dieser Theil meiner
Erfindung besteht in dem Zusaze einer gewissen Menge dieser Ingredienzen zu dem
Safte des Zuckerrohres oder der Zuckerfluͤssigkeit bei dem Raffiniren,
wodurch die Farbe und die Leichtigkeit der Krystallisation des Zuckers gewinnt. Eine
Aufloͤsung von Zinn oder Zink in irgend einer Saͤure besizt die
Eigenschaft, diese Unreinigkeiten zu coagulieren; ich ziehe aber jene in
Schwefelsaͤure vor, aus dem Grunde, weil sie mit Kalk eine
unaufloͤsliche Mischung bildet, wodurch es moͤglich wird, sie zugleich
mit dem Oxyde, das mit Gaͤrbestoff und Gallussaͤure verbunden ist, aus
der Fluͤssigkeit vollkommen zu entfernen.
Ich ziehe ferner in dieser Hinsicht die Aufloͤsung des Zinkes in
Schwefelsaͤure vor, welche den sogenannten Zinkvitriol gibt; und damit man
die Methode, denselben zu gebrauchen, gehoͤrig verstehen moͤge, will
ich hier das Verfahren beschreiben: erstens, beim
Verfeinern des Zuckers, und zweitens bei dem Gewinnen
desselben aus dem Rohre. Bei dem erstern Verfahren wird die Pfanne mit starkem
Kalkwasser gefuͤllt, der Zucker in dasselbe auf die gewoͤhnliche Weise
eingetragen, und das Feuer angeschuͤrt. Auf jeden Centner
gewoͤhnlichen Zuckers kommt eine Aufloͤsung von vier Unzen
schwefelsauren ZinksDer Zinkvitriol oder schwefelsaure Zink ist eine Verbindung von Zinnoxyd und
Schwefelsaͤure. Im Handel kommt solcher unter dem Namen weißer
Vitriol oder weißer Galizenstein, als eine
trockne weiße Salzmasse vor, welche dem Hutzucker in Form und Festigkeit
gleicht, und so in Goslar gewonnen wird. Zu
diesem Zweck ist aber dieses schwefelsaure Zink nicht wohl geeignet, indem
es ziemlich viel Eisenoxyd, zuweilen auch Kupfer und sonstige fremdartige
Beimengungen enthaͤlt, und dem Reinigen des Zuckers nachtheilig
werden kann.
Das schwefelsaure Zink, das als ein reines Salz angesehen werden soll, muß
unmittelbar aus metallischem Zink und reiner Schwefelsaͤure
dargestellt werden. Im Kleinen verfaͤhrt man dabei auf folgende Art.
Man troͤpfelt in 6 Pfund Wasser, welches man in einen Glaskolben
gießt, nach und nach 1 Pfund koncentrirte Schwefelsaͤure
(Vitrioloͤl). In diese Saͤure kommen dann von Stunde zu Stunde
jedesmal ohngefaͤhr 2 Loth von gekoͤrntem Zink, welches sich
sehr leicht unter Entwicklung von Wasserstoffgas (sogenannter brennbarer
Luft) darinn aufloͤset. Man faͤhrt so lange auf diese Weise
fort, bis die Saͤure mit Zink ganz gesaͤttigt ist, und sich
kein Zink mehr aufloͤset, wozu ohngefaͤhr 40 Loth erforderlich
seyn werden. Der Kolben wird hierauf in ein Sandbad gesezt, und das Ganze
bis zur Haͤlfte verdunstet; ist dies geschehen, so gießt man die
wasserklare Fluͤssigkeit noch warm von dem sich zu Boden gesezten
schwaͤrzlichen Pulver in steinerne Schuͤsseln ab, und stellt
sie bedeckt an einen kuͤhlen Ort zur Krystallisation, wo nun das
schwefelsaure Zink in duͤnnen saͤulenfoͤrmigen
Krystallen daraus anschießt. Man laͤßt sodann die Fluͤssigkeit
ablaufen, schwenkt mit etwas wenigem Wasser die Krystalle ab, und trocknet
sie auf
Papier. Saͤmmtliche Fluͤssigkeiten kann man noch einmal
verdampfen, und das schwefelsaure Zink sich gaͤnzlich daraus
krystallisiren lassen. Im Großen verfaͤhrt man umgekehrt, indem man
in ein hohes hoͤlzernes Gefaͤß ungefaͤhr 100 Pfund
gekoͤrntes Zink bringt, daran 300 Pfund Wasser gießt, und nach und
nach 50 Pf. koncentrirte Schwefelsaͤure hinzugibt, alsdann aber die
Fluͤssigkeit durch Wasserdaͤmpfe, welche man von einer Art
Destillierblase (Dampfapparat) mittelst eines Bleirohrs
hineinstroͤmen laͤßt, am Sude erhaͤlt. Die
Fluͤssigkeit wird hierauf durch einen Spizbeutel von Filz in
hoͤlzerne Gefaͤße filtrirt, und zur Krystallisation
verkuͤhlt. Hier ereignet es sich zuweilen, daß man von einer
Krystallisation zwei- drei- bis viererlei Krystalle
erhaͤlt. Wer sich mit der Erzeugung des schwefelsauren Zinks nicht
befassen will, der kann bei mir den Centner zu 70 fl. in schoͤnen
Krystallen, vollkommen neutral, beziehen. Dingler. in so wenig Wasser, und ein starker Kern gefordert wird, nehme ich eine Unze
gepulverten Kalkes auf jede vier Unzen schwefelsauren Zinkes, und seze demselben
eine hinreichende Menge Wasser zu, um das, was man Kalkmilch nennt, zu bilden, und
diese mische ich mit dem Zucker in der Pfanne gehoͤrig, ungefaͤhr
fuͤnf Minuten, nachdem die Zinkaufloͤsung beigemischt wurde.
Einer der Hauptvortheile des Gebrauches dieser Ingredienzen besteht darinn, daß,
waͤhrend sie eine große Menge vegetabilischen Stoffes, welche die
Zucker-Aufloͤsung enthaͤlt, unaufloͤslich machen, sie
diese leztere eines großen Theiles ihrer Visciditaͤt befreien, und einer
schnellen Durchseihung faͤhig machen, so daß sie, ohne Zusaz von Blut,
vollkommen klar hergestellt werden kann. Die Menge des Schaumes wird dadurch
bedeutend vermindert, und die Neigung zur Faͤulniß, welche der thierische
Stoff dem Syrupe mittheilt, wird gleichfalls vermieden. Diese Ingredienzen werden
mit vielem Vortheile bei Raffinirung des Zuckers in Verbindung mit jenem
Filtrier-Apparate angewandt, auf als zu seiner gehoͤrigen Aufloͤsung
noͤthig ist. Wenn der Zucker in der Pfanne ganz zergangen ist, wird die
Aufloͤsung von schwefelsaurem Zinke zugesezt, und das Ganze gut
umgeruͤhrt. Es wird dann eine wechselseitige Zersezung statt haben; das
Zink-Oxyd wird sich mit dem Gaͤrbestoffe und der Gallussaͤure
verbinden, und dieselben unaufloͤslich machen, und die Schwefelsaͤure
wird neutralisirt und durch den Kalk des Kalkwassers als schwefelsaurer Kalk
niedergeschlagen werden, so daß durchaus nichts von dem schwefelsauren Zink in der
Aufloͤsung zuruͤckbleibt.
Es ist in dem zur Aufloͤsung des Zuckers angewandten Kalkwasser eine
groͤßere Menge Kalkes, als hinreichend ist die Schwefelsaͤure des
schwefelsauren Zinkes zu neutralisiren; wenn aber der angewandte Rohzucker viele
Saͤure enthaͤlt, welchen Hr. John Sutterland
neulich von Sr. Majestaͤt ein Patent erhielt;Wir werden diesen Apparat in der Folge mittheilen. Dingler. wenn man sich dieses Apparates bedient, wird die
Zucker-Aufloͤsung, nachdem sie auf die bisher beschriebene Weise
behandelt wurde, auf den Siedpunkt erhizt und durchgeseihet, wodurch sie vollkommen
klar wird, und dann zur Probe gesotten.
Dieß ist die Art und Weise, den schwefelsauren Zink zu gebrauchen; in Faͤllen
aber, wo der Gebrauch des Kalkwassers Ausnahme erleidet, schlage ich
vorlaͤufig das Zinkoxyd nieder, und bediene mich desselben in diesem
Zustande. Dieses Oxyd kann durch Zersezung aus irgend einem Zinksalze mittelst
Pottasche, Soda oder Kalk bereitet werden; allein es ist hoͤchst
noͤthig, daß es sehr fein zertheilt werde, und ich ziehe folgendes Verfahren
bei Bereitung desselben vor. Man bereite eine Menge Kalkwasser, und seze nach und
nach demselben und solange eine Aufloͤsung von schwefelsaurem Zinke zu, als
noch Niederschlag sich erzeugt: wenn dieser aufhoͤrt, lasse man die
unaufloͤsliche Materie zu Boden fallen, und ziehe das Wasser ab. Man seze
dann neuerdings Kalkwasser zu, und wieder schwefelsauren Zink, bis soviel zersezt
ist, als man braucht. Es muß hierbey Acht gegeben werden, daß man nicht mit dem
Zusezen des schwefelsauren Zinkes noch fortfahre, wenn er aufhoͤrt einen
Niederschlag zu erzeugen. Man erkennt dieß daran, daß zugeseztes Kalkwasser
truͤbe, oder Curcuma-Papier (turmeorie
paper) nicht mehr braun wird. Ich bediene mich in diesem Falle derselben
Verhaͤltnisse, wie in dem vorigen, indem ich vier Unzen von dem
niedergeschlagenen Zinkoxyde auf jeden Centner Zucker rechne, und dieselben genau
auf die vorige Weise in die Pfanne eintrage und gehoͤrig mische. Man erhizt sie gleichfalls
bis zum Siedpunkte, und kann sie dann mit derselben Leichtigkeit durchseihen.
In den Zuckersiedereien der Kolonien sollte man auf jedes Hundert Gallonen Saft des
Zuckerrohres acht Unzen schwefelsauren Zinkes rechnen, und je fruͤher diese
dem Safte zugesezt werden, desto besser. Der gewoͤhnliche Zusaz von
Kalkwasser kann dann in einigen Minuten darauf beigemischt werden. Die Menge dieses
Zusazes muß in dem Verhaͤltnisse von zwei Unzen Kalk auf hundert Gallonen
Saftes vermehrt werden, damit die Saͤure des schwefelsauren Zinkes
gesaͤttiget werde; Erfahrung wird uͤbrigens den Sieder bald in den
Stand sezen, das gehoͤrige Verhaͤltniß zu treffen. Eine
zweckmaͤßige Methode, durch schnelles Durchseihen den Saft des Zuckerrohres
gehoͤrig zu reinigen, ist bisher noch immer sehr wuͤnschenswerth
geblieben; der obenangedeutete Apparat in Verbindung mit der Wirkung dieser
Ingredienzen scheidet vollkommen jedes in dem Safte schwebende Theilchen, so daß die
Guͤte des Zuckers dadurch bedeutend verbessert wird. Der Saft des
Zuckerrohres muß nach dem Zusaze des schwefelsauren Zinkes und des Kalkwassers in
dem Klaͤrer beinahe bis auf den Siedpunkt erhizt, und dann durch den Seiher
in die Kessel (troches) zum Sieden gebracht werden.
Bei der Rohzucker-Erzeugung, wo stets ein Ueberschuß von Kalk in der
Fluͤssigkeit vorhanden seyn sollte, wird schwefelsaurer Zink mit dem
hoͤchsten Vortheil angewendet; aber auch das Zinkoxyd kann gebraucht werden,
nachdem es auf die obenbeschriebene Weise bereitet wurde, und zwar in den dort
angegebenen Verhaͤltnissen. Alles dasjenige, was in Bezug auf schwefelsauren
Zink und Zinkoxyd oben erklaͤret worden ist, gilt auch von
Zinnaufloͤsungen und Zinnoxyden, insbesondere aber von schwefelsaurem Zinne:
ich nehme aber im Allgemeinen die Anwendung der Aufloͤsungen und Oxyde des
Zinnes und des Zinkes in Anspruch, um dadurch den Faͤrbestoff und die
aufloͤslichen Unreinigkeiten aus dem Safte des Zuckerrohres und aus den
Aufloͤsungen des Zuckers zu entfernen, dadurch die Farbe desselben zu
verbessern, die Visciditaͤt zu vermindern, und ihn einer schnellen Reinigung
durch Durchseihung faͤhig zu machen.
Bei dem Sieden, wie bei dem Raffinieren des Zuckers, ist es von der hoͤchsten
Wichtigkeit, daß die Verduͤnstung schnell von statten gehe, ohne daß dadurch
der Zuckerstoff angebrannt oder zersezt werde. Um dieses zu Stande zu bringen,
erhielt ich von Sr. koͤnigl. Majestaͤt ein Patent auf gewisse
Verbesserungen bei dem Prozesse des Zuckersiedens und Raffinierens vom 23
Jaͤner 1817. Diese Methode besteht darinn, daß die zum Sieden und
Verduͤnsten des Zuckers noͤthige Hize durch einen Strom einer erhizten
Fluͤssigkeit erzeugt wird, welcher unter und an den Seiten der Pfanne
umherlaͤuft, in welcher der Zucker gesotten und verduͤnstet werden
soll. Die Fluͤssigkeiten, welche ich gebrauche, um die Hize umher zu leiten,
sind: Wallfischthran, Wallrath oder Thran von Stockfischen, Seehunden,
Haͤringen, Piltschen (Pilchards), oder irgend
einem andern Fische, Lein- Reps- Hanf- Baum- Nuß-
Palmen- Sonnenblumen- Mohnsamen-Oel, Biberfett, Talg, Butter,
Schmeer, thierisches Fett und Wachs. Die Pfanne, in welcher der Zucker gesotten
wird, besteht aus zwei metallnen Gefaͤßen, wovon eines in dem andern so
steckt, daß zwischen beiden ein kleiner Raum uͤbrig bleibt. Sie werden ohne
Feuer unter denselben aufgestellt. Die aͤußere Pfanne steht durch Pipen oder
Roͤhren mit einem Siedekessel in Verbindung, in welchem die zur Leitung der
Hize noͤthige Fluͤssigkeit erhizt wird, und die Verduͤnstung
geschieht durch einen Strom erhizten Oeles oder fetter Materie, welcher, mittelst
einer Pumpe, aus dem Gefaͤße, worin diese Materie erhizt wird, in den
Zwischenraum zwischen beiden Pfannen gelangt, aus welchem sie wieder in den Siedekessel
zuruͤckfließt, um dort neuerdings gehizt zu werden, wie es in besagtem, in
der koͤnigl. Hofkanzlei, einregistrirtem Patente umstaͤndlich
beschrieben ist. An diesem Apparate ist die Oberflaͤche, auf welcher die Hize
aus dem Oele oder fettigen Mittel hingeleitet werden kann, durch die Flaͤche
der inneren Pfanne begraͤnzt, und in einigen Faͤllen wird eine noch
schnellere Verduͤnstung erfordert.
Die Verbesserung, welche ich an diesem Apparate machte, und welche ich hier
beschreibe, besteht darinn, daß ich die erhizte (und erhizende) Fluͤssigkeit
in Pipen oder Roͤhren anwende, welche von den zu erhizenden oder zu
verduͤnstenden Fluͤssigkeiten umgeben sind, so daß durch Vermehrung
der Zahl der Pipen oder Roͤhren jeder Ausdehnungsgrad einer hizenden
Oberflaͤche erhalten, und die Schnelligkeit der Verduͤnstung in
demselben Verhaͤltnisse erhoͤht werden kann.
In diesem verbesserten Apparate befindet sich der Zucker in einer einzelnen Pfanne,
an deren Boden innerhalb eine Ring-Pipe angebracht ist, und diese Pipe steht
an beiden Enden mit dem Siedekessel in Verbindung, in welchem die erhizende
Fluͤssigkeit geheizt wird. Wenn an einem dieser Ende eine Kraftpumpe so
angebracht ist, daß, waͤhrend sie spielt, das erhizte Oel durch die Ringpipe
durchgejagt wird, so wird, indem diese von der abzudampfenden Fluͤssigkeit
gaͤnzlich umgeben ist, die Hize des Oeles schnell eingesogen, und dieses
kommt durch das andere Ende der Pipe in einer niedrigeren Temperatur wieder in den
Siedekessel zuruͤck, um auf diese Weise neuerdings gehizt zu werden, und so
die Oberflaͤche der Pipe zu vergroͤßern. Die Schnelligkeit der
Verduͤnstung kann, ohne alle Gefahr, daß der Zucker dabei litte, sehr
bedeutend erhoͤhet werden. Ich ziehe fuͤr den Siedekessel, in welchem das Oehl erhizt
werden soll, geschlagenes Eisen und verzinntes Kupfer, oder auch nur Zinn
fuͤr die Roͤhren vor, durch welche dasselbe geleitet wird.
Urkunde dessen etc.
Zusaz des Herausgebers.
Da es unsern Lesern angenehm seyn wird, auch die leztere Verbesserung in der
Zuckerraffinerie, welche das voranstehende Patent zur Folge hatte, kennen zu lernen,
so theilen wir sie hier mit. Diese Verbesserung gehoͤrt Hr. Howard zu, und
hat den Hrn. Dr. Thomson zum Berichterstatter, welcher
in dem Septemberhefte seiner Annals of Philosophy von
1816 einen Entwurf dieser Verfahrungsart, den Zucker zu raffiniren, mittheilt. Die
nicht unwichtigen Vorzuͤge, welche Thomson diesem Verfahren, das er im Großen
anwenden saͤhe, zugesteht, muͤssen uns die Beschreibung desselben,
wenn sie gleich noch vieles zu wuͤnschen uͤbrig laͤßt,
interessant machen. Er sagt davon Folgendes.
Der rohe Zucker wird mit einer geringen Menge Wasser in einem flachen kupfernen
Kessel, den man durch Wasserdaͤmpfe erwaͤrmt, gemischt. Hierauf bringt
man die Mischung in irdene Toͤpfe, um den Zuckersyrup ablaufen zu lassen. Um
ihn vollkommener zu scheiden, gießt man, statt der Thonbedeckung mit Wasser, eine
koncentrirte Zuckeraufloͤsung auf die in den Toͤpfen enthaltene Masse.
Auf diese Weise scheidet man ohngefaͤhr 10 Pfund Syrup von jedem Centner
Zucker, wogegen die gewoͤhnlichen Raffinirer 30 Pfund Syrup von derselben
Menge Zucker erhalten.
Der so vom Syrup geschiedene Zucker wird nun durch Waͤrme von
Wasserdaͤmpfen aufgeloͤst, nachdem man ihn vorher mit einer
Alaunaufloͤsung vermischt hat, der man soviel reinen Kalk zusezt, als zur
Saͤttigung der Saͤure des Alauns noͤthig ist,Es soll hier nicht blos die freie Saͤure des Alauns, wie zwei deutsche
Uebersezungen irrig sagen, neutralisirt, sondern die saͤmmtliche
Saͤure dieses Salzes an den Kalk gebunden und die Thonerde des Alauns
ganz abgeschieden werden. Bei der Faͤllung der Thonerde und
gleichzeitigen Bildung des Gipses verbinden sich mit ersterer die farbigen
und schleimigen Theile des Rohzuckers, und lezterer beguͤnstigt durch
seine Schwere die mechanische Abscheidung dieser Theile.und ohne daß der weiße Niederschlag, der dabei entsteht, die Farbe des
Curcuma-Papiers veraͤndere. Auf einen Centner Zucker sind 2 Pfund
Alaun noͤthig. Ist die Zersezung des Alauns bewirkt, und das Ganze
waͤhrend des Erwaͤrmens fleißig umgeruͤhrt worden, so wird die
noch warme Aufloͤsung filtrirt, um die Uneinigkeiten zu entfernen. Vor dem
Filtriren ist der Syrup schwarz und undurchsichtig, nach demselben aber durchsichtig
und bernsteinfarbig.
Die Filtrirmaschinen bestehen aus kupfernen Rahmen, welche unten mit Loͤchern
versehen sind, woran starker russischer Kanevas befestiget wird. Es sind deren 50 in
einem Filtrirgefaͤße, weil es noͤthig ist, daß diese Operation mit
Sorgfalt vorgenommen werde.
Der filtrirte Syrup wird nun in den Siedekessel gebracht, um ihm durch
Verduͤnsten eines Theils des Wassers den gehoͤrigen Grad der
Koncentration zu geben. Es scheint, daß bei dem gewoͤhnlichen Verfahren die
Temperatur, welcher die Zuckeraufloͤsung waͤhrend des Abdampfens
ausgesezt ist, einen Theil des Zuckers in Syrup verwandele. Bei dem Verfahren des
Hrn. Howard sind die Abrauchkessel kupferne Sphaͤroide (von
laͤnglicher Kugelform), und stehen mit einer Luftpumpe, die waͤhrend
der ganzen Operation im Gang erhalten wird, in Verbindung. Auf diese Art kann man jeden einzelnen
Kessel luftleer machen, und die darinn; enthaltene Fluͤssigkeit bei so
niederem Grade der Temperatur ins Kochen bringen, daß man nicht den geringsten
Zuckerverlust zu besorgen hat. Das innere elastische Fluidum ist so sehr
verduͤnnt, daß es nur eine verhaͤltnißmaͤßige Spannung von 1
bis 4 Zoll Barometer Hoͤhe behaͤlt. Jeder Kessel ist mit einem
Thermometer und einer Quecksilberprobe versehen, wornach man den Fortgang der Arbeit
beurtheilen kann; auch hat man dabei einen besondern Mechanismus angebracht, durch
den man Proben herausnehmen kann, um sich, wie gewoͤhnlich, von der
Beschaffenheit des Syrups, ob er hinreichend gekocht ist, zu uͤberzeugen.
Der koncentrirte Syrup kommt hierauf in ein offenes kupfernes Gefaͤß, um
koͤrnig zu werden. Dies leztere geschieht dadurch, daß man zuerst die
Temperatur des Syrups durch das Dampfbad bis zu 82° erhoͤht, und ihn
hernach wieder bis auf 65° (nach der 100theiligen Scale) erkalten
laͤßt. Man gießt ihn hierauf in gewoͤhnliche irdene Formen, um ihn in
Brode zu gestalten. Ist er sodann erkaltet, so laͤßt man die
unkrystallisirbare Fluͤssigkeit ablaufen, und gießt oben darauf eine neue
Quantitaͤt von koncentrirter Zuckeraufloͤsung. Auf diese Weise
scheidet man den gelben Syrup vollkommen ab, wobei an der Spize des Brodes nur wenig
Syrup zuruͤckbleibt, der leicht durch ein zu diesem Zwecke vorgerichtetes
Instrument abgesondert wird. Der Zucker kann nun in den Handel gegeben werden. Hr.
Professor Schweigger, welcher im Jahr 1816 in London war, gibt uns uͤber das
Howardische Verfahren, den Zucker zu raffiniren, noch folgende Ansicht:
»Zwei Vortheile sind es, welche man bei dieser Verfahrungsart zu erreichen
trachtet:
A. Daß so wenig als moͤglich
unkrystallisirbarer Zucker sich bei dem Kochen der Zuckeraufloͤsung
bilde.
Zu diesem Zwecke sucht man
a. die ungleichmaͤßige Erhizung der Masse zu
vermeiden.
Dieß ist der Grund, weswegen in Kesseln mit doppeltem Boden durch Huͤlfe
einstroͤmender Daͤmpfe gekocht wird. In einer Zuckerraffinerie zu
London, bei welcher schon fruͤher (ehe Howard sich fuͤr diesen
Gegenstand interessirte,) auf diese Art gearbeitet wurde, ist jedoch großes
Ungluͤck entstanden, indem der Dampfkessel zersprang und die Mauer des
Hauses auf die Gasse hinauswarf. Eben daher kann bei Fabriken, wo man mit
unvorsichtigen gemeinen Arbeitern zu thun hat, diese Verfahrungsart nicht
empfehlungswerth scheinen. (Bedient man sich eines Dampfapparates, wie wir in
unserer Schrift uͤber die Benuzung der Wasserdaͤmpfe Seite 112
erwaͤhnten, so ist die Arbeit ganz gefahrlos, und gewaͤhrt sehr
große Vortheile.) Welche mannigfaltige Operationen auf die leichteste Art durch
die Heizung der Kessel mit Dampf in dem kleinsten Raum ausgefuͤhrt werden
koͤnnen, ist besonders in der Apothekaries Hall zu London (auch in den
oͤffentlichen Anstalten und in mehreren Fabriken in Augsburg) recht
schoͤn zu sehen, wovon bei einer andern Gelegenheit die Rede seyn wird.
Der Dampf braucht nicht viele Grade heißer als bei dem gewoͤhnlichen
Luftdrucke des kochenden Wassers zu seyn, und doch werden dadurch die
groͤßten Kessel in der kuͤrzesten Zeit zum Sieden gebracht. Vom
Anbrennen irgend eines Stoffes (und von Zersezung des Zuckers) kann
natuͤrlich nie die Rede bei diesem Prozesse seyn. Daher eignet sich
dieses Verfahren vorzuͤglich zur Gewinnung von destillirtem Wasser, das
in Zuckerraffinerien große Vortheile gewaͤhrt.
Außerdem sucht man bei diesen Zuckerraffinerien, eben weil gefunden wurde, daß
dadurch mehr krystallisirbarer Zucker zu gewinnen ist.
B. Die Abdampfung theils zu beschleunigen, theils sie bei einem moͤglichst
niedrigen Hizgrade vorzunehmen.
Hierzu dient eine bestaͤndig in Bewegung erhaltene Luftpumpe vortrefflich.
Denn man weiß, bei welchen geringen Waͤrmegraden unser vermindertem
Luftdrucke das Kochen beginnt.
Noch ein anderer Gesichtspunkt wird bei dem von Howard empfohlenen Verfahren ins
Auge gefaßt, naͤmlich:
b. den Syrup so schnell als moͤglich voll dem
in den Formen krystallisirten Zucker zu trennen.
Bekanntlich bedient man sich zu diesem Zwecke der Deckung mit Thon. Diese Arbeit
ist aber ziemlich langweilig. Sie abzukuͤrzen, kann man eine
Zuckeraufloͤsung anwenden, naͤmlich eine solche, die mit
krystallisirbarem Zucker gesaͤttigt ist. Wird diese durch eine hiezu
zweckmaͤßige Vorrichtung auf den in den Formen krystallisirten Zucker,
zwischen dessen Theilen sich noch Syrup befindet, getroͤpfelt, so wird in
kurzer Zeit aller Syrup ausgewaschen, indem dafuͤr das Wasser den
krystallisirbaren Zucker, der darinn aufgeloͤst war, absezt.
Ich hatte Gelegenheit, eine unserer deutschen Zuckerraffinerien zur Wiederholung
dieses Verfahrens zu veranlassen. Es gelang vollkommen. Doch wurde die Bemerkung
gemacht, daß der krystallisirende Zucker bei dieser schnelleren Auswaschung des
Syrups mindere Festigkeit erhalte, als bei der langsameren Auswaschung durch die
Deckung mit Thon. Dies scheint auch mit anderen bei der Krystallisation
gemachten Wahrnehmungen ganz uͤbereinzustimmen. Hier will ich noch eine
Bemerkung anderer Art beibringen. Es wird bei dem Raffiniren des schon mehrmals
zuvor mit Kalkwasser behandelten Zuckers doch immer wieder neues Kalkwasser
zugesezt. Welche Saͤure soll denn dadurch hinweggenommen werden? In
dieser Hinsicht ward schon bewerkt, daß es scheine, als werde durch das Kochen der
Zuckeraufloͤsung selbst eine Saͤure gebildet.Da die Saͤure, welche urspruͤnglich in dem Safte des
Zuckerrohrs enthalten ist, nur sehr wenig betraͤgt, so kann der
oft wiederholte Zusaz von Kalk und kalischen Substanzen beim Versieden
des Zuckersaftes und Laͤutern des Zuckers unmoͤglich den
Zweck haben, die Saͤure zu saͤttigen. Du Trone meint
daher, daß diese Substanzen sich mit den Ruͤckbleibseln des
leimigen Sezmehles verbinden, und sie dadurch unaufloͤslich
machen. Diese Erklaͤrung scheint jedoch nicht hinreichend zu
seyn, den Nuzen jener Zusaͤze in das noͤthige Licht zu
sezen, indem der angefuͤhrte Bestandtheil nicht in so großer
Menge vorhanden seyn moͤchte, um den so oft wiederholten Zusaz
jener Substanzen nothwendig zu machen. Es ist aber nicht
unwahrscheinlich, daß waͤhrend der ganzen Dauer jener Operation
durch die Einwirkung des Feuers eine Saͤure erzeugt werde, welche
wieder hinweggeschaft werden muß, wenn die Arbeit gelingen soll.
Chemisches Woͤrterbuch von Klaproth und Wolf. Bd. 5. S. 800. In
einem Supplemente dieses Werkes heißt es ferner: die Saͤure,
welche der Zusaz von Kalk saͤttigt, scheint in groͤßerer
Menge in dem nicht voͤllig reifen Zuckerrohr enthalten zu seyn,
und sich mit dem Reifen desselben zu vermindern. Hr. Thomson erfuhr von seinem Freunde Dr.
Clarke auf Dominika, daß die Menge von Kalkerde, welche zugesezt werden
muß, bedeutend vermindert werden koͤnne, wenn das Rohr reich an
Zucker und reif ist; was aber nicht statt findet, wenn es noch unreif
ist, oder einige Zeit in den Vorrathshaͤusern gelegen hat,
uͤberhaupt wenn es erst nach einiger Zeit, nachdem es
eingeaͤrntet worden, auf die Muͤhle gebracht wird. Er
fand, daß der Saft aus reichem Zuckerrohre (rattooncane) ohne allen Zusaz von Kalk bestaͤndige
Zuckerkrystalle gab. Er machte den Versuch, anstatt des Kalkes Kali
anzuzuwenden, fand aber, daß der auf diesem Wege erhaltene Zucker an der
Luft zerfloß. Natrum machte das Korn fester, allein kleiner als
gewoͤhnlich. Aus diesen Thatsachen findet Thomson es wahrscheinlich, daß die in der Melasse enthaltene
Saͤure entweder Essigsaͤure
oder Zitronensaͤure sey. Den
Erfahrungen von Dr.
Clarke zufolge, scheint sie weder
Kleesaͤure noch Weinsteinsaͤure, noch Aepfelsaͤure
seyn zu koͤnnen. Man sehe: Thomson's
System of Chemistry, the fifth edition, Vol. IV. p. 17.Indeß koͤnnte es auch wohl seyn, daß man darum, weil bei dem
Zusaze von Kalkwasser zur Zuckeraufloͤsung in der Kochhize Flocken
ausgeschieden werden, den Zusaz des Kalkwassers fuͤr noͤthig
haͤlt in den Zuckerraffinerien, um eine noch etwa vorhandene
vegetabilische Saͤure zu entfernen. Jedoch auch im reinsten Zuckerwasser
entsteht durch Kalkwasser bei Kochhize ein Niederschlag, indem naͤmlich
Kalkzucker zu den Koͤrpern gehoͤrt, welche durch Hize in den
festen Zustand uͤbergehen (gerinnen), und durch Erkaͤltung wieder
schmelzen, von denen ich in der Abhandlung »uͤber einige noch
unerklaͤrte chemische Erscheinungen« (in dessen Journal
fuͤr Chemie und Physik B. 5. S. 49.) mehrere anfuͤhrt. In dieser
kleinen Abhandlung habe ich auch schon der Eigenschaft des Kalkzuckers, in
heißer Aufloͤsung zu gerinnen, erwaͤhnt. Diese Eigenschaft
duͤrfte wohl in den Zuckerraffinerien nicht unbeachtet bleiben, und wir
koͤnnten also zur Untersuchung derselben durch einen praktischen Zweck
anreizen. Wer jedoch die Wissenschaft selbst liebt, der verlangt solchen
Nebengewinn nicht, sondern weiß, daß dergleichen Vortheile, wenn wir nur dem
Wahren uͤberhaupt nachstreben, wohl am Ende von selbst
zufallen.«