Titel: Ueber die mit Avignoner-Krapp statt findenden Verfälschungen und dem Verfahren, solche leicht und sicher zu entdecken.
Fundstelle: Band 2, Jahrgang 1820, Nr. X., S. 71
Download: XML
X. Ueber die mit Avignoner-Krapp statt findenden Verfälschungen und dem Verfahren, solche leicht und sicher zu entdecken. Ueber Verfälschungen des Avignoner Krapp. Durch folgende Mittheilung eines Auszuges aus den Aktenstuͤcken, welche sich auf die Verfaͤlschung des Avignoner-Krapps beziehen, nebst den Mitteln, solche Verfaͤlschungen zu entdecken, glauben wir unsern Lesern einen angenehmen Dienst zu erweisen, da sich dadurch der deutsche Konsument vor Schaden huͤten kann. In der am 9. Juli 1819 gehaltenen Sizung der Handelskammer in Avignon aͤusserte sich der Herr Praͤfekt zuerst, indem er erwaͤhnte, das Protokoll der lezten Sizung beweise ihm, daß die Kammer sich bereits mit dem Gegenstand beschaͤftige, wegen welchem er sie außerordentlich zusammenberufen habe. In Folge dessen fordere er sie hiemit auf, die kraͤftigsten Mittel anzuwenden, um die Betruͤgereien, welche gewisse Individuen sich taͤglich erlaubten, indem sie den Krappen fremdartige Substanzen beimengten, zu verhindern. Der Vizepraͤsident bezeugte hierauf als Sprecher dir Kammer, wie groß der Unwille aller redlichen Kaufleute uͤber diese Verfaͤlschung sey, und, indem er dem groͤßten Theile der Handlungshaͤuser von Avignon, deren mehrere der Kammer selbst jenes Verfahren und dessen nachtheilige Folgen angezeigt, volle Ehre widerfahren laͤßt, fordert er die Kammer auf, sich an den ersten Magistrat des Departements zu wenden, um die Urheber dieser Betruͤgerei mit aller Strenge zu verfolgen. Der Herr Praͤfekt erwiederte: Die immer thaͤtige Behoͤrde, durch wackere Kaufleute in Avignon aufmerksam gemacht, und unterstuͤzt durch den Herrn Praͤfekten der Rhone-Muͤndungen, sey bereits auf der Spur der Stoffe, welche die Verfaͤlscher anwendeten. Es sey eine Tonne mit gepuͤlverter Fichtenrinde bis zu dem Augenblick beobachtet worden, wo man solche in das Magazin eines Krapphaͤndlers brachte; auch waͤre der Herr Prokurator des Koͤnigs von dieser Angelegenheit unterrichtet, und man solle sich daher, wegen Verfolgung der Schuldigen, ganz auf den Eifer der Justiz-Behoͤrde verlassen. Ungluͤcklicherweise seyen uͤber den Krapphandel keine bestimmten Verordnungen vorhanden, es moͤchte sich daher die Kammer vor Allem mit den Mitteln beschaͤftigen, die Wiederholung solcher Misbraͤuche fuͤr die Folge zu verhindern, welche, wuͤrden sie nicht unterdruͤckt, die Fabrikanten in den groͤßten Miskredit bringen, und dem Departement von Vaucluse einen fuͤr Ackerbau und Industrie gleich wichtigen Erwerbszweig rauben wuͤrden. – Ein Mitglied erinnert, daß noch vor Kurzem der Krapphandel durch die vielfachen Betruͤgereien eines Hauses, welches gluͤcklicher Weise nicht mehr besteht, einen augenblicklichen Verfall erlitten habe; daß das verlorne Zutrauen sich nur durch gepruͤfte Redlichkeit wieder herstelle, daß es vielleicht als auf immer verloren zu betrachten sey, wenn man nicht dahin gelange, das Uebel an der Quelle zu ersticken; daher er darauf dringe, die dienlichen Mittel gegen jene Verfaͤlschungen zu beschleunigen, und Frankreich und ganz Europa davor zu warnen. Ein anderes Mitglied verlangt, in Betracht, daß eine so delikate Sache nicht unvorbereitet behandelt werden kann, daß eine Kommission ernannt werden solle, welche die Pflicht auf sich nehme, eine Verordnung wegen des Krapphandels zu entwerfen, und uͤberhaupt alle Mittel aufzusuchen, welche geeignet sind, dem Uebel zuvorzukommen, und die Besteller vor Schaden zu sichern. Nachdem die Bemerkungen der Mitglieder gehoͤrt waren, welche alle ihren Unwillen uͤber diesen Betrug ausdruͤckten, beschließt die Kammer: daß, nach den Bemerkungen, welche derselben durch mehrere achtbare Haͤuser zukamen, die benuͤzt wurden, um die Ursachen des Verfalls des Krapphandels auszumitteln, und welche der Behoͤrde die schaͤzbarsten Nachweisungen daruͤber gegeben; in Betracht, daß er nur zu notorisch erwiesen ist, wie Individuen, welche des Titels eines Kaufmanns unwuͤrdig sind, sich erlaubt haben, die Qualitaͤt des Krapps durch Beimischung fremder Substanzen zu verderben; in Betracht, daß diese Vermischung einen nicht zu berechnenden Nachtheil fuͤr den Verbrauchenden sowohl, als fuͤr den Handel und den Ackerbau des Departements ausuͤbe; in Betracht, daß es in ihrer Pflicht ist, alles anzuwenden, um diesem Unfug zu steuern; in Betracht, daß die laute Erklaͤrung, wie sehr sie uͤber dieses unredliche Verfahren entruͤstet ist, ihrer Ehre angemessen sey; in Betracht, daß der Herr Praͤfekt des Departements von Vaucluse, der stets alles angewendet, um die Wohlfahrt desselben zu bezwecken, sich, indem er vorstehenden Betrug beobachtend entdecken ließ, wieder neue Rechte auf unsere Dankbarkeit erworben; in Betracht, daß der Herr Praͤfekt der Rhonemuͤndungen denselben nach seinen Kraͤften unterstuͤzt hat. Artikel 1. Die Kammer beschließt Danksagungs-Adressen an die Herren Praͤfekten von Vaucluse und der Rhonemuͤndungen, um ihnen fuͤr die Sorgfalt zu danken, welche sie angewendet, um die Verfaͤlschung des Krappes zu entdecken und zu verhindern, und bittet diese wuͤrdigen Obrigkeiten, fortzufahren, diesen, den Handel zerstoͤrenden und selbst dem Ruf der besten Haͤuser, nachtheiligen, Betrug auszurotten. Artikel 2. Es soll eine Kommission von 7 Gliedern niedergesezt werden, vier von der Kammer, und drei ausser derselben, welche alle noͤthigen Erkundigungen einzuziehen, und alle dienlichen Maasregeln anzugeben hat, um jedem Betrug mit Krapp zuvorzukommen und ihn zu entdecken; sodann eine Verordnung uͤber diesen Gegenstand zu entwerfen, und daruͤber Bericht zu erstatten, nach welchem ein endlicher Beschluß gefaßt werden soll. Artikel 3. Zu Mitgliedern der Kommission sind von Seiten der Kammer ernannt: die Herren Picard, Vizepraͤsident, Deleutre Sohn, Sekretaͤr, J. Bertrand, B. Delorme. Von Seiten der Kaufleute: die Herren B. Bigonet, J. Courrat, Poncet, aͤlterer und saͤmmtliche Krapp-Fabrikanten. Verfahren, um zu erkennen, ob der gemahlene Krapp mit Fichtenrinde vermischt ist. Man nehme 18 Gran gepuͤlverten Krapp, und fuͤge 6 Gran schwefelsaures Eisen, im Handel unter dem Namen Kupferwasser (Eisen-Vitriol) bekannt, hinzu. Von lezterm waͤhlt man gruͤne, durchsichtige Stuͤcke. Man seze nun diese 4 bis 5 Stunden der Luft, oder besser der Sonne aus, wodurch sie zersezt und weiß werden. Hierauf zerstoͤßt man sie aufs feinste, und schlaͤgt sie durch ein Haarsieb, damit die Aufloͤsung schneller vor sich gehe. Man nehme ein weißes Stengelglas, nach Art der Champagner-Glaͤser, gieße 4 kleine Liqueur-Glaͤser voll reinen klaren Wassers hinein, und fuͤge die sorgfaͤltig gemachte Mischung von Krapp und schwefelsaurem Eisen bei. 1) Ist der Krapp rein, so faͤllt er schnell auf den Boden des Glases, und ertheilt dem Wasser eine mehr oder weniger hohe rothe oder Orangefarbe mit, je nach der Qualitaͤt und Benennung des zu versuchenden Krapps, oder der rothen oder gelben Wurzel, aus welcher er herstammt. Auf der Oberflaͤche des Wassers soll sich in diesem Falle nur eine Art leichter Schaum oder Haut zeigen. 2) Wenn der Krapp mit 5 bis 25 pCt. Fichtenrinde vermischt ist, so faͤllt er langsamer zu Boden. Es ist indessen nothwendig, die Mischung umzuruͤhren, weil sonst viel auf der Flaͤche des Wassers schwimmen wuͤrde. Sey es, daß man das Untersinken durch fleißiges Umruͤhren beschleunigt, oder 10 bis 15 Minuten wartet, und es dem natuͤrlichen Gange uͤberlaͤßt, so wird man sehen, daß, je nach der groͤßern oder geringern beigemischten Quantitaͤt Fichtenrinde, sich die Fluͤßigkeit truͤbt und schwaͤrzt. Wenn man hierauf die Oberflaͤche des Wassers betrachtet, so wird man bemerken, daß eine Lage dieser Rinde darauf schwimmt, weil ihre spezifische Schwere geringer als jene des Krapps ist, und solche auch oͤlige und harzige Theie enthaͤlt, welche sie auf der Oberflaͤche schwimmend erhalten. Endlich erhellt daraus, daß der reine Krapp dem Wasser eine rothe oder Orangefarbe mittheilt, waͤhrend der verfaͤlschte solches mehr oder weniger ins Schwaͤrzliche disponirt, je nach der Menge der beigemischten Fichtenrinde. Um aber den Unterschied zwischen der einen und der andern Sorte Krapp entscheidend zu erkennen, muß man in das Glas 8–10 Tropfen Salpetersaͤure (Scheidewasser) von 32 bis 36 Grad bringen. Wenn der Krapp verfaͤlscht ist, so wird sich auf dem obern Theile der Fluͤßigkeit eine 5 bis 6 Linien dicke, schwarze Oberflaͤche bilden, weil das schwefelsaure Eisen mehr Verwandschaft zur Fichtenrinde, als zum gepuͤlverten Krapp besizt. Wenn der Krapp rein und ohne Mischung ist, so wird der obere Theil der Fluͤßigkeit roth oder orange bleiben, und man wird auf der Oberflaͤche nichts bemerken, als nur wenige schwarze Punkte, welche von den braunen Fetten und blichen Theilchen herkommen, die das Mark der Krappwurzel umgeben. Bei der Behandlung mit Saͤuren ist die schnelle Wirkung sehr angenehm; allein man muß bemerken, daß der Krapp, er mag verfaͤlscht seyn oder nicht, die Fluͤßigkeit des Einen wie des Andern eine Jonquillenfarbe annimmt, und keine auffallende Veraͤnderung mehr zeigt. Durch folgendes Verfahren kann man erkennen, ob der Krapp mit Oker- oder Boluserden verfaͤlscht ist. Man gießt etwas Scheidewasser (Salpetersaͤure) in ein Glas, die Quantitaͤt ist einerlei – sie haͤngt von dem groͤßern oder kleinern Quantum Krapp ab, das man untersuchen will, wenn solcher nur hinlaͤnglich davon erweicht wird. Wenn dieß geschehen ist, und alle Theilchen des Krapps in eine goldgelbe Farbe uͤbergegangen sind, so gießt man reines Wasser darauf, ruͤhrt die Fluͤßigkeit um, laͤßt sie ein wenig ruhen, und gießt sie sodann mit dem oben schwimmenden Krapp ab. Die erdigen Theile befinden sich auf dem Boden des Glases, ohne durch die Saͤure angegriffen zu seyn. Den Niederschlag sondert man ab, und breitet ihn auf weißes Papier aus, wobei man dann leicht erkennen kann, ob er aus Bolus, oder aus rothem oder gelbem Oker besteht. In einem Zirkulare an die Konsumenten des Krapps sagt der Chemiker Berand in Montpellier: „Seitdem ich die schaͤndlichen Verfaͤlschungen des gemahlenen Krapps mit Fichtenrinde und Boluserde erfahren, fuͤhlte ich mich verpflichtet, dienliche Mittel aufzusuchen, um diesen Betrug zu entdecken. Ich erhielt durch die Beimischung von schwefelsaurem Eisen den wuͤnschenswerthesten Erfolg. In der Absicht, dem Handel einen Dienst zu leisten und das Uebel an der Quelle aufzuhalten, brachte ich meinen Versuch schnell ins Reine, und legte solchen der Handelskammer vor, welche ihn sofort zum Druck befoͤrderte. Die seitdem gemachten Beobachtungen, welche den Herren Konsumenten moͤglich seyn werden, unterziehe ich hier gleichfalls ihrem Urtheile. Wiederholte Versuche haben mir bewiesen, daß man sich auf die Farben der Fluͤßigkeit verlassen kann, um die Reinheit oder Verfaͤlschung des Krapps zu erforschen. Man gewinnt in der Grafschaft Avignon Alizaris von verschiedenen Farben; jeder Boden liefert eine Wurzel, deren Rinde von mehr oder weniger fetter und oͤliger Beschaffenheit ist. Es geht daraus hervor, daß sich die eine Art schneller als die andere niederschlaͤgt, und sich mehr oder weniger Rahm auf der Oberflaͤche bildet, obgleich alle diese Sorten von Krapp fuͤr den Gebrauch von gleicher Guͤte sind. Ich fand ferner durch Versuche, die ich mit allen Gattungen Alizaris des Departements vornahm, daß die hoͤhere oder blaͤssere rothe oder orange Farbe der, reinen Krapp enthaltenden, Fluͤßigkeit von eben der Ursache herkomme, oder auch von der Art des Trocknens. Oft ertheilte die Qualitaͤt FF. einer Gegend mit kaltem Wasser eine lebhaftere Farbe, als SFF. von einer andern, daher man nach der mehr oder weniger gefaͤrbten Fluͤßigkeit nicht sicher auf die Qualitaͤt schließen kann. Die Wahrheit der Kennzeichen in dem Faͤrbekessel zu pruͤfen, kommt daher dem Konsumenten zu. Ich uͤberlasse es dem ausgezeichneten Talente der meisten Manufakturisten, dieses mit aller Genauigkeit zu thun. Der Zweck, den ich mir vorgesezt habe, ist durch folgendes, von Jedermann leicht anwendbares, und hoͤchst einfaches Verfahren, den Betrug zu entdecken. (Das Verfahren ist mit dem Vorstehenden ganz gleich.)