Titel: Preisaufgaben des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleisses in Preußen für das Jahr 1822.
Fundstelle: Band 7, Jahrgang 1822, Nr. LXXVIII., S. 485
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LXXVIII. Preisaufgaben des Vereins zur Beförderung des Gewerbfleisses in Preußen für das Jahr 1822. Preisaufgaben des Vereins in Preußen. Im 4 Bd. S. 486. des polytechnischen Journals haben wir unsern Lesern das Statut dieses musterhaften Vereins mitgetheilt, und in dem Vorworte dazu unsere Wuͤnsche ausgesprochen. Unsre Erwartung ist uͤbertroffen, wie die Vereins-Verhandlungen und die sehr zwekmaͤßigen Preis-Aufgaben beurkunden. Da wegen des kurzen Bestehens des Vereins der Fond noch beschrankt ist, und die Gesellschaft mit Recht darauf vertraut, daß Gemeinsinn und das oͤffentliche Anerkenntniß des Vereins, fuͤr Viele eine staͤrkere Triebfeder seyn wuͤrde, als der persoͤnliche Vortheil, so beschloß sie, als Preise vorerst nur goldene und silberne Denkmuͤnzen auszusezen. Unbemittelte Konkurrenten, welche zur Dekung ihrer Auslagen den Werth der Denkmuͤnzen vorziehen, erhalten statt der goldenen Denkmuͤnzen 33 Dukaten, und statt der silbernen Denkmuͤnzen 50 Rthl. Um einige Preise zu erhoͤhen, hat der um Preußens Industrie so hochverdiente Minister, Graf von Buͤlow, aus seinem Ministerium fuͤr Gewerbe und Handel die Summe von 1300 Rthl. noch besonders zugewiesen, wovon bei 5 Preisen der goldenen Denkmuͤnze 200 Rthl., und bei 3 Preisen der silbernen Denkmuͤnze 100 Rthl. beigefuͤgt werden. Die Bedingungen sind in den §§. 27 28 und 29. des Statuts (polyt. Journal Bd. 4 S. 493.) enthalten. Die Programme der ersten acht Preise befinden sich ausfuͤhrlicher in dem ersten Heft der „Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleisses in Preußen. 1822“ beschreiben, worauf wir die Konkurrenten verweisen. Der Termin, wenn die Abhandlungen an den Verein eingesendet werden muͤssen, ist nicht angegeben. Die Preis-Aufgaben sind folgende: I. Die goldene Denkmuͤze, oder deren Werth, und ausserdem zwei Hundert Thaler Demjenigen, der ein zuverlaͤssiges, unfehlbares Verfahren mittheilt, wodurch eine, fuͤr das Bohren, Drehen, Feilen, Vergolden und Bronziren angemessene Metallmischung (Bronze) uͤber einen Kern so rein gegossen wird, daß durch Wegnahme der Naͤthe, das Werk als vollendet anzusehn ist, das Ziseliren bis auf das Wegnehmen der Naͤthe entbehrlich ist, und die Dike des Gusses gering ausfaͤllt. – Der Guß muß aus einer wenigstens zwei Fuß hohen, menschlichen, theilweis bekleideten Figur bestehen, und der Preis wird demjenigen zuerkannt werden, welcher, bei gleicher Vollkommenheit, den duͤnnsten Guß liefert. II. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und ausserdem zwei Hundert Thaler Demjenigen, welcher ein zuverlaͤssiges, unfehlbares Verfahren angibt und in Ausfuͤhrung bringt, harte gegossene Walzen aus inlaͤndischem Material zu fertigen, die denselben Grad von Brauchbarkeit und Dauerhaftigkeit haben, wie gute Walzen ans gehaͤrtetem Stahle. Es muß ein Paar Walzen geliefert werden, von wenigstens 5 Zoll Durchmesser und von 10 Zoll Laͤnge, welches den noͤthigen Proben, hinsichtlich ihrer Gleichmaͤßigkeit, Haͤrte und Dauerhaftigkeit unterworfen werden kann. Die runden Zapfen muͤssen 2 1/2 Zoll Laͤnge und 2 1/2 Zoll Durchmesser haben; die vierekigen Zapfen auf der einen Seite 3 Zoll, auf der andern 4 Zoll Laͤnge. Die Probe soll darin bestehen, daß drei Monate hindurch Tombak darauf gestrekt wird, und zwar bei dem ersten Durchgange 2 Zoll, und bei jedem Durchgange nach dem Gluͤhen 1 Zoll mehr. Die Walzen muͤssen wohlfeiler, als die des Auslandes von gleichem Durchmesser und gleicher Laͤnge seyn. III. Die silberne Denkmuͤnze, oder fuͤnfzig Thaler, fuͤr die Darstellung und die vollstaͤndige Mittheilung des Verfahrens der Fertigung von Schaalen zum Abrauchen und Kochen, die 10 Zoll Durchmesser und daruͤber haben, die man mit Sicherheit sowohl auf freies Kohlen- als Flammen-Feuer stellen kann, die den Temperaturwechsel bei dem Herunternehmen ertragen, und die beim Gechrauch von der konzentrirten Schwefelsaͤure nicht angegriffen werden. Der Preis darf den der Abrauchschaalen von Wedgwood nicht uͤbersteigen. IV. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem zwei Hundert Thaler fuͤr die Erfindung und vollstaͤndige Mittheilung des Verfahrens der Darstellung einer Steinmasse, aus den in der Gegend von Berlin zu findenden Materialien, die als ein leicht zu erhaltender Zement bereitet, in Formen gegossen, oder eingedruͤkt werden kann, um daraus theils in großen Stuͤken Wassertroͤge, Wasserleitungsroͤhren, Konsolen, Gesimsstuͤke, Seilenstuͤke und dergleichen, theils aber auch architektonische Glieder, Verzierungen und Basreliefs zu bilden oder ausarbeiten zu koͤnnen, die den Einwirkungen des Klimas, wie der gute Sandstein, widerstehen. Es muß nachgewiesen werden, daß diese kuͤnstliche Seinmasse wohlfeiler sey, als die Arbeit in Werkstein, welche sie ersezen soll, und ihre Dauer muß sich durch ein zweijaͤhriges Ausliegen auf freier Erde bewahren. V. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, fuͤr die genaue Anordnung eines Bodenventils fuͤr die gewoͤhnlichen Saugpumpen, von welchem zugleich nachgewiesen wird, daß solches die erfoderliche groͤßte Durchflußoͤffnung gestattet, sich aber auch eben so schnell wieder schließt, daß der geringst-moͤgliche Zuruͤkfluß des gehobenen Wassers entsteht. VI. Die silberne Denkmuͤnze, oder fuͤnfzig Thaler, und außer dem Ein Hundert Thaler, fuͤr einen vereinfachten Regulator (oder Vorziehmaschine), der ohne weitere Kosten an jedem schon bestehenden Webestuhl angebracht werden kann, und ohne die Arbeit aufzuhalten oder zu erschweren, bei dem Wuͤrken gemusterter Zeuge dem Muster oder der Zeichnung eine bestimmte Hoͤhe gibt, der Einschlag mag stark oder schwach seyn, oder der Arbeiter mag stark oder schwach mit der Lade anschlagen, so daß die Banden eines fortlaufenden Musters an einander passen. Der Preis der Vorrichtung darf, den Weberbaum miteinbegriffen, 15 Thlr. nicht uͤbersteigen. VII. Die silberne Denkmuͤnze, oder fuͤnfzig Thaler, fuͤr die Angabe und Ausfuͤhrung einer Vorrichtung, mittelst welcher durchnaͤßte Tuͤcher, nach dem Rauhen in eben der Art und mit demselben Erfolg getroknet und weiter bearbeitet werden, als es an den gewoͤhnlichen Tuchrahmen in den jezt gebraͤuchlichen Trokenboͤden geschieht. Diese Vorrichtung muß so beschaffen seyn, daß das Troknen und Verarbeiten der Tuͤcher in der Art, wie an jezigen Tuchrahmen, vollkommen bequem und zwekmaͤßig ausgefuͤhrt werden kann; daß dabei an Baukosten fuͤr die Trokenkammer und an Heizungskosten wenigstens die Haͤlfte, im Vergleich zu den jezt gebraͤuchlichen Anlagen, erspart werde, und das Tagelohn, so wie die Kosten fuͤr die innere Einrichtung, welche die jezigen Raͤhme vertritt, nicht bedeutender ausfalle, als gegenwaͤrtig. VIII. Die silberne Denkmuͤnze, oder fuͤnfzig Thaler, und außerdem Ein Hundert Thaler. Demjenigen, der ein sicheres und untruͤglich wirksames Mittel angibt, wodurch jeder Art von fettem Oel, daß sich zur Schaafwollspinnerei eignet, z.B. Baumoͤl, Ruͤboͤl und dergleichen die Eigenschaft benommen wird, die Gespinnste beim Liegen gelb, hart, und an einander klebend zu machen, so daß diese nicht mehr verderben, sondern weiß und leicht verwebbar bleiben, wenn sie auch Jahr und Tag unverarbeitet liegen, und so, daß sie auch die Farben gut annehmen. Dieses Mittel muß jedoch das Oel nicht um wehr als 10 pCt. vertheuren, und ohne Beschwerlichkeit und Umstaͤnde angewendet werden koͤnnen. IX. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem zwei Hundert Thaler, fuͤr die Erfindung einer schoͤnen, rein weißen Farbe auf Seide, sowohl auf gelben als weißen Bast, welche nichts den Faden zerstoͤrendes bei sich fuͤhrt, und welche, weder im verschloßnen Raum, noch wenn sie der Luft ausgesezt wird, binnen Jahr und Tag etwas von ihrer urspruͤnglichen Schoͤnheit verliert. Das Weißmachen der Seide muß mit den anzugebenden Mitteln in jeder Faͤrberei anzustellen seyn; die Farbe muß die bei Appretur und dem Pressen erforderliche Waͤrme ohne Nachtheil aushalten, und endlich den jezigen Preis des Weißmachens hoͤchstens um 33 1/3 pCt., oder von 15 Silbergr. auf 20 Silbergr. fuͤr das Pfund, erhoͤhen, um die Konkurrenz mit dem Auslande zu sichern. X. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, und außerdem zwei Hundert Thaler, fuͤr die Erfindung einer schoͤnen, der Veraͤnderung durch Luft und Lager binnen Jahr und Tag nicht unterworfnen, den Faden nicht zerstoͤrenden, schwarzen Farbe auf Seide. Die Farbe muß mit den angegebnen Mitteln in jeder Faͤrberei darzustellen seyn, der Seide ihren natuͤrlichen Glanz nicht nehmen, durch Waͤrme bei der Appretur und dem Pressen keine Veraͤnderung erleiden. XI. Die silberne Denkmuͤnze, oder fuͤnfzig Thaler, und außerdem Ein Hundert Thaler, fuͤr die Erfindung einer, mit den angegebenen Mitteln in jeder Faͤrberei darzustellenden Farbe auf Baumwolle, in allen Schattirungen der Kochenille auf Seide, bis ins Karmoisin- oder Amaranthroth, welche, ohne Nachtheil fuͤr die Haltbarkeit des Fadens, dem Tuͤrkischen- oder Krapproth an Aechtheit gleich kommt, also Luft, Seifenwaͤsche und Bleiche aushaͤlt, ohne an Schoͤnheit zu verlieren, und ohne jenes im Preise zu uͤbersteigen. XII. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, fuͤr die Ausmittelung und Mittheilung einer Verfahrungsart, wodurch der Branntwein aus Getraide und Kartoffeln, gleich bei der Destillation aus der gegohrnen Maische, dem aus Wein destillirten gleich kommt, ohne theurer zu seyn, als der gewoͤhnliche Kornbrantwein von gleichem Alkoholgehalte, bei dem jezt gebraͤuchlichen beßten Verfahren. XIII. Die silberne Denkmuͤnze, oder fuͤnfzig Thaler, fuͤr die Erfindung und Mittheilung eines Verfahrens, durch die Behandlung der Kartoffelstaͤrke, oder eines andern wohlfeilen inlaͤndischen Materials, mit Schwefelsaͤure in der Waͤrme, oder auf andere Weise, ein Gummi zu bereiten, das dem arabischen oder senegalischen in allen Eigenschaften dahin gleich kommt, daß es als ein wohlfeiler Stellvertreter beider Gummiarten zum Verdiken der Basen oder Beizen bei der Baumwollen-, Leinen-, Seiden- und Wollendrukerei benuzt werden kann. XIV. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, fuͤr die Mittheilung eines Mittels, welches den Schwamm aus den Gebaͤuden wegschafft, seine weitere Erzeugung verhindert, und wohlfeil genug ist, um mit Nuzen angewendet zu werden. Das Mittel muß sich waͤhrend eines vierjaͤhrigen Zeitraums bewaͤhrt haben. XV. Die goldene Denkmuͤnze, oder deren Werth, fuͤr die Wegschaffung und Vorbeugung des Salpeterfraßes unter gleichen Bedingungen.