Titel: Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich v. Kurrer.
Autor: Dr. Wilhelm Heinrich Kurrer [GND]
Fundstelle: Band 8, Jahrgang 1822, Nr. XI., S. 51
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XI. Ueber das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Von Wilhelm Heinrich v. Kurrer. v. Kurrer über das Bleichen der vegetabilischen und animalischen Substanzen. Das Bleichen umfaßt im Allgemeinen diejenigen Verfahrungsarten, durch welche sowohl vegetabilische, als thierische Stoffe aus ihrer rohen Naturbeschaffenheit in einen farbenlosen (weißen) Zustand versezt werden. – Die Kunst, Stoffe des Pflanzenreichs zu bleichen, verliert sich in der grauesten Vorzeit. Schon die alten Egyptier kannten die reinigenden Eigenschaften gewisser Thonarten, und die Einwirkung der atmosphaͤrischen Luft und des Lichts bei einer schnellen Herbeifuͤhrung des Bleichprozesses. HomerIlias 22ster Gesang. spricht von den leinenen Kleidern der trojanischen Frauen und Jungfrauen seiner Zeit auf eine Art, die vermuthen laͤßt, daß es weißgebleichte Stoffe waren. Er sagt: die beiden Quellen des Skamanders fuͤllten zwei breite Beken des schoͤnsten Marmors, wo waͤhrend der gluͤklichen Tage des Friedens die trojanischen Frauen mit ihren schoͤnen Toͤchtern ihre praͤchtigen Kleider wuschen. Derselbe unsterbliche Dichter mahlt uns die Prinzessin Nausikaa mit ihren Gespielinen, wie sie ihre Kleider zum Hochzeitfeste waschen, unter ihren Fuͤssen treten, und der Einwirkung der Luft aussezenOdysse 6tes Buch. Voß gibt in seiner trefflichen deutschen Uebersezung die Worte des Saͤngers also:Als sie nun das Gestade des herrlichen Stromes erreichten,Wo sich in rinnende Spuͤlen die nimmer versiegende FuͤlleSchoͤner Gewaͤsser ergoß, die schmuzigsten Fleken zu saͤubern;Spannten die Jungfrau'n schnell von der Wagen Deichsel die Maͤuler,Ließen sie an dem Gestade des silberwirbelnden StromesWeiden im suͤßen Klee, und nahmen vom Wagen die Kleidung,Trugen sie Stuͤk vor Stuͤk in der Gruben dunkles Gewaͤsser,Stampften sie drein mit den Fuͤssen, und eiferten unter einander.Als sie ihr Zeug nun gewaschen, und alle Fleken gereinigt,Breiteten sie's in Reihen am warmen Ufer des Meeres,Wo die Wogen den Strand mit glatten Kiesel bespuͤlen u.s.w.. Den Griechen war schon zu jener Zeit die guͤnstige Einwirkung der Luft, des Thaues, und der Sonne beim Bleichen bekannt. Eine Stelle in dem uralten biblischen Buche Hiob gedenkt des Waschens von Kleidungsstuͤken in einer Grube mittelst des Krauts Borith, worunter Gesenius eine Pflanze aus dem genus Salsola versteht. Theophrast, der Sohn eines Walkres von der Insel Lesbos, welcher 300 Jahre vor Christus lebte, erzaͤhlt, das ein Schiff mit Leinwand und Kalk beladen durch die Wirkung des Kalks zerstoͤrt wunde; da durch Zufall der Kalk sich mit Wasser geschwaͤngert hatte, geht daraus hervor, daß man bereits damals sich des Kalks beim Bleichen vegetabilischer Stoffe bediente. PliniusPlin. Aist. Nat. Lib. XXXV. Cap. 52. 56. 57. nennt die verschiedenen Erben und Pflanzen, welche die Griechen und Roͤmer zum Reinigen und Bleichen benuzten. Erst spaͤter lernte man den Gebrauch der Aschenlauge und Seife kennen, auf welche die Anwendung der Soda, Pottasche u.s.w. folgte. Im suͤdlichen Asien, den Laͤndern dießseits und jenseits des Ganges, kannte man die Wirkung der aͤzenden Alkalien beim Geschaͤft des Bleichens vegetabilischer Gewebe schon lange zuvor, ehe die Europaͤer Hindostan besuchten, und dort ihre Niederlassungen gruͤndeten. Nach der Versicherung glaubwuͤrdiger Maͤnner bedient man sich noch gegenwaͤrtig in ganz Bengalen und auf der Kuͤste von Koromandel dieses einheimischen Verfahrens, welches die Urbewohner ein Jahrtausend fruͤher, als die Europaͤer ausuͤbten. In Europa wurde die Kunst zu Bleichen erst in der neuern Zeit ihrer cimmerischen Finsterniß entrissen, und durch chemische Geseze zur eigentlichen Wissenschaft erhoben. Den ersten Lichtstrahl fuͤhrte Scheele herbei durch die Entdekung der oxidirten Salzsaͤure (Chlorine), eine Entdekung, vermittelst welcher alle Gattungen der Pflanzenfaßern zu jeder Jahreszeit schnell und schoͤn weiß gebleicht werden, welche von Berthollet aufgegriffen, den technischen Gewerben, insbesondere der Kunst zu Bleichen, eine ganz andere Richtung gab, und diese zu einen der interessantesten Zweige der technisch-chemischen Wissenschaft machte, indem nun scharfsinnige Chemiker und vorurtheilsfreie Manufakturisten mehrerer Nationen sich mit rastlosem Eifer der neuen Entdekung widmeten, und dem bisher vernachlaͤßigten Bleichwesen die groͤßte Aufmerksamkeit schenkten. So verbreitete sich schnell die neue Methode zu Bleichen durch alle Theile von Europa. Es entstanden in Frankreich, und Großbritanien Bleichanstalten mit der oxidirten Salzsaͤure, die mehr oder weniger gluͤklichen Erfolg hatten. Wo unterrichtete Maͤnner die Sache leiteten, da entsprachen die Resultate dem Erwarten vollkommen. Auch in unserem deutschen Vaterlande saͤumte man nicht, das Berthollet'sche Verfahren gleich nach dessen Bekanntwerdung einzufuͤhren; zugleich beeiferte man sich, es moͤglichst zu vervollkommen, und der Lokalitaͤt anzupassen. Als man durch die Erfahrung mit der bleichenden Wirkung der liquiden Chlorine im Großen vertrauter war, wurde die Bahn zu neuen Versuchen erleichtert. Es gelang der Chemie, die neue Saͤure an Substrate zu binden, wodurch manche Hindernisse in der Ausuͤbung beim Bleichen besiegt wurden. So trat die Tennantsch'e Bleichmethode vermittelst Chlorin-Kalk, das englische Verfahren mittelst Chlorin-Bitter-Erde, das Verfahren mittelst Chlorin-Kali (Idvellischer Lauge) und Chlorin-Natron ins Leben; nicht zu gedenken der Verbindungen jener Saͤure mit andern Erden und Alkalien, welche mehr oder weniger bleichende Wirkung besizen. – Von Born, Westrumb und Sieber bewiesen die Moͤglichkeit, mittelst der Chlorindaͤmpfe zu bleichen. Einige Jahre nach Berthollets folgenreicher Entdekung machte Chaptal ein neues Verfahren bekannt, mittelst aͤzendalkalischer Wasserdaͤmpfe im verschlossenen Raum alle Gattungen Pflanzenfaßern mit einer erstaunlichen Schnelligkeit weiß zu bleichen. Higgins in Irland trat mit der geschwefelten Kalkerde, als einem Stellvertreter der Pottasche und Soda, beim Bleichen vegetabilischer Gewebe in die Schranken, und Westrumb sezt durch unwiderlegbare Resultate die Nuͤzlichkeit der Alkalien im kaustischen Zustande außer Zweifel. Von den sich schnell aneinander reihenden Entdekungen mit Erfahrungen in der Kunst, vegetabilische Materien aller Art nach dieser oder jener Methode zu bleichen, war ein eifriger Wettstreit die natuͤrliche Folge, wodurch diese Kunst auf gewiße Regeln gebracht wurde. Es fanden sich Maͤnner in Frankreich, Großbritanien und Deutschland, welche sich es angelegen seyn ließen, die Vereinfachung des Bleichprozesses auszumitteln, und durch verbesserte Konstruktion der hiezu benoͤthigten Apparate das Bleichgeschaͤft fuͤr den empirischen Manufakturisten in ein vortheilhaftes, weniger schwuͤriges, Licht zu stellen. Pajot des Charmes, Fourcroy, Decroizilles, O'Reilly, Bourlier, Bosc, Rup, Tennant, Thomson, Parkes, Tenner, von Born, Westrumb, Hermbstaͤdt, Erxleben und in der neuesten Zeit mehrere andere technische Chemiker haben sich ausgezeichnete Verdienste in diesem Gebiete der Wissenschaft erworben, und ihren Forschungen verdanken wir den Flor, in dem wir es gegenwaͤrtig erbliken. Die Kunst zu bleichen laͤßt sich nach der Natur der zu bleichenden Stoffe in zwei Hauptklassen ordnen, naͤmlich: 1) in das Bleichen der vegetabilischen Materien, und 2) in das Bleichen animalischer Substanzen, wozu auch die Seide als Produkt der Phalaena bombyx zu zaͤhlen ist. Bei beiden Arten findet ein entgegengeseztes Bleichverfahren statt. Vegetabilische Substanzen bedingen andere Agentien und Verfahren, als: Wolle, Haare, Federn, Seide u.s.w., well ihre Grundmischung aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff besteht, jene, thierischen Ursprungs, hingegen aus Kohlenstoff, Salpeterstoff, Sauerstoff, Wasserstoff und in den meisten Faͤllen aus Phosphor und etwas Schwefel zusammengesezt sind. Auch die, die urspruͤngliche Weise verunreinigende, Materie ist bei jenen entgegengesezten Produktionen der Vegetation und Animalisation von verschiedener Beschaffenheit. Werden die Stoffe des Pflanzenreichs in der atmosphaͤrischen Luft der Einwirkung des Lichts und des Sauerstoffs, so wie der Zersezung durch Thau und Wasser dargebothen, so entfaͤrben sie sich in derselben Progression, wie die Materie in einem dauernden Zustande damit in Beruͤhrung erhalten wird; wogegen unter gleichen Bedingungen bei thierischen Gespinsten oder Geweben das Gegentheil erfolgt. Die reinen Alkalien zersezen leztere gaͤnzlich, und bilden damit Gattungen von Seifen, waͤhrend die Pflanzenfaser in ihrer Grundmischung dadurch unveraͤndert erhalten wird. Die Chlorin- und schwefelsauren Baͤder, deren man sich beim Bleichen der Leinen, Nessel, Baumwolle und aller andern Fasern des Pflanzenreichs mir großem Erfolge bedient, faͤrben thierische Stoffe, als: Wolle, Haare, Federn, Hoͤrner u. d. m. mehr oder weniger gelb. Die Seide, welche sich, ihrer Grundmischung nach, der Natur der thierischen Wolle naͤhert, erfodert bei der Operation des Bleichens unter partieller Abaͤnderung dieselben Arten des Verfahrens, welche bei dem Bleichen der Schafwolle in Anwendung gebracht werden. Das Bleichen der vegetabilischen Gespinste und Gewebe laͤßt sich in folgende Bleichmethoden eintheilen: A) In das Bleichen mittelst milder Alkalien und Auslegen auf die Wiese; B) in das Bleichen durch kaustische Alkalien und Auslegen auf die Wiese; C) in das Bleichen mittelst der saponificirten kaustischalkalischen Lauge; D) in das Bleichen mit der liquiden Chlorine; E) in das Bleichen mittelst der Chlorindaͤmpfe; F) in das Bleichen mittelst Chlorin-Kali (Iuvelle'scher Lauge) und Chlorin-Natron; G) in das Bleichen mittelst Chlorinkalk (Tennant's Bleichfluͤssigkeit); H) in das Bleichen durch Chlorin-Bittererde und Chlorin, Verbindungen mit andern Substraten (Basen); I) in das Bleichen mittelst kaustisch alkalischer Wasser-Daͤmpfe (Chaptals Methode); endlich K) in das Bleichen mittelst Schwefelkalk (Higgins Methode). Es wird nun von den verschiedenen aus dem Pflanzenreiche entlehnten Fasern und deren daraus bereiteten Gespinsten und Fabrikaten die Rede seyn, nachdem zuvor in systematischer Ordnung, mit steter Beruͤksichtigung Anderer, und mit moͤglichster Sorgfalt und Sachkenntniß folgende Gegenstaͤnde abgehandelt worden sind: A) Bleichen der Baumwolle, der baumwollenen Gespinste und Gewebe; B) Bunt- oder Schekenbleiche; C) Bleichen der Leinwand und leinenen Fabrikate; D) Papierbleiche; E) Bleichen der Waͤsche; F) Bleichen der alten Kupferstiche; G) Strohbleiche; endlich H) Wachsbleiche. Die Bleichmethode der thierischen Stoffe wird dann aus jenes folgen; die Wahl aber der beim Bleichen erfoderlichen Materialien den Beschluß dieser Abhandlung machen. Von dem Bleichen der Baumwolle, der Baumwollen-Gespinnste und Gewebe. Die weiße Baumwolle, die in ihrem natuͤrlichen Zustande weiß und farbenlos ist, enthaͤlt in ihren feinsten Fasern einen eigenen Firniß der, wenn er gleich farbenlos erscheint, dennoch verhindert, daß die Baumwolle den hoͤchsten Glanz ihrer Weiße dem Auge darbiethen kann. Beim Faͤrben der rohen ungebleichten Baumwolle zeigt sich dieser inhaͤrirende Firniß von extraktivstoffartiger Natur hinderlich fuͤr die Annahme der Farbe, indem er der Verbindung der Pigmente mit der Faser Schwierigkeiten entgegensezt. Im verarbeiteten Zustande, als Garn, wird das Gespinst durch die mehrfache Manipulation mit oeligen Substanzen, Schweiß und Staub verunreinigt. Die Baumwollen-Gewebe, wie sie der Weber vom Stuhle liefert, sind durch die Schlichte noch staͤrker beschmuzt. Leztere besteht theils aus Getraide oder Kartoffelmehl und thierischen keim, theils bedient man sich des Unschlitts, oder andere Fett-Arten, um den durch die Schlichte rauch und hart gewordenen Faden wieder geschmeidig zu machen. Viele Weber sezen der Schlichte noch andere Ingredienzen zu, welche insgesammt die weiße Farbe der Baumwolle mehr oder weniger entstellen, und durch den Prozeß des Bleichens hinweggesezt werden muͤßenEs ist nicht selten, daß her Weberschlichte noch ganz fremdartige Substanzen zugesezt werden, die den Prozeß des Bleichens sehr erschweren. Dahin gehoͤren einige Salzverbindungen, welche gewinnsichtige Weber anzuwenden pflegen, um ihrer Waare ein vortheilhaftes Aeußeres zu verschaffen. Die erste Mehlschlichte fuͤr den Zettel wird, wenn sie sauer wird, und die Weber solche in eisernen Gefaͤßen, wie oͤfter geschieht, aufbewahren, durch Eisenaufloͤsung verunreinigt, weil die Essigsaͤure nach und nach von den gerosteten Gefaͤßen Eisenoxid aufloͤst, wodurch der Schlichte mehr oder weniger essigsaures Eisen aufgeloͤst zukommt. Die zweite Schlichte, welche die Weber zu geben pflegen, wenn die erste troken ist, besteht aus Rindstalg oder Butter. Wenn dergleichen fette Materien ranzig oder stinkend werden, so wird der Bleichprozeß erschwert, weil das Fett eine Art Oxidation erleidet. Es waͤre zu wuͤnschen, daß statt dieser fetten Substanzen schwarze Seift gebraucht wuͤrde, welche, zumal beim Bleichen der leinenen Waaren, dem Prozesse sehr vortheilhaft waͤre. In Großbritanien wird seit kurzer Zeit das Fett, welches durch Auskochen der Ochsenhoͤrner gewonnen wird, zur fetten Schlichte der Baumwollen- und Leinen-Gewebe verwendet. A. d. V.. Der natuͤrliche extraktiv-stoffartige Firniß, (Farbestoff) so wie die durch die Verarbeitung dem Gewebe zugefuͤhrte Mehlschlichte loͤset sich am leichtesten durch die Fermentation auf, wogegen die Oel- und Fett-Theile durch die Alkalien in aufloͤsbare Seifen umgeaͤndert werden. Der Sauerstoff und das Licht erleichtern den Prozeß des Bleichens, indem sie den vorhandenen praͤdominirenden Kohlenstoff zersezen, und als kohlensaures Gas ausschieden. Fermentations-Prozeß. Bei allen Methoden, vegetabilische Stoffe zu bleichen ist die gehoͤrige Fermentation (Weichung) von der hoͤchsten Wichtigkeit fuͤr die Foͤrderung des uͤbrigen Bleichprozesses. Gerade in dieser Vorarbeit duͤrfte der Grund des oͤftern Mißlingens oder verspaͤteten Erfolges in vielen Bleichanstalten zu suchen seyn, weil die Sache von den Wenigsten begriffen und von den Meisten fehlerhaft betrieben wirdIn unsern suͤddeutschen Bleichanstalten in Baiern, Wuͤrtemberg, Baden etc. wird eben dieser Gegenstand auf die unverantwortlichste Weise mit kostspieliger Verschwendung an alkalischen Salzen beim Bleichen der leinenen Stoffe etc. ganz vernachlaͤßigt, ja ich moͤchte sogar behaupten, daß er nicht einmal seiner Natur und Wirkung nach erkannt wird. Die unvollkommenen Resultate, welche aus diesen empirischen Bleichanstalten hervorgehen, beurkunden zu deutlich wie weit man in der eigentlichen Kunst zu bleichen, noch zuruͤck steht. A. d. V.. Selbst Westrumb, mehrere franzoͤsische Schriftsteller und, nach Parkes Versicherung, ein großer Theil der britischen Manufakturisten sind hierin noch nicht im Klaren, da bei ihnen noch die uͤble Gewohnheit herrscht, alkalische Fluͤssigkeit oder alte schon gebrauchte Lauge, statt des reinen Wassers, zum Einweichen der Bleichwaare zu verwenden; ein hoͤchst zwekwidriges, ja sogar schaͤdliches Verfahren, wodurch nicht nur der eigentlich zu bezwekende Fermentationsgang verhindert, sondern auch die darauf folgenden Bleichgange in die Laͤnge gezogen, und das Bleichen erschwert wird. Der Zwek des Einweichens der Waaren im Wasser ist die Fermentation und Bildung essigartiger Saͤure; sie gruͤndet sich auf die wechselseitige Einwirkung und Mischungs-Veraͤnderung der dabei ins Spiel tretenden Naturstoffe. Die von dem Webestuhl gekommenen rohen oder ungebleichten Baumwollen- und Leinen-Fabrikate sind mit farbigen Extraktivstoff, Amilon, Schleim, Gluten und andern Unreinigkeiten verbunden, welche zum Theil dem Faden schon anhiengen, zum Theil aber, vorzuͤglich was die mehlartigen Substanzen betrifft, durch die Weberschlichte denselben mitgetheilt wurden. Durch die Gegenwart zukerstoffhaltiger Materien in ruhiger Beruͤhrung mit dem Wasser bildet ein Theil derselben die Fermentation, indem eine angemessene Quantitaͤt Wassers bei einer gaͤhrungsfaͤhigen Temperatur eine Zerlegung erleidet, den Sauerstoff an die zukerstoffhaltigen Theile absezt, und diese in eine essigartige Saͤure umaͤndert, in welcher nun ein Theil des gefaͤrbten Extraktivstoffs loͤsbar erscheint, der andere hingegen fuͤr die Aufloͤsung in den alkalischen Baͤdern und der Luftbleiche disponirt wird. Die atmosphaͤrische Luft, und die Abgabe von Sauerstoff aus derselben, spielt hiebei auch eine wichtige Rolle. Sie hilft, in Mitwirkung der freien Waͤrme des Dunstkreises und der Bildungstemperatur, welche durch den Gang der Gaͤhrung verursacht wird, die Mischungs-Veraͤnderung saͤmtlicher Materien beschleunigen. Als gasfoͤrmige Produkte entweichen bei diesem Fermentationsprozesse: Kohlensaͤure und kohlenstoffhaltiges Wasserstoffgas, auch ein Theil freies Wasserstoffgas, welches durch Einwirkung anderer Materien verunreinigt ist. Auf dem positiven Akt der sauren Gaͤhrung beruht die schnelle Foͤrderung des ganzen uͤbrigen BleichprozessesSie wird bei erlangter Uebung durch den Geruch erkennt, oder durch blaues Lakmuspapier, daß in die Fluͤssigkeit gehalten, sich schnell roͤthet. A. d. V.; tritt der faule Grad der Gaͤhrung ein, so leidet dadurch die Pflanzenfaßer in ihrer Festigkeit. Im warmen Fruͤhjahr und im Sommer ist die gewoͤhnliche Temperatur der Atmosphaͤre hinreichend jene Gaͤhrung herbeizufuͤhren. In kalten Herbsttagen und im Winter verrichtet man das Geschaͤft in eigens dazu eingerichteten und geheizten Lokalitaͤten bei einer steten Temperatur von 10–12 Grad Reaum. Bleichen durch milde Alkalien. Die sogenannte Luft- oder Rasenbleiche, welche durch Huͤlfe milder (kohlengesaͤuerter) Alkalien, und durch Auslegen auf die Bleichweise bewirkt wird, ist die aͤlteste Bleichmethode; sie wurde in Deutschland und Holland von jeher ausgeuͤbt, und ist noch gegenwaͤrtig, zum Nachtheil der Bleichinhaber, in den meisten Baumwollene und Leinen-Bleichen gewoͤhnlich. Das erste Geschaͤft bei dieser Art zu bleichen besteht in dem Entschaͤlen oder Gaͤhren der Waare, wobei folgendes Verfahren das beßte ist. Die rohen KattuneDie Etymologen leiten das Wort Kattun, Cotton, aus dem egyptischen quotn her, welches Baumwollenstaude, Baumwollenbaum bedeutet., wie sie der Weber vom Stuhle liefert, werden gefacht in die Gaͤhrungskufe eingeschichtet, und mit den Fuͤßen etwas fest eingetretenEinige Bleicher streuen schichtweise Kleien oder grobes Mehl ein, um die Fermentation schneller herbeizufuͤhren. Ich finde dieses uͤberfluͤßig, da bei gehoͤriger Temperatur die Gaͤhrung durch die Schlichte der Waare eben so gut erfolgt, und keinen unnoͤthigen Aufwand verursacht. A. d. V.. Ist die Waare auf diese Weise eingebracht, so wird ihr so lange milchlaues Flußwasser gegeben, bis sie ganz durchnaͤßt ist, alsdann legt man ein hoͤlzernes Kreuz auf, das mit einer angebrachten Stuͤze, welche an die Deke reicht, befestigt wird, wodurch man das Aufsteigen der Waare verhindert. Nachdem diese Vorrichtung getroffen ist, fuͤllt man die Gaͤhrungskufe mit warmen Wasser so weit an, daß die Fluͤssigkeit 4–5 Zoll uͤber die Waare sich erhebt. In diesem Zustande laͤßt man die Waare 2–3 Tage ruhig stehen, bis die saure Fermentation eingetreten ist. Schon nach 8–10 Stunden entwikeln sich Luftblasen; es entsteht ein betraͤchtlicher Schaum, und eine Menge aufloͤsbarer Theile trennen sich von der Waare, und werfen sich auf die Oberflaͤche. Diese Erscheinungen zeigen das Eintreten der geistigen Gaͤhrung an, welche alsbald in den sauren Grad der Gaͤhrung uͤbergeht, und das Produkt einer essigartigen Saͤure gibt. Ist die saure Gaͤhrung eingetreten, so wird die Fluͤssigkeit durch den unten an der Kufe angebrachten Hahn ganz abgelassen, und durch Wasserzustroͤmung ein Theil der noch anklebenden Unreinigkeiten und sauren Fluͤssigkeit weggespuͤhlt. Der Hahn an der Kufe wird nun wieder geschlossen, frisches laues Wasser aufgegossen, und wie das erstemal der sauren Fermentation uͤberlassen. Hiebei ist zu bemerken, daß die Waare nicht uͤber die Zeit in der Fluͤssigkeit bleiben darf; denn wenn der faule Grad der Gaͤhrung eintritt, so praͤzipitiren sich die aufgeloͤsten Molekuͤhlen aus dem Fluidum, schlagen sich in die geoͤffneten Poren der Pflanzenfaser nieder, und erschweren den ganzen uͤbrigen Bleichprozeß; auch verliert die Faser durch den faulen Grad der Gaͤhrung an Dauerhaftigkeit. Nachdem alle jene Erscheinungen bei der zweiten Fermentation der Waare vorgekommen sind, laͤßt man die Fluͤssigkeit ablaufen, bringt die Waare an den Fluß oder Bach, wascht sie gut aus, walkt sie zweimal wohl durch, und wiederholt noch einigemal das WaschenNach dieser Weise sollte die Fermentation in allen Bleichanstalten unseres Vaterlandes vorgenommen werden. Leider ist es aber noch nicht uͤberall der Fall. Ich kenne Bleichanstalten, wo man die rohe Waare in die Walke, und von da zur ersten Lauge bringt. A. d. V.. Hierauf gibt man in einigen Bleichen sogleich die erste alkalische Lauge; in andern hingegen wird die Waare 4–5 Tage auf die Bleichwiese ausgelegt, ehe sie die alkalische Lauge erhaͤlt. Ich ziehe dieses leztere Verfahren dem erstern vor, weil dadurch nicht nur alkalisches Salz erspart, sondern auch der Prozeß des Bleichens durch die erste Laugenoperation mehr gefoͤrdert wird, wenn die Einwirkung des Lichts, die Zersezung des Wassers und die Verbindung des Sauerstoffs, mit den verunreinigten Theilen, diese zum Theil wegschaft, zum Theil geneigter fuͤr die Loͤsung in der alkalischen Lauge macht. Erste alkalische Lauge. Um die eigentliche Wirkung der milden Alkalien im Vergleich mit den reinen kaustischen bei dem Geschaͤft der Baumwollenbleiche im Großen kennen zu lernen, unterwarf ich zwoͤlf Hundert Stuͤk 5/4 breite und 47 Ellen lange Calico einer Behandlung damit. Die Waare wurde in 4 gleiche Theile abgetheilt, welche im Laufe der Bleichoperation auf einander folgten, so, daß die lezte Parthie zu derselben Zeit in die Fermentationskufe kam, als die erste die zweite Kochung in dem Laugenapparat verließ. Ich fand dieses noͤthig, um mich beider Bleichoperation durch wechselseitige Vergleiche vor jeder Taͤuschung zu bewahren, welche durch eine einfache Parthie leicht haͤtte veranlaßt werden koͤnnen, und um eine feste Basis fuͤr die praktische Ausfuͤhrung im Großen zu erhalten. Es ergab sich nach Beendigung des Bleichprozesses ein Resultat, welches hinsichtlich der Weiße der Waare, die durch diese Methode erreicht worden, nichts zu wuͤnschen uͤbrig ließ. Ich operirte dabei folgendergestalt: Drei Hundert durch Fermentation vorbereitete und 5–6 Tage auf der Bleichwiese gelegene Stuͤke Calico von der oben angegebenen Breite und Laͤnge, wurden in dem Laugenapparat, (welcher im 3. Bande Seite 1. in diesem Journal beschrieben, und auf Tab. XVII. abgebildet istVerbesserte Veraͤnderung des Apparats. eingeschichtet, und eine Aufloͤsung von 42 Pfund Pottasche von 54 bis 56 % Kali nebst dem benoͤthigten Wasser hinzugebracht. Der Dekel der Laugenkufe wurde nun geschlossen, und Feuer unter dem Kessel gemacht. So ließ ich die Waare zwoͤlf Stunden anhaltend kochen, und nach beendigter Feuerung eben so lange in der alkalischen Fluͤssigkeit bleiben. Hierauf wurde diese durch Oeffnung des unten an der Laugenkufe angebrachten Hahn's abgelassen, die Waare herausgenommen, an einen Fluß oder Bach geschafft, gut gewaschen, gewalkt und wieder 5–6 Tage auf die Bleichwiese ausgelegt. Zweite alkalische Lauge. Die zweite Laugenoperation geschieht eben so, mit dem einzigen Unterschiede, daß 36 Pfund Pottasche von 54–56 % Kali statt 42 Pfund in Anwendung kommen. Nach dem Waschen und Walzen wird die Waare wieder 5–6 Tage der Einwirkung des Lichts und des Sauerstoffs der Atmosphaͤre, so wie der Zersezung des Wassers, auf der Bleichwiese ausgesezt. Da ich das Bleichgeschaͤft mit den in 4 Parthien getheilten 1200 Stuͤk Caliko in den Monaten Mai und Juni verrichtete, so waren zwei Laugen hinreichend, die Waare vollkommen zu entfaͤrben, und weiß zu bleichen. Man kann dieß auch von den dem Bleichen gewoͤhnlich guͤnstigen Monaten April bis September annehmen. In kalter, rauher und naßer Witterung oder im Winter werden 3 Laugen erfodert, um die Waare schoͤn weiß, und geeignet fuͤr den Druk darzustellen. Ich uͤberzeugte mich davon durch 300 Stuͤk Caliko, die nach einer dritten Lauge von 28 Pfund Pottasche vollkommen gebleicht erschienen. Ehe wir zu dem schwefelsauren Bade, der lezten Operation beim Bleichen der baumwollenen Waare fuͤr solide Farben in dem Kattundruk uͤbergehen, moͤgen die verschiedenen Verfahrungsarten, welche in Deutschland beim Bleichen mit kohlengesaͤuerten Alkalien statt finden, naͤher beleuchtet werden. Laugen der Waare in den Laugenkufen durch Aufgießen der alkalischen Aufloͤsung. Die aͤlteste und noch heut zu Tage in mehreren Gegenden unsers deutschen Vaterlandes angewendete Methode besteht darin, daß die erwaͤrmte alkalische Lauge auf die Waare gegossen, nach dem Aufguße abgelassen, wieder in den Kessel zum Kochen gebracht, und so durch wechselseitiges Erwaͤrmen und Wiederaufgießen das Laugengeschaͤft betrieben wird. Der Verfasser uͤbte diese Methode in einem dazu schon eingerichteten Geschaͤfte auf folgende Weise aus: Da ihm die gute Wirkung der Fermentation zur Beschleinigung des Bleichprozesses bekannt war, so wurden 230 Stuͤk 5/4 breite und 37 Ellen lange Calico's in die Einweichkufe gebracht, und die Gaͤhrung so, wie bereits angegeben ist, bewirkt. Die Behandlung mit der milden alkalischen Lauge war diese: 55 Pfund Pottasche von 54 % Kali wurden in einen geraͤumigen kupfernen Kessel mit hinreichendem Wasser zur milden alkalischen Lauge gemacht; nachdem vorher die Waare in eine zur Seite stehende Kufe eingeschichtet, und dieser, um das Aufschwellen und Emporsteigen der Waare zu verhuͤten, ein mit vielen großen Loͤchern versehener Dekel, den man mittelst einer Steife an der Deke befestigt, angepaßt worden. Ist die tauge in dem Kessel stark im Sieden, so schoͤpfen zwei Arbeiter dieselbe mittelst hoͤlzerner Schoͤpfer auf die Waare in der Kufe, und zwar so lange, bis die Fluͤssigkeit 4 Zoll hoch uͤber die Waare steht. Damit nicht der Kessel dadurch ganz ausgeschoͤpft werde, so wird der Verlust desselben an Fluͤssigkeit durch etwas Flußwasser ersezt. So bald die Kufe mit alkalischer Lauge angefuͤllt ist, oͤffnet man den unten 4 Zoll vom Boden angebrachten Hahn, laͤßt die Fluͤssigkeit in die unter denselben gesezte Wanne laufen, schoͤpft sie in den Kessel, bringt sie zum Kochen, schoͤpft sie wieder auf die Waare, und wiederholt dieses wechselseitige Ablassen, Aufwaͤrmen und Wiederaufgießen 12–14 malBei dieser Methode zu bleichen, sind die Einweich- und Laugenkufen von gleicher Form und Groͤße. Sie hatten 3 Ellen 8 Zoll in der Tiefe, und 2 Ellen 20 Zoll im Durchmesser. Beide Kufen sind mit 4 eisernen Reifen gebunden, und nebeneinander auf hoͤlzerne Unterlagen gestellt, um sie gegen Erstiken oder Faͤulniß zu bewahren. Die Zwischenwanne zwischen dem Kessel und der Laugenkufe, welche, der Oberflaͤche des Bodens gleich, in die Erde eingesezt und bestimmt ist, die Lauge aus der Kufe aufzunehmen, damit sie in den Kessel zum Aufwaͤrmen geschoͤpft werde, hat in ovaler Form 2 Ellen 6 Zoll Laͤnge, und 1 Elle 4 Zoll Tiefe, und haͤlt im Mittlern Durchschnitt 1 Elle 6 Zoll. Alle hoͤlzerne Gefaͤße in den Bleichanstalten, werden aus Tannenholz verfertigt. Das angegebene Ellenmaaß ist nach der Leipziger Elle angenommen, deren 6 – fuͤnf Brabanter Ellen gleich sind. A. d. V.. In diesem Zustande wird die Waare mit der alkalischen Lauge 48 Stunden lang ruhig in der Kufe gelassen, nach Verlauf dieser Zeit aber der Hahn geoͤffnet, die Fluͤssigkeit abgelassen; und die Waare durch Arbeiter, welche mit Holzschuhen versehen sind, herausgenommen, am Fluß oder Bach gewaschen, gewalkt und 8–10 Tage hindurch auf die Bleichwiese ausgelegt. Das 12 bis 14malige unausgesezte Aufgießen, Wiederablassen und Erwaͤrmen der alkalischen Lauge erfordert gewoͤhnlich 10–11 Stunden, und zwei Arbeiter. In der zum Bleichen guͤnstigen Jahreszeit werden bei dieser Verfahrungsart drei alkalische Laugen noͤthig, um den baumwollenen Geweben vollkommene Weise zu verschaffen. Ist aber die Witterung unguͤnstig, oder ist es Winterszeit, so muß man eine vierte Lauge geben. Nach jeder Lauge bringt man die Waare wieder 8–10 Tage auf den Bleichplan. Die lezte Vorrichtung ist das schwefelsaure Bad, welches bei der Waare, die fuͤr den Kattundruk bestimmt wird, nicht unterlassen werden darf. Das quantitative Verhaͤltniß der Pottasche zur Waare nach dieser Methode ist: in guͤnstiger Jahres-Zeit, 1te Laugenoperation 55 Pfund Pottasche 2te Laugenoperation 50 Pfund Pottasche 3te Laugenoperation 40 Pfund Pottasche in kalter, feuchter Witterung und im Winter, 1te Laugenoperation 55 Pfund Pottasche 2te Laugenoperation 50 Pfund Pottasche 3te Laugenoperation 35 Pfund Pottasche 4te Laugenoperation 30 Pfund Pottasche Durch viele Versuche und mehrjaͤhrige Erfahrung habe ich mich uͤberzeugt, daß in der Anwendung der alkalischen laugen beim Bleichen aller vegetabilischen Fasern, die schnellere Beendigung der Bleichprozesse sicherer erreicht wird, wenn man anfaͤnglich die Lauge konzentrirter, nachher aber stufenweise weise immer schwaͤcher anwendet. Es liegt dieß in der Natur der zu bleichenden Stoffe, welche in ihrem rohen Zustande mehr inhaͤrirenden Extraktivstoff und andere Unreinigkeiten enthalten, deren Verminderung durch die aufeinander folgenden Operationen geschieht; daher auch schwaͤchere alkalische Laugen in dem Fortgange erfordert werden. Durch die Behandlung in der alkalischen Lauge, werden die durch den Fermentations-Prozeß nicht fortgeschaften Unreinigkeiten zum Theil aufgeloͤst, zum Theil zur Aufloͤsung in den darauf folgenden Operationen geschikt gemacht, indem die Zwischenraͤume der Faser ausgedehnt, und der Einwirkung der tust, des Lichts so wie der Zersezung des Wassers auf der Rasenbleiche um so mehr dargebothen werden. Die Alkalien loͤsen außerdem auch die Fett- und Oel-Theile, welche durch die Spuhl- und Webemanipulation hinzugefuͤhrt werden, vollkommen auf, und erhalten dadurch eine seifenartige BeschaffenheitAus dieser Methode zu bleichen geht, im Verhaͤltniß zur folgenden, vermittelst des dampfartigen Apparats zu laugen, ein auffallend merkwuͤrdiges Resultat hervor, welches in oͤkonomischer Ruͤksicht die Aufmerksamkeit aller Bleichinhaber erregen muß. Die Quantitaͤt des alkalischen Salzes erreicht hiebei eine Hoͤhe, die das Doppelte uͤberschreitet, indem auf ein Stuͤk Calico im Durchschnitt der Sommer- und Winterbleiche 21 Loth Pottasche, bei dem Verfahren mittelst des Apparates hingegen nicht mehr als 9 Loth derselben zum Bleichen der baumwollenen Waare erforderlich sind. Das Brennmaterial und der vermehrte Arbeitslohn durch vervielfaͤltigt Manipulationen verursachen zusammen eine Kostenerhoͤhung, welch, den Wunsch erzeugen muß, dieses durch sein Alter im Kredit gebliebene Verfahren bald in allen Theilen unseres deutschen Vaterlandes abgeschaft zu sehen. A. d. V.. Von dem Laugen der Waare in dem Kessel. In Sachsen und im noͤrdlichen Deutschland ist das Laugen der Waare in kupfernen Kesseln fast ausschließlich im Gebrauch. Man verfaͤhrt dabei auf folgende Weise: Ehe die aufgefachte Waare in den Laugenkessel eingesezt wird, bringt man auf den Boden desselben ein starkes Hoͤlzernes, Kreuz, in dessen Mitte eine hoͤlzerne Stange von der Dike eines gewoͤhnlichen Manns-Arms in prependikulaͤrer Richtung eingestekt wird. Nach dieser Vorrichtung schichtet man die Waare sorgfaͤltig ein, gießt die milde alkalische Lauge mit hinreichendem Floßwasser hinzu, so, daß das Fluidum wenigstens 6 Zoll uͤber der Waare steht, und gibt dem Kessel Feuer. Wenn die Fluͤssigkeit anfaͤngt, eine Temperatur von 80 % Reaum. zu erreichen, zieht man die Stange aus der Mitte heraus, wodurch eine runde Oeffnung entsteht, durch welche die Lauge im Sude aufwallen, und sich auf der Oberflaͤche zertheilen kann, was dann auch das Aufsteigen der Waare verhindert. Die Bleichwaare, welche den Fermentationsprozeß bestanden hatte, ließ ich in der ersten alkalischen Lauge 6 Stunden anhaltend kochen; in der zweiten, dritten und vierten Lauge, die stufenweise schwaͤcher an Kaligehalt war, wurde sie 5–4 und 3 1/2 Stunde der Kochhize ausgesezt. Bei dieser Art zu Laugen ist waͤhrend der ganzen Operation ein Arbeiter noͤthig, um die von Zeit zu Zeit theilweise in die Hoͤhe und uͤber die Fluͤssigkeit getriebene Waare mit Staͤben wieder unterzutauchenDiesem Emporsteigen der Waare in der kochenden Lauge kann durch folgende leichte Vorrichtung abgeholfen werden. Man lasse von starkem Tannenholz einen hoͤlzernen Stern, dessen Auslaͤufe 5–6 Zoll von einander abstehen, machen. Auf beiden Seiten werden, um das Werfen durch die Hize und Fluͤßigkeit zu verhindern, 2–3 Kreise in zirkelfoͤrmiger Richtung eingefuͤgt, welche man mit hoͤlzernen Naͤgeln befestigt. Beim Einsezen dieses Sterns in den Kessels hat man darauf zu sehen, daß die Oberflaͤche der Waare wenigstens 4–5 Zoll unter dem Fluidum zu liegen komme. Die strahlenfoͤrmige Auslaͤufe des Sterns beruͤhren die Wand des Kessels; der Stern selbst wird mittelst einer starken Stange, die in der Mitte desselben eingefugt werden kann, an der Deke des Laugenhauses befestigt. Das Aufwallen der Lauge durch den Sud erfolgt dabei ganz ungehindert durch die unbedekten Raͤume dieser Vorrichtung. A. d. V.. Nach jeder Auskochung wird die Waare auf ein befestigtes Lattengeruͤste zur Abkuͤhlung geworfen; und bei der naßen Bleiche unmittelbar nach voͤlliger Auskuͤhlung auf die Bleichwiese geschaft, bei der trokenen Bleiche hingegen vorher ausgewaschen und gewalkt. Das quantitative Verhaͤltniß der Pottasche beim Bleichen der Waare nach dieser Verfahrungsart reduzirt sich auf 30–35 % weniger, als bei der Methode des Aufgießens der kochenden Bleichlauge. Durch das Laugen im Kessel, das eine mehr gleichfoͤrmige erhoͤhte Temperatur gewaͤhrt, werden die aufloͤsbaren Materien schneller und besser hinweggeschaft, als es durch das Aufgießen in der Bleichkufe geschehen kann. Nur ist dabei auch mehr Aufmerksamkeit des Bleichers noͤthig, weil die Waare stets unter der Fluͤssigkeit bleiben muß. Jedes Anliegen an heiße trokene Stellen des Kessels kann leicht Schaden verursachen, und die Dauerhaftigkeit der Faser schwaͤchen. Was die Fluͤssigkeit durch die Verdampfung verliert, muß sorgfaͤltig durch Flußwasser wieder ersezt werden. Es ist uͤbrigens nichts Seltenes, daß sich braune Kupferfleke auf der Waare zeigen, die durch starke Anhaͤufung der Waare im Kessel vermehrt werden, wenn zu wenig Fluͤssigkeit in dem Zwischenraum vorhanden ist; man hat deßwegen beim Einsezen der Waare genau darauf zu sehen, daß sie nicht zu fest eingeschichtet werden. Um jenen Fleken zu begegnen, bedienen sich die Bleicher einer Vorrichtung, welche darin besteht, daß die Seitenwand des Kessels mit Latten 6 Zoll breit von einander geschichtet wird, sie gehen vom Boden aus bis an die Oberflaͤche des Kessels, und sind in die kreuzartige Unterlage eingestellt.Um das Anliegen der Waare an den Seitenwaͤnden der Kessel ganz zu verhindern, ließ ich in der Folge Koͤrbe von geschaͤlten starken Weidenruthen anfertigen, deren Form der Form des Kessels entsprochen hatte. Vor dem Gebrauche wurden diese Korbe mit schon einmal benuzter kochender Lauge mehreremale uͤbergossen, um den Farbe- und Extraktivstoff, der bei der ersten Anwendung sich ausziehen, und die Waare theilweise mehr oder weniger oͤrtlich faͤrben wuͤrde, zu zersezen. Bei dem Gebrauche solcher Koͤrbe, von denen ich stets ein erwuͤnschtes Resultat erhielt, bleibt das hoͤlzerne Kreuz auf dem Boden des Laugenkessels weg. Diese Vorrichtung gibt den großen Vortheil, daß die Waare nie durch Anliegen oder Verdampfen der alkalischen Fluͤssigkeit Schaden nehmen kann. Ich glaube, nachdem ich sie durch praktische Versuche im Großen bewaͤhrt gefunden habe, sie auch mit Recht allen Bleichern empfehlen zu koͤnnen, welche sich noch des Laugens der Waare in den Kesseln bedienen. A. d. V. Die kupfernen Laugenkessel laufen gegen den Boden etwas spiz zu, damit sich unter dem hoͤlzernen Kreuz hinlaͤngliche Fluͤssigkeit befinde. Ihre Groͤße richtet sich nach der Quantitaͤt der zu bleichenden Waare. Ober den Kesseln ist auf der Ruͤkseite am Schornstein ein hoͤlzener Apparat angebracht, auf welchen die Waare nach der Kochung mittelst hoͤlzerner Bleichstoͤke gehoben wird, damit die anhaͤngende Lauge in den Kessel zuruͤklaufen koͤnne, und nach einiger Abkuͤhlung der Waare den Arbeitern die weitere Behandlung leichter werdeDas Laugen in Kesseln ist in Ermanglung eines dampfartigen Bleichapparats dem Verfahren durch Aufgießen der alkalischen Bleichfluͤssigkeit in doppelter Ruͤksicht vorzuziehen; einmal weil die Waare gleichfoͤrmiger und in gleicher Temperatur von der kalihaltigen Fluͤssigkeit durchdrungen wird, und dann wegen der betraͤchtlichen Ersparung an alkalischem Salze. Mit dem reinen (kaustischen) Kali nach der angegebenen zwekmaͤßigen Vorrichtung der Laugenkessel, erreicht man seinen Zwek, die Befoͤrderung des Bleichprozesses, um so eher, je kohlensaͤurefreier das alkalische Salz in Anwendung gebracht wird. Man erspart dadurch im Verhaͤltniß eben so viel Kali, als durch Kohlensaͤure gebunden, bei der milden (Pottaschen) Lauge wirkungslos verloren geht. A. d. V.. Luft- oder Rasenbleiche. Die Luft- Rasen- oder Wiesenbleiche gruͤndet sich auf die Einwirkung der atmosphaͤrischen Luft und des Wassers, wobei das Licht der Sonne eine wichtige Rolle spielt. Die atmosphaͤrische Luft und ein Theil des Wassers erleiden durch den Prozeß des Bleichens eine Zersezung, indem sie ihren Sauerstoff abgeben, und dadurch den vorwaltenden Kohlenstoff der vegetabilischen Faser oder Gewebe als kohlensaures Gas hinwegschaffen. Jene Zersezung wird durch die Einwirkung und Zerlegung des Sonnenlichtes beguͤnstigt, indem der lichtzeugende Stoff desselben mit dem gefaͤrbten Kohlenstoffe so lange in Verbindung tritt, als noch farbige Erscheinungen vorhanden sind. Dagegen befoͤrdert die durch die Zerlegung in Freiheit gesezte Waͤrme die Zersezung der atmosphaͤrischen Luft und des Wassers, leztere auch die Ausduͤnstung der Pflanzen, so wie die Zerlegung des niedergefallenen oder aus den Pflanzen ausschwizenden Thaues, welcher nach Berthellets AnalyseAnnales de Chemie. Vol. II. S. 158. eine betraͤchtliche Menge Sauerstoff enthaͤlt. Diese gegenseitige Wechselwirkung der Mischung und Entmischung, welche die Natur bei dem Prozeß des Bleichens herbeifuͤhrt, dauert so lange ununterbrochen fort, bis die vegetabilische Faser vollkommen weiß erscheint, und das Licht unentmischt reflektirt wird. Um die Theorie des Bleichens vegetabilischer Stoffe anschaulicher zu machen, weiset der Verfasser auf die am Schluße angefuͤgte Tabelle. Alle Fasern des Pflanzenreichs koͤnnen, wenn die Fermentation gehoͤrig erfolgt ist, unmittelbar durch die Natur, ohne Beihilfe der Kunst, mehr oder weniger aus ihrem rohen in einen entfaͤrbten Zustand versezt werden. Es waͤre aber darin kein Vortheil, wohl aber bedeutender Nachtheil; denn es erforderte nicht nur, zumal bei leinenen Geweben, weit mehr Zeit, als bei der Anwendung geeigneter Bleichmittel noͤthig ist, sondern es wuͤrden auch durch den langwuͤrigen Bleich-Prozeß die Fasern in ihrer Struktur nicht wenig leiden. Die Alten, welche die liebe Natur mit geringer Nachhuͤlfe an bleichwirkenden Substanzen walten ließen, erfuhren dieses oft genug. Sie erkannten zwar die Wirkung verschiedener Erden und Pflanzenaschen, so wie die Wirkung des Thaues, und gaben dem Bleichen in den Monaten Maͤrz, April und Mal den Vorzug; aber dem ungeachtet reichte selten ein Jahr hin, um ihre Leinwand weiß zu erhalten. Auch war man damals schon zufrieden, wenn man eine Waare bekam, welche bei der gegenwaͤrtigen Stufe der Kunst, fuͤr halb vollendet gelten wuͤrde. Die Luft- oder Rasenbleiche zerfaͤllt a) in die trokene Bleiche, und b) in die naße Bleiche. Trokene Bleiche nennt man diejenige Bleich-Art, bei welcher die Waare nicht mit Waßer kuͤnstlich genezt wird, sondern einzig und allein der wechselnden Witterung und der Natur uͤberlassen bleibt. Hier wirkt der Sauerstoff des Dunstkreises, des Thaues und des Regens mit Beihilfe des Lichts und der Pflanzenausduͤnstung auf den Prozeß des Bleichens. Ehe man aber die Waare auf die Bleichwiese auslegt, pflegt man sie nach der Auskochung in der alkalischen Fluͤssigkeit durch Waschen und Walken von dem anhaͤngenden alkalischen Salze vorher zu reinigen. Bei der naßen Bleiche, welche wirkungsvoller als jene ist, weil durch Anhaͤufung von Wasser und Zersezung derselben mehr Sauerstoff dargebothen wird, wird die gelaugte Waare nach ihrer Abkuͤhlung unmittelbar mit der noch anklebenden alkalischen Fluͤssigkeit auf die Weise ausgelegt, und bald darauf mit Wasserbegießen der Anfang gemacht. Die Wiederholung desselben richtet sich nach der Witterung und geschieht in den heitern Fruͤhlings- und Herbstmonaten des Tages zweimal, im Sommer aber bei großer Hize, 3–4 mal, weil durch oͤftere Wiederholung in der Sommerhize der Prozeß des Bleichens um vieles gefoͤrdert wird. Sowohl bei der naßen als bei der trokenen Bleiche ist es nothwendig, daß die Waare so breit als moͤglich ausgespannt sey. Man bedient sich dazu der hoͤlzernen Bleich-Naͤgeln und geschaͤlter Stangen von Tannenholz, Die ersteren werden umwunden mit den 4 Endspizen der Stuͤke und in die Erde eingestekt, die Stangen aber quer uͤber das Bleichfeld gelegt, damit der Wind die Waare weniger heben koͤnne; auch werden sie taͤglich ruͤk- oder vorwaͤrts geschoben, um den von ihnen bedekt gewesenen Stellen die freie Einwirkung des Lichts und der Luft zu verschaffen. Wenn die Waare die halbe Zeit uͤber auf der Wiese gelegen hat, hebt man sie auf, wendet sie um, und bringt so die unten auf dem Grasboden gelegene Seite nach Oben, damit beide Seiten gleichfoͤrmig gebleicht werden. Dieses Verfahren ist, besonders beim Bleichen der Leinwand, nicht genug zu empfehlen. In der Winterbleiche muß die Waare sorgfaͤltig auf dem Schnee erhalten werden. Unter demselben friert sie leicht auf den Boden an, und leidet an Dauerhaftigkeit, welches um so mehr geschieht, wenn Aufthauen und Gefrieren mit einander wechseln, und die Waare an den Boden angefroren unter Schnee zu liegen kommt. Von dem Behandeln der Waare in dem sauren Bade. Die lezte Behandlung, welche die zum Druk und Faͤrben bestimmten baumwollenen Gewebe erfordern, besteht in der Anwendung des schwefel- oder salzsauren Bades. Sie wurde durch Franz Home zuerst in Vorschlag gebracht; fruͤher hatte man in den Baumwollen- und Leinenbleichen saure Milch gebraucht. Home hat die Wirkung und Unschaͤdlichkeit der Schwefelsaͤure beim Bleichen aller vegetabilischer Fasern außer Zweifel gesezt. Er ließ in einem solchen Bade Leinwand mehrere Monate lang liegen. Die Saͤure war nach dieser Zeit noch eben so stark, als da die Waare hineinkam, und diese hatte nichts an Dauerhaftigkeit verloren. Das schwefelsaure Bad bewirkte in 5 Stunden so viel, als die beßte saure Milch kaum in 5 Tagen zu bewirken im Stande war. Nach Fourcroy und Vaurquelins BeobachtungHermbstaͤdts sistematischer Grundriß der allgemeinen Experimental-Chemie. Bd. 2. S. 96. nimmt die konzentrirte Schwefelsaͤure in ihrer Wirkung gegen organische Koͤrper, nach dem Quadrate des Massenverhaͤltnisses des ihr zugesezten Wassers ab, so daß wenn einer Portion Schwefelsaͤure zwei, einer andern Portion aber vier Theile Wasser zugesezt sind, man von lezterer sechszehnmal so viel als von ersterer anwenden muß, um eine gleich große Zerstoͤrung gegen organische Materien zu veranlassen; auch hat die Erfahrung gelehrt, daß die Affinitaͤt der Schwefelsaͤure zum Wasser im Verhaͤltniß des Quadrats der Wassermenge, welche mit der Saͤure verbunden ist, abnimmt. In dem Verhaͤltniß, in welchem man die Saͤure dem Wasser beim Bleichen zusezt, kann das Gewebe nie einer Zerstoͤrung in der Fluͤssigkeit unterliegen, wenn die Waare nach dem Herausnehmen aus derselben rein in fließendem Wasser ausgewaschen wird. Vernachlaͤssigt man dieses Auswaschen, so verduͤnstet das Wasser, die Saͤure konzentrirt sich, und zerstoͤrt in solchem Zustande die PflanzenfaserEin warnendes, hieher gehoͤriges Beispiel fand bei der Gruͤndung eines großen Bleichetablisements in Sachsen statt. Der Besizer, zugleich Eigenthuͤmer einer ausgezeichneten Kattunfabrik, vertraute dem Fabrikdirektor die Einrichtung seiner Bleiche an. Ungeachtet ein Fluß (die Zschoppau) mitten durch das Gut laͤuft, kam dennoch der Direktor auf den ungluͤklichen Einfall, zwei Wasserbassin, die durch Roͤhrenwasser gespeist wurden, anzulegen. Diese Bassin hatten wenig Abfluß, weil die Roͤhren geschlossen, und nur von Zeit zu Zeit frisches Wasser zugelassen werden sollte. Nun zeigte sich die dritte Parthie Bleichwaare, welche in die Fabrik zum verarbeiten abgegeben worden, in einem solchen zerstoͤrten Zustande, daß sie als unbrauchbar erklaͤrt werden mußte; den sie zerfiel den Arbeitern unter den Haͤnden. Ich wurde jezt aufgefordert, mich eilends an Ort und Stelle zu verfuͤgen, um der Ursache dieser ungluͤklichen Erscheinung nachzuforschen. Als ich hier die Bassin erblikte, und die Behandlung der Bleichwaare erfuhr, reagirte ich das Wasser in den Bassins mittelst salzsaurem Baryt und essigsaurem Blei, und uͤberzeugte mich sogleich durch die betraͤchtliche Menge von Schwefelsaͤure, welche das Wasser enthielt, von der Ursache jenes Unfalles. Ich ließ nun die Wascheinrichtung an dem Fluß anbringen, und das Nebel war fuͤr immer gehoben. A. d. V.. Die Anwendung des schwefelsauren Bades beim Bleichen der vegetabilischen Substanzen gruͤndet sich darauf, daß dadurch die anhaͤngenden erdigen Theile und die metallischen Oxide, welche durch den Prozeß des Bleichens sich mechanisch aufgelegt haben, zersezt, und als aufloͤsbare schwefelsaure Salze hinweggeschaft werden. Jene Anhaͤufungen entspringen theils durch die Bleichmittel selbst, theils durch das Wasser, dessen man sich zum Waschen und Begießen der Waare bedient. In den meisten Faͤllen bestehen die metallischen Oxide aus Eisen, dessen Gegenwart leicht zu erkennen ist, wenn man in eine Portion mehrmals gebrauchten schwefelsauren Wassers, blausauren Kalk troͤpfelt, und dann nach einiger Zeit ein blauer Niederschlag unter der Gestalt des blausauren Eisens erscheint. Statt der Schwefelsaͤure kann man auch eisenfreie Salzsaͤure nehmen, sie ist vorzuͤglich in solchen Faͤllen wirksam, wo Kalkerde zugegen ist, weit besser, als die Schwefelsaͤure, weil der salzsaure Kalk ein in Wasser leicht loͤsbares Salz darstellt, der schwefelsaure hingegen als Gyps praͤzipitirt und auf der Faser niedergeschlagen wird. Ich empfehle daher allen Bleichbesizern, deren Wasser Kolkerde enthaͤlt, weil durch die Manipulation der naßen Bleiche ein Theil des Wassers zerlegt, der andere Theil aber verduͤnstet wird, wodurch die erdigen Molekuͤlen auf der Waare zuruͤkbleiben, sich vorzugsweise der Salzsaͤure zu bedienen. Das Verhaͤltniß dieser Saͤure, um ein saures Bleichbad anzustellen, besteht in 3 Theilen Salzsaͤure gegen einen Theil Schwefelsaͤure. Bei Anwendung der sauren Milch, welche sonst in Holland, den Niederlanden, Schottland, Irland und Deutschland beim Bleichen leinener Stoffe uͤblich war, bis sie durch die wirkungsvollere Schwefel- und Salzsaͤure verdraͤngt wurde, wirkte die in der Milch enthaltene Essigsaͤure als saures Agens. Ausser dieser Essigsaͤure enthaͤlt die saure Milch eine betraͤchtliche Quantitaͤt kaͤsiger Theile, welche in warmen Sommertagen nach dem eingetretenen sauren Grad der Gaͤhrung schnell in den faulen uͤbergeht, und dann zerstoͤrend auf die Struktur der Faser einwirkt. Bei dem wohlfeilen Ankaufe der Schwefelsaͤure, und dem oͤkonomisch vorteilhaftem Gebrauche der sauren Milch, wird leztere beim Bleichen ganz entbehrlich. Die Behandlung der Waare in dem schwefelsauren Bade laͤßt sich a) in das kalte und b) in das warme schwefelsaure Bad eintheilen. Um ersteres vorzurichten, bediene ich mich einer ovalen hoͤlzernen Wanne von Tannenholz, welche von zwei oder drei eisernen Reifen gut zusammengehalten wird, mit einer Winde oder einer Haspel versehen ist, und Raum fuͤr 50 Stuͤk Caliko hat. Sie sind mit so viel klarem Flußwasser gefuͤllt, als zur angegebenen Parthie Bleichwaare erforderlich ist, und von der Schwefelsaͤure, nachdem sie in einem steinernen Geschirr mit 8 Theilen Wasser gemischt worden, so viel unter immerwaͤhrendem Umruͤhren in die Wanne gebracht, bis das Bad auf der Zunge einen maͤßig sauren Geschmak gibt. Die Quantitaͤt der Saͤure zu einem solchen sauren Bade laͤßt sich nicht genau bestimmen; es entscheidet dabei die groͤßere oder geringere Starke der Schwefelsaͤure und die feinere oder groͤbere Beschaffenheit der Bleichwaare. Gewoͤhnlich erfordern 1000 Maaß (2000 Pfund) Wasser 2 bis 2 1/2 Pfund rauchender Schwefelsaͤure. In das fertige schwefelsaure Bad werden nun die aneinander geknuͤpften Stuͤke vermittelst der Winde eingehaspelt, darin eine Stunde lang unausgesezt hin und her getrieben, sodann vermittelst Stoͤken untergetaucht, und nun 24 Stunden ruhig unter der Fluͤssigkeit gelassen, worauf man sie vor dem Herausnehmen noch eine Stunde lang hin und wieder haspelt. Durch diese Manipulation werden alle Beruͤhrungs-Punkte der Waare dem sauren Bade gleichfoͤrmig dargebothen. Beim Untertauchen der Waare, um sie 24 Stunden unter der Fluͤssigkeit ruhen zu lassen, hat man dafuͤr zu sorgen, daß das Fluidum 4–5 Zoll hoch uͤber der Waare steht. Man bedient sich hiezu eines durchloͤcherten Dekels von Tannenholz, der in die Wanne eingepaßt und durch Druk wieder gehalten wird. Sobald die Waare aus dem Bade kommt, eilt man damit an den Fluß oder Bach, und befreit sie durch sorgfaͤltiges Waschen und Walken von aller anhaͤngenden Same. Es ist dieses um so nothwendiger, weil das kleinste zuruͤkbleibende Theilchen von Saͤure beim Abtroknen der Waare sich verdichten, und die Pflanzenfaser zerstoͤren wuͤrde. In fluͤssigem Zustande wirkt die mit vielem Wasser geschwaͤchte Saͤure selbst dann nicht zerstoͤrend auf die Faser, wenn sie so scharf ist, daß man sie nicht mehr auf der Zunge leiden kann. Das nach der Operation in der Wanne zuruͤkgebliebene schwefelsaure Wasser eignet sich oͤfters zu mehrmaligem Gebrauche, wenn man den Abgang an Fluͤssigkeit und Saͤure bei jeder frischen Parthie Waare ersezt. Ein solches Bad benuze ich unter Zusaz von Wasser und Saͤure gewoͤhnlich 8–10 mal, so daß 400 bis 500 Stuͤke Caliko's in ein und derselben Fluͤssigkeit gesaͤuert werden. Wird das Bad fuͤr fernen Gebrauch untauglich, so lasse ich es aus der Kufe ablaufen, die Kufe mittelst eines Besens und frischen Wassers gehoͤrig reinigen, und dann wieder mit Wasser fuͤllen, um durch Saͤure ein neues Bad zu bereiten. Will man Salzsaͤure statt der Schwefelsaͤure anwenden, so verfuͤhrt man dabei auf gleiche Weise. Das erwaͤrmte schwefelsaure Bad, welches nie die Temperatur der Blutwaͤrme uͤbersteigen darf, bereite ich folgendermassen: „Wenn die Schwefelsaͤure mit Wasser gemischt ist, lasse ich in einem geraͤumigen kupfernen Kessel Wasser zum Kochen kommen, und von demselben mit kaltem Flußwasser, wie bei der Anrichtung eines gewoͤhnlichen Bades so viel in die Kufe laufen, bis es der erforderlichen Temperatur nahe zu seyn scheint, und als fuͤr 50 Stuͤke Calico's noͤthig ist. Zeigt mir nun der Thermometer, den ich dabei gebrauche, daß die Fluͤssigkeit zu kalt sey, so lasse ich kochendes, im entgegengesezten Falle aber kaltes Wasser zugeben. Hierauf wird die zuvor mit Wasser geschwaͤchte Schwefelsaͤure in das Bad eingeruͤhrt, und lezters mittelst einer Handschoͤpfe recht wohl untereinander gemischt. Ist dieses geschehen, so lasse ich die Waare uͤber die Winde einhaspeln, mit Stoͤken gut unterstoßen, eine Stunde lang hin und wieder treiben, untertauchen, mit dem Dekel verschließen und diesen mit groben Tuͤchern umgeben, damit die Waͤrme laͤnger zusammengehalten werde, und so 24 Stunden hindurch die Waare ruhig im Bade bleibe. Das nun folgende Verfahren ist wie bei dem kalten Bade; dieß gilt auch von der Quantitaͤt der Schwefelsaͤure zur Anstellung einer solchen warmen sauren Fluͤssigkeit. Bei der zweiten, so wie den uͤbrigen Operationen, lasse ich einen Theil des gesaͤuerten Wassers mit dem erforderlichen Zusaz an frischem Wasser im kupfernen Kessel erhizen, und dem Bade so lange zugeben, bis der geeignete Thermometer-Stand herbeigefuͤhrt ist; zulezt bekommt das Bad den Ersaz an Schwefelsaͤure. Auf diese Weise faͤhrt man so lange fort, als das saure Fluidum zur Anwendung noch brauchbar ist. Das erwaͤrmte schwefelsaure Bad loͤst die abhaͤrirenden erdigen Theile und die metallischen Oxide leichter und vollkommener, als das kalte Bad auf; es erfordert aber auch eine groͤßere Aufmerksamkeit, und einen geuͤbten Bleichmeister, um vor Schaden zu behuͤten. Hoͤchst fehlerhaft sah ich diese Methode in einigen Baumwollen-Bleichen des noͤrdlichen Deutschlandes ausuͤben: „Man bediente sich hiezu eines kupfernen, mit einer Winde versehenen Kugel-Kessels, dessen Muͤndung 3 Ellen 6 Zoll, die Mitte aber 3 Ellen 18 Zoll im Durchmesser hielt, und dessen Tiefe 2 Ellen 6 Zoll betrug. Er hatte einen 6 Zoll breiten Rand und eiserne Tazzen, und war nach Art eines gewoͤhnlichen Farbekessels eingemauert. Man fuͤllte ihn bis uͤber die Haͤlfte mit Flußwasser, das man milchlau erwaͤrmte. Das Feuer wurde sodann unter dem Kessel weggenommen, und dem Bade 6–7 Pfund rauchende Schwefelsaͤure, welche zuvor in Wasser getroͤpfelt worden, unter bestaͤndigem Umruͤhren zugeseztBei diesem Verfahren hat man die gleichfoͤrmige Temperatur der Bleichfluͤssigkeit in dem Kessel nicht in seiner Gewalt, weil die zuruͤkgehaltene Hize unter dem Kessel stets noch einige Zeit fortwirkt, und das Bad erwaͤrmet, wodurch, wenn lezteres zu heiß wird, leicht ein großer Schaden entstehen kann. A. d. V.. Nachdem vorher die gebleichte, von der Wiese aufgenommene Waare, in 60 Stuͤke Calico's bestehend, am Bache gewaschen, und auf einen zur Seite stehenden Steg zum Ablaufen der Fluͤssigkeit geworfen worden, haspelte man sie an einander geknuͤpft, mittelst der Winde in das schwefelsaure Bad ein, tauchte sie durch Stoͤke unter, und befestigte einen Dekel auf der Oberflaͤche derselben. In solchem Zustande ließ man die Waare wohl untergetaucht 12–15 Stunden lang ruhig in dem Bade liegen, haspelte sie sodann uͤber die Winde noch eine Stunde hin und wieder, brachte sie schnell aus dem Bade an den Fluß, und wusch, sie von der anhaͤngenden Schwefelsaͤure sorgfaͤltig ausIch fuͤhre hier aus dem Munde eines glaubwuͤrdigen Mannes ein Beispiel an, wie nachtheilig es sey, wenn man sorglosen Menschen dieses Geschaͤft zu uͤberlassen genoͤthiget ist. Es hatte der Arbeiter vergessen, das Feuer unter dem Kessel wegzunehmen; als man den andern Morgen die Waare herausnahm, und zum Waschen in den Fluß brachte, schwamm sie, so sehr hatte sie im Kessel gelitten, stuͤkweise davon, und nach dem Abtroknen war keine einzige Elle der ganzen Parthie von 65 Stuͤken Callico's mehr brauchbar. Es ist hoͤchst wahrscheinlich, daß die Fluͤßigkeit ins Kochen gekommen war, ein Theil derselben verdampfte, und die Pflanzenfaser der baumwollenen Gewebe, durch die mehr verdichtete Schwefelsaͤure, in der Hize gestoͤrt wurde. Ein Fall, welcher beim Behandeln der Waare in der Wanne nie statt finden kann. A. d. V.. Ist man mit einer Parthie Waare zu saͤuern fertig, so wird das Bad 2–3mal auf die naͤmliche Art fuͤr gleiche Stuͤkzahl Waare verwendet. Man erwaͤrmt nach Ersezung der fehlenden Fluͤssigkeit und Hinzufuͤgung von 3–3 1/2 Pfund rauchende Schwefelsaͤure das Bad neuerdings, und behandelt die Bleichwaare darin wie das erstemalDie Schaͤdlichkeit und Zwekmaͤßigkeit des Verfahrens, die Bleichwaare in dem Kessel, vermittelst des warmen schwefelsauren Bades zu behandeln, leuchtet aus folgenden Bemerkungen in die Augen:a) Bei dem abwechselnden Erwaͤrmen und Wiedererkalten wird das Metall nach und nach durch die verschmaͤchte Saͤure angegriffen, oxidirt und aufgeloͤst, woraus zwei widrige Folgen entstehen, einmal, daß das schwefelsaure Bad, schwefelsaures Kupfer in seiner Aufloͤsung aufnimmt, welches als Metallsalz, zumal bei Waaren, die fuͤr den Druk oder das Faͤrben bestimmt ist, einen nachtheiligen Einfluß auf die Baumwollen-Faser aͤussert; zweitens daß der kostspielige Kessel einen betraͤchtlichen Verlust seines Gewichts erleidet, und uͤberhaupt sehr bald ganz unbrauchbar wird.b) Durch das nur zwei, bis dreimalige Benuzen des schwefelsauern Bades im Kessel, verliert man einen bedeutenden Antheil Schwefelsaͤure; was in der Wanne bei 8 bis 10maligem Gebrauche weniger der Fall ist. A. d. V.. Kuhmistbad. Des Kuhmistbades bedient man sich in den Bleichen mit vielem Vortheil bei solchen baumwollenen Geweben, welche in der Kattundrukerei fuͤr den Artikel Lapis bestimmt, und in der kalten Indigokuͤpe gleichfoͤrmig hellblau gefaͤrbt werden. Die Wirkung der Hornvieh-Exkremente beim Bleichen besteht darin, daß die Baumwollenfaser eine lokere, zarte und weiche Beschaffenheit erhaͤlt, wodurch sie faͤhig wird, die Indigaufloͤsung, selbst beim Faͤrben des hellsten Blau, durch alle Theile gleichmaͤßig aufzunehmen. Um dergleichen Waare durch diese Methode fuͤr den Druk und das Faͤrben vorzubereiten, operire man also: „Man ruͤhre in einem Kuͤbel eine hinreichende Menge Kuhmist mit Wasser zu einem duͤnnen Brei an, gebe davon dem kochenden Wasserbade vermittelst eines Durchschlags so lange zu, bis es stark gruͤn gefaͤrbt ist, bringe die Waare, welche nach dem schwefelsauren Bade sorgfaͤltig gewaschen worden, hinein, und hasple sie uͤber die Winde eine halbe Stunde lang in dem kochenden Fluidum hin und wieder. Nach dem Herausnehmen laͤßt man sie erkalten, und legt sie mit der anhaͤngenden Mistlauge so lange auf die Bleichwiese, bis die angenommene gelbe Farbe zersezt wird, und die Gewebe wieder vollkommen weiß erscheinen. Durch Waschen und Walken werden diese Gewebe nun zum Abtroknen vorgerichtet, und vermittelst der Sengmaschine, die aufstehenden Fasern abgesengt, wieder gewaschen, gewalkt, im Schatten langsam getroknet, und durch die Cylinder fuͤr den Druk appretirtEs ist durchaus nicht zu verabsaͤumen, daß man die Waare, welche in der kalten Indigokuͤpe himmelblau gefaͤrbt werden soll, nur langsam, und zwar im Schatten, abzutroknen. Ein zu schnelles Abtroknen, geschaͤhe es an der Sonne oder in geheizten Zimmern, wirkt uͤberaus nachtheilig in Ansehung des gleichfoͤrmigen Anfallens der Farbe in der Indigokuͤpe, und man kann nie mit Zuverlaͤssigkeit auf ein erwuͤnschtes Resultat rechnen. So gering auch dieser Umstand zu seyn scheint, so wichtig ist er in der praktischen Ausuͤbung. Mancher Faͤrber kann sich das Raͤthsel nicht loͤsen, warum er bald ein gleiches bald ein ungleiches wolkiges Hellblau beim besten Stand seiner Indigokuͤpe unter gleicher Faͤrbemanipulation erhaͤlt. Die Ursache dieser Erscheinung mag groͤßtentheils in dem fehlerhaften Abtroknen der Waare durch Hize zu suchen seyn. Anm. d. Verf.. Seit mehreren Jahren lasse ich alle baumwollene Gewebe, sie moͤgen fuͤr den Druk- oder fuͤr den weißen Verkauf bestimmt seyn, in ihrem hoͤchsten Grad der Weiße sengen, nach dieser Operation auswalken, waschen, abtroknen und appretiren. Das Verfahren, vermittelst Hornvieh-Exkremente zu bleichen, hat schon Johann Roman koͤnigl. Kapellmeister in Schweden auf Verlangen der dortigen Akademie gezeigtAbhandlung der schwedischen Akademie der Wissenschaften. Deutsche Uebersezung 3ter Band S. 314.. Er wirft des Abends Viehmist in See- oder Flußwasser, legt das Leinenzeug oder den Zwirn 24 Stunden lang hinein, nimmt die Waare heraus, haͤngt sie, ohne sie abzuspuͤhlen, im Freien auf, und wenn die Sonne scheint, taucht er sie des Tages einmal in die Viehmistbruͤhe ein. Im Verfolge der Bleichoperation laͤßt er diese Lauge durch Hinzubringung von mehr Mist konzentirter machen. Roman ist der Meinung, daß es am besten sey, vor die Mistgrube eine Vertiefung zu machen, damit die Fluͤssigkeit davon, wenn es regnet, in die Vertiefung laͤuft. Er bleichte nach dieser Methode Leinenzeug eben so weiß, als es die Hollaͤnder nach ihrem Verfahren zu seiner Zeit im Stande waren, und solcher Leinenzeug nahm auch spaͤter keinen roͤthlichen oder gelblichen Schein an. A) Von dem Bleichen der Baumwollenen Gespinnste oder Gewebe vermittelst der reinen (entkohlensaͤuerten) Alkalien und Auslegen auf die Bleichwiese. Das Bleichen der vegetabilischen Gespinnste oder Gewebe vermittelst reinen (kaustischen) Alkalien unterscheidet sich von dem eben beschriebenen Verfahren mit milden Alkalien dadurch, daß, den verschiedenen Aschensorten, oder der Sode durch einen verhaͤltnißmaͤßigen Zusaz frisch gebrannter Kalkerde die gebundene Kohlensaͤure, welche als kohlensaures Kali oder kohlensaures Natron sich beim Bleichen wirkungslos verhaͤlt, entzogen, und dadurch die Bleichlauge in einen kaustischen Zustand versezt wird. Die reine alkalische Lauge besizt nicht allein ein viel groͤßeres Bestreben, die Materie womit die Pflanzenfaser theils durch die Natur, theils durch die Bearbeitung verunreinigt ist, aufzuloͤsen und zu zerstoͤren, sondern sie loͤst auch ein Viertheil faͤrbenden Stoffs mehr auf, als die Lauge im milden Zustande zu bewirken vermag. Dadurch wird der Bleichprozeß schneller beendigt, und es biethen sich dabei auch in oͤkonomischer Hinsicht große Vortheile dar. Ehe das Verfahren, mit kaustisch alkalischer Lauge zu bleichen, in Deutschland durch unumstoͤßliche Beweise, und durch die gluͤklichsten Resultate aller Art im Grossen gerechtfertigt war, gab es Viele, welche heftig dagegen zu Felde zogen. Der Gegenstand war neu, und man trennte sich schwer von den eingewurzelten Vorurtheilen, welche der Ahn seinen Enkeln uͤberliefert hatte; ein Karakterzug, der besonders dem Deutschen, dem mechanisch empirischen Gewerbsmanne aus mangelnder Gelegenheit zu wissenschaftlicher Ausbildung eigen zu seyn scheint. Es war der Beharrlichkeit unseres verdienstvollen Westrumb vorbehalten, mit der leuchtenden Fakel der neuen Chemie ein wohltaͤtiges Licht in die Finsterniß zu bringen, und es bedurfte daher nur eines Jahrzehends, der neuen Methode in den ersten Bleichanstalten Westphalens Eingang zu verschaffen, wo sie auch immer sich behaupten wird. Dadurch, so wie durch die praktischen Versuche und Erfahrungen rationeller Techniker, wurden alle fruͤhere Bedenklichkeiten nach und nach gehoben, die heut zu Tage nur noch in den finstern Koͤpfen, solcher Bleichmeister Raum finden, welche sich vom Knechte bis zum empirischen Meister ohne anderes Verdienst, als das des fruͤher hergebrachten Avencement geschwungen haben. Werfen wir dabei auch einen Blik auf die großen Leinwandbleichen in Irland, Schottland, Frankreich und Westphalen, auf die Kattunbleichen in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, wo man sich zum Bleichen der Waare in den ausgedehntesten Manufakturen der kaustischen Alkalien vorzugsweise bedient, so findet schlechterdings keine Einwendung mehr gegen dieses Verfahren statt. Das Bleichen mit den kaustischen Alkalien sezt uͤbrigens in der Ausuͤbung einen schon etwas geuͤbten Bleicher voraus. Er muß die Natur seiner anzuwendenden Materialien genau erkennen, um mit gluͤklichem Erfolge zu arbeiten. Dieses und fruͤher mißlungene Versuche moͤgen die Ursache seyn, weßwegen der handwerksmaͤßige Arbeiter bei Mangel an wissenschaftlichen Kenntnissen so schwer sich entschließt, seinen alten Vorurtheilen zu entsagen. Die Quantitaͤt des gebrannten Kalks zur Darstellung einer alkalischen Bleichlauge laͤßt sich nicht genau bestimmen, sie haͤngt von dem kalischen Gehalte, und dem proportionelen Antheile der Kohlensaͤure einer oder der andern Aschensorten abEs lassen sich statt der gebrannten Kalkerde auch andere gut gebrannte alkalische Erden, als Baryt- und Strontain-Erde, zur Darstellung aͤzend alkalischer Laugen verwenden; allein da sie viel seltener in der Natur angetroffen werden, und dadurch kostspieliger sind, so behaͤlt schon in oͤkonomischer Hinsicht die gebrannte Kalkerde den Vorzug. A. d. V.. Westrumb hat durch vielseitige Versuche im Großen beim Bleichen der Leinwand ausgemittelt, daß 1000 Pfund gute Holzasche 70, 80, bis 100 Pfund Kalk 1000 Pfund gute Waidasche   120 bis 200 Pfund Kalk 1000 Pfund gute Ballasche     80 bis 360 Pfund Kalk 1000 Pfund gute Pottasche 1500 Pfund Kalk. erfodern, um die mit dem Kali gebundene Kohlensaͤure volle kommen hinwegzuschaffen. Der alkalische Gehalt der Holzasche beruht auf der Natur der Holzgattung selbst. Gute Holzasche enthaͤlt 3 bis 6 Prozent wirkliches Kali; Asche im gewoͤhnlichen verkaͤuflichen Zustande hingegen nicht mehr als 2, 2 1/2 bis 3 Prozent Kali. Die Pottasche, wie sie im Handel angetroffen wird, gibt 30, 50, 60 bis 70 Prozent Kali. Die andern Waid- und Ballaschen-Sorten, liefern nach Westrumbs Untersuchung folgende Resultate in Ansehung des Gehalts an wirklichen Kali: Russische, Preußische etc. 10, 15, bis 18 Prozent, deutsche Ballasche   4, bis   8 Prozent. Ueber das Bindungsvermoͤgen des Kali und der Kalkerde zur Kohlensaͤure um neutrale kohlensaure Salze zu erhalten, gibt uns die Chemie folgende Tabelle: 100 Theile Kali binden 91 Theile Kohlensaͤure,   55 Th. Kalkerde binden 45 Theile Kohlensaͤure. Da die kaustisch alkalische Lauge in kohlensaͤure-freiem Zustande ein vortreffliches Agenz beim Bleichen aller vegetabilischen Substanzen in den Bleichanstalten darbiethet, welches nicht genug empfohlen werden kann, so glauben wir auf nachfolgende zwei wichtige Punkte bei der Ausuͤbung im Großen aufmerksam machen zu muͤssen: 1) daß dem alkalischen Salz alle Kohlensaͤure entzogen werde; 2) daß sich in der kaustisch alkalischen Lauge kein Ueberschuß von gebrannter Kalkerde befinde. Im ersten Falle, wuͤrde man kalisches Salz verlieren, weil durch die Bindung von Kohlensaͤure ein proportioneler Antheil Kali gebunden wird, welche Verbindung sich wirkungslos beim Bleichen verhaͤlt. Im zweiten Falle, wenn die voͤllig entkohlensaͤurte Fluͤssigkeit aͤzende Kalkerde aufnimmt, ist ein noch groͤßerer Schade zu befuͤrchten, da eine solche Fluͤssigkeit durch die Gegenwart des aͤzenden Kalks zerstoͤrend auf die Struktur der Pflanzenfaser wirktDie Zerstoͤrbarkeit der vegetabilischen Fasern durch aufgeloͤste gebrannte Kalkerde laͤßt sich leicht durch ein Experiment darthun. Wascht man z.B. ein Stuͤkchen ungebleichtes baumwollenes oder leinenes Zeug in Kalkwasser, und legt es einen Tag in der Sonne der Einwirkung des Lichts und der Luft aus, so wird, nach einigenmalen Wiederholen, die Weiße der Waare außerordentlich zunehmen, aber das Gewebe seine Haltbarkeit dermassen verlieren, daß man es zwischen den Fingern zerzupfen kann. Dieses erfolgt bei baumwollenen Zeugen um so eher, als bei leinenen, weil sie weniger fest im Faden sind. A. d. V.. Um neutrale Lauge fuͤr das Bleichgeschaͤft zu gewinnen, kann man sich nachfolgender Reagentien mit dem beßten Erfolge bedienen. Durch Drukpapier filtrirte, ganz wasserhelle, kohlengesaͤuerte Kali-Aufloͤsung (Pottaschen-Loͤsung) bewirkt in einer klaren kaustischen Lauge eine weißliche Truͤbung, wenn die Bleichfluͤssigkeit Kalk aufgeloͤst enthaͤlt. Um den Ueberschuß von Kalk an Kohlensaͤure zu binden, und aus dem Fluidum unter der Gestalt des kohlensauren Kalks niederzuschlagen, seze man so lange in kleinen Portionen Pottaschen-Loͤsung hinzu, bis keine Truͤbung mehr erfolgt. In dieser Beschaffenheit stellt die Fluͤssigkeit eine reine kaustische Bleich-Lauge dar. Ganz klares Kalkwasser in eine Lauge getroͤpfelt, welche noch Kohlensaͤure gebunden enthaͤlt, verursacht ebenfalls eine weiße Truͤbung. Es wird dann der Lauge noch so viel Kalkmilch gegeben, bis eine abgeklaͤrte Probe davon, in ein weißes Glas gebracht, mit dem Kalkwasser unveraͤndert bleibtDas klare stark gesaͤttigte Kalkwasser enthaͤlt nach Kirvan's Angabe in 680 Theilen reinen Wassers bei einer Temperatur von 12 bis 13º Reaum. nur einen Theil wirkliche Kalkerde aufgeloͤst. In solchem Zustande besizt die Aufloͤsung einen scharfen, zusammenziehenden Geschmak, faͤrbt den Veilchen-Syrup etc. gruͤn, die Fernambuk-Tinktur violett, und Curcumaͤpapier braun. Der atmosphaͤrischen Luft ausgesezt, absorbirt es Kohlensaͤure, und schlaͤgt einen Niederschlag, der sich zuerst als Haͤutchen auf der Oberflaͤche bildet, und kohlensaurer Kalk ist, so lange nieder, bis aller Kalk an Kohlensaͤure gebunden der Aufloͤsung, entzogen ist. Das Kalkwasser als Reagenz in den Bleichanstalten muß, wo moͤglich, frisch bereitet, oder in Flaschen mit eingeriebenen Stoͤpseln wohl verwahrt, aufgehoben werden. A. d. V.. Wird nach diesen Gesezen streng operirt, so erhaͤlt man eine reine kaustische Lauge, welche eine große Aufloͤsungs-Kraft gegen den gefaͤrbten Extraktivstoff, mit welchem das Gespinnst oder Gewebe verunreinigt ist, besizt; ohne im Geringsten befuͤrchten zu duͤrfen, daß die Pflanzenfaser angegriffen werde. Es ist dieses durch die Geseze der Chemie so unwidersprechlich bewiesen, daß es uͤberfluͤssig waͤre, mehres daruͤber zu sagen. Meine eigene praktische Erfahrungen im Großen beim Bleichen der Baumwollen- und Leinen-Gewebe, die ich fast zwei Jahrzehend hindurch gemacht habe, stimmen mit diesen Resultaten aufs Genaueste uͤberein, und ich kann daher das Verfahren, vermittelst kaustisch alkalischer Fluͤssigkeit zu laugen, den vaterlaͤndischen Bleichanstalten nicht genug empfehlen. Darstellung der kaustischen Lauge. In einem geraͤumigen hoͤlzernen Gefaͤß loͤsche man die gehoͤrige Quantitaͤt frisch gebrannten Kalks mit heißem Wasser zu einem etwas duͤnnern Kalkbrei ab. Die Pottasche, welche zuvor in einem blanken eisernen Kessel mit hinreichendem Wasser vollkommen geloͤst wurde, gieße man in ein hoͤlzernes Gefaͤß, lasse sie erkalten, um das darin enthaltene schwefelsaure Kali in kristallinischer Form auszuscheiden. Der Kaliloͤsung seze man eine hinreichende Quantitaͤt Flußwaßer zu, und ruͤhre sie nach und nach in den frisch bereiteten Klasbrei ein. Das Ganze lasse man zu inniger Verbindung der Kohlensaͤure mit der Kalkerde, 10–12 Minuten hindurch gut untereinander ruͤhren. Ist dieses geschehen, so wird die Masse auf den Laugenapparat gebracht. Dieser besteht aus einer Auslaugungsbuͤtte, unter welcher das mit einem gut einschließenden Dekel versehene Laugenfaß angebracht ist. In dem Dekel befinden sich vier runde Oeffnungen, in welche die 4 trichterartigen, 8 Zoll langen Roͤhren der Auslaugungsbuͤtte, die unten am Ausfluße und in der Buͤtte selbst, ein durchschlagaͤhnliches kupfernes Blech habest, einpassen. Das Laugenfaß ruht auf einem starken Querholzgeruͤste, und hat 4 Zoll vom Boden, in einer Entfernung von 6 zu 6 Zoll, fast bis zur Haͤlfte des Faßes hoͤlzerne Haͤhne, um nach Umstaͤnden nur die ganz klare Lauge ablassen zu koͤnnen. In die Auslaugungsbuͤtte wird zuerst eine grobe, von der Weberschlichte gereinigte Leinwand gebracht, auf diese eine ausgebreitete Strohlage, dann wieder Leinwand, und zulezt noch eine dike Strohschichte. Nach dieser Vorrichtung wird die Lauge mit dem Kalkbrei zum Filtriren der erstern aufgegossen, und so lange portionenweise Helles Flußwasser beigemischt, bis die ablaufende Fluͤssigkeit keinen alkalischen Geschmak mehr zu erkennen gibt; dieß ist dann das Merkmal von der Beendigung der Operation. Zur Darstellung der kaustisch alkalischen Lauge laße ich gewoͤhnlich den Apparat gegen 5 Uhr Nachmittags in Gang sezen, und das Aufgießen des frischen Wassers die Nackt uͤber durch einen Fabrikwaͤchter verrichten. Morgens pruͤfe ich, ob alles alkalische Salz ausgezogen ist, und wende die rein abgeklaͤrte Lauge, nach vorgenommener Untersuchung mit den angegebenen Pruͤfungsmitteln, in ihrem ganz hellen Zustande um Bleichen an. Nach Verhaͤltniß der Laugenstaͤrke, welche durch den Areometer bestimmt wird, seze ich bei dem Auskochen der Waare so viel Flußwasser hinzu, als noͤthig ist, um den gewuͤnschten Grad der Staͤrke oder Verschwaͤchung zu erhalten. Da die kaustisch alkalische Lauge ein starkes Bestreben besizt, die kohlensaͤure des Dunstkreises zu absorbiren, so laße ich nach jedem Wasseraufguß den Dekel der Auslaugungs-Buͤtte schließen, und wenn nach Beendigung der Operation lezterer abgehoben ist, die Oeffnungen des Laugen-Fasses durch hoͤlzerne Sponten sorgfaͤltig verstopfen. Den in der Auslaugungsbuͤtte zuruͤkgebliebenen kohlensauren Kalkbrei lasse ich sammt dem Stroh als ein gutes Duͤngmittel in die Miststaͤtte werfen, die ausgespannte Leinwand gut auswaschen, und bei der folgenden Operation wieder anwenden. Sowohl die Auslaugungs-Buͤtte als das Laugenfaß und andere Gefaͤße, lasse ich von Weißtannenholz, und zwar das Laugenfaß zur laͤngeren Dauer ziemlich stark in den Dauben anfertigen. Von dem Behandeln der baumwollenen Gewebe in der kaustisch alkalischen Lauge. Die durch den Fermentations-Prozeß vorgerichteten baumwollenen Waaren koͤnnen vermittelst kaustisch alkalischer Lauge nach den vier verschiedenen Arten behandelt werden. 1) Durch Erwaͤrmen der Lauge, Aufgießen, Niedererwaͤrmen Aufgießen und Maceriren; 2) Durch Kochen in Kesseln; 3) Durch kaustisch alkalische Wasserdaͤmpfe, nach Chapthals Methode; 4) Durch Behandlung in dem dampfartigen Laugen-Apparate. Nach der ersten Methode wird die Waare in der Lauge eben so behandelt, wie fruͤher bei dem Bleichen mit dem milden Kali gelehrt wurde. Bei der zweiten Methode verfaͤhrt man der fruͤher angegebenen gemaͤß, nur mit dem Unterschiede, das hier bei der ersten Auskochung 4–5 Stunden, bei der zweiten und dritten aber 3–4 Stunden zureichen, ein guͤnstiges Resultat zu verschaffen. Die Behandlung mit kaustisch alkalischen Wasserdaͤmpfen werden wir spaͤter bei Chaptals Verfahren kennen lernen. Bei der vierten vorzugsweise zu empfehlenden Methode verfahre ich, um 300 Stuͤke 5/4 breite und 46 Ellen lange Callico's fuͤr den Kattundruk zu bleichen, folgendergestalt: Die Vorrichtung und Auskochung, so wie alle uͤbrigen Manipulationen geschehen nach dem fruͤher beschriebenen Verfahren. Erste   alkalische Lauge mit 34 Pfund Pottasche von 54–56 % Kali, zweite alkalische Lauge mit 28 Pfund Pottasche von 54–56 % Kali, dritte   alkalische Lauge mit 20 Pfund Pottasche von 54–56 % Kali, welche die gebundene Kohlensaͤure durch gebrannten Kalk nach der oben angezeigten Methode entzogen wird. Die so behandelte Bleichwaare ließ hinsichtlich ihrer Vollkommenheit nichts zu wuͤnschen uͤbrig; sie zeigte, gegen das Licht gehalten, keinen gelblichen, sondern den einer vollkommen gebleichten Waare eigenthuͤmlichen blauen Schein; auch verhielt sie sich im Krappkessel und der kalten Indigokuͤpe als ein absolut entfaͤrbtes Produkt. Schon vor 18 Jahren hatte ich Gelegenheit, nach dieser Methode im noͤrdlichen Deutschlande eine Kattunbleiche einzurichten, wo jaͤhrlich gegen 20000 bis 25000 Stuͤk baumwollene Waaren fuͤr den Kattundruk gebleicht wurde. Aus dem Behandlen der Waare auf der Bleichwiese u.s.w. Nach der ersten und zweiten Auskochung mit der kaustisch alkalischen Lauge wird die Waare im Sommer 5–6 Tage auf die Weise ausgelegt, und immer nach dem dritten Tage umgewendet. Bei unguͤnstiger Witterung ließ ich sie nach der dritten Auskochung 8–9 Tage liegen, am vierten Tag umkehren, und nach dem Aufnehmen von der Wiese durch ein schwefelsaures Bad, und zulezt fuͤr den Druk gewisser Fabrikate durch ein Kuhmistbad nehmen. Die lezte mit der vollstaͤndig gebleichten Waare vorzunehmende Operation ist das Sengen oder Abbrennen der sich erhobenen Fasern durch Hinziehen uͤber weißgluͤhende eiserne Staͤhle. Die Waare wird nach dieser Operation gewaschen, gewalkt und an der freien Luft getroknetIn England werden alle baumwollenen Gewebe nach Parkes Versicherung roh gesengt, oder man weicht sie zuerst in Wasser ein, um die durch die Weberschlichte niedergedruͤkte Fasern zum Aufstehen zu disponiren. Diesem englischen Verfahren ist das Sengen der Waare in gebleichtem Zustande weit vorzuziehen. Denn, da durch die Behandlung im Bleichen, Waschen und Walken noch viele Fasern loker gemacht, andere aber die niedergedruͤkt waren, wieder aufstehen, so kann der Zwek durch Sengen nur im weißgebleichten Zustande vollkommen erreicht werden. Ganz feine Gewebe, wie Linon, Jeaquinet's, Mouseline und Batiste, koͤnnen nicht uͤber gluͤhende Eisencylinder gesengt werden; man thut dieß uͤber brennendem Weingeist. A. d. V.. Wenn naß gebleicht wird, laͤßt man die Waare nach der Laugenpaßage erkalten, spannt sie dann, auf der Bleichwiese aus, und begießt sie am ersten und zweiten Tag 4–5mal bei besonders starker Sommerhize; in den darauf folgenden Tagen aber nur 2–3mal taͤglich. Bei der trokenen Bleiche laͤßt man die Waare nach den Laugen walken, auf die Bleichwiese auslegen, und der Einwirkung der Luft und des Thaues so wie des zufaͤlligen Regens ausgesezt. Verfahrungsart, baumwollene Gespinnste oder Gewebe vermittelst der saponificirten kaustisch alkalischen Lauge zu allen Jahreszeiten schnell und schoͤn weiß zu bleichen. Im dritten Bande dieses Journals S. 198–208 habe ich die Verfahrungsart beschrieben, vermittelst der saponifinirten kaustisch alkalischen Lauge baumwollene Gespinnste und Gewebe verschiedener Gattung, welche weiß in den Handel gebracht werden, zu bleichen. Da ich seit jener Zeit einige wesentliche Verbesserungen im Verfahren selbst, so wie in den darauf folgenden Operationen zur moͤglichsten Vervollkommnung gewisser Fabrikate gemacht habe, so glaube ich, diesen Gegenstand noch einmal ergreifen zu messen, um dessen Ans Wendung fuͤrs Allgemeine, und fuͤrs Spezielle anschaulicher zu machen. Den Hauptversuch im Großen unternahm ich mit 300 Stuͤken 5/4 breiten und 46 Ellen langen Calico's. Die Waare wird in einem geraͤumigen Gaͤhrungs-Gefaͤße mit lauem Flußwasser uͤbergossen, und durch Beschweren untergehalten, daß die Fluͤssigkeit 6 Zoll uͤber derselben steht. Nach Verlauf von 12–14 Stunden zeigen sich die gewoͤhnliche Symptome der Gaͤhrung, welche nach 3 Tagen den gehoͤrigen Punkt der sauren Gaͤhrung erreicht, der bei solcher zu bleichenden Waare erforderlich ist. In diesem Zustande wird die Fluͤssigkeit abgelassen, und noch einigemale frisches Wasser nachgegossen, um die noch anhaͤngende saure Fluͤssigkeit so gut als moͤglich abzuspuͤhlen. Ich ließ darauf den Hahn der Fermentations-Kufe wieder schließen, und eine milchlaue Seifenloͤsung, in welcher 18 Pfund gewoͤhnliche Seife zuvor geloͤst wurden, aufgießen, und die noch fehlende Fluͤssigkeit durch laues Flußwasser ersezen, um die Waare 4–6 Zoll tief unter der Seifenloͤsung zu erhalten. Nach dreitaͤgigem Ruhen, wird die Fluͤssigkeit abgelassen, die Waare herausgenommen, gut gewaschen, zweimal gewalkt und fuͤr die Behandlung im Laugen-Apparate aufgefacht. Die Laugenoperation geschieht vermittelst des dampfartigen Laugen-Apparats, nachdem zuvor die saponificirte kaustisch-alkalische Lauge auf folgende Art bereitet wird: 280 Pfund gute Pottasche von 54–56 % Kali werden mit 140 Pfund guten frisch gebranntem Kalk, nach angegebener Weise zur kaustischalkalischen Lauge gemacht, die gewonnene ganz abgeklaͤrte Fluͤssigkeit mit einer Seifenaufloͤsung von 32 Pfund gewoͤhnlicher Seife zusammengeruͤhrt, in die Laugenkufe, auf die eingeschichtete Waare gegossen, und so viel Flußwasser nachgegeben, als erforderlich ist, den eingemauerten cylinderfoͤrmigen Laugenkessel in gleichem Niveau, mit der Laugenkufe zu speisen. Nach dieser Vorrichtung wird Feuer unter den Kessel gemacht, und mit Heizung ununterbrochen so lange fortgefahren, bis die Waare in der Kufe 52 Stunden lang gut gekocht hat. Ich ließ sie nach dieser Operation noch eine Nacht hindurch in der heißen Lauge liegen, den andern Tag die Fluͤssigkeit ablaufen, sammeln und fuͤr den fernern Gebrauch, wie in der fruͤhern Abhandlung angegeben ist, mit frisch gebranntem Kalk, Zusaz an Pottasche und Seife aufs Neue zurichten. Die aus der Kufe geschafte Waare wurde am Fluß gut gewaschen, zweimal tuͤchtig gewalkt, und in das schwefelsaure Bad gebracht. Ich muß gestehen, das die Behandlung in dem dampfartigen Laugen-Apparate sehr viele Vorzuͤge vor dem Auskochen der Waare im Kessel besizt, indem nach dem schwefelsauren Bade eine Probe davon durch den Krappkessel genommen weniger einfaͤrbte, als die im offenen Kessel gelaugte Waare. Ein Beweis, daß bei wenigem Bleichmaterial durch Huͤlfe des Bleich-Apparats mehr Unreinigkeit aufgeloͤst wurde, als dieses die offene Kessel-Auskochung zu bewirken im Stande war. Dessen ungeachtet eignet sich dieses Verfahren nur fuͤr solche Fabrikate, die weiß in den Handel kommen; fuͤr den Druk und das Faͤrben wird, damit man ein gelungenes Resultat erhalte, einige Nachhuͤlfe erfordert, um diesem Uebel vollkommen zu begegnen. Zu dem Ende ließ ich die Waare nach dem schwefelsauren Bade abermals in einer schwachen kaustisch-alkalischen Lauge, ohne Seifenzusaz, welche vermittelst 36 Pfund Pottasche, und der dazu erforderlichen Quantitaͤt Kalk bereitet wurde, noch einmal in dem Kochapparate 12 Stunden behandeln, herausnehmen, gut waschen, walken, und dann 12 Stunden in die Chlorinfluͤssigkeit bringen. Von hier aus wird die Waare gut gewaschen, gewalkt, wieder in das schwefelsaure Bad eingelegt, gewaschen, gewalkt und zulezt durch ein Kuhmistbad genommen, zur gaͤnzlichen Vollkommenheit aber 2–3 Tage auf die Bliechwiese ausgelegt. Durch dieses Verfahren erhielt ich ein Produkt, welches hinsichtlich der Anwendung im Faͤrben nichts zu wuͤnschen uͤbrig ließ. Bei der Waare, welche weiß in den Handel gebracht wird, richtet sich das Bleichverfahren nach der verschiedenen Staͤrke, Dichtigkeit und Feinheit des Fadens oder Gewebes. Um diesen wichtigen Gegenstand genau auseinander zu sezen, wollen wir die Verfahrungsarten der verschiedenen baumwollenen Fabrikate einzeln durchgehen. A) Bleichen der Pique, Ripse und des Barchent. Die Fermentation, Seifenmaceration und Behandlung mit der saponificirten kaustischen Kalilauge ist dem eben angegebenen Verfahren gleich. Um aber den hoͤchsten Grad der Weiße ganz feinen Fabrikaten zu geben, werden diese nach dem schwefelsauren Bade 15–20 Stunden hindurch in einem Seite ist falsch paginiert, in der Seitenchronolgie aber richtig.Clorinbade erhalten, wieder in ein schwefelsaures Bad gebracht, sorgfaͤltig gewaschen, gewalkt, und ihnen vermittelst geblaͤutem Indigowassers die lezte Vorrichtung ertheilt. Dergleichen Fabrikate duͤrfen nur in freier Luft abgetroknet werden, bevor man sie durch die Appretur-Maschine fuͤr den Verkauf zurichtet. B) Bleichen der Mouseline, Jeaquinet etc. Bei diesen feinen leichten Geweben hat man nur die Waare nach dem ersten schwefelsauren Bade einige Tage auf die Wiese auszulegen, nochmals in das schwefelsaure Bad zu bringen, gut zu waschen und zu walken, hernach durch ein mit Indigo geblaͤutes Wasser zu ziehen, und an der freien Luft abzutroknen. C) Bleichen der Gespinnste: als Garn, Strikgarn etc. Dieses erfolgt durch die Fermentation, Maceriren in Seifenwasser, Auskochen in einer verschwaͤchten saponificirten kaustisch-alkalischen Lauge und Einlegen in ein schwefelsaures Bad vollkommen. D) Bleichen der feinen Struͤmpfe und Muͤzen. Das Bleichen der extrafeinen Struͤmpfe und Muͤzen fuͤr den Handel geschieht auf dieselbe Weise, wie das Bleichen der Piquée etc. nur mit dem Unterschied, daß sie nicht mit dem blauen Wasser, sondern in einem geblaͤuten ganz heißen Seifenbade behandelt, nachher in kaltem Wasser ausgewaschen, und ganz troken geschwefelt werden, wodurch diese Fabrikate einen vortheilhaften Glanz und weiches Anfuͤhlen erhalten. Ordinaire Struͤmpfe und Muͤzen, beduͤrfen weder des Seifenwassers noch der Schweflung; sie werden in einem gewoͤhnlichen geblaͤuten Wasser durchgenommenDas allerbeste und sicherste Mittel zum Blaͤuen aller Baumwollen- und Leinen-Fabrikate sowohl im weißen, als kolorirten Zustande ist dieses:16 Loth fein gestoßenen Indig ruͤhre man mittelst eines Glasstaͤbchens portionenweise in einem in kaltes Wasser gestellten steinernen Topf mit 2 Pfund rauchender Schwefelsaͤure zusammen, lasse das Gemisch 25 Stunden lang ruhig stehen, und seze 6 Pfund Flußwasser nach und nach hinzu, so, daß die Indigaufloͤsung nur wenig erwaͤrmt wird. Es werden nun 3 1/2, Pfund gute Pottasche in 6 Pfund Wasser geloͤst, die Loͤsung durch Drukpapier filtrirt, und so lange von derselben der Indigaufloͤsung unter bestaͤndigem Umruͤhren mitgetheilt, bis kein Aufbrausen mehr zu bemerken ist. Wenn die Schwefelsaͤure der Indigaufloͤsung durch Kaliloͤsung vollkommen gesaͤttigt ist, filtrirt man das Ganze durch einen dichten Spizbeutel von weißem Filz. Zu Anfang des Filtrirens, Seite ist falsch paginiert, in der Seitenchronolgie aber richtig.so lange der Spizbeutel Indigniederschlag durchlaͤßt, gießt man die Fluͤssigkeit wieder auf, welches 3–5mal wiederholt wird. Die ablaufende graulich blaue Fluͤssigkeit enthaͤlt das schwefelsaure Kali aufgeloͤst; der Indigniederschlag bleibt im Spizbeutel zuruͤk. Um lezteren ganz salzfrei zu bekommen, lauge man ihn noch einigemale mit kochendem Wasser aus. Diesen purpurfarbenen Praͤzipitat in Form eines Teiges verwahre man in gut zugebundenen Gefaͤßen vor dem Zutritte der Luft, weil er große Neigung besizt, bald zu schimmeln. In Wasser gebracht, stellt er ein aͤußerst schoͤnes lebhaftes Blau dar, und da er ganz saͤuere- und salzfrei ist, so eignet er sich am vortheilhaftesten fuͤr das Blaͤuen der Waare. Aus derselben Ursache ist dieser Praͤcipitat auch der gewoͤhnlichen schwefelsauren Indigaufloͤsung zur Pruͤfung der Chlorine und den Chlorinverbindungen in den Bleichanstalten um vieles vorzuziehen. A. d. V.. Seite ist falsch paginiert, in der Seitenchronolgie aber richtig. In England sezt man nach Parkes VersicherungSamuel Perkes chemische Abhandlungen und Versuche fuͤr die Kuͤnste und Manufakturen in Großbritannien, aus dem Englischen uͤbersezt. Erste Abtheilung S. 241. Weimar. Industrie-Comptoir 1821. einen großen Werth auf das Schwefeln der Struͤmpfe, wodurch ein Theil der inhaͤrirenden Seife zersezt wird, welche mit der Zeit der Waare einen gelblichen, sie fuͤr den Verkauf untauglich machenden Schimmer geben wuͤrde. Sind die Struͤmpfe aus der Schwefelstube gekommen, so befeuchtet man sie leicht mit klarem Wasser, um sie zur lezten Operation vorzubereiten, die den Namen Glanz hat, und darin besteht, daß man jeden Strumpf, leicht auf eine hoͤlzerne Form ausbreitet, und sodann parthieweise unter die Preße bringt, oder einen um den andern mit einem heißen Stahl buͤgelt. Von dem Bleichen der baumwollenen Gespinnste und Gewebe vermittelst der liquiden oxidirten Salzsaͤure (Chlorine). Die Chemie verdankt dem verdienstvollen, fuͤr die Naturwissenschaften zu fruͤh gestorbenen, Scheele in Schweden, die Entdekung der oxidirten Salzsaͤure im Jahr 1774, und die Beobachtung, daß diese neue Saͤure alle Farben der Pflanzenfaser zerstoͤreAbhandlungen der schwedischen Akademie der Wissenschaften Jahrgang 1774.. Graf Berthollet aber war der Erste, der die bleichende Wirkung dieser Saͤure gegen vegetabilische Stoffe in Anwendung brachteJournal Physik. Jaͤner 1785 und August 1786., und die neue Bleichmethode mit der oxidirten Salzsaͤure und deren Verbindungen gruͤndete. In Großbritannien wurde sie zu Aberdeen in dem Hause Gordon, Barron und Comp. 1787 durch den Professor Copland eingefuͤhrt, wo man sich anfaͤnglich des Woulfischen Apparats mit Glas, nachher der hoͤlzernen Gefaͤße zur Darstellung bediente. Auch Watt hat sich um die Einfuͤhrung derselben in diesem Reiche große Verdienste erworben. Meiner Abhandlung im dritten Bande dieses Journals, S. 394–406 baumwollene Stoffe vermittelst der Chlorine zu bleichen, reihe ich noch einige Bemerkungen an, welche sich mir seitdem durch Erfahrungen dargeboten haben. Nach der Vermischung von 21 Pfund Kochsalz;   9 Pfund Braunstein; 14 Pfund franzoͤsischer Schwefelsaͤure; 15 Pfund Wasser, zur Bereitung der Chlorine; seze ich dem Wasser in dem Mischungsfaße eine Loͤsung von zwei Pfund Pottasche zu, um den siechenden Geruch der Saͤure zu mindern, und den Bleicharbeitern ihr Geschaͤft ertraͤglicher zu machen. Durch diese Vorrichtung wird eine Bleichfluͤssigkeit erhalten, welche Chlorinkali mit stark praͤdominirender Saͤure an Wasser gebunden enthaͤlt, und sich beim Geschaͤft des Bleichens von großer Wirkung zeigt. Nachdem die Waare vollkommen gebleicht ist, lasse ich diejenigen Stuͤke, welche fuͤr Lapis oder zarte Krapp-Farben bestimmt sind, nach schon mehrmal angezeigter Weise durch ein Kuhmistbad nehmen, um den Faden disponibler fuͤr die Indigaufnahme und geeigneter fuͤr den Krappkessel zu machen. Ich vermeide dadurch alle Fleke, welche fruͤher unter dem Namen Krappfleke bekannt werden. Noch muß ich eines Drukfehlers gedenken. Seite 403 im dritten Bande dieses Journals soll 300 statt 200 Stuͤke Kalico stehen. Von dem Bleichen der vegetabilischen Stoffe vermittelst der Chlorindaͤmpfe. Das Bleichen vegetabilischer Stoffe durch Chlorindaͤmpfe, ein Verfahren, dem vornehmlich von Born in Wien huldigte, und das spaͤter durch Hrn. Giber in Dinglers neuem Journal fuͤr Druk-, Faͤrbe- und Bleichkunst im 4ten Band mit Abbildung der erforderlichen Apparate aufs Neue zur Sprache gebracht wurde, scheint sich keine gluͤkliche Aufnahme versprechen zu duͤrfen. Die Einrichtung und das Verfahren des Hrn. Giber, die gasfoͤrmige Chlorine durch Wasserdaͤmpfe zu verbreiten, ist in wissenschaftlicher Hinsicht wohl das interessanteste was wir uͤber diesen Gegenstand kennen. Ich bin geneigt zu glauben, daß durch die vielen andern uns zu Gebothe stehenden zwekfoͤrdernde Mittel, das Bleichen mit der gasfoͤrmigen Chlorine schwerlich je Eingang in unsern und in andern europaͤischen Manufaktur-Anstalten finden werde, obgleich Herr Erxeben, ein Schuͤler des von Born, diesem Verfahren die Ausfuͤhrbarkeit im Großen zugesteht, wenn naͤmlich die Bleichwaare feucht in ein luftdichtes Behaͤltniß blattweise aufgehaͤngt, und die Chlorine in Gasgestalt in den geschloßenen Apparat durch besondere Oeffnungen geleitet wird. Haben wir in Deutschland durch von Born oder dessen Schuͤler auch nur Eine praktische Anstalt dieser Art ins Leben treten sehen? In Großbritanien und Frankreich blieb es auch nur bei Versuchen! – Ein Haupthinderniß der Einfuͤhrung dieser Methode wird immer der Nachtheil derselben fuͤr die Gesundheit der Arbeiter seyn, weil eingeathmetes Chloringas auf die Respiration des thierischen Organismus toͤdtlich wirkt. Ohne der ungluͤklichen Opfer aus der arbeitenden Klasse zu gedenken, fuͤhre ich nur einige besonders wichtige Beispiele an. Bald nach Entdekung der Saͤure in Gasgestalt durch Scheele, verlohr Roé, ein junger hoffnungsvoller Chemiker zu Ringsand bei Dublin, durch starke Einathmung des Chloringases sein Leben. Eben dieses Schiksal hatte der franzoͤsische Chemiker Pelettier. Auch der deutsche, durch viele Verdienste um die Bleichkunst ausgezeichnete Westrumb erfuhr die traurigen Wirkungen des Chloringases, indem er 30 Jahre lang bis zu seinem Tode an einem angegriffenen Lungenfluͤgel litt. Von dem Bleichen der baumwollenen Stoffe vermittelst Chlorinkali (Javelléscher Lauge) und Chlorinnatron. Wenn die oxidirte Salzsaͤure (Chlorine) an eine verhaͤltnißmaͤßige Quantitaͤt Kali gebunden wird, daß die Saͤure in der Aufloͤsung stets vorwaltet, so stellt die Bleichfluͤssigkeit die sogenannte Javellésche Lauge (eau de Javelle) dar, welche von den Baumwollen-Bleichern in Frankreich zuerst angewendet wurde. Fruͤher befolgte man bei der Darstellung des Chlorinkali diese beiden Verfahrungsarten: a) die Saͤure in Gasgestalt an milde Kaliloͤsung zu binden, wodurch die Kohlensaͤure des Kali ausgeschieden wurde, und b) die Saͤure an reines (kaustisches) Kali zu binden. Beide Verfahrungsarten geben, wenn die Pottasche keine fremde Substanzen enthaͤlt, ein so gleiches Produkt, daß es bei gleicher Chlorinentwiklung nicht von einander zu unterscheiden ist. Ich ziehe jedoch das kaustische Kali der gewoͤhnlichen Pottasche vor, weil leztere oͤfters schwefelsaures Kali enthaͤlt, welche durch aͤzenden Kalk zersezt, und wobei die Schwefelsaͤure aus der Verbindung als Gips praͤzipitirt wird. Bei Bereitung des Chlorinnatron finde ich die Anwendung der Sodaloͤsung in kaustischem Zustande ebenfalls vortheilhafter. Der groͤßte Vortheil der Verbindung des oxidirt salzsauren Gases mit dem Kali oder Natron besteht darin, daß die Bleichfluͤssigkeit das saure Gas der Waare nur nach und nach liefert, in dem Verhaͤltnis, in welchem sie sich damit saͤttiget, wodurch die Operation den Arbeitern keineswegs schaͤdlich wird. Jene Verbindung vermindert aber auch die bleichende Wirkung um so mehr, als Kali oder Natron gebunden wird, welches gegen liquide Chlorine, wo das Gas einfach mit dem Wasser verbunden ist, einen Verlust von 15–20 Prozent ausmacht. Eine ganz neutrale Verbindung der Chlorine mit dem Kali oder Natron, stellt das oxidirtsalzsaure Kali und oxidirtsalzsaure Natron dar, zwei salinische Verbindungen, die zum bleichen ganz untauglich sind. Dergleichen Salze lassen sich jedoch schnell zersezen, und fuͤr den Gebrauch des Bleichens benuzen, wenn mit Wasser verschwaͤchte Schwefelsaͤure hinzugegeben wird. Die Schwefelsaͤure bindet das Kali oder Natron, wogegen die Chlorine in Freiheit gesezt wird. Das Verhaͤltniß des Zusammensazes bei Bereitung des Chlorinkali zum Bleichen ist in den Manufakturen Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands u.s.w. sehr verschieden. Berthollet nimmt 5 Pfund Kochsalz, 2 Pfund Braunstein, 4 Pfund englische Schwefelsaͤure, und 4 Pfund Wasser zur Entwiklung der Chlorine, leitet das Chloringas in eine Ausloͤsung von 10 Pfund Pottasche und 20 Pfund Flußwasser. Nach einer andern Vorschrift werden 6 Pfund Kochsalz, 2 Pfund Braunstein, 4 Pfund Schwefelsaͤure, und 4 Pfund Wasser zusammengebracht, und das Chloringas in eine Aufloͤsung von 8 Pfund Pottasche in 24 Pfund Wasser geleitet. Westrumb nimmt   4 Pfund trokenes Kochsalz.   2 Pfund Braunstein.   3 Pfund Schwefelsaͤure.   6 Pfund Wasser zur Entwiklung der Chlorine, welche er in eine klare Aufloͤsung von 8 Pfund Pottasche in 16 bis 20 Pfund Wasser streichen laͤßt. Die Seiten und Leitungsroͤhren laͤßt er in eine Mittelflasche gehen, welche mit 4 bis 6 Pfund Wasser gefuͤllt ist, in welcher zuvor 1/2 Pfund Pottasche aufgeloͤst wurde. Die zweite Flasche, in welcher die Javellische Lauge eigentlich gebildet werden soll, enthaͤlt eine Aufloͤsung von 3 bis 4 Pfund moͤglichst reinster Pottasche, die in 12 Pfund Wasser aufgeloͤst werden. Bei Anwendung des kaustischen Kali zur Darstellung der Javelleschen Bleichlauge beobachtet man in Frankreich folgendes Verhaͤltniß: 4 Pfund Kochsalz, 2 Pfund Braunstein, und 2 1/2 Pfd. Schwefelsaͤure. In die Vorlage werden 2 1/2 Pfund kaustisches Kali in 16 Pfund Wasser geloͤst gebracht. Westrumb nimmt 6 Pfund ganz trokenes Kochsalz, 3 Pfund Braunstein, und 4 1/2 Pfund konzentrirte Schwefelsaͤure, die zuvor mit 9 Pfund Wasser gemischt wurde. In die Mittelflasche und Vorlage bringt er 2 Pfund vollkommen reines kaustisches Kali, welches zuvor in 16 Pfund Wasser geloͤst worden. Bei der Anwendung zum Bleichen wird die so bereitete Javellesche Bleichlauge mittelst Pottasche dargestellt, mit 10 bis 12 Theilen, die mit dem kaustischen Kali gefertigte aber mit 20 bis 25 Theilen hellen Flußwasser geschwaͤcht. In Großbritannien geschieht die Zusammensezung in Folge eines Gesezes, welches durch eine Parlamentsakte die Abgabe auf Salz in den Manufakturen nachlaͤßt, und den Zollbeamten auftragt, bei der Mischung der Materialien zugegen zu seyn. Es muß diese wenigstens aus 20 Pfund Schwefelsaͤure, 20 Pfund Braunstein, 10 Pfund Wasser und 56 Pfund Meersalz bei der Bereitung der Chlorine und ihren Verbindungen zusammengesezt seynBei diesem englischen Zusammensaz ist im Verhaͤltniß zum Meersalz zu wenig Schwefelsaͤure und zu viel Braunstein angewendet, wodurch sich ein Verlust von unzerseztem Salz und Braunstein ergibt. A. d. V.. Ein sehr zuverlaͤssiges und richtiges Verhaͤltniß beim Bleichen baumwollener Gewebe im Großen fuͤr den Kattundruk, so wie das Bleichen der Leinwand, vermittelst Chlorins Kaliloͤsung gewaͤhrte mir folgender Zusammensaz fuͤr die Entwiklung der Chlorine zum kaustischen Kali: 31 1/2 Pfund trokenes Kochsalz, 13 1/2 Pfund Braunstein, 21 Pfund franzoͤsische Schwefelsaͤure und 24 Pfund Wasser. Fuͤnfzig Pfund Pottasche werden mit 50 Pfund frisch gebrannten Kalk mittelst Flußwasser in dem Laugenapparat zur kaustisch-alkalischen Lauge gemacht, die klare Fluͤssigkeit in das Mischungsfaß, welches S. 402 im dritten Bande dieses Journals beschrieben ist, gebracht, und so lange helles Flußwasser zugesetzt, bis die Fluͤssigkeit ein Gewicht von 300 Pfund betraͤgt. Die uͤbrige Manipulation und Entwikelung der Chlorine geschieht nach der Vorrichtung, welche am eben angefuͤhrten Orte gelehrt wird. Bein Bleichen der Waare bringe man von der erhaltenen Chlorin-Kaliloͤsung so viel in eine gehoͤrige Menge Wasser, als zum Hin- und Wieder-Drehen der Waare uͤber den Haspel erfodert wird, und verfahre im uͤbrigen eben so, wie bei dem Bleichen mit der liquiden Chlorine. Ein solches Bleichwasser muß so stark seyn, daß ein eingetauchtes leinenes Luͤmpchen, welches zuvor fermentirt und durch kaustischalkalische Lauge fuͤr das Bleichen vorgerichtet worden, in der Fluͤßigkeit bald eine weiße Farbe annimmt. Die Bleichwirkung kann auch durch in Wasser zertheilten Indigpraͤzipitat, oder durch den Hydrometer gepruͤft werden. Die Pruͤfung mittelst des Indig ist jedoch sicherer, als der Hydrometer, weil dieser nur die spezifische Dichtigkeit, gleichviel ob es oxydirtsalzsaure oder gewoͤhnliche salzsaure Verbindung ist, anzeigt. In Laͤndern, wo das Natron wohlfeiler als Kali ist, kann man sich desselben mit gleicher bleichender Wirkung statt der Pottasche bedienen. Von dem Bleichen der baumwollenen Stoffe mittelst Chlorinkalks. (Tenneants Bleichfluͤssigkeit.) Die Verbindung der Chlorine mit der Kalkerde stellt die Chlorinkalkerde dar, welche vorwaltende freie Saͤure hat. Nach ihrem Entdeker Tennant aus Glasgow wird sie auch tennant'sche Bleichfluͤssigkeit genannt. Auf sein Gesuch ertheilte die Regierung Herrn Tennant gleich nach der Entdekung im Jahre 1789 ein ausschließliches Patent, von welchem er einen solchen Gebrauch zu machen wußte, daß es ihm uͤber hundert tausend Gulden einbrachte. Er both naͤmlich die Mittheilung seines Verfahrens den ausgezeichnetes Manufakturen Großbritaniens, und zwar jeder einzeln, fuͤr 200 Pfund Sterling an. Mehrere kauften ihm das Geheimniß um diese Summe ab. Aber nach einiger Zeit wurde die Guͤltigkeit des Patentes angegriffen, und durch einen Richterspruch vernichtet, wodurch das Verfahren zur Oeffentlichkeit gelangte; gegenwaͤrtig wird es in allen großen Leinwandmanufakturen Großbritaniens, hie und da mit kleinen Abaͤnderungen, ausgeuͤbt. Es gehoͤren zur Entwiklung der Chlorine: 30 Pfund Seesalz, 30 Pfund Braunstein, 30 Pfund Schwefelsaͤure und 18 Pfund Wasser.Offenbar ist bei dieser Zusammensezung die Quantitaͤt des Braunsteins und der Schwefelsaͤure zur Zersezung des Seesalzes und Bildung der Chlorine zu groß angenommen. (Anm. d. Verf.) In einem Rezipienten, der 140 Gallonen (1,120 Pfund) Wasser enthaͤlt, bringt Tennant 40 Pfund Seesalz, um das Wasser spezifisch schwerer zu machen, und die Erde um so leichter schwebend in der Fluͤssigkeit zu erhalten, und 60 Pfund ungeloͤschten Kalk in Form des feinsten Kalkmehles. Wenn die Operation der Chlorinentwikelung beendiget ist, stellt die Fluͤssigkeit im Rezipienten die Bleichlauge dar, welche mit Wasser verschwaͤcht angewendet werden kann. Bei diesen Bleichverfahren ist es nothwendig die Waare abwechselnd, nach vorgegangener Fermentation und Laugenoperation, bald in die Chlorinkalkfluͤssigkeit, bald in ein schwaches schwefelsaures Bad, durch welches die Zersezung des Chlorinkalks und Freiwerden der Chlorine erfolgt, zu bringen, welch leztere den Bleichprozeß schnell befoͤrdert. Ich finde Tennants Verfahren, den oxydirt salzsauren Kalk zu bereiten, nicht nur mangelhaft, sondern auch bei unnoͤthiger Verschwendung einer großen Menge Kochsalz in den Rezipienten sehr kostspielig. Um dieses Bleichprodukt in seiner moͤglich beßten Qualitaͤt und zugleich wohlfeiler darzustellen, bereite ich dasselbe auf dem trokenen Wege. Ich beschike einen steinernen Hafen mit fein gesiebten Kalkhydrat, welcher schichtweise eingedruͤkt wird, wobei man jede Schicht oder Lage mit Wasser befeuchtet, nachdem man vorher auf den Boden des Hafens einen umgekehrten, glaͤsernen Retortenhals so eingestekt hat, daß die weite Oeffnung nach Unten steht. In den Retortenhals fuͤgt man die Entwiklungsroͤhre aus dem Ballon, und lutirt das Ganze gut. Die Operation der Entwiklung des Chloringases wird nun in Gang gesezt, und so lange unterhalten, bis alle Chlorine uͤbergefuͤhrt ist. Sie bindet sich an das Kalkhydrat schichtweise von Unten nach Oben. Nach Beendigung der Oparation nimmt man die obern, nicht gesaͤttigten Kalkschichten weg, und das gesaͤttigte, stark nach Chlorine riechende Produkt heraus, worauf dasselbe so lange mit Flußwasser ausgelaugt wird, als noch Chlorinkalk vorhanden ist. Die Aufloͤsung stellt den oxydirt salzsauren Kalk dar, welcher mit Wasser bis auf die spezifische Schwere von 1005 verschwaͤcht die Bleichlauge liefert. Um nichts von der Chlorine zu verlieren, werden die abgenommenen obern Kalkschichten gleich wieder, und zwar zu unterst in den Hafen gebracht, und zur feinern Operation verwendet. Sollte die Bleichlauge nicht freie Saͤure genug haben, so ersezt man sie durch Chlorinfluͤssigkeit. Das Verhaͤltniß beim Zusammensezen zur Bereitung der Chlorine und Bindung an Kalk ist dasselbe, wie bei der Darstellung des Chlorinkali oder Chlorin-Natron. In den Kattundrukmanufakturen bedient man sich zum Bleichen der fuͤr den Druk und das Faͤrben bestimmten Waaren der liquiden Chlorinverbindung mit Kali und Natron, weil die Schwefelsaͤure beim Bleichen mit Chlorinkalk in den innern Poren der Faser doch etwas schwefelsauren Kalk absetzt, welcher schwer hinweg zu schaffen ist, und weil in den adjektiven Farbebaͤdern die Farbe sich stark in den weißen Grund einlegt. Auch zur Herstellung einer schoͤnen hellblauen Farbe taugt die mit Chlorinkalk gebleichte Waare nicht. Am meisten gebraucht man in Großbritanien den Chlorinkalk zum Bleichen der Leinwand, wozu er sich auch am beßten eignet. Wir werden beider Leinwandbleiche wieder auf diesen Gegenstand zuruͤkkommen; hier stehe nur noch die Bemerkung, daß vegetabilische Stoffe, in dem Chlorinkalke gekocht, an Dauerhaftigkeit verlieren. Davy fand dieses selbst am salzsauren Kalk, der sich durch Entweichung der Chlorine nach Beendigung des Bleichverfahrens an den Gefaͤßen angesezt hatte. Bedient man sich beim Kochen, statt des Chlorinkalkes, der Chlorinbittererde, so behaͤlt die Waare ihre Dauerhaftigkeit. Von dem Bleichen der vegetabilischen Stoffe durch Chlorinbittererde und Chlorinverbindungen mit andern Grundlagen. Die Chlorinbittererde (Talkerde, Magnesia), Chlorin-Baryterde (Schwer-Erde) und Chlorinstrontianerde werden hier blos angefuͤhrt; denn da sie in der Natur seltener als Kalkerde, Kali und Natron vorkommen, und daher in einem Zustande als Handelsprodukte einen viel hoͤhern Preis haben, so beschraͤnkt sich ihre Anwendung zum Bleichen der vegetabilischen Stoffe eigentlich nur auf wissenschaftliche Versuche. In Großbritanien will man zwar vermittelst der chlorsauren Bittererde einige vorteilhafte Experimente im Großen gemacht haben. Mag es seyn! – wir sind geneigt zu glauben, daß diese Verbindungen, die fuͤr wissenschaftliche Versuche vortrefflich sich eignen, auf den Continent wenig Anwendung im Großen finden werden, zumal, da das erhaltene Bleichprodukt nicht absoluter, als durch liquide Chlorine, Chlorinkali, Chlorinnatron oder Chlorinkalk gebleicht werden kann. (Fortsezung folgt.)