Titel: Ueber Kalk und Mörtel.
Fundstelle: Band 4, Jahrgang 1821, Nr. XXXIX., S. 280
Download: XML
XXXIX. Ueber Kalk und Mörtel. Ein Auszug aus Hrn. Vicat's, Bruͤcken- und Strassenbau-Inspektors, Recherches expérimentales sur les chaux de construction, les bétons et les mortiers ordinaires; et du Supplément inédit relatif à la fabrication des pouzzoulanes artificielles. Aus den Annales de Chemie et de Physique. Decembre 1820. S. 365 uͤbersezt. Vicat über Kalk und Mörtel. Die Kunst der Kalkmoͤrtel-Bereitung ließ sich, noch vor wenigen Jahren, auf einige praktische Kunstgriffe zuruͤckfuͤhren, welche zwar auf eine sehr lange Erfahrung sich stuͤzten, aber unzureichend waren, weil sie nur eine geringe Anzahl von Faͤllen umfaßten, ausser welchen man auf gut Gluͤck umhertappen, und das Gelingen der wichtigsten Unternehmungen, einem sehr Ungewissen gluͤcklichen Zufalle uͤberlassen mußte. Man wußte z.B. daß zu Mez, zu Montelimart und an anderen wegen der Vortrefflichkeit ihres Kalkes beruͤhmten Orten der Moͤrtel immer so ziemlich gut gelungen ist; daß man uͤberall eben dieß zu erwarten hat, wenn man hollaͤndischen Traß, oder italienische Puzzolana nimmt, welche beide so theuer sind, daß meistens noͤthige Sparsamkeit den Gebrauch derselben verbiethet; und daß, wenn alle diese Stricke brechen, verstaͤndiger Weise nichts anderes mehr zu thun uͤbrig bleibt, weil man keinen anderen Fuͤhrer hat, als die Analogie, welche in Dingen dieser Art immer verdaͤchtig bleibt. Wollte man die Erfahrung fragen: ob man gepuͤlverte Ziegel statt der Puzzolana nehmen duͤrfe? so konnte man unter einigen Beispielen eines guͤnstigen Erfolges andere aufweisen, in welchen die Anwendung dieser Ziegel die Festigkeit mehrerer Gebaͤude zu Schanden brachte. Der prieß sich die Schlacken und Abfaͤlle der Schmieden etc., und dieser versicherte, wahrscheinlich mit nicht geringerem Grunde, daß diese Abfaͤlle keine Bindungskraft besizen. Diese Verschiedenheiten der Meinungen verbreiteten sich sogar uͤber die Bereitung der Bestandtheile des Moͤrtels. Man fragte: ob man den Kalk troken loͤschen, oder ihn gleich anfangs zum Teige machen, ob man ihn kalt oder siedend heiß anwenden soll? jede dieser Methoden fand ihre Vertheidiger, und jeder derselben fuͤhrte, sehr natuͤrlich, als Beweis des guten Erfolges feines Verfahrens, authentisch beurkundete Zeugnisse auf. Um diesem Schwanken zu steuern, und sich uͤber die Thatsachen, deren hohe Wichtigkeit ihm sein Amt darlegte, volles Licht zu verschaffen, unternahm der Hr. Verfasser dieses Werkes im J. 1812 eine Reihe wohl uͤberdachter Versuche. Wir wollen hier die vorzuͤglichsten Resultate derselben entwickeln, ohne uns jedoch strenge an die in dem Werke selbst angenommene Ordnung zu halten, und in Details einzulassen, welche ein einfacher Auszug nicht gestattet. Die Bestandtheile des gewoͤhnlichen Moͤrtels sind Kalk, Sand (vorzugsweise kieselerdiger), und jene kuͤnstlichen und natuͤrlichen Produkte, welche unter dem Namen Traß, Cendrée, Puzzolana etc. bekannt sind. Wir wollen zuerst diese verschiedenen Substanzen einzeln, und dann in ihren Verbindungen betrachten. Kalkstein und Kalk. Jeder kohlensaure Kalk, welcher, nachdem er mehr oder minder lang der Einwirkung des Feuers ausgesezt wurde, die Eigenschaft erhaͤlt sich mit dem Wasser zu erhizen, in demselben zu zerfallen, und mit demselben einen Teig zu bilden, gilt fuͤr Kalkstein. Alle Kalke, vom reinsten weißen Marmor an bis zum groͤbsten Kalkmergel, sind also Kalksteine. Die Spielarten zwischen diesen beiden Graͤnzen sind zahlreich. Fette Kalksteine (chaux grasses) nennt man diejenigen, welche sich im Allgemeinen in Hinsicht auf Reinheit dem Marmor sehr naͤhern: sie sind gewoͤhnlich sehr weiß, blaͤhen sich bei dem Loͤschen sehr auf, und erzeugen einen starken und bindenden Teig. Magere Kalke (chaux maigres) kommen hingegen von Steinen, welche eine bedeutende Menge Kieselerde, ThonerdeWohl auch Bittererde. A. d. Uebers. und Eisen enthalten: sie sind gewoͤhnlich grau oder blaßgelb, blaͤhen sich bei dem Loͤschen wenig auf, und bilden einen kurzen, nur wenig zaͤhen Teig. Wir werden in der Folge sehen, daß sie auch in anderer Hinsicht verschieden sind. Einwirkung des Feuers auf den Kalk. Reine oder beinahe reine Kalke werden zum Mauerkalke, wenn sie ihr Krystallisations-Wasser, und, wo nicht ganz, wenigstens doch groͤßtentheils ihre Kohlensaͤure verloren haben: einige Stunden und einige Grade mehr oder weniger im Feuer bringen keine wesentliche Verschiedenheit in Hinsicht der Qualitaͤt des Produktes hervor. Dieß gilt aber nicht von den mageren Kalken; denn, abgesehen von jenen Veraͤnderungen, welche sie mit den ersteren gemein haben, erleiden sie noch andere hoͤchst bemerkenswerthe. Die Verbindungen der Oxyde, aus welchen sie bestehen, wechselt hier mannigfaltig: im Augenblike, wo der Kalk gehoͤrig gebrannt ist, wird die Kieselerde in Sauren aufloͤsbar: eine Eigenschaft, welche diese Erde vorher nicht besaß. Treibt man das Feuer zu weit, so geht die Farbe des Kalkes aus dem Gelblichen, welches sie ehevor hatte, in das Braͤunliche, und endlich in das Schwarzgraue uͤber; es bildet sich ein teigiger Fluß, und man verliert an Produkt. Die Kieselerde erleidet uͤbrigens die oben angezeigte Veraͤnderung nicht, ausser wenn sie sich in sehr feinen Theilchen in dem Gefuͤge des Steines zerstreut befindet: denn die sandigen Kalksteine, in welchen sie als sehr feiner Sand zerstreut vorkommt, lassen sie noch nach dem Brennen niederfallen, wenn man sie mit Saͤuren behandelt; diese Mischung erzeugt eine ganz eigene Art von magerem Sandsteine, von welcher wir bald sprechen werden. Verbindung des Kalkes und des Wassers. Fette Kalke, welche man durch das gewoͤhnliche Loͤschen in Teig verwandelte, und dann unter Wasser oder in einem undurchdringlichen Behaͤlter mit Sand oder Erde bedeckt aufbewahrt, lassen sich mehrere Jahrhunderte lang in einem teigigen Zustande erhalten: theilt man sie hingegen in Massen von einem kleinen Umfange, und sezt man sie, bedeckt der Luft aus, so erhalten sie durch die doppelte Einwirkung der Vertroknung und der in der atmosphaͤrischen Luft enthaltenen Kohlensaͤure eine seht bedeutende Haͤrte, und werden selbst faͤhig, eine sehr schoͤne Politur anzunehmen. Magere Kalke, wenn sie auch wie die vorigen behandelt und entweder unter Wasser oder in einen Behaͤlter gebracht werden, erhaͤrten darin gewoͤhnlich in wenigen Tagen, und wuͤrden darin in laͤngerer Zeit eine Art von muͤrbem Gesteine bilden, das man nur mit der Haue herauszubringen vermoͤchte. Der Luft ausgesezt erhalten sie eine kreidige Konsistenz, ohne jemals eine Politur annehmen zu koͤnnen. Diese lezteren Thatsachen unterliegen keiner Ausnahme, ausser in Hinsicht des mageren Kalkes, dessen Kieselerde, wegen der Groͤße ihres Kornes, dem Kalke waͤhrend des Brennens widerstand, und daher in Saͤuren sich nicht aufloͤset: dieser Kalk verhaͤlt sich beinahe wie fetter Kalk, nur mit dem Unterschiede, daß er, an der Luft erhaͤrtet, keine Politur annimmt. Die Benennung magerer Kalk hoͤrt also auf charakteristisch zu seyn, weil es solche Kalke unter ihnen gibt, die nicht im Wasser zu erhaͤrten vermoͤgen: daher schlug man vor, den uͤbrigen Kalkarten den Nahmen hydraulischer Kalke (chaux hydrauliques) zu geben. Sand- und Puzzolana-Arten. Die Sandarten, welche vorzugsweise aus Kieselerde bestehen, sind bekannt genug; es genuͤgt ihrer erwaͤhnt zu haben. Die Puzzolan-Arten sind entweder natuͤrliche oder kuͤnstliche: erstere finden sich in vulcanischen Gegenden, und wurden durch unterirdisches Feuer entweder erzeugt, oder veraͤndert. Sie bestehen alle aus Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd und etwas Kalk; die Verhaͤltnisse dieser Bestandtheile spielen zwischen sehr weit ausgedehnten Graͤnzen: das Eisenoxyd oder der Kalk fehlen zuweilen gaͤnzlich, wenn gleich selten; die Kieselerde ist uͤbrigens meistens vorherrschend. Die Puzzolan-Arten kommen uͤberdieß unter sehr verschiedenem aͤußeren Ansehen vor. Die Laven, sowohl die steinartigen, als die blasigen und die schlackigen, die Tuffe, die Basalte, die vulkanischen Aschen, der roth gebrannte Thon oder die eigentlich sogenannte Puzzolana etc. bilden eben so viele Abarten derselben. Kuͤnstliche Analogien sind: die Schmiedeschlacken und Asche (la cendrée), Truͤmmer der Toͤpferwaare, und Ziegeln im gepuͤlverten Zustande etc. Unter diesen Materialien scheinen einige die Einwirkung eines sehr heftigen Feuers empfunden zu haben, waͤhrend andere nur sehr leicht calcinirt zu seyn scheinen: mehrere wurden neuerdings vom Feuer ergriffen, und von demselben veraͤndert, oder durch die Wirkung einer selbststaͤndigen hoͤchst langsamen Zersezung umgewandelt. Diese Veraͤnderungen haben in den Bestandtheilen derselben eine mehr oder minder innige, und folglich durch Reagentien, die man auf sie einwirken laͤßt, mehr oder minder schwer zu besiegende Verbindung hervorgebracht. Wirklich gibt es eine Klasse von Puzzolanen, welche sich leicht in Schwefelsaͤure aufloͤsen, und alle ihre Kieselerde als Ruͤckstand zuruͤcklassen; andere lassen sie nur mit Muͤhe und nach sehr langer Zeit fahren, und einige scheinen derselben ganz und gar zu widerstehen. Dieß ist im Kurzen die Geschichte der Bestandtheile des Kalkmoͤrtels. Wir wollen jezt untersuchen, was aus ihren verschiedenen Verbindungen entsteht. Verbindung der Bestandtheile des Kalkmoͤrtels. Wenn man, in verschiedenen Verhaͤltnissen, ausgezeichnet fetten Kalk, welcher auf die gewoͤhnliche Weise geloͤscht wurde, entweder mit Sand allein, oder mit irgend einer jener Puzzolanarten mengt, welche der Einwirkung der Schwefelsaͤure auf eine ausgezeichnete Weise widerstehen, so erhaͤlt man einen Moͤrtel, welcher, wenn er unter reines Wasser kommt, unter demselben immer weich bleibt, oder erst nach sehr langer Zeit eine schwache Konsistenz erhaͤlt. Derselbe Moͤrtel der Luft ausgesezt erhaͤrtet an dieser nur durch Vertrocknung; denn die Leichtigkeit, mit welcher er bei dem geringsten Stoße bricht, zeigte daß keine chemische Verbindung unter den Bestandtheilen desselben Statt hat. Wiederholt man denselben Versuch an Puzzolanen, von welchen man die Kieselerde leicht durch Saͤuren scheiden kann, so erhaͤlt man einen Moͤrtel, der im Wasser in sehr kurzer Zeit erhaͤrtet, und immer haͤrter und haͤrter wird: dieser Moͤrtel kann aber in freier Luft nicht wohl aushalten, was davon herruͤhrt, daß das Vertrocknen zu schnell geschieht. Ausgezeichnet hydraulischer Kalk biethet beinahe entgegengesezte Erscheinungen dar, d.h., er gibt sehr guten Moͤrtel, wenn man ihn mit Sand allein verbindet, oder mit irgend einer den Sauren widerstehenden Puzzolanart, waͤhrend man durch Anwendung solcher Materialien, die fuͤr fetten Kalk taugen, nur mittelmaͤsige Resultate erhaͤlt. Hieraus sollte nun folgen, und es folgt auch wirklich, daß ein Kalk von mittlerer Qualitaͤt sich fuͤr eine Puzzolana von gleichem Range schikt. Die Bestandtheile des Moͤrtels haben also, um eigentlich zu sprechen, keine absolute Kraft; alles ist relativ bei ihnen. Die beste Materie zum Moͤrtel ist immer diejenige, welche sich am besten zu denjenigen Materien schikt, welche man bei Hand hat. Alle diese Thatsachen beweisen demnach, was Hr. Gay-Lussac gesagt hatBericht uͤber das 2te Memoire des Verfassers unter dem Titel: Recherches sur les pouzzolanes artificielles. , »daß es die Wahlverwandschaft ist, welche bei der Festigkeit, die alle Arten von Moͤrtel erhalten, den Vorsiz fuͤhrt, und daß man daher immer trachten muß, dieselbe zu beguͤnstigen. Man sieht diese Verwandtschaft deutlich, wenn man Kalkwasser in eine kiesel- oder alaunhaͤltige Potasche-Aufloͤsung gießt: auf der Stelle bildet sich ein haͤufiger und unaufloͤslicher Niederschlag. – – – Jede Puzzolanart, welche der Einwirkung der Schwefelsaͤure widersteht, wird auch der Einwirkung des Kalkes widerstehen, und folglich weniger im Stande seyn mit dieser alkalischen Basis sich zu vereinigen, als jene, welche sich von dieser Saͤure angreifen laͤßt.« Man begreift, wie eine Ausnahme statt haben kann, wenn es sich um einen hydraulischen Kalk handelt, der bereits mit Kieselerde, mit Thonerde, und mit Eisen beladen ist; diese Ausnahme gruͤndet sich dann auf einen Ueberschuß identischer Bestandtheile. Die Erklaͤrung der Erhaͤrtung des Moͤrtels schließt sich also an jene analoger Phaͤnomene an, von welchen die Chemie uns so viele Beispiele liefert, und wie der beruͤhmte, bereits angefuͤhrte Chemiker wieder sagt: »alle festen Koͤrper, welche eine Verwandtschaft gegen einander besizen, und unter schiklichen Verhaͤltnissen derselben Genuͤge leisten koͤnnen, sind zu Moͤrtel tauglich.« Es gibt eine zweite Ursache des Erhaͤrtens, von welcher man nicht unterlassen darf zu sprechen; und diese ist die maͤchtige Verwandtschaft der in der Luft enthaltenen Kohlensaͤure zum Kalke des Moͤrtels. Diesen Kalk saͤuert die Kohlensaͤure endlich vollkommen, und verbindet denselben innig mit den Sand- und Puzzolantheilen, wenn ihre Einwirkung durch gewisse Umstaͤnde beguͤnstigt wird, wie z.B., wenn sie noch frischen Moͤrtel, und freien Zutritt zu demselben findet. In jedem Falle ist diese Wirkung aber sehr beschraͤnkt, und sie wird nur fuͤr die Oberflaͤche des Anwurfes und der Tuͤnche wahrhaft nuͤzlich. Die Theorie des Festwerdens des Kalkmoͤrtels scheint also nur wenig mehr zu wuͤnschen uͤbrig zu lassen: allein, man wuͤrde den taͤglichen Beduͤrfnissen bei den Gebaͤuden, und vorzuͤglich beim Wasserbaue nur zur Haͤlfte entsprechen, wenn man, nach Aufstellung feststehender Grundsaͤze sowohl uͤber die Wahl als uͤber den wechselseitigen Einfluß der Hauptmaterien, die man anzuwenden hat, nicht auch noch anwendbare Mittel darboͤthe um, so zu sagen, diese Materien selbst zu erzeugen, wenn Sparsamkeit den Gebrauch derjenigen verbiethet, welche die Natur selbst bereitet hat. Warlich die Auslagen wuͤrden ungeheuer seyn, wenn man uͤberall, wo eine Schleuse oder eine Bruͤcke zu bauen ist, wir wollen nicht sagen hollaͤndischen Traß oder italienische Puzzolana anwenden, sondern nur hydraulischen Kalk aus einem bloß zwanzig Stunden entfernten Departement herbeifuͤhren lassen wollte. Kuͤnstlicher hydraulischer Kalk und kuͤnstliche Puzzolana. Da die Eigenschaft der natuͤrlichen hydraulischen Kalkarten nur von der Gegenwart einer gewissen Menge Thonerde, welche durch Feuer mit der Kalkerde verbunden wurde, abhaͤngt, so war es natuͤrlich zu glauben, daß wenn man Thon in gehoͤrigem Verhaͤltnisse mit fettem, aus was immer fuͤr eine Weise abgeloͤschten Kalke vermengt, und diese Mischung dem Feuer aussezt, man ein aͤhnliches Resultat erhalten wuͤrde; und dieß haben auch im Großen und an verschiedenen Orten angestellte Versuche auf eine so vollkommene Weise bestaͤtigt, daß man jezt uͤberall im Stande ist auf eine ziemlich wohlfeile Weise einen kuͤnstlichen Kalk zu bereiten, der aͤhnlichem natuͤrlichen Kalke vorzuziehen ist. Da ferner die chemische Analyse uns Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd und ein wenig Kalk als Bestandtheile der Puzzolana kennen lehrte, so war es sehr natuͤrlich zu glauben, daß unsere Thonarten, die auf aͤhnliche Weise zusammengesezt sind, durch Brennen sich in kuͤnstliche Puzzolanen verwandeln lassen koͤnnten. Diese Idee war schon zur Zeit, als unser Hr. Verfasser seine Versuche begann, laͤngst aufgestellt; allein durch ein merkwuͤrdiges Verhaͤngniß war sie gleichsam zur Unfruchtbarkeit verdammt, weil man damals noch nicht mit gehoͤriger Schaͤrfe die Umstaͤnde bestimmt hatte, von welchen die Eigenschaften guter Puzzolanen abhaͤngen. Man war, zum Beispiele, uͤberzeugt, daß das Eisen in denselben eine große Rolle spielt, und daß man folglich keine andere als sehr ocherige Thonarten dazu brauchen koͤnnte, daß, um in jeder Hinsicht die Natur nachzuahmen, man einen hohen Grad von Hize hervorbringen muͤsse, weil, sagte man, das Feuer der Vulkane um gar vieles kraͤftiger wirkt, als jenes unserer OefenMehrere Mineralogen sind der entgegengesezten Meinung.. Es gibt Puzzolanen, welche sicherlich als Laven aus dem Krater der Vulkane ausgeworfen wurden; allerdings hatten diese einen großen Grad von Hize zu bestehen; seit der undenklichen Zeit ihrer ersten Bildung haben sie aber verschiedene Zersezungen erlitten, theils von innen selbst, theils durch Einwirkung der sauren Daͤmpfe, theils durch andere Ursachen, und diese Zersezungen haben die Art der Verbindung ihrer Bestandtheile gaͤnzlich veraͤndert. Was die rothen Puzzolanen in den Umgebungen Roms betrifft, so verkuͤndet alles umher, daß sie nichts anderes als ungeheuere Lager eines ocherhaͤltigen Thones sind, der oͤfters gebrannt wurde theils durch unterirdisches Feuer, theils durch Lavastroͤme, die sie bedeckten, und nach allen Richtungen bearbeiteten. Auch sind die Eigenschaften derselben nach ihrer verschiedenen Lage und nach der Tiefe, aus welcher man sie nimmt, hoͤchst verschieden. Mag uͤbrigens die Bildung dieser Stoffe was immer fuͤr eine gewesen seyn, so ist es jezt erwiesen, daß das ganze Geheimnis ihrer Eigenschaft nicht in der Gegenwart des Eisens oder des Kalkes, sondern allerdings in einem besonderen Verbindungs-Zustande der Kiesel- und Thonerde besteht, in einem Zustande, in welchen man alle milden und fetten Thonarten auf das Leichteste versezen kann, wenn man sie etwas leicht brennt. Das Mittel, welches bis jezt am meisten gelungen zu seyn scheint, besteht darin, daß man den trockenen Thon sehr fein pulvert, und denselben auf rothbraun gehizten Metallplatten durch einige Minuten brennt. Um die Wahrheit zu gestehen, muß man bekennen, daß dieses Verfahren noch nicht in der Praxis sehr allgemein geworden ist, und wahrscheinlich auch nicht ehe mit Erfolge allgemein werden wird, bis man nicht eine leichtere und bequemere Calcinations-Methode, als die oben erwaͤhnte, gefunden hat: indessen ist auch diese Aufgabe schon aufgeloͤstDiese Calcination laͤßt sich in einem Reverberir-Ofen sehr leicht vollenden. R. (Anm. d. Originales.). Verfertigung des Kalkmoͤrtels. Wir begreifen hier unter dieser Aufschrift alles dasjenige, was in dem Werke auf Bereitung, auf Verhaͤltnisse und auf das Verfahren mit den Bestandtheilen des Moͤrtels Bezug hat. Die hier aufgestellten Regeln sind alle aus der Erfahrung gegriffen: sie lassen sich auch aus dem bereits aufgestellten Grundsaze ableiten, naͤmlich: daß Verwandtschaft die erste und vorwaltende Ursache der Erhaͤrtung des Moͤrtels ist, und daß alles, was dieselbe beguͤnstigen kann, angewendet werden muͤsse. Wenn aber die angewendeten Materialien sich entweder gar nicht, oder nur wenig zu einander schiken wollen, so liegt der Fehler in der Regel. Einige Beispiele werden dieß deutlich machen. Wir wollen annehmen, daß man einen sehr fetten Kalk und eine, in Bezug auf denselben, ganz vortreffliche Puzzolana habe, so muß man 1stens unter den verschiedenen Verfahrungsarten denselben zu loͤschen, diejenige waͤhlen, welche die Zertheilung des Kalkes auf den hoͤchsten Grad zu treiben vermag. 2tens die Puzzolana mechanisch sehr fein puͤlvern, wenn sie noch nicht gepulvert waͤre. 3tens die Verhaͤltnisse nach vorlaͤufigen Versuchen bestimmen. 4tens diese Materialien lang und stark unter einander abknoͤten, ohne sie in Wasser zu ersaͤufen. 5tens die Vertrocknung aufhalten, damit Feuchtigkeit, als wesentliche Bedingung der Vereinigung, unterhalten wird. Wir wollen ferner sezen, daß man einen vortrefflichen hydraulischen Kalk, und mehrere eben so reine Kiesel-Sandarten besize, so muß man 1tens unter diesen den reinsten waͤhlen, und wenn es moͤglich ist, denjenigen, der sich am rauhesten anfuͤhlt. 2tens den Kalk vollkommen theilen, und dazu die schikliche Loͤschungsmethode waͤhlen. 3tens die Verhaͤltnisse so ordnen, daß der Moͤrtel voll, und doch der Zwischenraum zwischen Koͤrnchen und Koͤrnchen so klein als moͤglich wird. 4tens endlich gut mischen, und das Vertrocknen aufhalten. Wenn man aber, aus oͤkonomischen Gruͤnden, welchen man so oft gehorchen muß, nur einen fetten Kalk und eine sehr mittelmaͤsige Puzzolana zu seinem Gebrauche haͤtte, so durfte man dann nur auf eine schwache chemische Verbindung der Bestandtheile rechnen, und, um dieser soviel als moͤglich abzuhelfen, muͤßte man suchen die Bestandtheile auf alle nur immer moͤgliche Weise mechanisch einander naͤher zu bringen. Um dieß zu bewirken, wird man dem Kalke nur den moͤglich geringsten Grad der Zertheilung geben, dessen er faͤhig ist, damit er noch nach seiner Anwendung zum Moͤrtel wirken, und denselben, indem er dessen Volumen vermehrt, zusammendruͤcken kann; das allmaͤlige freie, oder durch Einsenkung in Wasser vollbrachte Abloͤschen wuͤrde diesen Zweck erreichen; auch wuͤrde es viel nuͤzen, wenn man ihn recht dicht (massiv) macht; von einem langsamen Vertrocknen wuͤrde man uͤbrigens nur wenig zu erwarten haben etc. Diese Beispiele werden hinreichen um eine Idee des Ganges zu liefern, welchen man in den verschiedenen sich darbiethenden Faͤllen zu verfolgen hat: die Graͤnzen unserer Analyse gestatten es nicht, daß wir uns in genaueres Detail einlassen. Anwendung der Kalkcimente. Der Plaz, welchen der Moͤrtel an einem Gebaͤude einnimmt, aͤußert einen nicht unbedeutenden Einfluß auf die Haͤrte, welche er erlangt, je nachdem naͤmlich dieser Plaz das freie Spiel der Verwandtschaften hemmt oder beguͤnstigt. Gewoͤhnlich ist es in den Grundfesten, wo der Moͤrtel die staͤrkste Haͤrte erreicht; im Gegentheile trifft man ihn an den hoͤchsten und bedeckten Stellen am zerreiblichsten, weil dort die Vertroknung sehr schnell vor sich gehen mußte. Es gibt Faͤlle, in welchen es zutraͤglich ist, von den oben aufgestellten Grundsaͤzen abzuweichen, sowohl in Hinsicht der Wahl als der Behandlung der Materien, und dieß um die Haͤrte des Moͤrtels mit den besonderen Zwecken, zu welchen er bestimmt ist, zu vereinbaren: wir wollen nun ein paar Beispiele anfuͤhren. Es ist Erfahrungssache, daß Steine von poroͤsem Gefuͤge, durch welche das Wasser leicht durchsintert, im Allgemeinen dem Wechsel großer Hize und starker Kaͤlte weil besser widerstehen als harte und dichte Steine, wie z.B. die Marmorarten. Wenn man also Anwuͤrfe zu machen hat, die aussen der Luft ausgesezt sind, muß man, selbst auf Kosten der Haͤrte, den Moͤrtel sehr mager halten, weil er dann die poroͤsen Steine im Gefuͤge nachahmt, und die Eigenschaften derselben erhaͤlt. Handelt es sich aber im Gegentheile um einen inneren Anwurf einer Cisterne oder einer geschlossenen Wasserleitung, so wird ein fetterer Moͤrtel, als man nach den gewoͤhnlichen gehoͤrigen Verhaͤltnissen erlangt, den Einsikerungen des Wassers sich besser widersezen, als ein harter Moͤrtel, den man noch so genau gemengt hat: indessen kann man hier in der Wahl nicht anstehen. Vorliegendes Werk schließen vergleichende Versuche uͤber die Haͤrte des alten Moͤrtels des mittaͤgigen Frankreichs, und einiger neuen aus demselben Kalke bereiteten Moͤrtelarten. Aus diesen Versuchen erhellt, daß die roͤmischen Moͤrtel nicht uͤberall gleich gut sind; daß also ihre Haͤrte nicht uͤberall, wie man behauptet hat, das Werk der Zeit seyn kann. Man sieht uͤberdieß aus ihrer Zusammensezung, daß eben diese Haͤrte nicht ausschließlich der Vorzuͤglichkeit ihrer Mischung oder der Anwendung der Puzzolana zugeschrieben werden darf: sie haͤngt offenbar von der ausgezeichneten Guͤte der angewandten Materialien ab, und von zufaͤlligen oder von berechneten Umstaͤnden, welche die Vereinigung derselben beguͤnstigten. Die Tabellen, in welchen die angestellten Versuche verzeichnet sind, beweisen noch uͤberdieß, daß, wenn man den in diesem Werke gegebenen Vorschriften folgt, man einen Moͤrtel erzeugen kann, welcher in wenigen Jahren dem besten roͤmischen Moͤrtel gleichkommt, oder denselben sogar noch uͤbertrifft.