Titel: Sollen Realgewerbsgerechtigkeiten durchaus nicht bestehen können?
Autor: Dr. Ludwig Wirschinger [GND]
Fundstelle: Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXI., S. 212
Download: XML
XXI. Sollen Realgewerbsgerechtigkeiten durchaus nicht bestehen können? Ein Beitrag zu den polytechnischen Eroͤrterungen. Mit besonderer Rücksicht auf deutsche Staaten, und vorzuͤglich auf Baiern. Von Dr. Wirschinger , Koͤnigl. Baierschen Regierungs-Rathe und Commissaͤr der Stadt Augsburg. Decipimur specie recti. Wirschinger über Realgerechtigkeiten. Vieles sehen wir in unsern Tagen wiederkehren, was einst gewesen ist: feierlich wird Manches, wegen nun gepriesener Nuͤzlichkeit, in die Stelle zuruͤckgefuͤhrt, aus welcher dasselbe durch entgegengesezte Ansichten – mit unerbittlicher Strenge – mit stuͤrmender Eile verbannt worden war. Gleichwie die lezten Jahrzehente allenthalben sich erschoͤpft haben – in gewaltsamen Reformen die Wurzel zahlloser Institutionen zerstoͤrend, so lenkt die Gegenwart geschaͤftig vom verschrienen Systeme ab, das Reformirte reformirend. Fuͤr verdienstlich achtet es auch die gebildete Klasse, den raschen Schritt der Vergangenheit durch unbedingte Wiederverehrung des Alten gut zu machen, wohl auch demselben Vorzuͤge einzuraͤumen – blos nach dem Rechte der Erstgeburt; waͤhrend Andere, bestrickt durch eigenthuͤmliche Ansichten, nur im Reiche des Idealen Vollendung suchen und finden wollen. Was hier im Allgemeinen gesagt ist, bewaͤhret sich beinahe uͤberall auch im Einzelnen. Manche lehrreiche Beziehung gewaͤhrt ein hochgehaltener Gegenstand des buͤrgerlichen Lebens, das Handwerkswesen, welches seit Jahrhunderten in gleichem Maaße getadelt und gelobt, verfolgt und beguͤnstiget worden ist, und neuerdings bei den Sprechern der Volks-Repraͤsentanten, wie bei den Schriftstellern Theilnahme erweckt hat. – Schrankenlose Freiheit oder widernatuͤrliche Gebundenheit sind die Postulate, welche in einem und dem naͤmlichen Augenblicke in einem und demselben Staate vorgetragen werden. Es ist hier nicht der Plaz, die Zuͤnfte in ihrer Nuͤzlichkeit, als Anstalten zur Vervollkommnung der Industrie, darzustellen, oder die Hindernisse aus dem Verhaͤltnisse der Innungen gegen die Entwicklung individueller Thaͤtigkeit zu schildern. Die speciellere Eroͤrterung, ob und in wie ferne Realgewerbsgerechtigkeiten bei den bestehenden Verhaͤltnissen der Gewerbe in einem bestimmten Staate gerechtfertiget werden koͤnnen, – eine Eroͤrterung, welche fuͤr das Interesse des Staates und des Privaten nicht unwichtig ist, soll versucht werden; abgesehen von jeder andern Ruͤcksicht, giebt die Wahrnehmung, daß durch diese Frage neuerdings die widersprechendsten Urtheile hervorgerufen worden sind, ein geltendes Motiv fuͤr eine solche Unternehmung. Die Vergleichung der modernen Theorien mit den Ansichten der Gesezgebung in verschiedenen Perioden duͤrfte am leichtesten dahin fuͤhren, die Berichtigung und die Feststellung des wahren Gesichtspunktes zu gewinnen. So vieles auch uͤber Innungen und Handwerke schon wegen der Popularitaͤt des Gegenstandes geschrieben worden ist, so wurde doch uͤber die Natur der sogenannten Gerechtigkeiten, uͤber die neuerdings zur Sprache gebrachten Vorzuͤge der Realgerechtigkeiten im Gegensaze persoͤnlicher Gewerbsgerechtigkeiten weniger ausgeholt, als man dies erwarten sollte. Beyer, Struvius, und einige andere Zeitgenossen haben hieruͤber einzelne bestimmtere Eroͤrterungen gelegenheitlich gemacht; moͤglich, daß in dieser Hinsicht wahr ist, was der zum Tadel gegen den wissenschaftlichen Mann stets fertige Praktiker behaupten will, als sey in dieser Erfahrungssache das wirkliche Leben noch zu wenig begriffen worden. Deswegen soll hier eine Uebersicht der neuesten Entwicklungen vorangehen. Dr. MayerVersuch der Entwicklung der relativen Ansichten des Zunftwesens 1814, eine in mehrfacher Hinsicht gute Abhandlung. sezt das Entstehen der Handwerksgerechtigkeiten in die Zeiten der Zunftentstehung, was sich jedoch nicht vertheidigen laͤßt. Ausgehend von der Meinung, daß das Tributfordern bei neuen Meister-Aufnahmen, die Anmaßung, auf Kosten der Nachwelt Kapitalien zu schaffen, und das Monopolisiren die erste Veranlassung zu dieser Schoͤpfung geboten habe, und hieraus selbst das Emportreiben des Werthes mancher GerechtigkeitenZ.B. mancher Baͤckergerechtigkeit auf 2500 Thlr., einer Schuhmachergerechtigkeit auf 1200 Thlr. erklaͤrt werden koͤnne, widerspricht Mayer nicht, daß es wirklich reelle und persoͤnliche Gerechtigkeiten gebe; er haͤlt dafuͤr, daß das Gruͤnden von Kapitalien auf blos persoͤnliche Gerechtigkeiten noch schaͤdlicher sey, daß es uͤbrigens im Ganzen fuͤr Theorie und Praxis gleiche Schwierigkeit habe, die Mittel zur Aufhebung der Gerechtigkeiten zu finden. Das jus quaesitum respektirend, will dieser Schriftsteller zwischen den urspruͤnglichen und jezigen Inhabern solcher Gerechtigkeiten unterscheiden, und jede Aenderung durch die in Handwerkssachen unbeschraͤnkte gesezgebende Gewalt moͤglich machen; Abloͤsung dieser urspruͤnglich nicht wohl erworbenen Rechte koͤnne demnach nicht gehindert werden; Aufhebung der Radikalverbindung zwischen Gerechtigkeit und Grundstuͤck, Veraͤußerung der getrennten Gerechtigkeit, Verleihung personeller Gerechtigkeiten, im Falle fuͤr ein festzustellendes Maximum her Ankauf nicht moͤglich waͤre, und zwar gegen Bezahlung eines Kanons, dessen Betrag den landesuͤblichen Zinsen des bezeichneten Maximums gleich kommen, die hiedurch moͤgliche Bildung eines Fonds zur Auskaufung der Realgerechtigkeiten, sollen die vorzuͤglichen Mittel seyn, um den wahren Zweck zu erreichenWer das Feld der Theorie verlassend, sich in eine große deutsche Gewerbsstadt denkt, und diese Ausfuͤhrung vorlaͤufig in concreto zu berechnen sich die Muͤhe nimmt, wird freilich in Baͤlde an der Moͤglichkeit verzweifeln muͤssen. Die fruͤher in Augsburg gefuͤhrte Polizei-Direktion gab mir Gruͤnde fuͤr solche Ansichten.. Aufsehen hat eine neuere Schrift erregt, unter dem Titel: uͤber die Vorzuͤge der Realgewerbsgerechtigkeiten im Gegensaze der Nachtheile der Verwandlung derselben in bloße Personalrechte Landshut 1815..“ Die vorherrschende Behauptung ist, daß die Erklaͤrung der Realitaͤt der um bestimmte Preise in fruͤhern Zeiten unter der Garantie der Obrigkeiten und der obersten Staatsgewalt erworbenen buͤrgerlichen Nahrungszweige ein Postulat des Rechtes sey, den Wohlstand des Gewerbmannes begruͤnde und erhoͤhe, den Nationalfond vermehre, und die Kraͤfte der Staats-Finanzen steigere, nicht minder die Industrie belebe. Die Schrift selbst behandelt diese Momente zunaͤchst in Beziehung auf Baiern. Bis zum Jahre 1804 seyen die buͤrgerlichen Nahrungszweige nach Verhaͤltniß mittelst aller gesezlichen Rechtstitel erworben worden, folglich Eigenthum geworden, waͤhrend durch obrigkeitliche Aufsicht Unwuͤrdige ausgeschlossen worden. Das stehende Kapital sey wie bei Grund und Boden real; Entwerthung durch Qualitaͤts-Aenderung nicht rechtlich; jede Forderung der Politik (Polizei) den Forderungen des Rechtes untergeordnet, Restituirung des Eigenthumes, des Heiligsten, nothwendig. Das stehende, im Gewerbe liegende Kapital, dem Grundkapitale des Landmannes gleich, koͤnne nur bei reeller Gewerbseigenschaft gleiche Vortheile geben durch Sicherung des Kreditors, durch Gewaͤhrung außerordentlicher Huͤlfe, bedeutender Unternehmungen fuͤr das Gewerb. Durch das blos intelligible, mit der Person verloͤschende, Personalgewerb gewinne der Staat kein stehendes Gut, und doch wachse der Nationalreichthum mit dem Nationalfonde, mit diesem Reichthume das steuerpflichtige Kapital, und damit die Kraft der Staats-Finanzen in gleicher Progression. Jeder achtsame Spekulant suche dauernden Gewinn, und wage bei Sicherheit fuͤr die Dauer Kostenaufwand, welcher uͤber die Lebensgraͤnze ziele; es liege also hierin Ermunterung, waͤhrend das Prekaͤre eines Gewerbes diese nie zu geben vermoͤgeDaß die eigentliche Begruͤndung, mit Ruͤcksicht auf vernuͤnftige Ausdehnung oder Beschraͤnkung, dadurch nicht ganz erreicht sey, ist fuͤr sich klar.. Dagegen versichert Reingruber in einer Abhandlung: uͤber die Natur der Gewerbe, uͤber Gewerbsbefugnisse und Gewerbsfreiheit Landshut 1815., die Schule mit dem Leben zu versoͤhnen.“ Eine Vergleichung des Landbauers und Produktenveredlers, deren Ersterer durch Anwendung der Thaͤtigkeit auf Grund und Boden sich Eigenthum schaft, Lezterer dasselbe durch Anlegung kostspieliger Gebaͤude, Werkstaͤtten Gleiches bezweckt, fuͤhrt auf die Wahrnehmung, daß Gewerbsuͤbung zum Theil schlechterdings nur durch eigene, hievon nicht zertrennliche Gebaͤude moͤglich sey, oder doch ein solcher Besiz zur Gewinnung groͤßerer Vortheile verhelfe, oder, daß auch die Gerechtigkeit und die Mechanik der Haͤnde mit leicht beweglichem Apparate zureiche; hierauf stuͤzt Reingruber eine Klassifikation der Gewerbe nach vier Hauptabtheilungen, und fixirt, freilich etwas sonderbar, das zu Gewerbs-Gebaͤuden und Vorrichtungen nothwendige Kapital, und zwar nach einem, auf die Gewerbe der Provinzial-Staͤdte passenden, Mittelanschlage, wobei das angesezte Minimum und Maximum als Regel gelten koͤnneI. Klasse fordert an Kapital und Vorrichtungen und Gewerbsgebaͤuden:Apotheker6000 – 10,000 fl.Bierbrauer10,000 – 30,000 –Glockengießer5000 – 8000 –Kupferschmiede4000 – 6000 –Rothgerber6000 – 20,000 –Muͤller2000 – 10,000 fl.Papierer8000 – 40,000 –Schleifmuͤller2000 – 6000 –Tabaksfabrikanten10,000 – 40,000 –Walkmuͤller4000 – 8000 –Eisenhaͤmmer10,000 – 30,000 –Glashuͤttenmeister15,000 – 40,000 –Kalkbrenner1000 – 3000 –Ziegelbrenner2000 – 6000 –Schoͤnfaͤrber10,000 – 20,000 –Bader mit Badanstalten2000 – 4000 –Fabriken und Manufakturen10,000 – 50,000 –II. Klasse:Baͤcker2000 – 6000 fl.Bleicher2000 – 10,000 –Bothner3000 – 8000 –Branntweiner3000 – 10,000 –Buchdrucker4000 – 10,000 –Essigsieder2000 – 5000 –Faͤrber2000 – 8000 –Germsieder2000 – 5000 –Geschmeidmacher3000 – 6000 –Hafner2000 – 4000 –Hufschmiede2000 – 7000 –Hutmacher2000 – 8000 –Handelsleute3000 – 8000 –Garkoͤche1500 – 4000 –Lebzelter4000 – 8000 –Leihhausinhaber4000 – 10,000 –Nagelschmiede2000 – 6000 –Schlosser2000 – 6000 –Seifensieder4000 – 10,000 –Sporer1000 – 3000 –Staͤrkmacher2000 – 6000 –Tuchmacher2000 – 5000 fl.Wagner1000 – 3000 –Weingastgeber6000 – 20,000 –Weißgaͤrber3000 – 8000 –Zinngießer2000 – 6000 –Buͤchsenmacher2000 – 6000 –Schaͤfler1000 – 3000 –III. Klasse zum Hauskaufe, zu Ein- und VorrichtungenBierwirthe1000 – 3000 fl.Buͤrstenmacher1000 – 2000 –Buchhaͤndler2000 – 6000 –Dreher1000 – 3000 –Fragner1000 – 3000 –Glaser1000 – 4000 –Gold- und Silberarbeiter2000 – 4000 –Guͤrtler1500 – 3000 –Kartenmacher1000 – 2000 –Kraͤmer1000 – 3000 –Kirschner1000 – 3000 –Kuchenbaͤcker800 – 2000 –Kuttler800 – 2000 –Loderer1000 – 2000 –Maurer2000 – 3000 –Mehlber1000 – 2000 –Mezger1000 – 4000 –Nadler1000 – 2000 –Orgelmacher1000 – 2000 –Bruͤchler1000 – 3000 –Saͤckler1000 – 3000 –Sattler1000 – 3000 –Seiler1000 – 3000 –Schreiner1000 – 3000 –Spengler1000 – 3000 –Strumpfwirker600 – 1800 fl.Traiteurs3000 – 6000 –Kaffetiers3000 – 6000 –Tuchscherer2000 – 4000 –Weber800 – 2000 –Zeugmacher800 – 2000 –Zimmermeister1500 – 3000 –Spiegelmacher800 – 1500 –Steinschneider800 – 1500 –Bildhauer800 – 1500 –Lohnroͤßler1500 – 3000 –Taͤndler, Schaͤzer1500 – 3000 –Zur IV. Klasse:Als Bader, Chirurgen ohne Bad, Bortenmacher, Buchbinder, Feilenhauer, Fischer, Friseurs, Instrumentenmacher, Haubenmacher, Holzmesser, Aufleger, Kaminfeger, Kammmacher, Knopfmacher, Kornmesser, Korbmacher, Mahler, Thuͤrmer, Obstler, Riemer, Ringler, Samenhaͤndler, Schneider, Schlosser, Siebmacher, Stricker, Tapezierer, Uhrmacher, Wildprethaͤndler, Zuckerbaͤcker, Graveurs, Kreuzelmacher, Messerschmiede, Nestler, Kupferstecher, Lackirer, Beinringler, Rechenmacher, Steinmezen ist fuͤr bewegliche Vorrichtungen und Instrumente ein Kapital von 100 bis 600 fl. nothwendig.. An diese Entwicklung reihet sich die Folgerung, daß bei jedem Gewerbe die Gewerbsfaͤhigkeit, bei den Gewerben I. und II. Klasse neben dieser Faͤhigkeit auch der Besiz der Gewerbs-Gebaͤude und des Kapitals nothwendig bleibe, und somit in Hinsicht auf Faͤhigkeit eine Pruͤfungs-Kommission bestehen solle: vergleiche man diese Darstellung mit der Vertheidigung der Realgerechtigkeiten oder bloßer Personalgerechtigkeiten, so zeige dieser Kampf blos Trennung der Schule vom Leben, – eine Vermischung der verschiedenen Gewerbs-Natur. – So wie der Staat das Recht der Pruͤfung habe, so nehme derselbe auch durch den Aufnahms-Kontrakt (?!) die Pflicht auf sich, dem Gewerbtreibenden seine Erwerbsthaͤtigkeit, die Fruͤchte seines Fleißes durch eine weise Leitung der arbeitenden Kraͤfte zu sichern, was nach dem unabaͤnderlichen Geseze der Ordnung dann geschieht, wenn gesezlich so viele Familien erhalten werden, als sich nach der verschiedenen Lokalitaͤt und Konkurrenz ihr ehrliches Auskommen zu erwerben im Stande sind. Diese veranlaßt auch den Verfasser, zu eifern gegen jene Misanthropen, welche in allgemeiner Gewerbe-Freiheit das Heil aufsuchen. Befaͤhigung zum Gewerbe, Radizirung der Befugnisse bei den ersten zwei Gewerbe-Klassen, ohne daß diese Befugnisse zu Kapital angeschlagen werden duͤrfen, und Uebertragung derselben an gepruͤfte Kaͤufer bei Gantguͤtern, Gewaͤhrung der Fortsezung durch gewerbfaͤhige Kinder und durch Wittwen, Ertheilung der Gewerbs-Befugnisse nach den Grundsaͤzen einer weisen Konkurrenz, wofuͤr das Forum bei der Orts-Polizei, und dem Gemeinde-Vorstande, jedoch mit Wuͤrdigung der keineswegs entscheidenden Erinnerung der Genossenen des Gewerbes seyn soll, und die Erholung der Erklaͤrung, daß das unentgeltlich ertheilte Meisterrecht in den Kapitalwerth nicht eingerechnet worden sey, sollen die Grundlagen dieser, die Schule und das Leben versoͤhnenden, Theorie seyn. Die Grundsaͤze des fuͤr Baiern unterm 1. December 1804 (Regierungsblatt 1805 S. 43), in Beziehung auf Handwerke gegebenen Gesezes, werden als zu beschraͤnkend erklaͤrt; und die durch die Verordnung vom 2. Oktober 1811 (Regierungsblatt vom Jahr 1811 Nro. 1502.) eingefuͤhrten Bestimmungen als nicht entsprechend dargestellt. Ruͤckblicke auf das, ehehin besezte, Tuchhaus in Ingolstadt, auf den Handel der Phoͤnizier, Aegypter etc., auf die vermeintlichen Wirkungen, welche durch das, im Jahr 1784 fuͤr Boͤhmen ausgesprochene, Einfuhr-Verbot in Beziehung auf Weberei erzwungen worden seyn sollenEs sind naͤmlich nach dieser Behauptung innerhalb vier Jahren 126,962 Fabrikanten und Spinner, dann 14,496 Weberstuͤhle mehr geworden., liefern Stoff zu weitern Reflexionen; eine Ruͤge uͤber die Art der Verfassung des Gewerbs-Katasters in der Stadt Landshut, wo man wegen des Ausdruckes: Herrengunst, alle Gewerbe als persoͤnlich bezeichnet hat, verdient gleichfalls speciell bemerkt zu werden.“ Gegen beide Schriften hat Dr. Nibler kraͤftige Erinnerungen gemacht: Gewerbs-Freiheit vertheidiget derselbe mit Waͤrme; nur derjenige, welcher ein Haus, worauf bisher ein Gewerb ausgeuͤbt wurde, zur gleichen Gewerbs-Uebung eigenthuͤmlich an sich bringt, soll hieran nicht gehindert werden Ueber das Zunftwesen und uͤber die Gewerbs-Freiheit; ein Versuch von dem AdvokatenDr. J.B. Nibler. Erlangen 1816.. Die Vertheidigung der neuern Gesezgebung uͤber das Gewerbwesen in Baiern hat vor Kurzem Dr. Wiesend mit Sachkenntniß unternommenUeber das aͤltere und neuere Gewerbswesen in Baiern. Landshut 1817.. Reluirung der Realgerechtigkeiten, und Begruͤndung einer Amortisations-Kasse, durch Beitraͤge des, bisher unter dem Drucke der Realgewerbe leidenden, Publikums fuͤr diese Absicht, gehoͤrt zu den vorzuͤglichen Wuͤnschen, welche in dieser Abhandlung ausgedruͤckt sind. Aus den bisherigen Anfuͤhrungen, welche noch bedeutend vermehrt werden koͤnntenDie Elemente des allgemeinen Gewerbs-Gesezes fuͤr das Koͤnigreich Baiern v.R.B.v. Vequel (Landshut 1819), enthalten die Ausfuͤhrung der schon oben angefuͤhrten Ansichten des Verfassers (in der Schrift: „uͤber die Natur der Gewerbe, uͤber Gewerbs-Befugnisse und Gewerbs-Freiheit. Landshut 1815.) Ausweisung des erforderlichen Kapitals, bei Gewerben mit bedeutenden Grund, und Betriebs-Kapitale, neben der Dozirung der Gewerbs-Kenntniß und Moralitaͤt ist bei der Klasse von Gewerben gefordert, welche der Verfasser Realitaͤts-Gewerbe, im Gegensaze von persoͤnlichen Befugnissen, nennt; in die erste Klasse werden 70, in die zweite Klasse 156 Gewerbe gereihet. A.a.O. §§. 1-7., gehet zur Genuͤge hervor, daß die Akten uͤber diesen Gegenstand nicht geschlossen seyen, und die Vertheidiger der allgemeinen Gewerbs-Freiheit eben so gut der Vorwurf wegen vorgefaßter Meinung treffe, als die Vertheidiger der Gewerbe-Beschraͤnkung, und insbesondere der Realgewerbgerechtigkeiten getadelt werden koͤnnen, daß es ihren Behauptungen an Konsequenz gebrach, daß unter der Form von Vermoͤgens-Klassifikationen die Wiedererhaltung der vormaligen realen Gewerbsrechte in ihrer vollen Bedeutung bezielt werde, waͤhrend man in den erfundenen Wendungen zu erkennen giebt, daß man die Vertheidigung offen nicht wagen wolle. Auch die in den angefuͤhrten Schriften oͤfters beruͤhrte Gesezgebung verkuͤndet die Verschiedenheit der Ansichten verschiedener Zeitalter. Heftige Erklaͤrungen gegen das Zunftwesen, oder etwa besser gegen das, was bei Zuͤnften als Unwesen erscheinet, finden sich schon in der Gemeinlandpot und Ordnung fuͤr Baiern vom Jahre 1516, eine gleiche merkwuͤrdige Sprache fuͤhrt die Landes-Ordnung vom Jahre 1553, nicht minder wiederholen dasselbe die Deklarationen vom Jahre 1557Es sey gute Ordnung und Sicherung guter Arbeit der Zweck der Erfindung der Innungen gewesen, – „so befindt sich aber in erfarung, das angeregts alts vnd loͤblich herkomen, allenthalben im Land bey den Handwerchen groͤßlich mißpraucht wirdet.“ . Daß aber auch aller dieser Ausspruͤche ungeachtet die Innungen mit frischer Kraft um sich gegriffen haben, daruͤber belehret das Gemaͤlde, welches in den Beschwerden des Baierischen Landtages vom Jahre 1605 mit so vieler Lebendigkeit gegeben ist. Merkwuͤrdig ist eine Erscheinung vom 25. Januar 1771, welche von der Einzelnheit des Falles Gelegenheit nimmt, den moͤglichst generellen Ausspruch zu thunGeneralien-Sammlung vom Jahr 1784. VIII. Th. Nro. LXXXIII. „Nachdem die Handwerksgerechtigkeiten sua natura nicht erblich, sondern bloße Personalsachen sind, welche mit dem Tode hinweg, und der Obrigkeit zur weiteren Verleihung, jedoch solchergestalten heimfallen, daß die Billigkeit allemal vorzuͤgliche Reflexion auf Wittwen und Kinder verdient: so folgt von selbst, daß unter mehr Kindern der Obrigkeit auch die Auswahl hierin gebuͤhr, mithin keines derselben ein unbenehmliches jus quaesitum hiezu haben koͤnne.“ Daß hiebei die Voraussezung von einer bestimmten Zahl Gewerbtreibender leicht erkannt werde, bedarf der Erinnerung nicht.. Eine Generalverordnung vom 20. Maͤrz 1783 umfaßt die wichtigsten Momente der Innungs-Angelegenheiten; dieselbe bestimmt §. 11.: „das Meisterrecht soll beharrlich niemal durch das Geld, sondern blos durch erprobte Kunstgeschicklichkeit fortan erworben werden Generalien-Sammlung vom Jahr 1788. V. Theil Nro. CXXIX..“ Hierauf nun, und auf das alte deutsche Sprichwort: Kunst erbt nicht,“ stuͤzet sich die so wichtige Verordnung vom Jahre 1804, welche die schwierige Aufgabe zu loͤsen hatte, wie Gewerbfreiheit vernuͤnftig zu schuͤzen sey, und doch moͤglichen Reklamationen uͤber erworbene Rechte gruͤndlich begegnet werden koͤnne.Mar Joseph, etc.Nach der Natur und Eigenschaft der Sache, nach den bisherigen gesezlichen Bestimmungen (Not. ad Cod. civ. P.V. Cap. 27 §. 21.; Rescript vom 25sten Juni 1771, wie auch Verordnung vom 20sten Maͤrz 1783.) und nach dem alten deutschen Grundsaze: Kunst erbt nicht, koͤnnen die Handwerksbefugnisse, welche blos auf persoͤnlicher Geschicklichkeit beruhen, die Natur reeller Gerechtigkeiten, oder eines veraͤußerlichen Eigenthumes nicht annehmen.Nachdem sich aber doch an verschiedenen Orten gegen diese gesezliche Verfassung zum groͤßten Nachtheil der Landesindustrie, und des ganzen Publikums eine Vererbung und bedingte Veraͤusserlichkeit einzelner buͤrgerlichen Gewerbe theils auf dem Wege des Herkommens, theils durch einseitige, von der Landesherrschaft nicht bestaͤttigte Vereine eingedrungen hat; so haben Wir Uns, um den hoͤchst nachtheiligen Folgen, wenigstens fuͤr die Zukunft Schranken zu sezen, genoͤthiget gesehen, schon durch eine, den 5ten December vorigen Jahres erlassene, Verordnung, ruͤcksichtlich der hiesigen Gewerbe 5 Vorsehung zu treffen.In der naͤmlichen Absicht wollen Wir aber nunmehr nach vorausgegangener reifer Erwaͤgung, nach Vernehmung des hiesigen Magistrates, und Unserer Landesdirektion fuͤr die Zukunft und bis Wir uͤber die Vergangenheit mit Schonung der daraus hergeleiteten Privatrechte ein angemessenes Regulativ festsezen koͤnnen, unter Bezuge auf die eben angefuͤhrten und bereits getroffenen Verfuͤgungen folgende allgemeine Bestimmungen fuͤr alle jene Orte und alle jene Faͤlle, wo die vermeintliche Realitaͤt der Handwerke oder eines in Frage stehenden Gewerbes hinlaͤnglich nachgewiesen werden kann, verordnen:1) Es soll keine Cession oder Veraͤußerung einer solchen Handwerksgerechtigkeit anders, als mit vorgaͤngiger Bewilligung der ordentlichen Obrigkeit, und, wo besonders Polizei-Kommissionen angeordnet sind, auch mit deren Gutheißen gestattet werden.2) Diese Bewilligung ist nur zu ertheilen, wenn die Abtretung an ein handwerkskuͤndiges Subjekt geschieht, und wenn wegen der Subsistenz des abtretenden Gewerbmannes Vorsehung getroffen ist.3) Bei einer jeden solchen Abtretung sollen die Bedingungen untersucht, und alle unzulaͤßigen und zu beschwerlichen Foderungen und Angebote, welche mit den Polizei-Grundsaͤzen nicht vereinbar sind, entfernt werden.4) Die Cession eines solchen, fuͤr real anerkannten und titulo oneroso erlangten Gewerbes soll niemals um einen hoͤheren Preis gestattet werden, als um welchen es von dem lezten Besizer erweislichermaßen nach Abrechnung der allenfalls mitverkauften Realitaͤten, Werkzeuge, Materialien und Vorraͤthe erworben wurde, oder wofuͤr dasselbe verpfaͤndet gewesen war, damit die darauf allenfalls schon obrigkeitlich konstituirten Hypotheken gesichert bleiben.5) Bei geerbten Gerechtigkeiten, deren Werth bei einer vor sich gegangenen Erbschafts-Vertheilung in Anrechnung gebracht worden ist, bestimmt dieser angerechnete Werth den Preis der ferneren Abtretung.6) Persoͤnliche Handwerksgerechtigkeiten, fuͤr welche im Zweifel allezeit die Praͤsumtion streitet, oder solche Gerechtigkeiten, welche ohne beschwerlichen Titel erlangt worden sind, fallen nach dem allgemeinen Grundsaze zur ferneren Verleihung der Obrigkeit zuruͤck, welche aber bei ihrer Wiederverleihung auf die Wittwe und Kinder vorzuͤglich zu reflektiren hat.7) Keiner Obrigkeit ist erlaubt, kuͤnftig eine Handwerksgerechtigkeit real zu machen, oder die Veraͤußerung einer Gerechtigkeit zu gestatten, welche nicht schon zuvor titulo oneroso erlangt worden waͤre.8) Alle oͤdliegenden, supprimirten, zur Zunftlade eingethanenen Gerechtigkeiten koͤnnen nicht wiederum fuͤr Geld als Realitaͤten verkauft werden, sondern, wenn die Obrigkeit ihre Erneuerung noͤthig findet, soll sie solche nur mit persoͤnlicher Berechtigung wieder verleihen.9) Es soll kuͤnftig keine Gewerbsgerechtigkeit in eine Konkursmasse oder in eine Verlassenschaftsmasse gezogen, oder als Pfand untergestellt, oder versteigert, oder zur Hinausbezahlung der Geschwisterte dem gewerbantretenden Kinde als Kapital angerechnet werden.10) Der Besizer eines vererblichen Gewerbes darf zwar sein Handwerk an sein eigenes Kind, oder ein solches Subjekt, worauf dasselbe ohnehin erbweise fallen kann, nicht verkaufen, wohl aber steht ihm frei, solches an den Erben abzutreten, und mit diesem einen billigen Alimentations-Vertrag zu schließen, so ferne nur das Handwerk dabei in keinen Anschlag gebracht, und keine ferneren rechtlichen Anspruͤche uͤbertragen werden.11) Der Erbe, welcher durch die Verlassenschaft seines Vorfahrers das Handwerksrecht mit onerosen Bedingnissen schon erhalten hat, ist wie ein anderer Realbesizer nach Vorschrift des 4ten §. zu achten.12) Ueber die Cessionsbewilligung soll allezeit eine schriftliche Ausfertigung geschehen, und darin genau ausgedruͤckt werden, um welchen Preis die Cession bewilligt worden sey.13) Alle Winkelvertraͤge und der Obrigkeit nicht bekannte besondere Verstaͤndnisse sind verboten, und die Polizeistellen sind verbunden, den Cedenten zum Ersaze als zuviel Erhaltenen an die Armenkasse anzuhalten.14) Wo die Handwerksgerechtigkeiten entweder uͤberhaupt, oder einzelne Gattungen derselben zu Verhuͤtung der bestaͤndigen Steigerung ihrer Preise taxirt sind, soll es auch bei dieser Taxe und insonderheit bei der, fuͤr die hiesigen Schuhmacher- und Schneidergerechtigkeiten schon seit 1782 bestehenden, Taxe verbleiben; vergangene Faͤlle wollen Wir nachsehen.15) Sollten die Obrigkeiten nach dem Beispiele dieser, im Jahre 1782 vorgenommenen, Taxirung, in Gemaͤßheit der damals schon erfolgten Weisung an einem oder dem anderen Orte fuͤr einzelne, in uͤbertriebenen Cessions-Preisen stehende, Gewerborte solche Taxebestimmungen angemessen finden; so haben sie daruͤber an Unsere Landesdirektion zu berichten; allgemeine Verfuͤgungen behalten Wir Uns selbst bevor.16) Weder in den Staͤdten, noch auf dem Lande soll gestattet werden, Grundgerechtigkeiten auf Gewerbe und Handwerke uͤberzutragen, diese auf Erbrecht, Leibrecht, Freistift oder Neustift zu verleihen, oder sie mit Stiften und Guͤlten, Laudemien und Scharwerken zu beschweren.17) Als radizirte Gewerbe sollen nur diejenigen verliehen werden koͤnnen, deren Ausuͤbung mit besonders eingerichteten Haͤusern und Gebaͤuden verbunden seyn muß, naͤmlich Braͤuereien oder Muͤhlen. Bei den Fabrik-Unternehmungen, wobei der Unternehmer meistens bloß den Kapitalisten vorstellt, enthalten die Privilegien selbst die Zeit und Art der Berechtigung.18) Die vorstehenden Verfuͤgungen uͤber die Gestattung der Cessionen sollen auf Orte und Gewerbe, welche sich bis jezt in ihrer urspruͤnglichen Natur erhalten haben, und bei welchen die Realitaͤt nicht nachgewiesen werden kann, nicht angewendet, oder durch die Anwendung den Mißbraͤuchen, welchen dadurch gesteuert werden soll, kein Eingang verschafft, sondern vielmehr von allen Obrigkeiten getrachtet werden, die Natur der Gewerbe und Handwerke, soviel es ohne Verlezung allenfalls bestehender Privatrechte geschehen kann, auf den ersten Zustand ihrer Unveraͤußerlichkeit zuruͤckzufuͤhren.19) Die Justizstellen werden angewiesen, den Polizeibehoͤrden und Obrigkeiten in dem Vollzuge dieser hoͤchsten Verordnung keine Hindernisse zu erzeigen, und sich selbst darnach vollkommen zu achten.20) In allen Staͤdten und Maͤrkten, und so auch auf dem Lande in allen Gerichten, sollen uͤber die bestehenden Gewerbe in Zeit eines halben Jahres ordentliche Beschreibungen oder Kataster hergestellet, und in der Folge fortgesezet werden, worin die Gewerbe mit ihren Besizern, die Natur ihrer Berechtigung, ob sie real oder personal sey, nebst den Gruͤnden hiezu, dann der im lezten Falle stattgefundene Preis eingetragen werden sollen.Bei der Bestimmung dieses Preises sind aber alle darunter begriffene Realitaͤten, Werkzeuge, Vorraͤthe und Materialien in Abzug zu bringen, und wenn es nicht moͤglich waͤre, so soll der Preis nach Billigkeit und Beschaffenheit der bei der Veraͤnderung eingetretenen Umstaͤnde obrigkeitlich ermessen werden.Unsere Landesdirektion hat sodann die allgemeinen Resultate aus diesen Katastern zusammenzufassen, und uns mittelst ferneren Berichts und Antrags vorzulegen.Diese Verordnung ist auf die gewoͤhnliche Art bekannt zu machen. Betrachtet man daher den gegenwaͤrtigen Zustand des Gewerbwesens in Baiern, einem der groͤßten, kraͤftigsten Staaten Deutschlands, so findet sich, daß man daselbst die gaͤnzliche Freigebung der Gewerbe bisher nicht fuͤr raͤthlich geachtet, dagegen die ehemalige Alleinherrschaft der Zuͤnfte im buͤrgerlichen Leben gelaͤhmt, und uͤberhaupt die Nachtheile beider Extreme vermeidend, ein gemaͤßigtes System bezielt habe; obgleich die bei Besteuerung der Gewerbe vorzuͤglich, mit Beruͤcksichtigung der Einwohnerzahl in den Ansiedlungs-Orten der Handwerker, aufgestellten Grundsaͤze in Hinsicht auf Abstufung der Steuer-Quoten manche Schwierigkeiten erzeugen, und dies besonders in Gegenden, wo Staͤdten aͤhnliche Doͤrfer mit gleichen Gewerbsgenossen uͤberfuͤllt, große Staͤdte umschließen, indem da die geringern Steuerbeitraͤge des Dorfbewohners demselben einen Vorsprung vor den hoͤher besteuerten Staͤdtern sichern. Folgenreich sind manche Grundsaͤze der angefuͤhrten Verordnung vom Jahre 1804: die Beschuͤzung der oneroͤse erworbenen Gewerbrechte und Radizirung der Gewerbe bei Brauereien und Muͤllern(§. 17.) enthaͤlt selbst das Prinzip zur Ableitung der Moͤglichkeit fuͤr Beibehaltung reeller Gewerbsrechte; und das Gesez vom 20. Maͤrz 1783 schließt in der ausgehobenen Stelle §. 11. die Realitaͤt nicht als undenkbar aus. Kunstgeschicklichkeit erscheint als geforderte Vorbedingung: und wer moͤchte behaupten, daß diese Voraussezungen nicht auch neben einander bestehen koͤnnen? Aus dem Saze: Kunst erbt nicht,“laͤßt sich eben so gut deduziren, daß Kunst, die hoͤchste Bluͤthe des industriellen Produzirens, an und fuͤr sich dem Begriffe nach dem gewoͤhnlichen Gewerbe nicht einmal zusagend, anders, als das sogenannte Handwerk zu wuͤrdigen sey, – daß der Handwerker, dessen Vorzuͤglichkeit in seiner Art sich bis zur Kunstmaͤßigkeit erhebet, diese Gewandtheit, wenn auch das Recht zum Forttreiben des Gewerbes an Andere uͤbergehet, nicht vererben koͤnne. Erfasset man, ohne Vorliebe fuͤr eine oder die andere Ansicht, diesen Geist, welchen das Gesez bewahret, so duͤrfte in dieser Angelegenheit, wo so Viele mittelst der beliebten heroischen Durchhauung des Knotens Rath zu schaffen geneigt sind, wirklich manches zu versoͤhnen seyn, ohne Gewaltschritte, zum Vortheile des Staates, der Gewerbtreibenden und des Publikums. Auch hierin muß die Geschichte – die Geschichte der Ausbildung des Handwerkwesens in Deutschland – nach allen bekannten Beziehungen uͤber die noch bestehenden Zweifel zu belehren vermoͤgen. Als wuͤnschenswerthe Institute erhoben sich die Zuͤnfte; von dem Vorwurfe der schaͤdlichsten Monopolsucht und der gefaͤhrlichsten Unordnung begleitet, sollten sie durch Machtgebote verschwinden, um – nach kurzer Zeit wieder zu erscheinen. Man fuͤhre immerhin Amerika an; das Beispiel eines werdenden Staates, unter seinen individuellen Verhaͤltnissen, paßt nicht auf die Lage deutscher Staaten. Wer von Frankreichs Anordnungen in diesem Punkte spricht, haͤngt an den Erscheinungen der Gegenwart, ohne zu erwaͤgen, daß Turgot als ein Opfer des Versuches fuͤr die fruͤher bezielte ReformRichtig sagt Graf v. Chaptal in seinem bekannten Werke uͤber die franzoͤsische Gewerbsamkeit: Ludwig der XVI. opferte mit dem bekannten Edikte vom Jahre 1776 (das so Viele als ausgefuͤhrt annehmen) auch seinen verstaͤndigen, menschenfreundlichen Minister; langsame Vorbereitung waͤre nothwendig gewesen; – eine Regierung muß vor Allem gerecht seyn. Erfuͤllung der nothwendigen Bedingungen haͤtte voranzugehen gehabt. – Der Strom der Revolution riß die Zuͤnfte mit sich fort etc. gefallen ist, daß es einer blutigen Revolution bedurfte, um auch das Zunftwesen zu loͤsen, und daß doch nicht Alles errungen sey, was die Vertheidiger uneingeschraͤnkter Gewerbsfreiheit sich hievon versprochen haben, oder noch versprechen moͤgenMemoires sur les inconveniens et les abus resultants du systeme actuel des patentes présenté, par le conseil des prud'hommes de Strasbourg. Dann Memoires sur la necessité du retablissement des maitrises etc. Gewerbleute, welche hiebei die besten Aufschluͤsse geben koͤnnten, sind nicht immer die Sprecher, oder im Stande, nach Bedarf zu sprechen.. Was fuͤr Stimmen in Preußen von ruhigen Maͤnnern erhoben worden sind, verkuͤndigen mehrere SchriftenInteressant ist die Schrift des K. Polizei-Assessors zu Berlin, Joh. Friedr. Ziegler, uͤber Gewerbfreiheit und deren Folgen, mit besonderer Ruͤcksicht auf den Preußischen Staat. Berlin 1819. Mit dem Sinnspruche: Medium tenuere beati. . Dagegen entscheiden daher die Praͤjudize der neuesten Zeit in Nassau etc. nicht. Offenbar ging manches nachtheilige Urtheil uͤber Zuͤnfte und alle dahin bezuͤglichen Attribute von der Wahl des Standpunktes aus; und doch sollte unter den geaͤnderten Umstaͤnden nur die Ruͤcksicht auf Technik, nicht die ehemalige politische Seite bestimmen. Allenthalben ist die Staatskunst so weit voran geschritten, um das Gute der Vergangenheit den Forderungen der Gegenwart anzupassen, um das Ziel des Gesammtwohles zu erringen. So schwer es in Frankreich seyn moͤchte, nach den tiefgreifenden Erschuͤtterungen die ehemaligen, nun groͤßtentheils begrabenen, Handwerksrechte wieder zu erwecken, so schwer wuͤrde es auch in Deutschland werden, ohne außerordentliche Ereignisse, Institute und deren Attribute zu vernichten, welche sich unter dem Staatsschuze aus den Stuͤrmen der Zeit gerettet haben. Nach dieser verzeihlichen Digression in das Allgemeine der Sache, soll nun die Eroͤrterung der speciellen Frage folgen: A. Laͤßt sich das Bestehen der so betitelten Realgerechtigkeiten, und allenfalls unter welchen Beschraͤnkungen, rechtfertigen? B. Welche Resultate wuͤrden sich im bejahenden Falle ergeben? Ad A. Vor Allem ist nothwendig, die eigentliche Bedeutung dessen, was Realgerechtigkeit im Sinne des Gewerblebens ist oder seyn soll, festzustellen. Ein Recht zur bestimmten Gewerbsuͤbung, welches diesen Charakter haben soll, ist nicht als losgebunden vom Besizthume anzunehmen; erst die Voraussezung des Besizthumes scheint die Realitaͤt solcher Gerechtigkeiten auf eine vernunftgemaͤße Art zu begruͤnden, und der Realitaͤt des Gewerbrechtes praktischen Sinn zu schaffen. Moͤglich, daß auch hier ein Ruͤckblick auf einzelne alte vaterlaͤndische Anordnungen in Deutschland zu Spuren leiten koͤnne, welche beitragen, den eigentlichen Gang der Sache aufzuhellen. Eine Wirthschaft, Taferne, Mezgerei, Baͤckerei, getrennt oder vereiniget, eine Badeanstalt, eine Schmiede etc. waren die sogenannten Ehehaften Bekanntlich bezeichnet Ae im Angelsaͤchsischen Gesez, Vorschrift, Rechtsame, und so uͤberhaupt Ehe im deutschen Sinne Gesez, und Haft ein Band, also ein fixirtes, nach damaligen polizeilichen Ansichten unentbehrliches Gewerb. Wer moͤchte hier nicht auch vom adscribere glebae in einer andern Bedeutung Anwendung machen? – ein jus possessionis einraͤumen – als besonderes Recht, welches Jemand hat, weil er etwas hiemit in Verbindung Stehendes besizt?? – im einfachen Dorfe: der Begriff der Dinglichkeit erklaͤrt die Moͤglichkeit des Uebertragens durch Lehen, Erbrecht etc., die Verbindlichkeit zu besonderen Leistungen, die Einwirkung der Vogtey der Grundherrlichkeit etc., und so Manches, was nicht selten in unsern Tagen schnelle Abfertigung findet, als grundlos oder anmaßlich. Dieselbe Anficht mochte auch in vielfacher Beziehung bei dem staͤdtischen Gewerbwesen einwirkenSo die Gewerbgeschichte von Nuͤrnberg, Augsburg etc. Vorzuͤgliche Accentation fanden immer die Gewerbe fuͤr Bereitung des Tags-Beduͤrfnisses. Klare Beweise liefert die, der leztern Stadt vom Kaiser Friedrich dem Rothbarte verliehene justitia civitatis Augustensis. Panifices, qui decoquunt panes, tabernarii, qui faciunt cerevisiam, carnifices (Fleischer), saleuciarii(Sulzer). Die Fleischbaͤnke waren Lehen vom Reichserbtruchsessenamte, vom bischoͤflichen Speiseamte, von Stiftern etc., und in Augsburg noch im Jahre 1368 nur 17 Zuͤnfte.; einem Zusammenflusse von Umstaͤnden gelang es freilich, nicht selten das Gepraͤge der Dinglichkeit, wenn auch widernatuͤrlich, fast jedem, oder doch der Mehrzahl der Gewerbe aufzudruͤcken, beim Mangel der richtigen Ausscheidung und durchgreifender Grundsaͤze, wohl selbst gegen klare Prohibitivgeseze das Alte zu beschirmen. Erwaͤgt man nun im Allgemeinen, daß es der Rechte und sogenannten Gerechtigkeiten viele giebt, welche ein schaͤzbares Objekt fuͤr den Besizer sind, und wirklich dessen Vermoͤgens-Summe erhoͤhenWas ist das so oft im Privateigenthume vorkommende Fischereirecht, Urfarrecht, Foͤrgenrecht, Holzrecht etc.? und wer moͤchte es wagen, alle diese Befugnisse wegen des Wahnes, daß deren Nichtbestehen fuͤr die Gesammtheit angenehmer waͤre, ohne weiters durch einen Machtspruch zu vernichten – im Staate, welcher jedes andere Eigenthum schuͤzet? –, so laͤßt sich auch mit dergleichen Gruͤnden vertreten, daß in derselben Art das Recht oder die Gerechtigkeit zu einer bestimmten Gewerbsuͤbung, als einem Grundstuͤcke anklebend, als hierauf radizirt, – denkbar, – daß diese Gerechtigkeit selbst ein schaͤzbarer Vermoͤgenstheil seyn koͤnne, wenn schon die wirkliche Ausuͤbung von der Kundigkeit des Besizers abhaͤngig ist und bleibt, oder, was dasselbe sagt, daß bei den Gewerben eine Realgerechtigkeit doch einen vernuͤnftigen Sinn haben moͤge, ohne daß dadurch ausgesprochen oder erwiesen werden wollte, als wenn jedes Recht zum Gewerbsbetriebe nur diese Eigenschaft haben duͤrfe oder solle. Es wuͤrde daher vorzuͤglich darauf ankommen, richtige Prinzipien aufzustellen, um eine konsequente Klassifikation zu bewirken. Bei Gewerben, deren Ausuͤbung durch den Besiz eines hiefuͤr technisch aptirten bedeutendenGrundstuͤckes, oder eines, durch seine Bedeutung nach den Lokalverhaͤltnissen einem solchen Grundstuͤcke gleich zu achtenden dauernden Apparates, bedingt ist, rechtfertiget sich die Radizirung und die Realitaͤt der Gerechtigkeit zum Gewerbsbetriebe; bei Gewerben, welche ruͤcksichtlich ihrer Ausuͤbung durch solchen Besiz nicht bedingt werden, deren Ausuͤbung lediglich von der persoͤnlichen Kundigkeit des Gewerbetreibenden abhaͤngt, soll die Befugniß nur an dessen Persoͤnlichkeit geknuͤpft seyn. Bei der ersten Voraussezung tritt begreiflich die Gewerbskundigkeit des Individuums hinzu, um auf dem bestimmten Boden Bluͤthen und Fruͤchte in das Leben zu rufen; bei der zweiten Voraussezung beruhet die Zweckerreichung ausschließend auf der persoͤnlichen Faͤhigkeit, welche in der gewoͤhnlichen buͤrgerlichen Wohnung ihren Siz aufschlaͤgtDiese unausweichbare Vorbedingung des Besizes einer fuͤr das Gewerb aptirten Realitaͤt im ersten Falle moͤchte also die Meinung erregen und befestigen, daß das hiedurch moͤgliche und hievon abhaͤngige Gebrauchsrecht untrennbar mit dieser Realitaͤt verbunden, daß eine solche Gerechtigkeit realer Natur sey. Ich besize z.B. eine fuͤr die Brauerei aptirte Realitaͤt, so erscheint der hiedurch moͤgliche Gebrauch als co ipso hiemit verbunden; Huͤlfsarbeiter, die ich aufstelle, bewirken mir die Vortheile des Gewerbes; der Besiz als Vorbedingung macht dies moͤglich. Der Maurer, der Friseur etc. hat keine andere Vorbedingung nothwendig, als seine persoͤnliche Gewandtheit. Dort radizirt sich die Befugniß auf dem Realbesize, hier auf der Person.. Groͤßer sind die Anforderungen in beiden Hinsichten fuͤr Staͤdte, als fuͤr das platte Land, – verschieden wieder nach Verschiedenheit des Ortes, – anerkannt ist dieses auch z.B. in Baiern durch die Verschiedenheit der Steuerklassen; aber auch klar ist hiedurch, daß der Maaßstab fuͤr reelle Gewerbsgerechtigkeiten unter solchen Umstaͤnden nur lokal seyn koͤnne, daß dieser Maaßstab fuͤr Werthschaͤzung sich selbst bei wichtigern Reformen, welche tiefer in das Gewerbverhaͤltniß eingreifen, aͤndereSo gilt in mancher großen Stadt eine noch reelle Gerechtigkeit etc. wegen Aenderungen im Gewerbswesen, jezt nur noch ein Drittheil des fruͤher unbestrittenen Anschlages.. Wenn es demnach erlaubt ist, auch von der allgemeinen Sprachfreiheit gegen die nicht selten einseitige und anmaßliche eigne Meinung Gebrauch zu machen, um nach leidenschaftloser Ueberzeugung zu behaupten, was ehehin schon behauptet worden ist, so wird hier nach der gegebenen Entwicklung der angefeindete Saz wiederholt, daß die Beibehaltung der Innungen unter vernuͤnftiger Leitung den zu versuchenden Reformen durch Freigebung der Gewerbe in Staaten, wo die Innungen noch bestehen, vorzuziehen, daß auch selbst das Bestehen von Realgerechtigkeiten im Gegensaze persoͤnlicher Rechte nicht unmoͤglich, sondern selbst einer Rechtfertigung faͤhig sey, uͤbrigens hiebei weder jene zu allgemeinen Deduktionen, deren sich viele in den oben angefuͤhrten Schriften befinden, noch auch des mit Waͤrme nach Wahrheit strebenden Reingrubers Expediens, durch bestimmte Taxations-Summen lediglich fuͤr Haͤuser und Apparate, welchen die sinnige Praxis doch die vergoͤnnte Beifuͤgung einer foͤrmlichen Taxe fuͤr die angeblich nicht zu berechnende reelle Gerechtigkeit zu geben wissen wird, Schule und Leben zu verbinden, hinreichenOffenbar ist Reingruber zu diesen Vorschlaͤgen zum Theil durch die Beobachtung, daß heimliche Vertraͤge auch bei persoͤnlichen Konzessionen das Gesez entkraͤften, hingezogen worden; denn eines ist es doch wohl, ob Jemand eine reelle Gerechtigkeit zum Kramhandel unter haͤrtern Bedingungen durch Ueberschaͤzung des Waarenlagers antritt; oder eine bestimmte Summe fuͤr diese Gerechtigkeit traͤgt, und die natuͤrlichen Preise des Waarenlagers bezahlt. Diese Methode ist nicht von heute; ein beruͤhmter Kommentator, Baron v. Schmid, sagt schon: ad statuta bavarica, – pro abusu habendum, quod moderno tempore opificibus et mercatoribus consensus praestetur, opificia et mercaturas venales faciendi et quasi plus licitantibus vendendi.. Der gebildete Apotheker, im Besize vorzuͤglicher Kenntnisse, vermag diese erst dann mit Vortheil anzuwenden, wenn er die erforderlichen Laboratorien etc., die nothwendigen Vorraͤthe etc. besizt. Diese Objekte sind schaͤzbares Vermoͤgen: sie erhalten aber einen eigenthuͤmlichen Werth, wenn sie als Komplex bestehen, welchen man unter Apotheke verstehet. Daß nun noch eine Gerechtigkeit zur Ausuͤbung in der Realeigenschaft vorhanden seyn koͤnne, und das Hinzutreten derselben das ganze Werthverhaͤltniß hoͤher steigere, waͤhrend es der oͤffentlichen Vorsorge uͤberlassen ist, Bestimmungen zu geben, welche die Erwerbung solcher Komplexe und solcher reellen Gerechtigkeiten nur Individuen von erprobten Kenntnissen einraͤumen: wer moͤchte dies fuͤr Unmoͤglichkeit oder fuͤr Unsinn haltenWenn demnach R.B.v. Vequel bei der oben angefuͤhrten Klassen-Bestimmung von Realitaͤts-Gewerben (nicht Realgewerbs-Befugnissen) spricht, weil die Gewerbsgebaͤude Vorbedingung zur Gewerbsuͤbung sind, und dabei annimmt, daß die fernere Gewerbsausuͤbung auf dem mit Kapital begruͤndeten Gewerbsgebaͤude einem gewerbskundigen und moralischen Besizer aus Rechtsgruͤnden nicht versagt werden koͤnne oder duͤrfe, so scheint mir doch diese Entwicklung theils gezwungen, theils nicht scharf begruͤndet, theils auch nichterschoͤpfend; indem sich der Besiz eines Grundstuͤckes, ohne technische Aptirung und ohne Recht zur Gewerbsuͤbung, – dann der Besiz eines aptirten Grundstuͤckes ohne Gewerbs-Berechtigung, endlich die noch hinzukommende Befugniß, abstrahirt von der zur Uebung der Befugniß geeigneten Person, und der bloße Besiz als Vorbedingung keineswegs die auf das Objekt des Besizes gelegte oder radizirte Befugniß schon suppliren kann. Vielleicht erlaͤutern Parallelen. Ich habe eine Faͤhre (Schiff zum Uebersezen) zum Privatgebrauche, verstehe diese zu leiten, ich bin doch kein Schiffer, wenn ich nicht das Urfahrrecht besize; ist nun gleich die Ausuͤbung des fraglichen Schiffergewerbes, an einem bestimmten Flußpunkte uͤberzusezen, durch einen Besiz bedingt, so ist doch das Recht zu dieser Gewerbsuͤbung von den Vor- und Anrichtungen verschieden, und fuͤr sich schaͤzbar, wie eine reelle Braugerechtigkeit, welche auf einer Braustaͤtte ruhet, ihren Werth fortwaͤhrend behauptet, wenn auch die Utensilien etc. wegen Abnuͤzung im Werthe verloren haben, und den Berechtigten Fug und Macht sichert, durch verstaͤndige Huͤlfspersonen das Gewerbe uͤben zu lassen.? Dieselben Betrachtungen lassen sich auf geeignete Art bei Brauereien, Muͤhlen, Eisenhaͤmmern, Fabriken und zahllosen andern Gewerbsanstalten machen; die einzelnen Bestandtheile erhalten durch die technische VereinigungIn vielfacher Hinsicht moͤchte man hiebei wahrnehmen, was man bei der Kultivirung des Bodens wahrnimmt. Beim Gartenlande haͤlt man die Kultur fuͤr vollendet, weil dort die moͤglichst innige Verbindung menschlicher Kraͤfte mit der Bodenkraft erreicht ist.einen eigenthuͤmlichen Werth, und der ganze Komplex gibt die Buͤrgschaft der Fortdauer des noch hoͤhern Werthes, wenn eine reelle Gerechtigkeit hinzu kommt; waͤhrend selbst diese Gerechtigkeit analog dem Saze: accessorium sequitur principale,“ als auf einem nach den technischen Anforderungen zur Gewerbsuͤbung vollkommen aptirten Grundstuͤcke radizirt, die reelle Eigenschaft annimmt, und hiedurch selbst eine ausgezeichnete Werthschaͤzung gewinnen kann. Wer in einer seit Jahrhunderten bluͤhenden Gewerbstadt das Einzelne pruͤfen will, wird entdecken, daß von diesen Anordnungen die gluͤckliche Ausbildung wichtiger Gewerbsunternehmungen herruͤhre. Was ist eine wohl eingerichtete große Detailhandlung, wenn ihr Leben nur an die Tage des, derselben vorstehenden, Kaufmanns geknuͤpft istIn Nuͤrnberg sind notorisch diese Gerechtigkeiten reell.? Was ein mit Sorgfalt hergestellter Gasthof, ein mit den Vorzuͤgen des modernsten Geschmackes ausgestattetes KaffehausDiese Gerechtigkeiten sind in mehreren Staͤdten reell., wenn mit einemmale die Gewerbebefugniß vom Gebaͤude getrennt wird? Wie viel geringer ist der Werth, wie viel schwaͤcher der Muth fuͤr große Etablissements, wenn nicht die Realitaͤt des Benuͤzungsrechtes kuͤhnere Berechnungen fuͤr die Nachkommen beguͤnstiget? Wie sehr sichert das Bestehen einer reellen Gerechtigkeit die Fortdauer wichtiger, fuͤr die Vortheile oder die Bequemlichkeit des Publikums selbst wuͤnschenswerther GewerbeDie Einwendung, daß es auch in franzoͤsischen etc. Staͤdten, ohne solche Voraussezungen, solche Etablissements gebe, beweiset noch keineswegs, daß uͤberall das gleiche Verhaͤltniß bestehen muͤsse, oder weil etwas anderwaͤrts geworden sey, was viele ihrer Idee entsprechend finden, es eben deswegen auch in einem bestimmten dritten Orte so werden muͤsse. Auch die gepriesene Freiheit von Belastung erschoͤpfet nicht jeden Wunsch; denn es moͤchte wohl Niemand die Thesis aufstellen, daß es besser sey, kein Vermoͤgen zu besizen, weil das, was man besizt, besteuert wird, u.d. gl. Die Sicherung der Fortdauer des Gewerbrechtes kann ja wohl auch bei richtiger Gewaͤhrung so gut als Praͤmie gelten, wie manche andere der Industrie durch Vorzuͤge, Patente etc. zugesprochene Auszeichnung.? Persoͤnliche Befaͤhigung ist und bleibt unerlaͤßliche Forderung; dieses hat ja aber auch die Baierische Verordnung vom 1sten December 1804 klar ausgesprochen; Fehler der Praxis ist es, wenn in der Erfahrung die strenge Beobachtung dieser Regel nicht nachzuweisen waͤre. Daß durch eben dieses Gesez die Transferirung erschweret, und von hoͤherer Genehmigung abhaͤngig erklaͤrt wird, dies beurkundet die Sorge fuͤr Aufrechthaltung des entscheidenden Prinzipes, auf welches sich bei folgerechter Wuͤrdigung das Bestehen der Realgerechtigkeiten stuͤzen kann, stuͤzen mußIm Voruͤbergehen darf wohl auch bemerkt werden, daß durch die Radizirung wichtige, in manchen vorigen Reichsstaͤdten noch sichtbare, polizeiliche Einrichtungen fuͤr Gesundheit, einwohnerliche Ordnung etc. erreicht werden konnten, z.B. durch Hinweisung der Lohgaͤrbereien, der Faͤrbereien, Feueressen etc. in bestimmte abgelegene Distrikte etc.. Dagegen wuͤrde sich das Bestehen oder Begruͤnden realer Gerechtigkeiten zum Betreiben des Gewerbes eines Schuh- und Kleidermachers, Borten- oder Bandmachers, Obsthaͤndlers, Friseurs, Kaminkehrers, Zimmermannes, Maurers etc. mit Consequenz nicht vertheidigen lassenSo koͤnnte man die Holzmesser, welche Reingruber unter Gewerbsleute zaͤhlt, Fabrikgehuͤlfen, Fabrikmaler oder Drucker etc. mit Realrechten begaben, und dann waͤre freilich die verfuͤhrerische Behauptung richtig, daß, im Falle die Gesammtgewerbsteuer 2,000,000 fl. ertraͤgt, und diese als Zinsen von blos reellem Eigenthume gelten, durch Realmachung aller Gewerbbefugnisse blos nach der Kapitalisirungs-Methode ein solches Land leicht um 40,000,000 fl. mehr Realvermoͤgen erhalte (!); es bedarf nur der persoͤnlichen Gewandtheit. Spricht das Gesez in manchen Staaten auch dabei fuͤr die oneroͤse erworbenen Rechte, so beweiset dieses, daß Eigenthum als Heiligthum beschuͤzet sey. Wenn daher aus den Handwerks-Protokollen vormaliger deutscher Reichsstaͤdte darzuthun ist, daß Gewerbleute, welche blos der persoͤnlichen Befugniß beduͤrfen, vor dem Gewerbs-Antritt amtlich vorgeladen, und ihnen speciell eroͤffnet worden, daß die Gewerbsrechte mit der Person erloͤschen, so ist dies als Beweis empfehlungswerther Vorsicht zu betrachten. Wollte man aber bei gegenwaͤrtiger Entwicklung Anlaß zu dem Vorwurfe finden, als involvire dieselbe auch die Feststellung der bestimmten Gewerbezahl fuͤr jede Ortschaft, so koͤnnte entgegnet werden, daß dies der Fall nicht seyDaß es uͤbrigens nicht unmoͤglich sey, bei Gewerben, welche nur lokale Beduͤrfnisse befriedigen, eine approximative Berechnung, und zwar zum allseitigen Frommen zu machen, haben tuͤchtige Maͤnner, als Weiß u.a. laͤngst gezeigt. Man muß nur nicht aͤngstlich repartiren oder ad absurdum deduziren wollen. Manches Interessante liefert F.J.B. Tenzel in seiner Schrift uͤber Modifizirung der Zuͤnfte; und Freih. v. Pelkoven uͤber die Gewerbe in Baiern. (1818.) sub No. XVI. Manche sehr gute Winke giebt das deutsche Zeitblatt: „der Staatsbuͤrger;“ >auch Professor Marcheaux im polytechnischen Blatte von Muͤnchen.; die Leitung, welche der Regierung zustehet, wird nie so beschraͤnkt werden duͤrfen, daß das uͤbrige, durch Beduͤrfnisse abhaͤngige, Publikum dem Handwerker zinsbar werde; haben ja doch die vormaligen Reichsgeseze schon fuͤr Minderungs- und Mehrungsrechte in Zunftsachen entschieden. Es bewaͤhret sich hier, wie uͤberall, daß Alles auf besonnener Leitung beruhe: das Gute zu behalten, das Nachtheilige zu entfernen, gehoͤrt zur Aufgabe, welche geloͤst werden sollLeiten in Allem, gar nicht leiten, zweckmaͤßig leiten- ist der Bedeutung nach sehr verschieden; man sollte doch jeder moͤglichen Voraussezung uͤber die Gewerbe eine zweckmaͤßige, auf die Gesammtbeduͤrfnisse zielende Leitung zugestehen.. Ad B. Werden aber wirklich Realgerechtigkeiten angenommen, so erwachsen daraus allein keine bedenklichen Folgen; denn 1) die technische Ausbildung der Gewerbe wird dadurch nicht nur allein nicht gehindert, sondern vielmehr durch die Sicherung des Genusses aus besonderer Vervollkommnung fuͤr das Gewerb zu groͤßern Unternehmungen ermuntert, waͤhrend die Befaͤhigung zum Gewerbs-Betriebe stete Vorbedingung bleibt, die Erwerbung der Realgerechtigkeit selbst Vermoͤgens-Erwerbung ist, und jeder Monopolsucht durch die Staatsgewalt entgegengewirkt werden kann. Und haben sich bei solchen Voraussezungen, was in groͤßern Staͤdten wohl oft der Fall ist, Familien seit Jahrhunderten im Besize solcher Gewerbe erhalten, so beweiset dieses lediglich, daß die Industrie, auf solche Weise geschuͤzt, dem Staate gute, wohlhabende Familien, auch fuͤr mehrere Menschenalter, zu erhalten faͤhig sey, – daß gerade in dieser Sicherheit ein Reiz fuͤr Ausbildung zum bestimmten Geschaͤft liegen muͤsse. 2) Ist dem Gewerbsmanne durch die Realitaͤt des Gewerbrechtes allerdings ein Mittel fuͤr Kredit und Huͤlfe in außerordentlichen Faͤllen gegeben, waͤhrend das Publikum durch einen bemittelten Gewerbsmann solidere und selbst billigere Arbeit erhalten kann. 3) Ist in dem Falle, wenn die Realgerechtigkeiten unter den bemerkten Voraussezungen bestehen, nichts Widernatuͤrliches vorhanden; das Nationalvermoͤgen erweitert sich wirklich durch die Erhoͤhung des Gebaͤudewerthes sowohl, als durch den Werth der Gerechtigkeiten, welche also im wahren Sinne Vermoͤgenstheile sind, und steuerbare Objekte werden. 4) Kann gegen das Vorhandenseyn solcher Realgerechtigkeiten im Gegensaze von Personalbefugnissen keine gegruͤndete Beschwerde bestehen. Der Personalist hat eine geringere Vorauslage, und traͤgt eine mindere Steuerquote; denn sey man billig; was will bei strenger Pruͤfung eine Gewerbsteuer-Reichniß von jaͤhrlichen 5-10 fl. fuͤr die Befugniß, welche den Lebensfond bildet? Uebrigens kann Sorge fuͤr sachgemaͤße Konkurrenz das Publikum gegen jede Art von Willkuͤhrlichkeit der Handwerker sicherstellen. 5) Aendert die Respektirung der Realgerechtigkeiten bei einer geordneten Gewerbs-Polizei durchaus nichts in Beziehung auf die einzelnen Innungs-Glieder unter sich oder im Ganzen, oder auch in politischer Beziehung auf den Staat; denn die Regelung der allgemeinen Staatsbuͤrgerrechte durch foͤrmliche Konstitutionen und umfassende Geseze hat diesen, ehemals gefuͤrchteten, Korporationsgeist gebrochen, sohin das Ziel des ehemaligen Strebens von selbst geaͤndert. Dieses Bild stellt sich einer ruhigen Beschauung dar; und was auch in hinreißender Sprache uͤber die Vortheile aus der gaͤnzlichen Aufhebung bestehender Institute, insbesondere uͤber Abschaffung der Realgerechtigkeiten bei Gewerben durch Reluirung, durch angebliche Zerstoͤrung wuchernder Auswuͤchse etc. geschildert wird: es erheben sich maͤchtige Bedenken gegen die zauberischen Verschoͤnerungs- und Verbesserungs-Gemaͤlde, welche die bekannte Schrift: das Interesse des Menschen und Buͤrgers bei den bestehenden Zunftverfassungen Koͤnigsberg 1803. liefert. – Warum sollte nicht mit schonender Hand gebessert werden, was zu verbessern ist? Warum will man Gebaͤude, in welchen Jahrhunderte hindurch die Hand des buͤrgerlichen Fleißes friedlich wirkte, fuͤr sich und Andere, vom Grunde aus zerstoͤren, um – die gefaͤhrliche Erfahrung zu wagen, ob und wie nach einer solchen Aenderung die Industrie sich gestalten werde? Warum soll das Experiment, welches weder vom Publikum noch vom Gewerbsmanne begehrt wird, doch gemacht werden, weil Theorie hieraus eins neue Aera fuͤr das Buͤrgergluͤck verkuͤnden will, dieselbe jedoch nicht verbuͤrgen kannMan fordert uͤberall den Ausspruch der Jury; lasse man doch auch hier eine kompetente Jury uͤber die Vorfragen berathen; vergesse jedoch nicht die oben angefuͤhrten Memoires von Straßburg.? – Sollte es nicht mehr fruchten, wenn in deutschen Staaten, wie Baiern, welche sich schon lange durch umsichtsvolle Verordnungen uͤber das Gewerbwesen auszeichnen, und viele Gebietstheile erhalten haben, die durch das Bluͤhen der Gewerbe Beruͤhmtheit hatten, was besonders von den ehemaligen, nun zu groͤßern Territorien hinzugekommenen, Reichsstaͤdten gesagt werden kann, die Gewerbsverhaͤltnisse durch tuͤchtige und sachkundige Maͤnner vorerst revidirt, und hierauf die gerechten Antraͤge zu definitiven Einrichtungen, auf denen das Wohl von Tausenden ruhet, vorbereitet wuͤrden? Dadurch waͤre der Anlaß gegeben, auch das Verhaͤltniß der Gewerbs-Befugnisse uͤberhauptSollten nicht auch Rekognitionen fuͤr neue Realgerechtigkeiten den Staatskassen reichliche Zufluͤsse zu Gewerbs-Verbesserungen etc. und einen natuͤrlichen offnen Fond fuͤr groͤßere polytechnische Institute etc. gewaͤhren? –, die Anwendbarkeit der reellen und personellen Rechte unbefangen und naͤher zu pruͤfen, gleichzeitig ein festes System zu schaffen, und jeder Beaͤngstigung des gewerbtreibenden Buͤrgers ein Ende zu machen. – Salvo meliori!