Titel: | Beschreibung einer Hand-Maschine, um Mehl aus den Erdäpfeln zu gewinnen. |
Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXV., S. 257 |
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XXV.
Beschreibung einer Hand-Maschine, um Mehl aus den Erdäpfeln zu gewinnenWoͤrtlich uͤbersezt aus: Description d'une machine á bras, propre á extraire la
farine de la pomme de terre in Bulletin de la Société
d'Encouragement pour l'Industrie nationale. XVII. année.
4. Paris 1818. p. 235-239..
Mit Abbildungen. Tab. VII.
Beschreibung einer Maschine zur Bereitung Kartoffelmehls.
Herr Grouvel zu Cap-Breton im Bezirke von
Dax, Departement des Landes, errichtete in dieser
Gemeinde eine Anstalt im Großen, um mittelst einer Hand-Maschine von seiner
Erfindung, deren Beschreibung und Abbildung er Se. Exc. dem Herrn Minister des
Inneren uͤbersandte, Mehl aus den Erdaͤpfeln zu gewinnen.
Der Verathungs-Ausschuß der Kuͤnste und Manufakturen, mit Untersuchung
dieser Maschine beauftragt, erstattete einen guͤnstigen Bericht uͤber
dieselbe, und hielt es fuͤr nuͤzlich, den Aufsaz des Herrn Grouvel durch das Bulletin de la Société d'Encouragement
oͤffentlich bekannt zu machen, indem derselbe einige Details enthaͤlt.
welche fuͤr viele Bewohner aͤrmerer Gemeinden sowohl, als kleiner
Haushaltungen, theils in Ruͤcksicht des Zerreibens der Knollen und des
Trocknens des Mehles, theils in Hinsicht der Eigenschaften der erhaltenen Produkte
und der verschiedenen Mengen derselben in Bezug auf den Urstoff interessant seyn
duͤrften.
Diesem zufolge hat der Herr Unter-Staats-Secretaͤr des
Departements des Inneren, nach vorher eingeholter Zustimmung des Herrn Grouvel, dem
Administrations-Rathe alle betreffende Aktenstuͤcke mit der Einladung
zugesandt, die Kenntniß derselben im Publikum zu verbreiten. Sein Ersuchen wurde in
der Sizung des lezten 15ten Julius angenommen; da aber der Aufsaz des Herrn
Grouvel zu ausgedehnt ist,
um in das Bulletin in seinem ganzen Umfange
eingeruͤckt zu werden, so wollen wir ihn hier nur im Auszuge mittheilen.
Der Mangel an Lebensmitteln, welcher im Jahr 1816 in allen Gegenden des
Koͤnigreiches sich auf eine so verderbliche Weise fuͤhlbar machte,
veranlaßte die Orts-Administrationen, Aufmunterungs-Preise fuͤr
diejenigen auszusezen, welche die Cultur der Erdaͤpfel verbreiten, und
einfache und wohlfeile Mittel zur Gewinnung des Mehles aus denselben angeben
wuͤrden.
Herr Grouvel glaubte dieser
Aufforderung entsprechen zu muͤssen, und es gelang ihm, unterstuͤzt
von seinem Eifer fuͤr das allgemeine Beste, eine Anstalt zur Erzeugung des
Erdaͤpfelmehles zu gruͤnden, welche in einem Gebaͤude aus zwei
Abtheilungen besteht, wovon die eine zur Aufnahme der Muͤhle, der Presse
etc., die andere aber als Darre zum Abtrocknen des Mehles dient. Die Knollen werden
auf dem Boden aufbewahrt, von welchem sie durch eine Schuͤtte oder Gosse auf
die Reibmaschine fallen.
Diese Reibmaschine, welche durch Arme (Haͤnde) bewegt wird, ist ganz aus
Eichenholz gezimmert; selbst die Achsen, die man bestaͤndig fleißig schmieren
muß, sind aus diesem Holze. Die walzenfoͤrmige Reibe, die einen Fuß im
Durchmesser und 15 Zoll in der Lange haͤlt, ist aus Tannenholz, welches,
seiner harzigen Natur nach, besser als jedes andere Holz zu einem Werkzeuge dient,
das bestaͤndig der Feuchtigkeit und dem Wasser ausgesezt ist. Sie ist mit einem Blatte Eisenbleches
uͤberlegt, welches mit einer Menge Loͤcher durchbohrt ist, die im
Verbande (en quinconce) und so dicht als moͤglich
stehen. Eine Buͤrste aus Schweinsborsten, die in dem hinteren Querbalken
eingesezt ist, und ein Wasserstrahl, der ohne Unterlaß auf dieselbe
auffaͤllt, dienen dazu, sie bestaͤndig rein zu halten. Auf diese Reibe
ist eine Schuͤtte aufgesezt, welche die Knollen aufnimmt, und mit ihren
Zapfen auf einem Gebaͤlke sizt, das 31/2 Fuß (pieds
métriques) lang, und 22 Zoll breit ist. Ein einziger Mann reicht zu,
um sie mit Leichtigkeit in Bewegung zu sezen; man braucht aber zwei Maͤnner,
wenn man die Arbeit auf derselben einen ganzen Tag lang fortsezen will. Ein
Schieber, der aus einem Hebel mit zwei Fluͤgeln besteht, und an den beiden
Enden der Achse angebracht ist, dient, die Bewegung gleichfoͤrmig zu
erhalten.
Die Nebentheile dieser Maschine sind: 1) Eine Schiffspumpe, die in einem 10 Fuß
tiefen Brunnen steht, und mittelst einer Rinne das Wasser auf die Walze leitet; sie
wird durch den Mechanismus der Muͤhle in Bewegung gesezt mittelst eines
Hebelarmes, der auf der Kurbel der Achse ruht. 2) Ein Beutel von grobem hanfenen
Zeuge, 2 Fuß im Durchmesser, und 2 1/2 Fuß in der Laͤnge; er befindet sich am
Ende der Muͤhle, und parallel mit der Achse derselben. Eine Rinne unten an
der schiefen Flaͤche, auf welche der verduͤnnte Brei faͤllt, so
wie er von der Reibe erzeugt wird, leitet ihn in den Beutel, dessen Kreisbewegung
sich zu jener der Walze verhaͤlt, wie 1 zu 21/2. Der Beutel wird durch eine
Laufschnur in Bewegung gesezt, welche, indem sie sich kreuzt, uͤber eine
Rolle laͤuft, die auf ihrer Achse steht, und mit einer zweiten Rolle in
Verbindung ist, welche an der, der Bewegung der Pumpe gegenuͤberstehenden
Seite den Baum der Reibe traͤgt. 3) Ein hoͤlzernes Becken, welches bis auf 6 Zoll von
seinem Rande in die Erde eingegraben, und zur Aufnahme des Mehl-Wassers, und
folglich auch des Mehles, das aus dem Beutel faͤllt, bestimmt ist. Sein
Uebermaß ergießt sich durch eine Rinne in ein zweites, in der Trockenstube
befindliches Becken, und dieses entleert sich in ein drittes, so daß das Wasser aus
diesem lezteren, nachdem es das wenige Mehl, welches in demselben noch enthalten
seyn mochte, abgesezt hat, in einen Graben außer dem Gebaͤude
ablaͤuft. Der Gehalt dieser Becken ist nach der Menge des Mehles berechnet,
welches binnen 24 Stunden erzeugt und getrocknet werden kann. Ueber einem anderen,
zur Sammlung der Ueberbleibsel bestimmten Becken befindet sich ein Steg. Zur Seite
steht eine Presse, um das Wasser aus dem erhaltenen Trester auszudruͤcken,
und das Trocknen desselben zu erleichtern. Dieses geschieht auf 2 1/2 Fuß breiten
Brettchen, die in dem Inneren und an den Waͤnden der Trockenstube angebracht
sind, welche mittelst eines gewoͤhnlichen Ofens, den Herr Grouvel aus Kacheln und Thon
erbaute, und dessen Roͤhren gleichfalls aus Erde sind, geheizt wird.
Man wird die ganze Einrichtung dieser Muͤhle besser begreifen, wenn man die
Abbildung derselben auf Tafel (162 im Originale) nachsieht, und mit folgender
Beschreibung vergleicht.
Erklaͤrung der Figuren der Tafel.
1. Fig.
Aufriß der Erdaͤpfel-Reibmaschine von ruͤckwaͤrts
und nach der Linie AB des Fig. 3. entworfenen Planes.
2. Fig.
Aufriß von der Seite nach der Linie EF.
3. Fig.
Grundriß der Muͤhle, des Beutels und der Becken, in welche der
verduͤnnte Brei aufgenommen wird.
4. Fig.
Durchschnitt der walzenfoͤrmigen Reibe nach der Linie CD.
Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Gegenstaͤnde in diesen vier
Figuren.
a. Die walzenfoͤrmige Reibe, belegt mit einer
Blech-Platte, die mit Loͤchern durchbohrt und mit rauhen Erhabenheiten
besezt ist.
bb. Das Geruͤst der Muͤhle.
c. Ein schief gelagertes Brett, in welchem sich, der
Laͤnge nach, mehrere Rinnen befinden, welche bis an den unteren Rand
desselben sich hinabschlaͤngeln. Dieses Brett, welches sich unmittelbar unter
der Reibe befindet, nimmt den Brei auf, dessen Hinabgleiten ein auffallender Wassers
strahl befoͤrdert.
d. Ein bewegliches Stuͤck Holz, das schief gegen
die Kante hin abgeschnitten ist, und die Knollen gegen die Reibe hin
abdruͤcken hilft.
e. Ein Querholz, in welches eine Buͤrste von
Schweinsborsten eingesezt ist, um die Reibe zu reinigen.
ff. Zapfen der Walze, die von Holz oder Eisen seyn
koͤnnen.
g. Rolle auf der Achse der Reibe zur Aufnahme einer
Schnur, welche der Rolle l am Beutel Bewegung mittheilt;
hie Schnur laͤuft, sich kreuzend, uͤber beide Rollen.
i. Beutel, mit einer groben hanfenen Leinwand umgeben,
in welchem sich der verduͤnnte Brei sammelt.
kk. Zapfen des Beutels.
l. Steg, auf welchem sie ruhen.
m. Großes viereckiges Becken zur Aufnahme des
durchgebeutelten oder durchgesiebten Breies.
n. Zweites Becken zur Aufnahme der durchgebeutelten
Reste.
o. Schuͤtte oder Gosse uͤber der Reibe zur
Aufnahme der Knollen.
pp. Schweber aus einer hoͤlzernen Stange
mit viereckigen Fluͤgeln an beiden Enden zur gleichfoͤrmigen Bewegung der Maschine;
sie sind auf die Achse der Reibe an jeder Seite der Muͤhle aufgesezt.
q. Hebelarm auf der Kurbel des Schwebers, um die Pumpe
in Bewegung zu sezen.
r. Rinne oder Querkanal, unten an dem schief geneigten
Brette c, zur Leitung des verduͤnnten Breies in
den Beutel.
5. Fig.
Durchschnitt des Gebaͤudes, in welchem die Maschine zur Erzeugung des
Erdaͤpfelmehles aufbewahret wird.
6. Fig.
Grundriß dieses Gebaͤudes:
A. Boden, auf welchem die Erdaͤpfel aufbewahret
werden.
B. Stube, in welcher die Muͤhle sich
befindet.
C. Stube.
D. Brunnen außer dem Gebaͤude.
E. Kleiner Ofen, um die Stube zu heizen.
F. Roͤhre zum Durchzuge fuͤr den
Rauch.
GG. Bretter, um das Mehl auf denselben zu
trocknen,
H. Rinne, die das Wasser auf die Reibe leitet.
I. Schiffspumpe.
K. Stange derselben.
L. Rinne zur Ableitung des Uebermaßes aus den
viereckigen Becken des Beutels.
MMM. Andere kreisfoͤrmige Becken in der
Stube, in gleicher Hoͤhe mit dem Boden derselben, zur Aufnahme des
Mehlwassers der vorigen.
O. Presse zum Auspressen des Wassers aus dem
Ruͤckstande.
P. Senkrechte Roͤhre uͤber der
Schuͤtte oder Gosse, durch welche die Erdaͤpfel fallen.
Verfahrungsart. Wir haben oben gesagt, daß, um
waͤhrend eines ganzen Tages regelmaͤßig und ununterbrochen zu arbeiten, zwei Maͤnner
noͤthig sind, die sich wechselsweise abloͤsen. Diese Arbeiter
muͤssen zugleich das Feuer im Ofen unterhalten, das getrocknete Mehl in
Saͤcke bringen, dasjenige, was in den Becken zu Boden faͤllt, mit
einer eisernen krummen Schaufel herausschaffen, und in einen Sack zum
Adtroͤpfeln werfen, damit es in die Darrstube gebracht werden koͤnne,
und endlich hie Ueberreste, die man noch aufbewahren will, auspressen.
Da das Wasser bei dieser Art von Mehlerzeugung die Hauptsache ist, so muß ein
Wasserstrahl von ungefaͤhr einem Kubikzoll mittelst der Pumpe, welche durch
die Muͤhle in Bewegung gesezt wird, auf die Walze geleitet werden, um die
Wirkung per Reibe auf die Erdaͤpfel zu erleichtern, und den Brei, welcher auf
das Brett c fallt, zu verduͤnnen und zu
zertheilen. Dieses Brett ist unter einem Winkel von 45° geneigt, und seiner
ganzen Laͤnge nach in mehrere, schlangenfoͤrmig sich windende,
Kanaͤle getheilt, die durch Leistchen von Holz gebildet werden. Die
Regelmaͤßigkeit der Bewegung der Reibe, die die
Erdaͤpfel-Knollen, ohne sie zu zerreißen, zu Brei zermalmt, und der
schnelle Durchfall des auf diese Weise verduͤnnten Breies in den Beutel
lassen alles Mehl erhalten, welches die Erdaͤpfel in mehr oder minder großer
Menge zu geben faͤhig sind. Das Mehlwasser geht durch den Beutel und
faͤllt in das Becken, aus welchem man es mit der eisernen Schaufel
schoͤpft, waͤhrend die uͤbrigen, aus den Haͤuten der
Erdaͤpfel bestehenden, Reste sich in das am Ende des Beutels befindliche
Becken begeben, aus welchem man sie heraus nimmt, um sie unter die Presse und dann
in die Darrstube zu bringen, in welcher sich das Mehl bereits befindet. In dieser
Darrstube unterhaͤlt man einen hinlaͤnglichen Grad von Hize, um diese
beiden Produkte bis auf den zu ihrer Aufbewahrung noͤthigen Grad der
Trockenheit zu bringen.
Die Kosten einer solchen Muͤhle sammt Beutel, Becken und Presse kommen auf
ungefaͤhr 300 Franken; sie ist so einfach, daß jeder Landmann dieselbe leicht
bei sich errichten kann. Die einzigen Theile derselben, die oͤfters erneut
werden muͤssen, sind die Buͤrste, das Eisenblech auf der Reibe, und
die haͤnfene Leinwand um den Beutel, welche man auch durch ein Drathgewebe zu
groͤßerer Ersparniß ersezen koͤnnte. Alle diese Dinge kosten
jaͤhrlich nur ungefaͤhr 30 Franken, unter der Voraussezung, daß die
Muͤhle ununterbrochen arbeitet.
Auf dieser Maschine wird binnen 2 Stunden ein Hektolitre9363/100 Baiersche Maaß, Erdaͤpfel in Brei verwandelt; diese Menge Erdaͤpfel giebt 14
KilogrammeBeilaͤufig 25 Pfund Wiener oder Baierisch oder 30 Pfund Leipziger
Gewicht. rohes Mehl, welches, nach einem Versuche des Herrn Grouvel, mehr als zwei Drittel seines Gewichtes
Staͤrkmehl giebt, waͤhrend dieselbe Menge Weizenmehles nicht gar
dasselbe Gewicht im Scheffel gibt, woraus erhellt, daß an lezterem die Kleie mehr
betraͤgt, als die Abfaͤlle (Recoupe) bei
den Erdaͤpfeln. Diese Abfaͤlle oder Erdaͤpfel-Kleie (die
Herr Grouvel
recoupe nennt) sind das gruͤzeartige Mehl, das in
dem Beutel bleibt, und das sich sehr wohl zum Brodtbacken brauchen laͤßt,
indem es im Wasser aufloͤsbar ist; eine Eigenschaft, die die
Weizen-Kleie nicht besizt. Man erhaͤlt noch uͤberdies aus den
auf diese Art behandelten Erdaͤpfeln den vielen Theil des Maaßes derselben an
Ruͤckstand oder gruͤner Trester, welchen man den Hausthieren zum
Futter geben kann.
Aus diesen Versuchen erhellt, daß, waͤhrend die Erdaͤpfel den
fuͤnften Theil ihres Gewichtes an Mehl liefern, und der Preis des Weizens
sechsmal hoͤher, als jener der Erdaͤpfel steht, der Consument
fuͤr den Werth eines Hektolitres Weizen sich 6 Hektolitre Erdaͤpfel anschaffen kann,
deren Mehl, mit Weizenmehl gemengt, ein sehr gutes Brodt giebt.
Die Weise, wie die Darre geleitet wird, hat sowohl auf die Guͤte, als auf die
Menge des erhaltenen Mehles Einfluß. Die Methode, welche Herr Grouvel befolgt, ist diese, daß er das Mehl, so
wie es aus den Becken kommt und nach und nach erzeugt wird, in einem Sacke von
dichter Leinwand einige Stunden lang abtroͤpfeln laͤßt. Die erhaltene
Masse wird auf Brettchen in der Darrstube gelegt, und dann in duͤnne Lagen
getheilt und zu Pulver gemacht; binnen 24 Stunden ist das Trocknen vollendet. Will
man Staͤrkmehl daraus bereiten, so treibt man dieses Mehl, wie das
Weizenmehl, durch ein Haarsieb.
Herr Grouvel versichert, daß
das Erdaͤpfelmehl das Doppelte seines Gewichtes an Brodt giebt. 30 Pfund
rohen Roggenmehles geben gewoͤhnlich 34 Pfund Brodt; als man aber 5 Pfund von
diesem Mehle weniger, und dafuͤr eben so viel rohes Erdaͤpfelmehl
nahm, erhielt man 44 Pfund schoͤneres und besseres Brodt, als man aus
gewoͤhnlichem Roggenmehle nicht erhielt.