Titel: | Verfahren Scharlachroth mit Lak-Dye zu färben. Vom Herausgeber. |
Autor: | Dr. phil. Johann Gottfried Dingler [GND] |
Fundstelle: | Band 7, Jahrgang 1822, Nr. XXVI., S. 200 |
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XXVI.
Verfahren Scharlachroth mit Lak-Dye zu färben. Vom Herausgeber.
Dinglers Verfahren Scharlachroth mit Lak-Dye zu färben.
Das Lak-Dye ist ein sehr schaͤzbares
Faͤrbematerial das zur Erzeugung der kostbaren Scharlachfarbe ganz
vorzuͤglich geeignet ist. Folgendes ist das Verfahren diese Farbe mit
Lak-Dye sicher und vollkommen darzustellen.
Um 100 Pfund Wollentuch schoͤn feurig Scharlachroth zu faͤrben, sind: 3
Pfund Lak-Dye (fuͤr groͤbere Tuͤcher ein halbes Pfund
mehr.) 1 Pfund Gelbholz 10 Pfund Weinstein, und 25 Pfund salpetersalzsaure
Zinnaufloͤsung erforderlich.
Zubereitung des Lak-Dye.
Zum guten Gelingen des Faͤrbeprozesses hat man hauptsaͤchlich auf die
moͤglichst feine Zertheilung des Lak-Dye zu sehen. Man verfaͤhrt
dabei folgendermaßen: Zuerst stoͤßt man den Faͤrbelak und siebt ihn
durch ein Haarsieb. Nun ruͤhrt man ihn mit kaltem Wasser in einem steinernen
Hafen zu einem duͤnnen Brey an und reibt ihn durch eine sogenannte
Praͤparir- oder Farbemuͤhle, deren sich auch die Hafner
bedienen, so lange, bis die Zertheilung so vollstaͤndig ist, daß man, wenn
etwas davon auf einem Fingernagel zerrieben wird, nichts rauhes mehr wahrnimmt. Hat
man keine solche Muͤhle, so kann man die Praͤparirung auch in einem
blanken kupfernen Kessel mittelst blanker (voͤllig rostfreyer) eiserner oder
kupferner Kugeln, wie es in vielen Faͤrbereyen beim Zerreiben des Indigs
geschieht, vornehmen. Je feiner das Lak-Dye gerieben wird, desto ergiebiger
und gleichfoͤrmiger wird die Scharlachfarbe, und der Faͤrbeprozeß
selbst um so schneller vollendet.
Das so zerriebene Lak-Dye thut man nun in einen oder in mehrere steinerne
Haͤfen, waͤscht das Gefaͤß, in dem man es praͤparirt
hat, mit noch etwas Wasser aus, das man der diken Farbe zugiebt, und ruͤhrt
das Ganze gleichfoͤrmig zusammen. Nun sezt man auf jedes Pfund des troken
angewendeten Lak-Dye 12 Loth rauchende Salzsaͤure (von 1,148 spec.
Gewicht oder 22 Grad nach Beks Areometer), die man sogleich mit eben so viel Wasser
noch verduͤnnt, hinzu, und ruͤhret die Farbe gut um, worauf man den
Farbansaz wenigstens 24 Stunden lang stehen laͤßt, und von Zeit zu Zeit das
Umruͤhren des Ganzen wiederholt. Da sich aus dieser Farbe, bei der Einwirkung
der Salzsaͤure, viele Luftblasen entwikeln die die Farbe zum aufsteigen
disponiren, so duͤrfen die Haͤfen nur zu zwei Drittheil damit voll
angefuͤllt werden. Es ist gut wenn man die Haͤfen, ehe man die
geriebene Farbe hineinbringt, vorher abwaͤgt und dem Ganzen so viel Wasser
zusezt, daß auf jedes Pfund Lak-Dye nebst der Salzsaͤure 5 Pfund
Fluͤßigkeit kommen, so daß man dann fuͤr jedes zum Faͤrben
benoͤthigte Pfund Lak-Dye sechs Pfund des zubereiteten Farbansazes
nimmt. Die
Bereitung der Zinnaufloͤsung
zu diesem Faͤrbeprozesse wird auf folgende Art
veranstaltet: In einen geraͤumigen glaͤsernen Kolben bringe man 18
Pfund reine Salpetersaͤure (doppeltes Scheidewasser) von 36 Graden nach Bek's
Areometer. (1,268 spezif. Gewicht), 5 Pfund Salzsaͤure von 22 Graden nach
Bek's Areometer (1,148 spezif. Gew.) und 18 Pfund Flußwasser, und schuͤttle
es untereinander. Diese Mischung wird beilaͤufig 20 Grade nach Bek's
Areometer wiegen. Man stelle den Kolben an einem kuͤhlen Ort in einem
Kuͤbel voll Wasser auf einen Strohkranz, und thue taͤglich 4 mal,
naͤmlich Morgens fruͤh, Vor- und Nachmittags und Abends
spaͤt, jedesmal 2 Loth fein gehobeltes oder gekoͤrntes
Malaka-Zinn so lange in dasselbe, bis drei und dreiviertel Pfund Zinn in
dieser gemengten Saͤure aufgeloͤst sindDiese
Saͤuren kann man im reinsten Zustande, eben so auch die nach dieser
Vorschrift bereitete Zinnaufloͤsung, in sehr billigem Preis bei mir
haben.. Die vorraͤthige klare Zinnaufloͤsung hebt
man in gut verstopften glaͤsernen Flaschen an einem kuͤhlen und
schattigen Orte bis zu ihrer Verwendung auf.
Faͤrbeoperation.
Man fuͤllet den zinnernen Kessel mit Flußwasser gehoͤrig voll,
haͤngt in denselben das in ein leinenes Saͤkchen eingebundene
Gelbholz, und laͤßt das Wasser bei gehoͤriger Feuerung zum kochen
kommen. Nun gibt man nach und nach und nur in kleinen Portionen den gestoßenen
Weinstein hinzu, damit das Wasser durch die Kohlensaͤure, welche durch die
freye Saure des Weinsteins aus dem, kohlensauren Kalk enthaltendem, kochendem Wasser
mit heftigem Aufbrausen entbunden wird, nicht uͤberlaufeNach der
Menge des Kalk den das Wasser geloͤst enthaͤlt, muß die
anzuwendende Quantitaͤt Weinstein im Verhaͤltniß stehen; indem
die Wirkung des Weinsteins, nach meinen Untersuchungen in der
Wollenfaͤrberey hauptsaͤchlich in der Beseitigung des
Kalkgehalts des Wassers beruht, so wie in der des, den meisten Wollenzeugen
anhaͤngenden Kalkgehaltes, der sich mit der Saͤure des
Weinsteins zu weinsteinsaurem Kalk (einer im
Wasser unaufloͤslichen Salzmaße) verbindet, und nicht, wie Bertholet,
und mit ihm andere Schriftsteller glauben, darindarinn, daß der Weinstein die Wirkung des Alauns auf die Wolle
maͤßige, deren Fasern vom Alaun nicht angegriffen werden sollen.
Eigenthuͤmlich wirksam zeigt sich der Weinstein nur dann, wenn er in
groͤßern Verhaͤltnissen angewendet wird, wo denn die
vorwaltende freye Saͤure die Pigmente nuͤancirt..
Ist der Weinstein gehoͤrig aufgeloͤst, dann wird die Unreinigkeit
abgeschaͤumt, die Zinnaufloͤsung hinzugegeben und beides
gehoͤrig untereinander geruͤhrt. Ist dieses geschehen, so laͤßt
man das auf der Winde (Haspel) befindliche, mit Wasser gut durchnezte Wollentuch in
den Kessel, windet es waͤhrend dem Kochen zweimal uͤber den Haspel hin
und her, worauf man es auf die Winde haspelt. Jezt schuͤttet man das
geriebene und in Salzsaͤure geloͤste Lak-Dye in den Kessel,
ruͤhret das Faͤrbebad gut um, laͤßt das Bad schnell aufkochen,
windet dann sogleich das angesottene Tuch wieder hinein und laͤßt es unter
fleißigem Hin- und Herwinden und regelmaͤßigem Unterstoßen anderthalb
Stunden lang oder so lange lebhaft kochen, bis die zu bezwekende Farbe auf dem Tuch
hervorgebracht ist. Man windet das Tuch auf, schlaͤgt es auf einen
Schraͤgen, luͤftet es, spuͤhlt es am Fluße und laͤßt es
hierauf so lange walken, bis das Wasser ganz klar ablaͤuft, wodurch die Farbe
des Tuchs einen vorzuͤglich schoͤnen Luͤster erhaͤlt.
Das jezt von der Hand des Faͤrbers fertige Tuch wird nun dem Tuchscherer zur
Zubereitung als Kaufmannsgut uͤbergeben, und ihm vorzuͤglich
Reinlichkeit und Anwendung reiner Preßspaͤne empfohlen, damit durch seine
Unachtsamkeit und Nachlaͤßigkeit die im Faͤrben gut reusirte Farbe
nicht verdorben werde. Hat man nicht Gelegenheit das Tuch nach dem Faͤrben
walken zu lassen, so muß man es nach dem Faͤrben und sorgfaͤltigen
Ausspuͤlen im Fluß, in einem Kessel noch durch ein heißes saͤuerliches
Kleienwasser, oder in mit etwas Weinstein verseztem heißen Wasser paßiren, wodurch
der falbe Farbstoff, den das Lak-Dye mit sich fuͤhrt weggeschaft und
die Scharlachfarbe luͤstern hervorkommt. Hat man Parthien in Scharlach zu
faͤrben, so daß mehrere male nach einander gefaͤrbt werden muß, dann
kann man auf dem uͤbrig gebliebenen Bad fortfaͤrben; wo man dann vom
Gelbholz, vom Weinstein und von der Zinnsoluzion von jedem den vierten Theil
weniger, als man zuerst genommen hat, dem Bade zusezt; von dem praͤparirten
Lak-Dye muß man aber immer das naͤmliche Verhaͤltniß zusezen,
weil sich das Pigment desselben jedesmal ganz mit der Faser der Wolle verbindet.
Das nach dem Faͤrben zuruͤkgebliebene Bad kann man noch lange Zeit zu
demselben Gebrauch aufbewahren; man traͤgt blos Sorge, daß die sich absezende
Unreinigkeiten abgesondert werden, welches am besten dadurch geschieht, daß man das
Bad in reine hoͤlzerne Gefaͤße schoͤpft, nach einiger Ruhe die
klare Fluͤßigkeit abzapft und zum Aufbewahren wieder in den zinnernen Kessel
zuruͤk gießt. Man kann auch das Tuch vorhero mit dem Weinstein und der
Zinnaufloͤsung ansieden, und auf einem frischen Bad mit etwas Weinstein und
dem in Salzsaͤure geloͤsten Lak-Dye das Tuch ausfaͤrben;
das vorstehende Verfahren ist aber sicherer und einfacher.
Die Scharlachfarbe wird mittelst des Lak-Dye um ein Drittheil wohlfeiler, als
mit der Kochenille, dargestellt, und hat vor jener den Vorzug, daß sie in den
amoniakalischen Ausduͤnstungen keinen bedeutenden Veraͤnderungen
unterliegt was beim
Militaͤr besonders bei der Cavallerie sehr wichtig ist.
Durch meine Veranlassung wurden nach dieser Verfahrungsart in der hiesigen
Schoͤnfaͤrberey des Herrn Heimbsch mehrere Parthien feine
Tuͤcher fuͤr den Handel, so wie Kommistuͤcher mit immer gleich
gluͤklichem Erfolg gefaͤrbt; auch der Schoͤnfaͤrber Herr
Jakob Zorn dahier faͤrbt jezt mit dem Lak-Dye Scharlach so
schoͤn, daß es dem schoͤnsten mit Kochenille gefaͤrbten
Scharlach ganz gleich kommt.
Das Faͤrben der Wolle und der Wollengespinnste geschieht unter denselben
Verhaͤltnissen mit den hiezu dem Faͤrber bekannten Handgriffen.
Das Verfahren Seide mit Lak-Dye zu faͤrben werde ich in der Folge in
diesem Journal mittheilen.