Titel: Die Zubereitung des rothen und gelben Saffians in Astrachan. Von Professor Dr. J. C. Petri in Erfurt.
Autor: Prof. Johann Christoph Petri [GND]
Fundstelle: Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XXIV., S. 186
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XXIV. Die Zubereitung des rothen und gelben Saffians in Astrachan. Von Professor Dr. J. C. Petri in Erfurt. Petri über die Bereitung des Saffians. Astrachan gehoͤrt zu den ansehnlichsten und wichtigsten Staͤdten des kolossalen russischen Reichs. Sie ist 215 deutsche Meilen von St. Petersburg entfernt, von großem Umfange, hat 4000 Haͤuser und gegen 50,000 Einwohner ohne die vielen Fremden, welche sich hier bloß eine Zeitlang der Fischerey und des Fischhandels wegen aufhalten. Sie liegt auf einer großen Insel der Wolga, 7 1/2 Meile vom Ausflusse derselben ins Kaspische Meer. Wir betrachten sie hier bloß in Beziehung auf ihre Saffianmanufakturen, die wichtig und eintraͤglich sind. Die Stadt hat 6 Manufakturen in Saffian (oder Marroquin) und Chagrin. Die rothen und gelben Saffiane sind naͤchst den Tuͤrkischen die schoͤnsten. Die rothen erfodern mehr Arbeit und Kosten als die gelben, und sind daher auch verhaͤltnißmaͤßig theurer. Die Verfertigung und Bearbeitung beider Arten, so wie der Handel mit denselben ist ein sehr bedeutender Erwerbszweig der Einwohner. Es giebt zwar in mehreren Staͤdten des Reichs Saffian-Gaͤrbereyen, aber keine sind so betraͤchtlich und gewinnbringend als die Astrachanschen. Die Saffiane werden in Astrachan auf dreierlei Farben, roth, gelb und schwarz, gefaͤrbt; aber nur in den ersten beiden Farben, und besonders in der rothen, ist der Astrachansche im vorzuͤglichsten Rufe, und uͤbertrifft nebst dem tuͤrkischen die andere alle. Die dort verfertigten schwarzen Saffiane sind nicht besser als die in Kasan oder andern Staͤdten Rußlands zubereiteten; deshalb werden auch in Astrachan davon nicht mehrere gemacht, als in der Stadt verkauft werden. Hingegen vom rothen und gelben Saffiane wird jaͤhrlich eine bedeutende Menge in das uͤbrige Rußland und auch in andere europaͤische Laͤnder versendet, ja auch in den asiatischen Handel gebracht. Gruͤne Saffiane macht man noch wenigere, weil diese vorzuͤglich die Mogolen schoͤn verarbeiten, von denen man auch den noͤthigen Bedarf derselben beziehet. Zum aͤchten Saffian werden keine andere als Bok- und Ziegenfelle genommen; die geringeren macht man von Schaaffellen, die aber wenig Absaz finden und daher nur in kleinen Vorraͤthen verfertiget werden. Die Zubereitung fuͤr jede der erwaͤhnten zwei beliebten Farben ist etwas verschieden. Die rothen Saffiane erfodern mehr Arbeit und Kosten als die gelben und sind folglich auch theurer. Das Verfahren bei ihrer Zubereitung ist folgendes: Zuerst legt man die rohen Haͤute in große Kufen und gießt Flußwasser daruͤber, in welchem man sie dreimal 24 Stunden, oder nach Beschaffenheit etwas laͤnger, weichen laͤßt. Dann werden sie herausgenommen; man laͤßt das Wasser von jeder Haut abtriefen, druͤkt sie rein aus und beschabt darauf eine nach der andern auf der Strekbank mit einem Schabeisen ganz gelinde auf der Fleischseite, theils um die groͤbsten Unreinigkeiten wegzunehmen, theils und vornaͤmlich aber, um die Haut zu eroͤffnen und zu der folgenden Bearbeitung geschmeidiger zu machen. Nunmehr ist das vornehmste Geschaͤft, die Haare recht rein abzupuzen, welches durch Kalk bewerkstelliget wird. Man ruͤhrt naͤmlich auf 100 Haͤute ungefaͤhr 2 Mezen (à 23 Noͤsel) ungeloͤschten Kalk in Kufen mit Flußwasser wohl unter einander und legt die Haͤute so hinein, daß der Kalk allenthalben gleich vertheilt wird. In dieser Kalklauge lassen die Astrachanschen Gerber (welche meistens Tataren sind) die Felle oft 3 Wochen lang liegen. Dieß ist aber nicht gut, denn dadurch werden die Saffiane so muͤrbe, bruͤchig, sproͤde und ganz verbrannt, daß sie fast zu nichts taugen und die Kaͤufer damit betrogen werden. Es ist schon hinreichend, wenn man sie 12–14 Tage in dieser Beize liegen laͤßt. Nach dieser Zeit nimmt man die Felle wieder heraus, schwemmt sie rein ab und schabt das erweichte und muͤrbe gewordene Haar mit Schabeisen vorsichtig herunter. Es geschiehet nicht selten, daß von der ersten Kalklauge die Haare nicht alle losweichen, sondern noch viele kleine Haͤrchen und Stoppeln zuruͤk bleiben. In diesem Falle muͤssen die Haͤute wieder in eine frische Kalklauge gelegt und oft noch 14 Tage darin gelassen werden, bis alle Haare rein abgehen, die Haut recht glatt wird und ein schoͤnes, helles, weißes Ansehen bekommt, zumal auf der Haarseite. Eine natuͤrliche Folge dieser Kalkbeize ist aber, wie gesagt, diese, daß die Felle sehr muͤrbe werden und die Saffiane, in Vergleichung mit andern Lederarten, wenig Dauer und Festigkeit haben. Die zweite Vorrichtung, welche man nun mit den Haͤuten vornimmt, ist, daß man den Kalk wieder herausbringt. Hierzu bedient man sich der so hizigen Hunde-Exkremente, oder des weißen Enzian, welche in der Absicht fleißig gesammelt werden. Man zerstoͤßt diese Exkremente, schuͤttet sie in eine enge, nicht gar zu große Kufe, gieset warmes Wasser darauf, ruͤhrt die Mischung wohl unter einander, und pakt die gesaͤuberten Haͤute damit in eine andere Kufe, so daß man den aufgeweichten Hundemist uͤber jede Haut einstreut und gleich verbreitet. Mit dieser Zuthat muͤssen die Haͤute nun abermals 24 Stunden, oder bei wenigeren Exkrementen, etwas laͤnger liegen. Das Verhaͤltniß laͤßt sich nicht ganz genau bestimmen, weil sich die Saffianmacher in der Regel bloß nach dem Augenmaße richten und nur dahin sehen, daß das Wasser recht dik und truͤbe und folglich scharf genug sey. Die Haͤute kommen aus dieser Beize viel geschmeidiger, weicher und duͤnner, als sie vorher waren, und sind nunmehr von der aͤzenden Schaͤrfe des Kalks gaͤnzlich befreit. Man muß aber auch diese Beize unverzuͤglich herauszubringen suchen, damit die Haͤute davon nicht noch mehr als von der Kalklauge leiden. Die meisten Gerber sind auch fleißig darauf bedacht, daß die Haͤute in der lezten Beize nicht zu lange liegen bleiben, welches sie aus dem aͤußern Ansehen, der Verduͤnnung und Geschmeidigkeit derselben zu beurtheilen verstehen. Sobald die Haͤute herausgenommen sind, wird die unreine Feuchtigkeit wohl ausgedruͤkt und ausgepreßt. Unmittelbar darauf legt man sie in eine Kufe, worin Weizenkleien zu einem ziemlich diken Brey mit warmen Wasser angeruͤhrt worden ist, und laͤßt sie dreimal 24 Stunden darin liegen, bis alle Unreinigkeiten ausgezogen und die Haute gehoͤrig aufgequollen sind. Nach der Saͤuberung von Haaren beginnt nunmehr die eigentliche Zubereitung der Haͤute. Sie werden aus dem Weizenbrey herausgenommen und mit Honig folgendergestalt zurechte gemacht. Man nimmt auf 80 Haͤute ungefaͤhr 25 Pfund rohen HonigIn mehreren Gegenden bedient man sich statt des Honigs der Feigen. Man kann sich statt dessen auch des Rohzukers, oder des Staͤrke-Syrup bedienen. D., kocht denselben in einem Kessel, gießt so viel Wasser dazu, als zur gehoͤrigen Verduͤnnung noͤthig ist und ruͤhrt ihn waͤhrend des Siedens fleißig um. Darauf laͤßt man den Kessel so lange kuͤhlen, bis das Honigwasser gut warm ist, oder hoͤchstens noch so heiß daß man die Hand darin leiden kann. Nun gießt man dasselbe auf die einzelnen in kleine Troͤge ausgebreiteten Haͤute mit Kellen aus, bis es von ihnen ganz eingesogen wird. Sind alle Haͤute von der Honigmischung gehoͤrig eingetraͤnkt, so pakt man sie in eine trokene Kufe dicht uͤber einander zusammen, legt einen Dekel von Bretern und Gewichte darauf und bedekt die ganze Kufe oben mit Filzdeken, Teppichen oder Pelzen, damit der Dunst waͤhrend der Gaͤhrung nicht verfliege. In dieser Gaͤhrung muͤssen die Haͤute dreimal 24 Stunden liegen, wodurch sie den Kern bekommen. Aus der Honigkufe spuͤlt man sie in lauem Wasser rein, ringt sie so troken als moͤglich aus und trankt sie alsbald in einer maͤßig starken, mit reinem Kochsalz versezten Lake oder Sole, worin man sie 5–6 Tage liegen laͤßt. Nachher werden die Haͤute auf reinen Stangen ausgehaͤngt, damit die Sole austriefe, weil es fuͤr nachtheilig gehalten wird, sie mit den Haͤnden auszuringen, oder auszupressen. Jezt haben sie auch ihre ganze Zubereitung erhalten, und koͤnnen nunmehr roth, aber nicht gelb, gefaͤrbt werden. Zu den gelben Saffianen ist die Zubereitung, wie wir bald sehen werden, eine andere. Zur rothen Farbe bedient man sich der Kochenille auf folgende Art. Man kocht zuerst eine Quantitaͤt von dem in den Astrachanischen Steppen haͤufig wachsenden Kraute Tschagan (Salsola ericoides nach Pallas) und nimmt davon auf 4 Eimer Wasser etwas weniger als ein Pfund. Man laͤßt es eine Stunde sieden, wodurch das Wasser eine dunkelgruͤne Farbe bekommt, aber keinen scharfen Geschmak annimmt. Die Saffianmacher geben dabei genau Acht, daß das Wasser nicht zu sehr gefaͤrbt werde, sondern, auf den Nagel getroͤpfelt, eine kaum merklich hellgruͤne Farbe zeige. Im Fall es zu viele gruͤne Theilchen angenommen hat, schoͤpfen sie einen Theil aus und gießen frisches Wasser hinzu, womit das Kraut nochmals sieden muß, bis das Wasser den rechten Grad der Saturation erhaͤlt. Alsdann wird das Kraut mit einer Schaufel rein aus dem Kessel genommen und nun die zuvor gepuͤlverte Kochenille (auf einen Kessel von 4 Eimern etwa ein halb Pfund) hineingeschuͤttet, wohl umgeruͤhrt und starkes Feuer gehalten, wobei man aber wohl Acht zu geben hat, daß der rothe Schaum, welcher sich im Sieden oben zeigt, nicht uͤbersiede, daher man bestaͤndig etwas abschoͤpft und wieder zugießt, um durch diese Kuͤhlung das Uebersieden zu verhindern und den Schaum zu daͤmpfen. Nach ungefaͤhr anderthalb Stunden Siedens hat das Wasser eine schoͤne hochrothe Farbe bekommen. Weil aber viel davon eingekocht ist, so fuͤllet man den Kessel wieder mit dem ruͤkstaͤndigen Decokte des Krautes Tschagan auf, und kocht die also verduͤnten Farben aufs neue, bis man wahrnimmt, daß sich die Kochenille recht aufgeloͤßt hat und die Farbe sehr lebhaft geworden ist. Darauf wird 2 Loth gestoßener und gebrannter Alaun in den Kessel geworfen, den man mit der Farbe noch eine Viertel Stunde aufsieden laͤßt, worauf man das Feuer abgehen laßt und bloß die Kohlen beibehaͤlt, so daß die Farbe einen solchen Waͤrmegrad behalte, daß man die Hand darin leiden kann. Nunmehr nimmt man die zum Faͤrben bereiteten Haͤute, gießt die Farbe kellenweise in Mulden aus, faltet eine Haut nach der andern mit der Haarseite auswaͤrts zusammen und durchwirkt sie in ihrer Portion Farbe so lange, bis sie alle faͤrbenden Theile gleich stark eingesogen hat, und nur etwas von bleicher Feuchtigkeit uͤbrig ist. Nach dieser ersten Faͤrbung druͤkt man die Haͤute sanft aus, haͤngt sie einzeln uͤber Stangen, und wenn man mit allen fertig ist, schreitet man auf dieselbe Art zur zweiten, dritten und vierten Faͤrbung, so daß auf jede Haut 4 Kellen voll von der Farbe kommen. Aus der vierten Farbe werden die Haͤute nicht mehr ausgedruͤkt, sondern ganz naß zum allmaͤhligen Ausluͤften und Troknen uͤber Stangen gehaͤngt. Nach der Farbe giebt man den Haͤuten noch eine Gaͤrbe mit den Blaͤttern des Gaͤrberbaums (Rhus continus nach Pallas), den die Armenier Belge nennen. Die zermalmten oder zerstampften trokenen Blaͤtter, welche die Astrachanschen Saffiangaͤrber vom Terek am Kaukasus bekommen, werden in breiten Troͤgen zu einem diken Brei mit Flußwasser angeruͤhrt und die gefaͤrbten Haͤute dergestalt darein gelegt, daß sie ganz ausgebreitet sind, und zwischen einer jeden hinlaͤngliche Blaͤtterlohe bleibet, worauf man die uͤber einander geschichteten Haͤute mit bloßen Fuͤßen in die Troͤge eintritt. In dieser Gaͤrbe oder Saͤuerung (die Russen nennen es Quas) liegen die Saffiane 8 Tage und 8 Naͤchte, doch so, daß allemal uͤber den andern Tag frische Lohe gegeben wird; so daß demnach 4 Lohen noͤthig sind. Hierbei ist noch zu bemerken, daß manche Armenier, welche in Astrachan sowohl, als in ihrem Lande, Saffiane bereiten, zur vorzuͤglichen Guͤte der rothen Farbe ihre Saffiane, auf ein 1/2 Pfund Kochenille noch 2–2 1/2 Loth Orseille (sie nennen es Luͤter) in den Farbekessel thun, die aber die meisten andere Saffianmacher, Russen und Tataren, des theuren Preises wegen, weglassen. Dieß ist die Ursache, daß die tuͤrkischen rothen Saffiane die Astrachanschen an Schoͤnheit der Farbe in der Regel noch uͤbertreffenBancroft sagt in seinem Handbuch der Faͤrbekunst (deutsche Ausgabe von Dingler und Kurrer, zweite Auflage, Nuͤrnberg Schrag Bd. 1. S. 709.) „Seitdem die Bereitung des Maroccoleder (Saffian) in England eingefuͤhrt worden, benuzt man die Kochenille, um die schoͤne Farbe jenem Leder mitzutheilen, welches man rothes Marocco heißt; obgleich in Persien, Armenien, der Barbarey und den griechischen Inseln diese Farbe urspruͤnglich entweder mit Kermes oder mit Lak hervorgebracht wurde. Um dem Faͤrbestoffe der Kochenille eine Basis zu geben, werden die Ziegenhaͤute, welche von ihren Haaren durch Kalkwasser befreit und gehoͤrig gereinigt wurden, auf der sogenannten Haarseite mit einer gesaͤttigten Alaunaufloͤsung getraͤnkt, welche man mittelst eines Schwammes oͤfter und gleichfoͤrmig auftraͤgt. Nach einer Zwischenzeit von drei oder vier Tagen wird ein Absud von Kochenille, den man geseihet hat, ebenfalls mit einem Schwamme auf dieselbe Seite etwas waͤrmer als blutwarm aufgetragen; doch soll er nicht viel waͤrmer seyn, um nicht das Leder zu krispeln. Diese Auftragung wird von Zeit zu Zeit wiederholt, bis eine hinlaͤnglich volle und gleiche Farbe dargestellt worden. Hernach werden die Haͤute in Kleienwasser eingeweicht, und mit einem Absud entweder von Gallaͤpfeln oder von Sumach oder von einer Mischung von beiden gelohet. Ich fand, daß wenn man verduͤntes schwefelsalzsaures Zinn statt der Alaunaufloͤsung nahm, oder eine Mischung von beiden auf Ziegenhaͤute, welche gehoͤrig zubereitet worden waren, auftrug, die in der Folge darauf gestellte Farbe merklich verbessert wurde, und wenigstens an Lebhaftigkeit gewann.“ Statt der schwefelsalzsauren Zinnaufloͤsung kann ich die salpetersalzsaure, wie man sie zum Scharlachfaͤrben anwendet, aus Erfahrung empfehlen; auch kann man sich zum Lohen des Querzitronrinde Absudes bedienen, wodurch man das schoͤnste roth erhaͤlt. Daß man sich schon laͤngst mit gutem Erfolge zum Faͤrben des Marroquin des Lak bediente, bestaͤtigt nachstehende Abhandlung uͤber dieses Farbematerial. Lebhafter wird die Farbe wenn man die bis zum Faͤrben vorbereitete Haͤute, statt des Alaun, mit schwefelsalzsaurer Zinnaufloͤsung traͤnkt, und dann das in fluͤßigem schwefelsalzsauren Zinn aufgeloͤste Lak dann zum Faͤrben auftragt, und die Gaͤrbung mit Querzitronrinden Absud bezwekt. So gefaͤrbter Marroquin ist sehr aͤcht und die schoͤne Farbe wird weder durch amoniakalische Ausduͤnstungen noch durch andere Einfluͤße, wie dieses mit den mit Kochenille gefaͤrbten der Fall ist, veraͤndert. D.. Auch hat man die Bemerkung gemacht, daß die zerstosene Gallaͤpfel den Saffianen eine bessere Gaͤrbe geben. Die Farbe soll dadurch so dauerhaft werden, daß sie nicht eher als mit dem Leder vergeht, da hingegen die mit dem Gaͤrberbaum bereiteten Saffiane zu verschießen anfangen. Die Gallaͤpfel sind aber in Astrachan zu theuer, als daß sie die Saffianmacher haͤufig anwenden koͤnnen. Die Tataren in Kasan faͤrben ihre Saffiane statt der theuren Kochenille mit Rothholz und gaͤrben sie mit Mehlbeerstrauch (Uva ursi). Dieß sind aber eben daher auch die schlechtesten Saffiane, welche sehr bald die Farbe verschießen lassen. Derselbe Fall ist es bei den mit TscherwezTscherwez (polnische Kochenille) ist ein der amerikanischen Kochenille aͤhnliches Insekt, das sich an die Wurzeln der Walderdbeere, des Roggens, des Fuͤnffingerkrautes u.a.m. haͤngt, oder als kleine rothe Koͤrner gefunden wird, besonders in sandigen Gegenden, in Polen, in der Ukraͤne, an der Samara und in andern Theilen des russischen Reichs, wo man es zum Rothfaͤrben auch anderer Sachen braucht. Es hat zwar nicht den hellen schoͤnen Glanz der indischen Kochenille, aber gehoͤrig behandelt, gibt es doch eine schoͤne und dauerhafte Farbe. gefaͤrbten, die sogleich in der Luft und Sonne die Farbe verlieren. Sind die Saffiane aus der Gaͤrbe genommen, so ist nun noch die lezte Arbeit uͤbrig. Man laͤßt sie naͤmlich erst eine Zeitlang an der Luft troknen, schabt sie alsdann auf der Strekbank mit scharfen Schabeeisen an der Fleischseite recht glatt und rein, waͤscht sie drauf in Flußwasser, spannt jedes Fell gehoͤrig mit Pfloͤken am ganzen Rande herum aus und laͤßt sie so troken werden. Hierauf muͤssen die Haͤute nochmals mit einem hoͤlzernen Stabe an der Haarseite geglaͤttet werden, und zulezt legt man sie auf einen diken Filz, wo man mit einer eisernen Hechel, welche stumpfe Spizen hat, diejenigen Gruͤbchen, welche die Saffiane gewoͤhnlich haben, auf eben dieser Seite eindruͤkt. So sind sie auch zum Verkauf voͤllig fertig, ohne daß man sie, wie Gmeliu in seiner Reise sagt, erst mit Leinoͤl einschmieren sollte, welches sie unfehlbar verderben wuͤrde. Ein rothes Saffianfell kostet, wegen der theuern Farbe, auf der Stelle 2 1/2 bis 3 Rubel. Gelbe und gruͤne Saffiane werden in Astrachan nur wenige gemacht, weil der Absaz derselben sehr gering ist, und es nur wenige Saffianmacher giebt, die sich damit beschaͤftigen. Die Farbe dazu geben gewisse Beeren von einer Art Rhamnus (vielleicht licioides), welche unter dem Namen Uloschar aus Persien kommen und wovon das Pud (à 40 Pfund) 9–10 Rubel kostet. Die kasanschen Tataren faͤrben ihre schlechten gelben Saffiane mit den Blumen der gelben Kamille (Anthemis tinctoria) welche eine sehr vergaͤngliche Farbe giebt, die auch nicht gut ins Auge faͤllt. In Astrachan beobachtet man bei der Verfertigung der gelben Saffiane folgenden Unterschied in der Behandlung gegen die rothen: 1) Man bedient sich des Honigs bei der Vorbereitung gar nicht. 2) Man bringt die Haͤute in keine Salzsole. 3) Statt der Honigbereitung und des Poͤkels legt man die Haͤute vor der Farbe in die obengedachte Lohe von den Blaͤttern des kislarschen Gaͤrberbaums, und laͤßt sie 8 Tage lang darin beizen. 4) Die Farbe zu bereiten, hat man das Kraut Tschagan nicht einmal noͤthig; sondern man kocht in klarem Wasser die bloßen Beeren vom Rhamnus, wovon auf 4 Eimer Wasser etwa 10 Pfund genommen werden, und erhoͤhet nachher die Farbe mit 3 Loth Alaun auf jedes Pfund Beeren. Das Faͤrben geschieht uͤbrigens auf dieselbe Art wie bei den rothen Saffianen, doch ohne Kochenille. Nach dem Faͤrben duͤrfen aber die gelben Saffiane nicht erst noch in Gaͤrberlohe gelegt werden, weil sie diese schon vorher erhielten. Man darf sie nur gehoͤrig saͤubern, abkrazen, durchwirken, glaͤtten und abpuzen. Die gelben Saffiane sind aus begreiflichen Ursachen weit wohlfeiler im Preise als die rothen, wegen der wenigern Muͤhe und Zusaͤze. In Astrachan kostet eine gelbe Haut zur Stelle selten mehr als 1 1/2 Rubel. Von den Tuͤrkischen werden sie auch in dieser Farbe uͤbertroffen. Naͤchst der Fabrikation des Saffians ist die Zubereitung des Schagrins eine der vornehmsten Beschaͤftigung der Armenier in Astrachan. Er wird nirgends besser als in dieser Stadt verfertiget und sowohl in Rußland selbst an die Tataren, das Stuͤk fuͤr 1 1/2 – 2 Rubel, als auch nach Persien und an die kaukasischen Voͤlkerschaften verkauft. Noch koͤnnte sich Astrachan einen wichtigen Erwerbs- und Handelszweig durch die Zubereitung der Sode verschaffen. Keine Gegend des Erdbodens hat vielleicht mehr Sodepflanzen als die an der unteren Wolga, an den Kuͤsten des Kaspischen Meeres, in den Steppen zwischen dem Uralfluß, der Wolga und Kuma. Da das Salz, welches die Sodapflanzen liefern, bei Fabriken, Manufakturen, in Faͤrbereien u.s.w. auf eine sehr manichfache Weise gebraucht wird, so wuͤrde die Gewinnung dieses Materials gewiß einen bedeutenden Gegenstand des Handels ausmachen und fuͤr die ganze Gegend ein neuer Artikel des Geldverdienstes werden.