Titel: Ueber Beizen in der Druk- und Färbekunst von W. H. v. Kurrer.
Autor: Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND]
Fundstelle: Band 5, Jahrgang 1821, Nr. XXXIX., S. 202
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XXXIX. Ueber Beizen in der Druk- und Färbekunst von W. H. v. Kurrer. v. Kurrer über Beizen in der Druk- und Färbekunst. Die Benennung Beize ist in der Druk- und Faͤrbekunst gleich bedeutend mit den Ausdruͤken: Vorbereitungsmittel, Bindungsmittel, Aneignungsmittel, Zwischenmittel, Grundlage, Basis, Mordant und Substrat. Die Beizen, welche von den aͤltesten Zeiten her den wichtigsten Theil in dem Gebiete der Faͤrbekunst zur Entwicklung der Pigmente ausmachen, beruhen auf den Grundsaͤzen der Chemie. Ihre Kenntniß und ihre Wirkung sind als der Schluͤssel zur Faͤrbekunst und spaͤtern Zeugdrukerey zu betrachten. Als vorbereitende Beizen, um die Fasern der Wolle, Seide, Baumwolle und des Leinen empfaͤnglich fuͤr den Farbestoff zu machen, muͤssen sie so beschaffen seyn, daß ihre chemische Anziehungskraft zwischen der zu faͤrbenden Materie und den Pigmenten gleich groß, und das Produkt ihrer Mischung im Wasser aufloͤslich ist. In solchem Zustande erkennen wir sie als Zwischenmittel, um das Pigment (den faͤrbenden Stoff) an die natuͤrlichen Stoffe des Pflanzen- und Thierreichs, welche gefaͤrbt erscheinen sollen, zu binden, da leztere nur selten die Faͤhigkeit besizen, mit den faͤrbenden Stoffen sich zu verbinden. Es wuͤrden z.B. alle zu faͤrbenden Substanzen, und darunter vornehmlich diejenigen, welche vegetabilischen Ursprungs sind, ohne die Anwendung geeigneter Beizen, in ben Baͤdern des Krapp, der Quercitronrinde, des Fernambuk- und Campechenholzes, so wie aller in der Natur vorkommenden adjektiven Pigmente nur schwache, nicht dauerhafte, ja oft sogar dem Wesentlichen des Pigments entgegengesezte Farben darstellen, weil kein Entwiklungs- oder Aneignungsmittel vorhanden ist. Eine zweite Gattung der Beizen sind solche, welche den mit erdig- oder metallischen Aufloͤsungen impraͤgnirten Grund auf dem Gewebe oͤrtlich zersezzen, und an dessen Stelle farbenlose Erscheinungen hervorbringen. Eine dritte Gattung zersezt den schon gefaͤrbten Grund. Man nennt sie gefaͤrbte Beizen, weil durch ihre Anwendung auf bereits farbigem Grunde andere Farben erzeugt werden. Eine vierte Gattung eignet sich dazu, daß man die farbigen Erscheinungen nach Willkuͤhr umaͤndern (modificiren) kann. Es laͤßt sich indessen von solchen Beizen keine Zahl festsezen; sie vermehren sich mit den Fortschritten und Entdekungen in der Chemie, weil jede Saͤure, jede Verbindung derselben mit den Metallen, Erden und Alkalien unter gewissen Verhaͤltnissen als Beize anzusehen ist. Gleiches Recht behaupten die alkalischen Erden und Salze. Obigem zufolge theilen sich fuͤr die Druk- und Faͤrbekunst die Beizen in folgende Hauptklassen ein. A) Erste Klasse. Vorbereitungs-Beizen; B) Zweite Klasse. Entfaͤrbende Beizen; C) Dritte Klasse. Gefaͤrbte Beizen; D) Vierte Klasse. Modifikationsbeizen; A) Die Vorbereitungs-Beizen, welche das Agens darbieten, den faͤrbenden Stoff an die zu faͤrbende Materie rein und innig zubinden, sind a) saure; b) alkalische; c) erdige; d) metallische; und e) gemischte Beizen. Jede derselben soll jezt naͤher beschrieben werden. a) Die saure Beizen bestehen aus den uns zur Zeit bekannten Saͤuren und den sauren Salzen, unter welchen einige in der praktischen Anwendung Vorzuͤge vor den andern haben. Die Wirkung der sauren Salze gruͤndet sich hier gewoͤhnlich auf den Antheil freier Saͤure, seltener auf das Substrat einer solchen Verbindung. Zu den sauren Beizen gehoͤren: 1) die Schwefelsaͤure; 2) die Salpetersaͤure; 3) die Arseniksaͤure; 4) die arsenigte Saͤure; 5) die Phosphorsaͤure; 6) die Molybdaͤnsaͤure; 7) die Wolframsaͤure; 8) die Chromsaͤure; 9) die Boraxsaͤure; 10) die Harnsaͤure; 11) die Schwefelblausaͤure u.a.m. welche in der Schafwollen-Faͤrberei hin und wieder als eigentliche Zwischenmittel, um das Pigment mit der Faser zu verbinden vorkommen. In dieser Faͤrberei spielt die Phosphorsaͤure und Schwefelsaͤure mit dem Pigmente des Kraps eine bedeutende Rolle. Saure Satzverbindungen sind: 1) das saure weinsteinsaure Kali (Weinstein); 2) das saure schwefelsaure Kali; 3) die saure schwefelsaure Thonerde (Alaun); 4) das saure kleesaure Kali (Sauerkleesalz) u.a.m. b) Die alkalischen Beizen begreifen in sich: 1) das Kali oder Pottaschenbad; 2) das Natron- oder Sodebad; 3) das Kalkwasserbad; 4) das Ammoniumbad; 5) das Baryt- und Strontianbad, welche in der sogenannten Handfaͤrberei, oͤfters auch in der Baumwollen- und Leinendrukerei Anwendung finden. Die Verbindung der Alkalien mit den Oelen und den fetten Substanzen des Thier- und Pflanzenreichs bilden die Oel- oder Fettbeizen in der tuͤrkisch (Adrianopel) Rothfaͤrberei. Unter den alkalisch-erdigen Beizen, in welchen das alkalische Salz vorwaltet, zeichnet sich die kalihaltige Thonerdenaufloͤsung aus. Alkalisch-metallische Aufloͤsungen von Werth fuͤr die Druk- und Faͤrbekunst, sind: 1) die alkalische Schwefelarsenik-Aufloͤsung; 2) die alkalische Zinnoxidulloͤsung; 3) die alkalische Eisenoxidulloͤsung; 4) das Ammonium-Kupfer etc. c) Die erdige Beizen betreffend, so stellen die Verbindungen der einfachen Erden mit den Saͤuren eigenthuͤmliche Salze dar, welche als mehr oder weniger vorteilhafte Beizen bei der Anwendung in der Faͤrbekunst und Zeugdrukerey betrachtet werden koͤnnen. Die thonerdigen Verbindungen sind die vorzuͤglichsten: zu denselben gehoͤren: 1) die saure schwefelsaure Thonerde (Alaun), welche hier als wirkendes Agens durch das Substrat in Verbindung mit der Saͤure erscheint; 2) die salpetersaure Thonerde; 3) die salzsaure Thonerde; und in der Seiden- Baumwollen- und Leinen-Druk- und Faͤrberei, die essig- und holzsaure Thonerde. Alle thonerdige Verbindungen erleiden, so wie jede erdige Verbindung mit einer Saͤure, allemal, wenn sie mit der Faser, der Seide oder der thierischen Wolle in Verbindung gebracht werden, und die Seide oder Wolle mittelst eines adjektiven Pigments gefaͤrbt werden soll, eine relative Zersezung. Diese erfolgt zum Theil schon mit der Faser von selbst, in groͤßerer Ausdehnung aber durch die Beruͤhrung mit dem Pigmente in dem Farbenbade. Bei dieser und jener Zersezung wird die an die Erde gebundene Saͤure bis zu einer gewissen Potenz in Freiheit gesezt, waͤhrend die Erde, mit einem proportionalen Antheile Saͤure gebunden, mit der Faser und dem Pigmente zusammen, die farbige Erscheinung veranlaßt. Es ist durch mehrere Experimente erwiesen, daß die Pflanzenfaser die thonerdige Basis so innig und fest gebunden haͤlt, daß die mit derselben impraͤgnirte und nachher gefaͤrbte Waare, deren Farbe nach langem Tragen, oͤftern Waschen und Einwirken der Luft und des Lichts verschwunden war, beim neuen Auffaͤrben, ohne vorgegangene Beizung, noch Anziehung gegen die Pigmente aͤußert. Diese Anziehung zeigt sich um so staͤrker, je concentrirter die thonerdige Beize anfangs in Anwendung gebracht worden war. Ich habe diesen Versuch mit verschossenen Farben zu wiederholten malen, und immer mit gleichen Resultaten gemacht. Einige Schriftsteller waren der Meinung es sey die reine neutrale Thonerde, welche in ihrer Aufloͤsung sich mit der Faser mechanisch verbinde, und dadurch die Pigmente fixire; bis Berthollet, der Vater, durch unwiederlegbare Beweise entschied, daß zu einer aͤchten und dauerhaften Farbenverbindung die Erde stets einen proportionalen Antheil der Saͤure gebunden enthalten muͤsse. Unter den thonerdigen Verbindungen zeichnet sich die schwefelsaure Thonerde in der Anwendung auf Schafwollen-Faͤrberei und thierische Substanzen, so wie die essigsaure Thonerde in der Zeugdrukerei und zum Faͤrben vegetabilischer Fasern, vor andern aus. Der Vorzug der leztern beruhet auf folgenden Eigenschaften: a) daß sie mehr erdige Basis, als die schwefelsaure- salpetersaure- und salzsaure Thonerde, enthaͤlt; b) daß ihre Saͤure am lokersten mit der Basis gebunden haͤlt, weswegen die partielle Zersezung mit der Faser und den Pigmenten um so leichter erfolgt, und fuͤr die neue Verbindung keine Schwuͤrigkeit vorhanden ist; c) daß sie – was in der Zeugdrukerei sehr wichtig ist – sich nicht krystallisiren laͤßt, folglich in hohem Grade geeignet ist, mit den Verdikungsmitteln eine durchfoͤrmige Beschaffenheit darzubieten. Die salpetersaure- und salzsaure Thonerdenaufloͤsungen werden in der Zeugdrukerei groͤßtenteils zur Darstellung der Applikations-Farben verwendet; jedoch geben sie im moͤglichst neutralen Zustande auch eine gute Beize fuͤr mehrere Pigmente, und namentlich der Kochenille und des Kermes, in der Faͤrberei ab. Unter den uͤbrigen erdigen Beizen verdienen die salpetersaure- und essigsaure Kalkerde, die essigsaure Baryt- und essigsaure Strontianerde Erwaͤhnung. d) Die metallische Beizen behaupten unter allen Beizen das ausgedehnteste Gebiet. Ihre Anwendung in der Farbekunst und Zeugdrukerei ist sehr haͤufig und mannigfaltig. Sie zeichnen sich durch eine große Affinitaͤt sowohl zu den Pigmenten als zu der Faser selbst aus, indem sie sich leicht damit verbinden, und dadurch die Farbe befestigen. Es giebt fast kein Metall, das nicht als Oxidul oder Oxid in irgend einer Saͤure aufgeloͤst, mit den Pigmenten farbige Erscheinungen bewirkte. Die Verwandschaft zu den Pigmenten ist oft so groß, daß die Saͤure aus der Verbindung schnell getrennt wird, und das Oxidul oder Oxid mit dem Farbestoff verbunden als farbiger Praͤzipitat (Lakfarbe) zu Boden faͤllt. Die Affinitaͤt der metallischen Beizen zu den animalischen Stoffen, Wolle, Haare, Federn, Leder etc. ist betraͤchtlich starker, als zu den Fasern des Pflanzenreichs; nur das Eisen macht hierin eine Ausnahme, indem sich die Eisenbeize gerne mit der vegetabilischen Faser verbindet, und fuͤr sich eine substantive Eisenfarbe (Nanking, Chamois) darstellt. Die Saͤuren oder das Aufloͤsungsmittel bei metallischen und erdigen Beizen spielen eine aͤußerst wichtige Rolle. Es ist nicht gleichviel, ob das Metall, die Erde oder das alkalische Salz in einer oder der andern Saͤure aufgeloͤst als Beize angewendet wird. Jede Verbindung mit einer eigenthuͤmlichen Saͤure liefert eigenthuͤmliche Resultate; was durch hinreichende Belege dargethan werden kann. Wir haben Beispiele, daß die Grundlage in der einen Saͤure, aufgeloͤst mit den Pigmenten, herrliche Farbenerscheinungen hervorbringen, waͤhrend in einer andern Saͤure das Gegentheil erfolgt. Werden die metallischen Beizen mit den zu faͤrbenden Fasern des Thier- und Pflanzenreichs in Beruͤhrung gebracht, und die damit vorbereiteten Stoffe in einem adjektiven Farbenbade ausgefaͤrbt, so zersezt sich die metallische Beize ebenfalls partiell, indem ein groͤßerer Theil der Saͤure, fruͤher an die Basis gebunden, ausgeschieden wird, und das Oxydul oder Oxyd mit der Faser und dem Pigmente zugleich eine Verbindung eingeht, wovon das Resultat eine farbige Erscheinung ist. Die Metallbeizen, welche in der Druk- und Faͤrbekunst die haͤufigste Anwendung finden, lassen sich eintheilen: a) in Eisenbeizen. Diese bestehen 1) in dem schwefelsauren Eisen (Eisenvitriol); 2) dem salpetersauren Eisen; 3) dem salzsauren Eisen; 4) dem essig- und holzsauren Eisen; 5) dem weinsteinsauren Eisen; 6) dem Eisenweinstein etc. In der Schafwollenfaͤrberei behauptet das schwefelsaure Eisen, in der Baumwollen- und Leinen- Druk- und Faͤrberei aber das essigsaure, holzsaure und salpetersaure Eisen den Vorzug. Das schwefelsaure Eisen in der sogenannten Baumwollen- und Leinen-Handfaͤrberei, so wie das salpetersaure und salzsaure Eisen in der Seidenfaͤrberei, zu Erzielung blausaurer Eisenfarben, nehmen eine wichtige Stelle ein. b) In Zinnbeizen; hiezu ist zu zaͤhlen: 1) das saure schwefelsaure Zinn; 2) das neutrale schwefelsaure Zinn; 3) das salpetersaure Zinn; 4) das salzsaure Zinn; 5) das salpetersalzsaure Zinn (Zinncomposition in der Scharlachfaͤrberei); 6) das schwefelsalzsaure Zinn; 7) das Chlorinzinn; 8) das essigsaure Zinn; 9) das holzsaure Zinn. Das salpetersalzsaure Zinn zur Erzeugung des Scharlachs auf Schafwolle, und in den Zeugdrukereien zur Darstellung des sogenannten Schilderroth ist von hohem Interesse. Die andern Zinnbeizen beschraͤnken sich fast einzig auf die Seiden- Baumwollen- und Leinen-Druk- und Faͤrberei, sowohl als Vorbereitungs-Beizen, als auch zur Darstellung solider Applikations-Farben fuͤr den Druk und Pinsel. c) In Queksilberbeizen, welche: 1) in dem salpetersauren Queksilber; 2) in dem schwefelsauren Queksilber; 3) in dem Queksilber-Sublimat; 4) in dem essigsauren Queksilber bestehen. d) In Kupferbeizen, naͤmlich: 1) in dem schwefelsauren Kupfer, (Kupfervitriol); 2) dem salpetersauren Kupfer; 3) dem essig- und holzsauren Kupfer; 4) dem weinsteinsauren Kupfer, (Gruͤnspan). e) In Zinkbeizen, deren Gattungen sind: 1) der schwefelsaure Zink (Zinkvitriol); 2) der salpetersaure Zink; 3) der salzsaure Zink; 4) der essig- und holzsaure Zink. f) In Wißmuthbeizen, oder 1) dem salpetersauren Wißmuth und 2) dem salzsauren Wißmuth. g) In Bleibeizen, unter welchen das essigsaure Blei (Bleizuker) und das salpetersaure Blei besonders erwaͤhnt zu werden verdienen. Alle uͤbrigen von dem Schoͤße der Erde uns mehr oder weniger reichlich gespendeten Metalle geben in ihren Aufloͤsungen mit den verschiedenen Saͤuren als aufgeloͤste Oxydule oder Oxyde eben so viele Arten von Metallbeizen; von denen einige, wie die Manganbeizen, Kobaldbeizen etc. mit Vortheil in Anwendung gebracht werden, andere hingegen ihrer Kostbarkeit wegen, nur zu wissenschaftlichen Versuchen fuͤr die Druk- und Faͤrbekunst sich eignen, noch andere aber bis izt zu wenig untersucht sind, als daß sich etwas Bestimmtes uͤber ihren technischen Nuzen sagen ließe. Selbst unter den Metalllegirungen findet sich eine, welche in Saͤuren aufgeloͤst als Beize in der Zeugdrukerei gebraucht wird; es ist die Messingaufloͤsung (Kupfer-Zinkaufloͤsung) in der Salpetersaͤure. h) Gemischte Beizen. Man versteht darunter Zusammensezungen verschiedener Salzverbindungen. In den Faͤrbereien und Zeugdrukereien kommen sie unter der Benennung Farbenansaͤze in Anwendung. Alle Ansaͤze fuͤr die oliven-, braune-, violette- Lilas und vieler andern Farbenschattirungen gehoͤren hieher. Die gemischte Beizen erfordern zu ihrer Darstellung Satzverbindungen, welche sich nicht gegenseitig zersezen, wie dieses mit der essigsauren Thonerde und dem essigsauren Eisen fuͤr oliven und braune Farben der Fall ist. Hin und wieder werden zu gemischten Farben anderer Natur aus erdig und metallischen Aufloͤsungen, Mittelsalze wie Salpeter, Kochs salz, Salmiak u.s.w. zugesezt. In der Klasse der gemischten Beizen steht auch Fabronis Beize, zur Bindung und Befestigung des Pigments des Campechenholzes in der Schafwollenfaͤrberei. Noch rechne ich dazu: 1) das eisenblausaure Kali-Natron und den eisenblausauren Kalk; 2) das gelbe und rothe Schwefelarsenik; 3) das Chromkali; 4) das arsenigtsaure Kali; 5) Macquers arsenikalisches Mittelsalz. Obwohl diese fuͤnf leztere nicht eigentlich zu den gemischten Beizen gehoͤren, so trage ich doch kein Bedenken, sie ihnen anzureihen, um sie nicht außer Acht zu lassen. B) Zweite Klasse. Entfaͤrbende Beizen. Schuzbeizen. Die entfaͤrbende Beizen, auch unter der Benennung Aezbeizen und Reservagen bekannt, haben das Eigene, daß sie, auf Zeuge gebracht, welche bereits mit erdigen oder metallischen Beizen impraͤgnirt sind, daselbst eine Zersezung der Vorbereitungsbasis verursachen, wodurch in dem Farbenbade diese oͤrtliche Stellen in weißen Figuren erscheinen. In der Baumwollen- und Leinendrukerei finden sie uͤberaus haͤufige Anwendung, um die mit der essigsauren Thonerde vorgebeizte Waare in verschiedenen feinen Mustern mit Weiß darzustellen. Die entfaͤrbenden, in den Drukereien angewendeten Beizen bestehen aus Zusammensezungen mancherlei Arten; am zwekfoͤrdernsten sind folgende Saͤuren und saure Salzverbindungen: 1) Kleesaure (Zukersaͤure); 2) Weinsteinsaͤure; 3) Citronensaͤure; 4) Phosphorsaͤure; 5) arsenigte Saͤure (weißer Arsenik); 6) das saure kleesaure Kali (Sauerkleesalz); 7) das saure weinsteinsaure Kali, (Weinstein); 8) das saure schwefelsaure Kali; 9) das Arsenikkali. Werden die mit solchen Beizen gedrukte Waaren sodann in irgend einem adjektiven Pigmente ausgefaͤrbt, so erscheint der Grund gefaͤrbt, der Aufdruk aber weiß. Um bei substantiven Eisengrundfarben (Nankingfarbe, Chamoisfarbe, Rostgelb), weiße Figuren zu aͤzen, sind: 1) die Schwefelsaͤure; 2) die Citronensaͤure; 3) die Kleesaͤure; 4) die Weinsteinsaͤure; 5) das salzsaure Zinn u. d. m. dienlich. Will man farbige Gruͤnde (umgefaͤrbte Boͤden) mit weißen Objekten ausarbeiten, so muß sich die entfaͤrbende Beize nach der Natur der Grundfarbe richten. Die Agentien, die man dabei mit Vortheil anwenden kann, bestehen bald in alkalischen Loͤsungen, bald in Saͤuren, bald in sauren Satzverbindungen, wie z.B. dem salzsauren Zinn, dem Chlorinkalk, dem Chlorinkali und dem Chlorinthon. Bei tuͤrkisch roth gefaͤrbten Gruͤnden, zur Fabrikation der Purpurzize, uneigentlich auch Merino genannt, wirken krystallisirbare Pflanzensaͤuren am besten. Diese sind: 1) die Kleesaͤure; 2) das saure kleesaure Kali (Sauerkleesalz); 3) die Weinsteinsaͤure; 4) das saure weinsteinsaure Kali (Weinstein); 5) die Citronensaͤure; und 6) das saure schwefelsaure Kali. Unter den Metallsalzen zeichnet sich das schwefelsaure Zinn durch die groͤßte Wirksamkeit aus. Die Anwendung und Wirkung aller dieser Beizen gruͤndet sich auf die Zersezung in der Chlorinkalkkuͤpe, und auf die Einwirkung der Chlorine, welche waͤhrend des Zersezungsprozesses frei auf die tingirten Stellen wirkt, wodurch die rothfarbige Erscheinung zerstoͤrt wird. An die Klasse der entfaͤrbenden Beizen reihen sich der Analogie ihres Erfolgs nach, um weiße Stellen in der kalten Indigokuͤpe zu behalten, die sogenannte Schuzbeizen oder Schuzpappen an. Ihre Anwendung und der manigfaltige Gebrauch derselben auf viele Fabrikations-Artikel in diesem Gebiete der Druk- und Faͤrbekunst, gruͤndet sich auf die Eigenschaft in der kalten Indigokuͤpe, da wo man sie oͤrtlich applicirt, weiße Objekte darzustellen. Sie machen bei dem Artikel Lapis, Waterloo und der blauen Leinendrukwaare einen wesentlichen Theil in Absicht auf die Schoͤnheit des Fabrikats aus. Als vorzuͤglich anerkannte Gattungen dieser Schuzbeizen sind: 1) Die weise Schuzbeize (Weißpappe) fuͤr den dunkelblauen Indigoartikel, theils mit weiß theils mit farbiger Ausarbeitung. 2) Die Weißbeize, Aezweiß auch Aezpappe fuͤr Lapis; 3) Die weiße Schuzbeize (Schmuzpappe, Paßpappe) fuͤr Lapis. 4) Die Wachsschuzbeize auch Wachspappe und Wachsreservage genannt. 5) Die Gypsbeize auch Gypsreservage genannt. 1) und 3) bilden solche Salzverbindungen, welche durch ihre Beschaffenheit den Indig in seiner Aufloͤsung zu hindern, ihn regeneriren, und dadurch abhalten, in aufgeloͤstem Zustande mit der Faser, bei der man sich ihrer bedient in Verbindung zu treten. Ihre Hauptbestandtheile sind: a) schwefelsaures Kupfer; b) salpetersaures Kupfer; c) Gruͤnspan; d) Alaun; e) Weinstein; f) Queksilbersublimat; g) schwefelsaures Queksilber; h) schwefelsaurer Zink, und als Abhaltungs- und Koͤrpermittel Fett, und Pfeifenthon. Sie werden mittelst einer gehoͤrigen Portion Wasser, theils mit Staͤrke, theils mit Gummi in drukfoͤrmigen Zustand gebracht. Ihre Wirkung ist sowohl chemisch als mechanisch. 2) Besteht aus den eben angezeigten Salzverbindungen, und um zur Reserve fuͤr die daruͤber gedrukte rothe Pappe zu dienen aus Arsenikkali, welches den Hauptbestandtheil ausmacht. Drukfoͤrmig fuͤr jedes Muster wird diese Komposition durch Zusaz von Pfeifenthon und Gummi. Sie bringt zwei verschiedene Wirkungen hervor; denn sie verhindert die rothe oder braune Pappe, welche daruͤber gedrukt wird, sich mit der Faser zu verbinden, und haͤlt auch davon als Schuzbeize den Indig ab. C. Dritten Klasse. Gefaͤrbte Beizen. Gefaͤrbte Beizen nenne ich diejenigen Zusammensezungen der Pigmente mit den metallischen oder andern Salzverbindungen, welche, wenn sie mit ausgefaͤrbten Gruͤnden zusammengebracht werden, diese zerstoͤren, und ihre eigene Farbe mittheilen. Solche Beizen, haben einen sehr ausgedehnten Wirkungskreis in den Kattundrukereien; sie finden Anwendung auf vielerlei Grundfarben, um artige und mannigfaltige Muster zu erhalten. Die jezt gewoͤhnlichsten Beizen dieser Art sind: a) die gelbgefaͤrbte Beize; b) die orangegefaͤrbte Beize; c) die rothgefaͤrbte Beize; d) die violett- und Lilas gefaͤrbte Beizen; e) die blaugefaͤrbte Beize; und f) die gruͤngefaͤrbte Beize. Es lassen sich aber auch sogenannte mißfarbene Beizen darstellen, welche hin und wieder bei vielfarbiger Ausarbeitung eines Musters gebraucht werden. Bei der Zusammensezung dieser verschieden gefaͤrbten Beizen spielt die salzsaure Zinnverbindung eine ausgezeichnete Rolle; an sie schließt sich zunaͤchst das gesaͤuerte eisenblausaure Kali und das mit Schwefel- oder Salzsaͤure behandelte blausaure Eisen an. Um diesen Gegenstand in ein Helles Licht zu sezen, will ich eben genannte verschiedene Beizen nach ihrer Zusammensezung genauer bezeichnen. a) Die gelbe Beize, auf schwarz, braun, oliven, grau und gruͤn kolorirten Gruͤnden ist eine Zusammensezung des concentrirten Dekokts eines gelben adjektiven Pigments mit fluͤssigem salzsaurem Zinn oder krystallinischem Zinnsalze. Unter den gelben Pigmenten zeichnen sich die Gelbbeere und die Quercitronrinde in ihrer Anwendung auf gelbgefaͤrbte Beizen am vorteilhaftesten aus. b) Die orange Beize auf aͤhnliche Grundfarben angewendet, besteht aus einem starken Dekokt der Gelbbeere oder der Quercitronrinde mit einem groͤßern oder kleinern Theil von starker Fernambukbruͤhe, je nachdem die Orangefarbe gelber oder roͤther erscheinen soll. Die Entwiklung der Farbe geschieht vermittelst liquider salzsaurer Zinnaufloͤsung oder des krystallinischen Zinnsalzes in angemessenem Verhaͤltnisse. c) Die rothe Beize, auf gelb, braun, oliven und grau gefaͤrbte Grunde, wird von concentrirter Fernambukbruͤhe und salzsaurem Zinn gebildet, wozu noch in gewissen Faͤllen salzsaures Ammonium (Salmiak) kommt. d) Die Violette und die Lilas Beizen, auf oliven und nanking colorirte Boͤden betreffend, so entsteht jene aus Campechenholzdekokt mit salzsaurem Zinn, diese aber aus Campechenholz- und Fernambuk Absud mit salzsaurem Zinn in angemessener Portion. e) Die blaue Beize hat mehrentheils das blausaure Kali mit Saͤurezusaz zum Grunde, wodurch auf allen Eisengelb colorirten Nuancen, durch Bildung von blausaurem Eisen, verschiedene Abstufungen von Blau erzeugt werden. Hier wird der Eisengrund nicht zerstoͤrt, sondern die Blausaͤure des blausauren Kali verbindet sich damit zum blausauren Eisen. Blaue Beize, fuͤr graue, orange und olivenfarbene Gruͤnde, bereitet man durch eisenblausaures Kali mit Salzsaͤure und Phosphorsaure, welcher Mischung bis zur Nuance, in Salzsaͤure behandeltes blausaures Eisen hinzugesezt wird. f) Die gruͤne Beize besteht in den meisten Faͤllen aus gelber Beize, welcher man von in Schwefel- oder Salzsaͤure behandeltem blausaurem Eisen, so lange zugibt, bis die erwuͤnschte Abstufung der Farbe erfolgt. Diese Beizen werden auf schwarz, gelb, orange, braun und nanking gefaͤrbte Boͤden angewendet. g) Unter den gefaͤrbten Mißbeizen, muͤssen die Olivenschattirungen, welche aus Quercitronrinde und Blau-Holz mit salzsaurem Zinn zusammengesezt sind, genannt werden. Hellere Schattirungen, und Abstufungen im Farbenton her gefaͤrbten Beizen gewinnt man durch Zusaz von Wasser, oder von Dekokten, die mit Wasser verschwaͤcht sind. Die Verdikung aller dieser Beizen fuͤr den drukfoͤrmigen Zustand geschieht durch Staͤrke oder Gummi Tragant. D) Vierte Klasse. Modifikations-Beizen. Die Modifikations-Beizen beschraͤnken sich in der Faͤrbekunst und Zeugdrukerei blos auf ungefaͤrbte Waare. Ihre Anwendung hat den Zwek den bereits vorhandenen Farben einen andern Ton zugeben, weßwegen man sie auch Umaͤnderungs-Beizen fuͤr die Farben nennen koͤnnte; die Sache selbst ist unter dem Namen, Schauen, Schoͤnen allgemeiner bekannt. Der Modifikations-Beizen ist eine große Zahl, weit viele Saͤuren, die sauren Satzverbindungen, die Alkalien und die Seifen, so wie mehrere Gasarten, die Eigenschaft besizen, die Farbe, welche die Stoffe bereits erhalten haben, abzustufen oder umzuaͤndern. Beispiele sind: die mit kalischer Curcumaͤ Infusion gefaͤrbten Stoffe, welche braunroth erscheinen, und erst durch eine saure Fluͤssigkeit gezogen, gelb werden; ferner die Schoͤnungs-Operation in der Schafwollen- und Seidenfaͤrberei; die Schoͤnung und das Rosiren (Avivage und Rosage) in der tuͤrkischen Rothfaͤrberei etc.Alle zur Faͤrberei und Drukerei als Beizmittel dienende Salze und Fluͤßigkeiten so wie uͤberhaupt alle zum Druken, Faͤrben und Bleichen erforderliche Fabrikate und Faͤrbedroquen sind bei mir in allen Quantitaͤten vorzuͤglich rein, zu den moͤglichst billigen Preißen zu haben. D.