Titel: Ueber ein neues Hydro-Pneumatisches Löthrohr, welches so eingerichtet ist, daß es durch zwei Stunden ununterbrochen einen Grad von Hize erzeugt, welcher stark genug ist um Platina zu schmelzen, und dieß zwar mittelst der Flamme einer kleinen Wachskerze und durch bloße atmosphärische Luft. Von Edw. D. Clarke, Professor der Mineralogie zu Cambridge etc.
Fundstelle: Band 5, Jahrgang 1821, Nr. XLIX., S. 284
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XLIX. Ueber ein neues Hydro-Pneumatisches Löthrohr, welches so eingerichtet ist, daß es durch zwei Stunden ununterbrochen einen Grad von Hize erzeugt, welcher stark genug ist um Platina zu schmelzen, und dieß zwar mittelst der Flamme einer kleinen Wachskerze und durch bloße atmosphärische Luft. Von Edw. D. Clarke, Professor der Mineralogie zu Cambridge etc.Es ist Zeit, daß das verbesserte Loͤthrohr einmal aus den Laboratorien der Chemiker und Mineralogen in die Werkstatten der Metall- und Glasarbeiter komme, von welchen so mancher fleißige Gewerbsmann sich mit dem gewoͤhnlichen unbehuͤlflichen Loͤthrohre lungensuͤchtig, und somit vor der Zeit in's Grab blies. Von Ersparung an Zeit und Muͤhe wollen wir hier gar nicht sprechen. A. d. Ueb. (Eine vollstaͤndige Zusammenstellung der bis jezt bekannten beßern Loͤthrohre mit Abbildungen nebst einer gruͤndlichen Anleitung zu ihrem Gebrauche findet man im Bd. 2. Heft 3. S. 323. in Dingler's neuem Journal fuͤr die Druk- Faͤrbe- und Bleichkunde. D.). Aus den Annals of Philosophy. An den Herausgeber. New Series. Junius 1821. S. 428. Mit einer Abbildung auf Tab. VI. Fig. 35. Clarke über ein neues Löthrohr. Cambridge den 15. Mai 1821. Mein Herr! Den verschiedenen allmaͤhlig entstandenen Verbesserungen des Loͤthrohres koͤnnen wir jezt noch eine neue hinzufuͤgen, welche bedeutende Vorzuͤge besizt: ich deute hier auf jene Form dieses Instrumentes, in welcher die Luft durch den Druk einer gewissen Menge Wassers bei einer Roͤhre hinausgestossen wird, indem es diese Art von Loͤthrohr ist, an welcher die gegenwaͤrtigen Verbesserungen angebracht sind. Die Vortheile des alten Instrumentes dieser Art bestallten darin, daß der Operateur beide Haͤnde frei hatte, und seine Lungen von jener Anstrengung und Gefahr einer moͤglichen Beschaͤdigung derselben bei anhaltendem Blasen, welche bei kein Gebrauche des gewoͤhnlichen Loͤthrohres so haͤufig vorkommt, befreit wurden. Zu diesen Vortheilen, welche das neue Loͤthrohr gleichfalls besizt, koͤnnen wir noch folgende hinzufuͤgen: 1) kann man entweder die gemeine atmosphaͤrische Luft oder jede andere gasfoͤrmige Fluͤssigkeit hier als loͤthenden Luftstrom anwenden, indem man dieselbe in dem Behaͤlter verdichtet, und auf diese Weise koͤnnen Versuche uͤber die schmelzende Kraft der verschiedenen Gasarten mit aller Leichtigkeit und Bequemlichkeit angestellt werden. 2) Die Moͤglichkeit, welche diese Maschine besizt, sich vollkommen auszuleeren, sichert den Operateur vor jeder Beimengung der gemeinen atmosphaͤrischen Luft, wenn Sauerstoffgas oder irgend eine andere gasfoͤrmige Fluͤssigkeit an gewendet werden soll. 3) Das alte Instrument, obschon man dasselbe zum Beugen der Glasroͤhren oder anderen aͤhnlichen Zweken sehr gut gebrauchen kann, mußte stets wiederholt mit frischer Luft versehen werden, wenn es in Thaͤtigkeit bleiben sollte, und dieß, an den Instrumenten von gewoͤhnlicher Groͤße, oͤfters schon alle fuͤnf Minuten. Das neue Instrument hat die wichtige Verbesserung, daß man zwei Stunden lang eine staͤtige Flamme mittelst desselben unterhalten kann, die die vollkommenste Gestalt und die gleichfoͤrmigste Temperatur besizt, und nie durch stoßweise Stroͤmungen aus dem pneumatischen Behaͤlter unterbrochen wird. 4) Die laͤstigen Unterbrechungen durch Ausstroͤmung des Wassers, waͤhrend der Apparat mit frischer Luft gefuͤllt wird, die bei dem alten Instrumente so haͤufig eintreten, haben bei dem neuen hier niemals statt. 5) Das neue Instrument kann jede beliebige Zeit uͤber unangewendet in Ruhe bleiben, und doch stuͤndlich zum Ge brauche bereit seyn: es bedarf hier nichts anderes, als daß man die Wachskerze anzuͤndet, die das Licht hergeben soll. Die Weise, wie dieses Instrument seinen gegenwaͤrtigen Zustand von Vollendung erreichte, liefert eine Anekdote, die unseren Lesern vielleicht nicht uninteressant seyn wird, weil sie einen Beweis liefert, wie oͤfters ein großes und ausgezeichnetes mechanisches Talent sich an Individuen findet, welche gar keine Bildung erhielten. Einer meiner Bedienten, den ich oͤfters waͤhrend meiner Vorlesungen uͤber Mineralogie gebrauchte, fragte mich, als er mich das alte Instrument seiner Unbrauchbarkeit wegen bei Seite stellen sah, warum ich dieses thaͤte? Ich sagte, daß die Kuͤrze der Zeit, waͤhrend welcher die Flamme an demselben angeblasen wird, dieses Instrument unbequem macht, und daß ich mich lieber des gemeinen Loͤthrohres, das mit dem Munde geblasen werden muß, bedienen wollte, als durch das laͤstige Nachfuͤllen von frischer Luft alle fuͤnf Minuten in meiner Arbeit unterbrochen zu werden. Dieß veranlaßte ihn das Instrument von innen anzusehen, wo er dann nach genommener Einsicht ganz naiv ausrief: »das ist sehr ungeschikt gemacht; ich koͤnnte das Ding besser und, ohne weiters mit mir hieruͤber zu sprechen, gieng er in allem Ernste an's Werk, und brachte mir den neuen verbesserten Apparat, den ich hier beschreibe um denselben so allgemein als moͤglich zu verbreiten. Der Name des Erfinders ist Johnson Tofts. Nach dem von ihm zur Verbesserung des Loͤthrohres aufgestellten Grundsaze werden jezt zu London solche Maschinen verfertigt. Mittelst eines solchen Instrumentes kann man Gold eine beliebige Zeit lang in staͤtem Flusse erhalten. Dieses verbesserte Loͤthrohr wurde in Hinsicht auf seinen Nuzen und seine Kraft waͤhrend eines ganzen Curses oͤffentlicher Vorlesungen uͤber Mineralogie mit so gluͤklichem Erfolge versuchsweise angewendet, daß die Brauchbarkeit und Wirksamkeit desselben auf die vollkommenste Weise erprobt wurde. Die Wirkungen, welche Sauerstoffgas mittelst dieser Maschine hervorbrachte, uͤbertrafen bei weiten diejenigen, welche dieses Gas aus dem gewoͤhnlichen Gasometer erzeugt; es stroͤmte naͤmlich hier im verdichteten Zustande, und der Kegel der Flamme selbst ließ sich besser leiten. Platina Draht von einiger Dike wurde geschmolzen, und Platina Blaͤttchen bothen nicht den mindesten Widerstand dar. Die Stahlfeder einer Taschenuhr verbrannte mit großem Glanze, und selbst wenn dieses Loͤthrohr mit bloßer atmosphaͤrischer Luft gefuͤllt ist, werden feine Platina-Blaͤttchen augenbliklich geschmolzen. Wenn wir diesen Apparat vor der Erfindung des Gas-Loͤthrohres besessen haͤtten, so wuͤrde man viele Resultate, welche man durch dieses maͤchtige Werkzeug erhielt, fruͤher haben benuͤzen koͤnnen. Indessen darf man doch nicht erwarten, daß dieses neue verbesserte Loͤthrohr sich in Hinsicht seiner Schmelzkraft mit dem Gasloͤthrohre vergleichen laͤßt; dafuͤr ist aber Tofts Loͤthrohr so sicher, daß ein Kind dasselbe gebrauchen kann, waͤhrend das Gasloͤthrohr in solchen Haͤnden wirklich eine gefaͤhrliche Spielerei seyn wuͤrde. In dem alten Loͤthrohre ist, wenn dasselbe geladen ist, der Raum ECGH mit Luft erfuͤllt, und das Wasser steigt bis zur punktirten Linie CD. Wenn es ferner so lang in Thaͤtigkeit erhalten wird, bis die Oberflaͤche des Wassers nach AB kommt, hoͤrt es auf, irgend eine Wirkung, hervorzubringen, und der Raum EAFC muß immer mit gemeiner Luft gefuͤllt bleiben. An dem verbesserten Apparate hingegen, den ich Toft's Loͤthrohr nenne, ist, wenn das Instrument zum Gebrauche hergerichtet, geladen ist, PP mit Luft gefuͤllt, und das Wasser bleibt ganz uͤber demselben in dem Gefaͤße Q, aus welchem es durch den Cylinder OE so lang herabsteigt, als noch einige Luft in den Behaͤltern PP uͤbrig bleibt, welche das Wasser gaͤnzlich ausfuͤllen wird, so daß jede beliebige Luft, welche man hierauf in dieselben hineinbringen will, das Wasser hinausdruͤkt, und oben bei Q ohne alle Beimischung von gemeiner Luft hinaustreibt. Alle Gasarten werden mittelst einer Blase und einer Verdichtungs-Sprize, welche an dem Sperrhahne F angeschraubt wird, eingeleitet. Man fand es besser, atmosphaͤrische Luft mittelst einer Sprize, als mittelst der Lungen, einzufuͤhren, und ebenso mittelst eines gemeinen Hebels die Maschine zu fuͤllen und zu entleeren. Dieses Loͤthrohr ist so einfach, daß eine umstaͤndlichere Beschreibung desselben uͤberfluͤssig ist. Man findet es, nach diesen Grundsaͤzen vorgerichtet, zum Verkaufe bei Hr. Newmann, philosophischen Instrumentenmacher, in Lislestreet, Leicester-square. Die gewoͤhnliche Groͤße eines solchen Loͤthrohres ist zwei Fuß Hoͤhe, zwei Fuß Laͤnge, und fuͤnf Zoll Breite. Sie kann entweder aus Kupfer oder aus Zinn verfertigt, und in einem Gehaͤuse eingeschlossen werden, das als Tisch und Stuͤze fuͤr die Arme dient. Die Wachskerze, welche in einem Cylinder bei X eingesenkt ist, wird, nach Bedarf, mittelst einer Schraube und eines Stellrades, auf oder niedergehoben. Eine Weingeist-Lampe, wenn man dieselbe besser finden sollte, kann statt der Wachskerze an demselben Orte befestigt werden. Ich verharre etc. E. D. Clarke.