Titel: | Methode, die Verfälschung des Oliven-Oeles mit Mohn-Oel und anderen aus Samen gepreßten Oelen zu entdecken. |
Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXXI. XXXIV. , S. 357 |
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XXXI.
XXXIV.
Methode, die Verfälschung des Oliven-Oeles mit Mohn-Oel und anderen aus Samen gepreßten Oelen zu entdecken.
Auszug aus einer diesen Gegenstand betreffenden Instruktion.
Von Herrn Poutet. Apotheker zu Marseille.
Auf Verlangen des Ministers des Inneren.
(Aus den Annales de Chimie et de Physique Dieser Aufsaz ward auch in dem Repertory of Arts etc. Februar
1820 aufgenommen, und wir theilen ihn aus demselben mit..)
Poutet Methode, die Verfälschung des Oliven-Oeles mit Mohn-Oel etc.
Dieses Verfahren gruͤndet sich auf die Eigenschaft der
Aufloͤsung des salpetersauren Quecksilbers (Pernitrate
de Mercure), reines Oliven-Oel, wenn es damit geschuͤttelt
wird, in wenigen Stunden zum Erstarren zu bringen, und in eine feste Masse zu
verwandeln, waͤhrend es auf die Fluͤssigkeit der uͤbrigen aus
Samen gepreßten Oele kaum einigen Einfluß aͤußert, sondern denselben eine
Orange-Farbe mittheilt, und sie eine große Menge von Niederschlag bilden
laͤßt, welcher niemals die Haͤrte des Coagulums, des Oliven-Oeles erhaͤlt.
Man bereitet dieses salpetersaure Quecksilber, wenn man kalt sechs Gewichttheile
Quecksilbers in sieben Theilen und einen halben Salpetersaͤure von beilaͤufig
38° Reaumur's Areometer (beilaͤufig 1, 35 sp. Schw.) aufloͤset.
Diese salzige Aufloͤsung bleibt fluͤssig, weil der Ueberschuß von
Saure ihre Kristallisation hindert.
Wenn man 8 Maaße dieser Aufloͤsung mit 92 reinen Oliven-Oeles mengt,
und von Zeit zu Zeit schuͤttelt, so erstarrt nach einigen Stunden die ganze
Fluͤssigkeit zu einer gelblichen Masse, welche mit einem weißlichen Schaume
bedeckt ist, und wird am naͤchsten Tage fest.
Reines Mohn-Oel auf dieselbe Weise behandelt, behaͤlt seine
Fluͤssigkeit und wird orangegelb; der Niederschlag, den es bildet, ist blos
unbedeutend, und von gruͤnlich gelber Farbe,
Ein Gemenge von Oliven-Oel und einem Zwanzigstel Mohn-Oel erstarrt mit
salpetersaurem Quecksilber nach wenigen Stunden, aber die Masse ist bei weitem
weniger fest, als jene, die man aus reinem Oliven-Oele erhaͤlt.
Wenn die Menge des Mohn-Oeles bis zu einem Zehntel steigt, so erstarrt die
Mischung mit der Mercurial-Aufloͤsung zu einer gelblichen Masse,
welche keine festere Consistenz als Honig oder andere fixe Oele besizt. Wenn das
Verhaͤltniß des Mohn-Oeles noch groͤßer ist, so bleibt ein
Theil der Mischung bestaͤndig fluͤssig und durchscheinend in der
Quecksilber-Aufloͤsung, und die Menge des Coagulums vermindert sich in dem Verhaͤltnisse, als die Menge des
Oliven-Oeles vermindert wird.
Da die Consistenz des Coagulums, welches durch das
salpetersaure Quecksilber in dem Oele erzeugt wird, ein Kennzeichen liefert, welches
nur wenig Bestimmtheit gewaͤhrt, indem es nicht so leicht nach irgend einem
Maaßstabe bemessen werden kann, so muß nothwendig stets fuͤr
Gleichfoͤrmigkeit der Umstaͤnde waͤhrend der Operation gesorgt
werden. So verspaͤtet z.B. Waͤrme das Gerinnen, und macht das
Coagulum weniger haͤufig; Kaͤlte auf der
anderen Seite befoͤrdert dasselbe. Eben so beschleunigt das
Schuͤtteln, indem es die Beruͤhrungspunkte zwischen dem Oele und der
sauren Aufloͤsung vervielfaͤltigt, die gegenseitige Wirkung derselben.
Um daher Gleichfoͤrmigkeit in den zu vergleichenden Resultaten zu erhalten,
sollten die Mischungen nach ihrer Bereitung in einem Keller aufbewahrt werden, in
welchem die Temperatur im Sommer wie im Winter beinahe stets dieselbe ist. Eben so
sollte die Art und die Dauer des Schuͤttelns der Mischung soviel als
moͤglich bei allen Mischungen dieselbe seyn.
Herr Poutet raͤth das
salpetersaure Quecksilber mit dem Oele in einem Flaͤschchen zu mengen, und in
den ersten zwei Stunden nach geschehener Mischung es alle zehn Minuten stark zu
schuͤtteln, und dann bei Seite zu stellen. Wenn das Oliven-Oel rein
ist, so erstarrt es im Winter binnen drei oder vier Stunden, und im Sommer binnen
sechs oder sieben. Waͤhrend des Schuͤttelns fallen die Streifen, die
sich an der Flaͤche des Flaͤschchens bilden, nieder, und die Masse
wird beinahe so dick, wie weiche Butter; aber am folgenden Tage ist alles erstarrt.
Durch laͤngeres Stehen wird reines Calabreser Oel viel weißer, und Provencer
Oel auch zum Theile.
Man kann es aber als gewiß annehmen, daß das Oliven-Oel unrein, und mit
Mohn-Oel verfaͤlscht ist, wenn in einer halben Stunde, nachdem die
Mischung in dem Flaͤschchen geschuͤttelt wurde, die Streifen an dem
Flaͤschchen ungeachtet alles Schuͤttelns fest hangen bleiben, und die
Fluͤssigkeit beinahe durchscheinend ist, und wenn endlich, sechs bis sieben
Stunden nach der Mischung, das Oel unerstarrt bleibt, und, wenigstens theilweise, in
diesem Zustande beharrt, so daß das Oel zwischen einem Viertel und der
Haͤlfte auf der Oberflaͤche einer undurchsichtigen koͤrnigen
Masse von der Consistenz eines dicken Breies oben schwimmt. Ein Gemenge von einem Drittel
Mohn-Oel und zwei Dritteln Oliven-Oel bleibt großen Theils
fluͤssig und durchsichtig, und harzige Concretionen fallen auf den Boden des
Flaͤschchens.
Die Farbe der verfaͤlschten OeleDer Uebersezer findet es noͤthig zu bemerken, daß die
Verfaͤlschung des Oliven-Oeles durch Mohn-Oel der
Gesundheit durchaus nicht nachtheilig ist; daß unsere deutschen Vorvorderen
Mohn-Oel statt Oliven-Oeles bei ihrem Tische brauchten; und
daß der brave alte franzoͤsische Abbé Rozier seinen lieben
Landsleuten, die doch mit Oliven-Oel handeln, bewies, daß sie
jaͤhrlich Millionen gewinnen wuͤrden, wenn sie statt des
gefahrvollen Oelbaumes die sichere Mohnpflanze bauten. Verfaͤlschung
des Oliven-Oeles mit Mohn-Oel ist bei weitem nicht so arg, als
Verfaͤlschung der edlen franzoͤsischen und ungarischen Weine
mit kuͤnstlichen oder anderen geringen Sorten. Anm. d. Uebers. – (Die Consumenten wuͤrden besser
thun, das gegen das Provencer-Oel weit wohlfeilere Mohn-Oel
unter seinem wahren Namen und reellen Werth zu kaufen, als dasselbe
vermischt als Provencer-Oel theuer zu bezahlen. Man
bekommt jezt in den Detailhandlungen ohnehin sehr selten aͤchtes rein
schmeckendes fettes Provencer-Oel; und bei dem Gebrauche des
Mohnsaamen-Oels bliebe viel Geld im Lande, der Ackerbau wuͤrde
bei haͤufigern Anbau des Mohns wesentlich gewinnen, ohne den Handel
zu beeintraͤchtigen. Das Mohn-Oel wird aber nicht nur zur
Vermengung mit Provencer-Oel, sondern auch mit Mandel-Oel,
Hasel- und Wallnuß-Oel gebraucht, meistens aber bloßes
Mohn-Oel statt des Nuß-Oels verkauft. So gehen aus Schwaben,
dem Elsaß und andern Gegenden jaͤhrlich viele tausend Pfund
Mohn-Oel nach Triest, das dorten die Taufe als Mandel- und
Nuß-Oel erhaͤlt, und unter diesem Namen um theures Geld uns
wieder zugesendet wird. Auch wird man in Apotheken, wo man das
Mandel-Oel nicht selbst aus Mandeln preßt, selten wirkliches
Mandel-Oel erhalten. Es waͤre zu wuͤnschen, daß die
Aerzte zum oͤkonomischen Vortheil ihrer Kranken statt
Mandel-Oel Mohn-Oel zu den Linimenten verordneten, da die
Wirkung von beiden zu diesem Zwecke ganz gleich ist. Dingler.) ist nach dem Schuͤtteln mit der Mercurial-Aufloͤsung
mehr gelb, als an dem reinen Oliven-Oele, und Reps-Oel giebt ein
tieferes Gelb als Mohn-Oel. Durch langes Aufbewahren wird es braun. Gleiche
Theile Oliven- und Reps-Oel nehmen eine schone Orange-Farbe an,
und nur die Haͤlfte der Mischung erstarrt. Mehrere andere salpetersaure Salze
bringen eine aͤhnliche; Wirkung, wie salpetersaures Quecksilber, hervor,
allein lezteres verdient den Vorzug.
Diese Methode des Herrn Poutet,
die Beimischungen von Oelen zu entdecken, ist an sich gut, und gewiß die beste, die
man bisher kennt; kuͤnftige Versuche koͤnnen sie vielleicht zu jenem
Grade von Bestimmtheit erheben, welcher ihr jezt noch fehlt, und sie vervollkommnen.
Da ein großer Theil der Genauigkeit derselben von dem Verhaͤltnisse zwischen
der Fluͤssigkeit und den coagulirten Theilen abhaͤngt, so sollte die
Mischung mit der
Quecksilber-Aufloͤsung vielmehr in graduirten Roͤhren als in
Flaͤschchen geschahen.