Titel: | Ueber Fälschungen der Lebensmittel und über Küchengifte; als: Brod, Bier, Wein, Thee, Kaffee, Rahm und Milch, der geistigen Getränke, Käse, Senf, Baumöl, Weinessig, Pfeffer, Salz, Konfekt, und andern Artikeln, welche man im Hauswesen braucht, und die Mittel, sie zu entdecken. |
Fundstelle: | Band 1, Jahrgang 1820, Nr. XXXV., S. 362 |
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XXXV.
Ueber Fälschungen der Lebensmittel und über Küchengifte; als: Brod, Bier, Wein, Thee, Kaffee, Rahm und Milch, der geistigen
Getränke, Käse, Senf, Baumöl, Weinessig, Pfeffer, Salz, Konfekt, und andern Artikeln, welche man im Hauswesen braucht, und
die Mittel, sie zu entdecken.
Von Friedrich AccumAus dieser Schrift, welche erst kurz im Buchhandel unter nachstehendem Titel:
„A Treatise on Adulterations of Food and Culinary Poisons,
exhibiting the fraudulent sophistications of Bread, Beer, Wine,
Spirituons Liquors, Tea, Coffee, Cream, Confectionary, Vinegar, Mustard,
Pepper, Cheese, Olive oil, Pickles and other Articles employed in
Domestik Economy, and Methods of detecting them, by Frederic Accum. Sold
by Longman, Hurst, Rees, Orme and Brown, Paternoster row, London. 1
Vol.“
erschienen ist, liefert das Repository of Arts, Literature, Fashions,
Manufactures etc. publ. by Ackermann. London February and March
1820 und das Philosophical Magazine etc. by Alex
Tilloch. February 1820 Auszuͤge, die wir ihres
großen Interesse wegen hier mittheilen. Diese Aeußerungen, welche mit so vieler
Lebendigkeit und Offenheit gegeben werden, verschaffen uns einen eignen Begriff
von manchem englischen Gewerbsmanne, und von den zahllosen
Verfaͤlschungen, denen doch wohl das Praͤdikat englisch bei uns nicht zur Empfehlung oder zum Schuze
gereichen wird. Da das Werk selbst fuͤr Regierungen
Polizeybehoͤrden, Aerzte, Chemiker, Apotheker, Kaufleute, Gewerbsleute
etc. von großem Interesse ist, so hat sich ein Mitarbeiter dieses Journals
entschlossen, eine vollstaͤndige Uebersezung zu besorgen, wovon das
Naͤhere noch angezeigt wird. Dingler..
Accum über Verfälschung der Lebensmittel.
Unter allen Betruͤgereien, welche sich
geldsuͤchtige Kraͤmer erlauben, ist keine tadelnswerther und zugleich
gewoͤhnlicher, als die Faͤlschung der verschiedenen Lebensmittel.
Diese unsittliche und schaͤndliche Gewohnheit, welche in dem Maaße zunimmt,
als die Entdeckung derselben schwer ist, ergreift gegenwaͤrtig fast jede
Waare, welche entweder zu den Beduͤrfnissen oder zu den Bequemlichkeiten des
Lebens gerechnet wird,
und hat in jedem Theile des vereinten Koͤnigreiches eine wahrhaft
beunruhigende Ausbreitung erhalten.
Menschen, welche nach der Wichtigkeit und scheinbaren Achtungswuͤrdigkeit
ihrer Verhaͤltnisse am wenigsten in Verdacht gerathen wuͤrden, treiben
diesen Unfug; und ihr ermunterndes Beispiel ist es, was eine Menge
Kleinhaͤndler angelockt hat, auf derselben schaͤndlichen Bahn zu
wetteifern.
Die Schlauheit hat diesem Faͤlschungssysteme einen so hohen Grad von
Ausbildung gegeben, daß man dergleichen gefaͤlschte Artikel jeder Art
uͤberall antrifft; die sinnige Bereitung derselben macht es auch den
geuͤbtesten Richtern zu einer schweren Aufgabe, sie unterscheiden zu
koͤnnen.
Unter den jezt gewoͤhnlich verfaͤlschten Gegenstaͤnden des
haͤuslichen Bedarfes mag man Thee, Kaffee, Brod, Bier, Wein, geistige
Getraͤnke, Salat, Oel, Pfeffer, Weinessig, Senf, Rahm u.a. Artikel
bezeichnen.
Wahrlich, es wuͤrde schwer fallen, einen einzigen Nahrungs-Artikel
anzugeben, der nicht gefaͤlscht waͤre; es giebt einzelne Dinge, welche
man kaum jemals einmal aͤcht erhalten kann.
Einige dieser verfaͤlschten Gegenstande sind beim Genusse unschaͤdlich; in diesem
Falle, sofern blos minder gute Ingredienzien anstatt der kostbarern und
aͤchten gewaͤhlt werden, drohet unserer Gesundheit keine Gefahr, wenn
auch unsere Boͤrse leidet. Dahin gehoͤrt die Bereitung des
nachgemachten Pfeffers, die Faͤlschung des Senfs, Weinessigs, Rahms. Andere
dagegen sind sehr schaͤdlich, wie das Faͤlschen des Biers, der Weine,
geistigen Getraͤnke, Salzbruͤhen, Salat und der gleichen.
Es giebt besondere Chemiker, welche einen regelmaͤßigem Handel mit solchen
Ingredienzien oder heillosen Praͤparaten treiben, und mit denselben
gewissenlose Brauer, die Porter oder Ale bereiten, versehen; andere leisten
dergleichen Dienste den mit Wein oder geistigen Getraͤnken Handelnden; noch
andere den Gewuͤrzkraͤmer oder Oelhaͤndlern. Diese Menschen
treiben die Sache im Geheimen oder unter irgend einer taͤuschen den Firma mit
der vorgeblichen Anzeige eines schoͤnen gesezmaͤßigen
Unternehmens.
Ihre unerlaubten Geschaͤfte haben die Ordnung und Art eines
regelmaͤßigen Handels angenommen; man spricht dabei auch von Kunst, von Geheimniß; denn die
Huͤlfsarbeiter, welche dabei gebraucht werden, kennen oft die
Gegenstaͤnde, die durch ihre Hand gehen, eben so wenig, als den Zweck, wozu
sie verwendet werden.
Um die Wachsamkeit der Untersuchenden zu taͤuschen, und die Forschungen der
Accisebeamten zu vereiteln, auch das Geheimhalten dieser Mysterien zu sichern, wird
die Operation unter die verschiedenen Arbeiter getheilt und unterabgetheilt; auch
wird deswegen die Bereitung selbst in mehreren Etablissements besorgt. Die Aufgabe,
das Verhaͤltnis der Ingredienzien fuͤr den Gebrauch zu bestimmen, ist
einem Einzigen gegeben, waͤhrend die Zusammensezung und Bereitung derselben
einen besonderen Geschaͤftstheil ausmacht, und einem andern Arbeiter
uͤbertragen ist.
Die meisten Artikel werden dem sie Verbrauchenden m einer
versteckten oder solchen Gestalt uͤberreicht, daß ihre wahre Beschaffenheit
von dem Unkuͤndigen unmoͤglich entdeckt werden kann. Dahin
gehoͤrt der Extrakt von coculus indicus, welchen
die Fabrikanten als Walz-Liqueur gebrauchen, um dem Porter oder Ale eine
berauschende Kraft zu geben; man kauft den Extrakt auf dem Markte unter dem Namen:
„ schwarzer Extrakt “ er ist
scheinbar fuͤr den Gebrauch der Gaͤrber und Faͤrber bestimmt.
Man bereitet ihn durch Kochen der Beere des coculus
indicus in Wasser, welches durch die nachfolgende Abdampfung in eine
steife, schwarze, zaͤhe Masse verwandelt wird, und in hohem Grade die
narkotische und berauschende Eigenschaft der giftigen Beere, aus der sie bereitet
wurde, behaͤlt. Eine andere Substanz, ein Extrakt von Quassia und
Liquirizensaft wird von betruͤgerischen Brauern angewendet, um Malz und
Hopfen zu sparen; technisch heißt sie multum
Nach den Times vom Mai 1818 wurde ein Brauer,
welcher solches multum und Vitriol besaß, zu
einer Geldbuße von 200, und ein anderer, der capsicum (spanischen Pfeffer), Vitriol gebrauchte, in die Strafe
von 20, dann 200, und wieder 200 Pfund verurtheilt..
Die Quantitaͤten der indischen Coculus-Beeren und des sogenannten
schwarzen Extraktes, welche zur Faͤlschung des Malz-Liqueurs
eingefuͤhrt werden, sind ungeheuer. Es bildet dies einen ansehnlichen
Handlungszweig, der sich in den Haͤnden einiger wenigen Maͤkler
befindet. Mag es sonderbar scheinen, noch hat wegen des Gebrauches dieser Waare von
Seite der Accisebeamten keine Untersuchung statt gehabt. So giebt es auch manche
andere zur Faͤlschung des Biers, Ale und geistigen Getraͤnke
angewendete Stoffe, die man absichtlich versteckt haͤlt; eine bedeutende Zahl
jener Personen, die sich
mit dem Verkaufe solcher Artikel beschaͤftigen, kennt nicht einmal die
Beschaffenheit oder Zusammensetzung derselben.
Ein Extrakt, von dem man behauptet, daß er sehr unschuldig sey, und welcher von den
Brauer Drogisten in Faͤssern verschiedener Groͤße verkauft wird,
bekannt unter dem Namen bittere Sohle, bestehet aus
kalcinirtem schwefelsauren Eisen (Vitriol), aus einem Extrakte aus indischen
Coculus-Beeren, und einem Extrakte von Quassia und spanischen Liquirizen.
Zum Belege dieser Bemerkungen waͤre es mir ein Leichtes, das Zeugniß vieler
Individuen beizubringen, durch die ich ersucht wurde, gewisse als unschuldig
erklaͤrte Mischungen, welche in jeder großen Manufakture von oben
beschriebener Art gebraucht werden, zu untersuchen. Wahrend meiner langen Praxis
habe ich mich wirklich durch hinlaͤngliche Erfahrungen uͤberzeugt, daß
eine ansehnliche Zahl von ganz achtbaren Kaufleuten an ihre Kunden absolut giftige
Artikel verkauften, die sie selbst fuͤr unschaͤdlich hielten, und die
sie nicht zum Verkaufe angeboten haben wuͤrden, wenn sie die
verfaͤlschte und verderbliche Beschaffenheit dieser Zusammensetzungen, oder
die Zwecke, fuͤr welche sie bestimmt sind, gekannt haͤtten.
So z.B. weiß ich Faͤlle, wo Branntweinhaͤndler nicht wußten, daß die
unter dem taͤuschenden Namen Klaͤrung
verkaufte Substanz, welche dient, die geistigen Getraͤnke zu staͤrken
und hell zu machen, und wovon man glaubt, daß sie aus gebrannten Zucker und
Fischleim in Extrakt-Form bestehe, in der That ein Extrakt von Capsicum (spanischen Pfeffer) sey, und daß von der
scharfen und stechenden Eigenschaft des spanischen Pfeffers der Hochgeschmack des
Branntweins und Rumms komme, wenn man die obige Materie zur Faͤrbung
gebraucht.
In andern Fallen versuchten die Ale-Brauer ihrem Gebraͤue durch frisch
gemahlene Koriander-Koͤrner, nach vorgaͤngiger Mischung mit
einer Portion Kraͤhnaugen (nux vomica) und
Quassia einen bittern Geschmack und eine narkotische Eigenschaft zu geben. So
scheinen auch die Kleinhaͤndler, welche Senft verkaufen, nicht zu wissen, daß
der Senft-Same nach dem Mahlen kein Pulver von so starker und
glaͤnzender Farbe gebe, wie das des gewoͤhnlichen Senftes ist. Auch
wuͤrde das Pulver des wahren Senftes, wenn es mit Salz und Wasser gemischt
wird, ohne Zuthat einer Portion spanischen Pfeffers nicht so lange sich halten, wie
dies bei dem gewoͤhnlich zum Verkaufe kommenden Senfe der Fall ist.
Andere Beweise von unwissentlich durch wackere und ehrliche Leute veruͤbten
Betruge aͤhnlicher Art koͤnnten leicht angefuͤhrt werden.
Es ist ein schmerzlicher Gedanke, daß die Theilung der Arbeit, welche so wesentlich
mitgewirkt hat, die Manufakturen dieses Landes zu den gegenwaͤrtigen
bluͤhenden Zustande emporzuheben, vorzuͤglich auch dazu beigetragen
haben soll, die in Frage stehende Betruͤgerei zu verschleiern und zu
erleichtern, und daß bei der korrespondirenden Handels-Vereinigung,
vornehmlich in der Hauptstadt und in den großen Staͤdten des Reiches, der
Handel mit gefaͤlschten Lebensartikeln in die mannigfaltigsten Abtheilungen
durch so viele Schlangengaͤnge auslaufe, daß es selbst der
aͤngstlichen Untersuchung nicht mehr moͤglich wird, zur eigentlichen
Quelle zuruͤckzufuͤhren.
Nicht minder zu beklagen ist es, daß die ausgedehnte Anwendung der Chemie fuͤr
die nuͤzlichen Zwecke des Lebens in ein Huͤlfsmittel fuͤr
diesen schaͤndlichen Handel ausarten soll. Doch zum Gluͤcke
fuͤr die Wissenschaft kann man sie sonder Beschwerde in ein Mittel umwandeln,
jenen Mißbrauch aufzudecken; wozu sogar wenig chemische Kenntniß erfordert wird.
Der Baͤcker versichert keinen Alaun zum Brod anzuwenden; allein er weiß wohl,
daß er beim Ankauf eines Quantums feinen Mehls, auch einen Sack starkes Weiß (so benennt man das mit Alaun gemischte
Mehl) nehmen muͤsse, weil er sonst kein leichtes, weißes und lockeres Brod
von einem halb verdorbenen Material bereiten koͤnnte.
Der Mehlhaͤndler, welcher diese Art von Handel im Großen treibt, kauft nicht
selten solche verdorbene Waare (was ein eigenes Geschaͤft in den
Haͤnden einiger Individuen bildet) um selbst sein halb verdorbenes und halb
gutes Mehl verkaufen zu koͤnnen.
Andere liefern dem Baͤcker Alaun mit Salz gemengt, unter der dunkeln Benennung
Stoff (stuff). Es giebt
im Großen manufakturirende Chemiker, welche sich ausschließend damit
beschaͤftigen, den Alaun auf eine Art zu krystallisiren, durch die das
Vermischen mit den gewoͤhnlichen Salzkrystallen moͤglich gemacht wird,
um den eigentlichen Karakter dieser Zusammensezung dem Auge zu entziehen. Diese, Stoff genannte, Mischung bestehet aus einem Theile Alaun,
in kleinen Krystallen, und drei Theilen gewoͤhnlichen Salzes. Bei manchen
andern Handelsartikeln ist eine aͤhnliche Prozedur im Gange. So werden die
Kartoffeln in Wasser geweicht, um ihr Gewicht zu vergroͤßern.
Die Gewandheit im Faͤlschen der Lebensbeduͤrfnisse ist demnach zu einer
systematischen Regelmaͤßigkeit gebracht, und wird selbst durch die
oͤffentliche Meinung in die Reihe der uͤbrigen merkantilen
Bestrebungen gezaͤhlt; ja man betrachtet dies keineswegs mehr mit dem
ehemaligen Mißfallen; man rechnet es bereits zu den erlaubten Erwerbsmitteln.
Unbegreiflich ist es, daß das Strafgesez gegen diese, dem oͤffentlichen Wohle
so sehr entgegenwirkenden Kunstgriffe nicht mehr geschaͤrft wird. Ein Mensch, welcher
eine unbedeutende Sache von etlichen Schillingen an Werth auf der Hochstraße raubt,
wird zum Tode verurtheilt; waͤhrend derjenige, welcher einer ganzen Gemeinde
langsam wirkendes Gift giebt, ohne Strafe durchkommt.
Manche behaupteten, es sey dies bei dem weitgreifenden Großbrittanischen Finanzsystem
ein Huͤlfsmittel, die Revenue in reichlichen Betraͤgen zu sammeln, und
es muͤsse daher die Strenge des Gesezes zu Gunsten der
Handels-Interessen im Verhaͤltnisse ihrer Wichtigkeit nachlassen;
große Kapitalisten haͤtten Ermunterung noͤthig, und wo eine
ausgedehnte Brauerei oder Brennerei eine bedeutende Abgabe liefere, da
beduͤrfe es in Hinsicht auf Qualitaͤt des zu einer Abgabe
verpflichteten Artikels keiner so kleinlichen, Nachforschung, wenn nur die Abgabe
selbst nicht durch den Betrug leide.
Allein die Grundsaͤze der Verfassung billigen nicht eine solche
Beguͤnstigung, und die wahren Interessen des Landes fordern die Aufhebung;
eine Taxe, die auf Taͤuschung beruhet, kann nur wandelbar seyn, und sie muß
fruͤher oder spaͤter durch die unwiderstehliche Verbreitung der
Sach-Kenntniß verlieren. Es ist Pflicht einer guten Polizei, daß das Gesez in
allen Faͤllen mit Unparteilichkeit geltend gemacht werde; und gewiß werden
die Revenuen gewinnen, wenn die Strafen auf jene Mißbraͤuche ausgedehnt
werden, von denen man jezt keine Kenntniß nimmt.
Eine andere Art von Betrug, auf die ich hier nur kurz hinweise, und welche wirklich
eine so beunruhigende Ausdehnung erhalten hat, daß man laut die Dazwischenkunft der
Regierung verlangt, stellt sich bei Faͤlschung der Apotheker-Waaren
und Arzneimittel dar.
Neun Zehntheile der wichtigsten Apotheker-Waaren und chemischen
Praͤparate, die in der Pharmazie gebraucht werden, pflegen im
verfaͤlschten Zustande verkauft zu werden, und zwar durch die
Haͤndler, welche die Lezten sind, auf die Verdacht faͤllt. Man weiß,
daß die Fieberrinde in verschiedenen Abarten, welche der aͤchten nachstehen,
vorhanden ist, daß die Einsammler dieses vortrefflichen Arzneimittels wenig
Unterschied machen, daß es sorglos sortirt, haͤufig in gruͤne
Haͤute gepackt, und ein großer Theil desselben schon halb verdorben und
vermengt mit Stuͤcken anderer vegetabilischen und fremden Stoffe nach Spanien
gebracht, und in diesem Zustande durch ganz Europa versendet werde.
Allein bei dieser Verschlechterung bleibt es nicht; das Publikum wird haͤufig
mit einer falschen Mischung von Mahagony-Saͤgspaͤnen und
Eichenholz zu Pulver gemahlen, mit einem Theile guter China vermengt, und als
aͤchtes Fieberrinden-Pulver verkauft, bedient.
Jeder Chemiker weiß, daß es in dieser Hauptstadt Muͤhlen giebt, die immer
thaͤtig sind, China-Pulver zu einem Preise zu liefern, um den man den
Stoff im natuͤrlichen Zustande nicht zu geben vermag. Der Preis der besten
aͤchten Chinarinde ist im Durchschnitte nicht weniger, als zwoͤlf
Schilling das Pfund; und ungeheure Quantitaͤten von jenem Pulver kommen in
die Apotheken das Pfund zu drei bis vier Schilling. Unlaͤugbar giebt es auch
Leute, welche falsches Rhabarber-Pulver, Ipekakuanha-PulverVon dieser Wurzel werden mehrere Arten eingefuͤhrt. Die weiße (welche
keine Mackeln hat, keine merkbare Bitterkeit auf der Zunge aͤußert,
und auch in großer Dosis genommen, fast keine Wirksamkeit hat) wird nach der
durch betruͤgerische Drogisten veranstalteten Pulverisirung mit einer
Portion Brechweinstein vermischt, und zu geringen Preisen als aͤchte
Ipekakuanha-Wurzel verkauft. James (Jakobs)-Pulver, und andere einfache und zusammengesezte Medizinen von großer
Wirksamkeit bereiten, und ihren teuflischen Handel bis zu einer schwindelnden
Hoͤhe treiben. Die Menge der so verfaͤlschten medizinischen
Praͤparate uͤbersteigt allen Glauben. Wohlfeilheit, nicht Echtheit und
Vortrefflichkeit, ist bei den gewissenlosern Verkaͤufern der Apothekerwaaren
und Medizinen das, was sie suchen.
Wer mit der Chemie vertraut ist, kann sich vom Dasein des Betruges leicht
uͤberzeugen, wenn er Hirschhorngeist, Magnesia, kalcinirte Magnesia, Calomel
oder andere gewoͤhnliche chemische Praͤparate einer chemischen
Untersuchung unterwirft.
Hirschhorngeist wird nachgemacht, indem man aͤzenden Salmiakgeist (caustic
ammonia) mit destillirten Hirschhorngeist vermischt, um
den stechenden Geruch zu erhoͤhen, und zugleich dadurch moͤglich zu
machen, daß er einen Wasserzuguß ertragen kann.
Thut man Weingeist zu dem verfaͤlschten Spiritus, so entdeckt sich der Betrug
sogleich; denn wenn keine bedeutende Gerinnung erfolgt, so ist die Faͤlschung
erwiesen.
Dies ist auch der Fall, wenn der mit Salz oder Salpetersaͤure gemischte
Hirschhorngeist nicht schnell aufbrauset.
Die Magnesia enthaͤlt gewoͤhnlich eine Art Kalk; er entstand dadurch,
daß bei ihrer Bereitung statt weichen Wassers hartes gebraucht wurde.
Um sich uͤber die Reinheit der Magnesia Gewißheit zu verschaffen, darf man nur
zu einer Portion derselben etwas Schwefelsaͤure thun, welche mit zehnmal
soviel Wasser verduͤnnt wird. Loͤst sich die Magnesia
vollstaͤndig auf, und bleibt die Aufloͤsung durchsichtig, dann kann
man sie rein nennen, sonst aber nicht. – Oder man
loͤse einen Theil Magnesia in Salzsaure auf, und fuͤge eine
Aufloͤsung von basischen kohlensauren Ammonium hinzu; ist Kalk vorhanden, so bildet sich ein
Praͤzipitat; reine Magnesia dagegen loͤst sich ganz auf.
Kalzinirte Magnesia trifft man selten rein an. Man kann sie auf dieselbe Art wie
gewoͤhnliche Magnesia untersuchen. Sie darf mit verduͤnnter
Schwefelsaͤure durchaus nicht brausen; auch wird, wenn Magnesia und die
Saͤure in einer Waagschale vereinigt werden, bei der Zusammenmischung keine
Gewichtsverminderung eintreten. Die kalzinirte Magnesia ist uͤbrigens sehr
selten so rein, daß sie sich in verduͤnnter Schwefelsaͤure ganz
aufloͤst; sie laͤßt immer einen geringen unaufloͤslichen
Ruͤckstand zuruͤck, welcher hauptsachlich aus Kieselerde, die von dem
zu ihrer Bereitung gebrauchten Kali herruͤhrt. Wird die Aufloͤsung der
Magnesia in Schwefelsaͤure stark mit Wasser verduͤnnt, so darf sich
bei einem Zusaz von kleesaurem Ammonium kein Praͤzipitat bilden.
Die Aechtheit des Calomels kann man dadurch pruͤfen, wenn man einen Theil mit
1/32 von salzsaurem Ammonium in zehen Theilen destillirtem Wasser kocht. Wird zu der
filtrirten Aufloͤsung kohlensaures Kali gegossen, so darf keine
Praͤzipitation erfolgen, wenn das Calomel rein war.