Titel: Ueber Entfärbung durch Kohle.
Fundstelle: Band 9, Jahrgang 1822, Nr. XXVII., S. 206
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XXVII. Ueber Entfärbung durch Kohle. Im Auszuge aus dem Journal de Pharmacie. N. IV. V. VI. 1822. S. 181 und 257Vergl. den Aufsaz des Hrn. Hofr. Vogel in Muͤnchen uͤber diesen Gegenstand im polytech. Journ. B. VIII. S. 248. D.. Ueber Entfärbung durch Kohle. Die Entdekung des ehrwuͤrdigen alten Lowiz, daß die Kohle Fluͤßigkeiten sowohl ihre Farbe als ihren Geruch zu entziehen vermag, wurde bereits in mannigfaltiger Hinsicht benuͤzt, als Hr. Prof. Figuier zu Montpellier in einer im Jahr 1811 erschienenen Abhandlung zeigte, daß die tierische Kohle diese Eigenschaften in einem noch weit hoͤheren Grade besizt, und dieselbe bei Essig- und Liqueur-Fabriken benuͤzen lehrte. Hr. Desronne, der sie bei der Raffinirung des Zukers anwendete, hat dadurch in der Kunst des Zuker-Raffineurs eine Art von Revolution hervorgebracht. Hr. Figuier bediente sich bei seinen fruͤheren Versuchen der thierischen Kohle aus calcinirten Knochen; er bemerkte jedoch in seiner Abhandlung, daß nicht bloß Knochen-Kohle, sondern jede andere aus irgend einem thierischen Theile durch Calcination in einem verschlossenen Gefaͤße erhaltene Kohle, ja sogar feste Gallerte, dieselben Eigenschaften besaͤße, und glaubte hieraus erweisen zu koͤnnen, daß Phosphor und kohlensaurer Kalk durchaus keinen Einfluß auf die Entfaͤrbung haͤtten. Man sah sehr bald ein, daß Hr. Figuier in dieser lezteren Hinsicht sich irrte, und man uͤberzeugte sich durch Erfahrung, daß Eiweißstoff, Gallerte und uͤberhaupt alle welchen thierischen Substanzen keine kraͤftig entfaͤrbende Kohle liefern. Man haͤtte glauben koͤnnen, daß die Entfaͤrbung von einer Art von Verbindung, die in der Beinschwaͤrze zwischen dem Kohlenstoffe und den erdigen Salzen Statt haben moͤchte, herruͤhrte, wenn Hr. Figuier nicht gezeigt haͤtte, daß Knochenkohle, durch Kochsalzsaure von allem phosphorsauren und kohlensauren Kalke gereinigt, das kraͤftigste Entfaͤrbungsmittel ist. Die vielen Beobachtungen, die man uͤber diesen Punkt anstellte, verwikelten indessen die Aufgabe mehr, als sie dieselbe loͤsten, und waͤhrend die Thatsachen sich vervielfaͤltigten, verdunkelte sich die Theorie. Dieselben weichen thierischen Substanzen, die, fuͤr sich allem calcinirt, eine so wenig entfaͤrbende Kohle gaben, lieferten eine in dieser Hinsicht ganz vortreffliche Kohle, wenn man sie mit feuerbestaͤndigem Alkali calcinirte: so ist z.B. die mit Pottasche calcinirte Blutkohle der Berlinerblau-Fabriken in dieser Hinsicht besser als jede andere. Da die Zuker-Raffinerien immer mehr und mehr thierische Kohle brauchten, und die bereits einmal zur Entfaͤrbung angewendete thierische Kohle ihre entfaͤrbende Kraft verlor, so suchte man diese leztere, leider ohne Erfolg, durch Waschen und Calciniren wieder herzustellen. Dieses bisherige Mißlingen veranlaßte die Société d'Encouragement pour l'Industrie nationale zu wiederholten Preisen. In Erwaͤgung, daß man noch nicht wußte; wie die Kohle wirkt; ob sie sich mit den Faͤrbestoffen verbindet, ohne sich oder sie zu veraͤndern, und wie sie sich dann verbindet; warum die thierische Kohle staͤrker entfaͤrbt, als, die Pflanzen-Kohle; warum die thierische Kohle von festen Theilen in dieser Hinsicht kraͤftiger ist, als die von weichen, und warum zugeseztes feuerfestes Alkali die Kohle von den lezteren staͤrker entfaͤrbend macht, als die staͤrkste der ersteren; ob bei der thierischen Kohle waͤhrend der Entfaͤrbung, Stikstoff eingesogen oder entbunden wird; wie der kohlen- und phosphorsaure Kalk, und die Schwefelverbindungen in der Knochenkohle wirken; warum die, einmal gebrauchte, Kohle bei wiederholter Calcination, nur unvollkommen wieder entfaͤrbt etc. etc., stellte die Pariser Société de Pharmacie aus dem Vermaͤchtnisse des edlen Parmentier einen Preis von 600 Franken auf die Beantwortung der Fragen: 1. Wie wirkt die Kohle bei der Entfaͤrbung, und welche Veraͤnderungen erleidet sie in ihrem Inneren waͤhrend, derselben? 2. Wie wirken, waͤhrend dieser Entfaͤrbung, die fremdartigen Substanzen, die sie enthaͤlt? 3. Ist nicht der physische Zustand der thierischen Kohle eine wesentliche Urs fache ihrer ausgezeichneteren Wirkung auf den Faͤrbestoff? Die Gesellschaft erhielt hieruͤber 6 Abhandlungen. Der Verfasser der Abhandlung Nr. 5, Hr. Bussy, Praeparateur des cours à l'ècole spèciale de pharmacie de Paris erhielt den ersten Preis; Hr. Payen, d. Sohn, chemischer Waaren-Fabrikant zu Paris, Verfasser der Abhandlung Nr. 4, den zweiten; Hr. Desfosses, Apotheker zu Besançon eine Medaille. Die Beurtheilung dieser Abhandlungen S. 185 zerfallt in 2 Theile, deren ersterer die Abweichungen in den Ansichten der Preiswerber, der zweite aber die einstimmigen Resultate der Erfahrungen aller enthaͤlt, an welche wir uns, mit Umgehung der Meinungen, in technischer Hinsicht allem halten zu maͤßen glauben. Diese gemeinschaͤftlichen Resultate 6 verschiedener Experimentatoren hat die mit der Beurtheilung der Preisschriften derselben beauftragte Kommission (welche die von den Preiswerbern angestellten Verssuche wiederholte) auf folgende 8 Punkte zuruͤkgefuͤhrt: 1. die Kohle wirkt auf den Faͤrbestoff ohne denselben zu zersezen; sie verbindet sich mit demselben wie Eiweißstoff, als Gallerte; man kann, unter gewißen Umstaͤnden, die verschlukte Farbe erscheinen und verschwinden machen. Wenn man, wie der Verfasser von Nr. 3, (der mention honorable erhielt) einen Fernambuk-Absud mit Kohle behandelt, so wird die Farbe verschwinden, und die Kohle dem Wasser, wenn man sie mit demselben kocht, keine Faͤrbung ertheilen; behandelt man die Kohle aber mit einer Alkali-Aufloͤsung, so wird sie den verschlukten Farbestoff von sich geben, und die alkalische Fluͤßigkeit wird schoͤn roth werden. Wenn man, wie der Verfasser von Nr. 1 bemerkt, Kohle mit dem Farbestoffe in Beruͤhrung bringt, z.B. mit Cochenille, so wird man sehen, daß die Kohle um eben so viel schwerer wird, als sie Faͤrbestoff verschlukte. Der Verfasser von Nr. 5 hat eben dieß durch eine Reihe von Versuchen an neutralem oder etwas saurem Indigo erwiesen. Die Kohle, die den Indigo verschlukte, gab, mit Alkali behandelt, genau das Gewicht desselben, und verschlukte den Indigo wieder, wenn die alkalische, blau gewordene, Fluͤßigkeit mit Saͤure gesaͤttigt wurde. Dieser Wechsel kann vielfaͤltig wiederholt werden; am Ende aber zerstoͤrt sich in Indigo, und andere Faͤrbestoffe werden loch leicht zerstoͤrt. 2. Die Kohle wirkt im Verhaͤltnisse ihrer Molekeln; matte und chemisch getheilte Kohle ist immer, sie mag thierische oder Pflanzen-Kohle seyn, mehr entfaͤrbend als glaͤnzende, oder gleichsam verglaste. Die Richtigkeit dieser Thatsache ist durch die Erfahr gen der Verfasser von Nr. 1, 5 und 4 bestaͤtigt, Lezterer hat eine Reihe von unbestreitbaren Thatsachen hieruͤber aufgestellt, und zeigt, daß Blut, Gallerte, Eiweißstoff beinahe ganz unkraͤftige Kohlen liefern, weil diese Kohlen glaͤnzend und glasartig sind; Kohlen von Knochen, von Elfenbein, die matt sind, sind hingegen die beßten, und werden, in Hinsicht auf entfaͤrbende Kraft, schlecht, sobald sie mit Blut, Eiweißstoff Pflanzenstoff, wie Zuker oder Gummi, calcinirt werden: da ferner, wenn man eine Kohle, die bereits zur Entfaͤrbung wie z.B. in Zuker-Raffinerien, diente, von den Stoffen, die sie verschlukte, nicht allenfalls durch Waschen, sondern durch chemische Zersezung, oder durch Gaͤhrung befreit, diese Kohle nach einer leichten Calcination wieder ihre vorige Eigenschaften erhaͤlt. Derselbe Verfasser bemerkt, daß Soda Mark, das nur 1/50 Kohle hielt, eine sehr starke entfaͤrbende Kraft besaß. Der Verfasser von Nr. 1 calcinirt, nach der gewoͤhnlichen Ansicht, vegetabilische Stoffe mit Glas, phosphorsaurem Kalke, kohlensaurem Kalke, und erhaͤlt entfaͤrbende Kohlen: diese Kohlen sind aber matt und schwammig. Der Verfasser von Nr. 5 vollendet den Beweis, in dem er zeigt daß schwache Blutkohle eine Entfaͤrbungs-Kraft, wie 12 erhaͤlt, wenn man sie mit phosphorsaurem Kalke calcinirt, und wie 18, wenn dieß mit kohlensaurem Kalke, wie 50, wenn es mit Pottasche geschieht: bei dieser Vergleichung ist die Entfaͤrbungs-Kraft der Knochen-Kohle als Einheit angenommen. Die Pottasche scheidet, wie er beweist, den Stikstoff und das Eisen aus, und bildet Kalium- und Eisen-Cyanur, und eben dadurch, daß Eisen und Stikstoff, Theilchen um Theilchen sich von dem Kohlenstoffe loͤsen, wird dieser seiner zertheilt, als irgend ein mechanisches Mittel ihn zu theilen vermag. In dem Verhaͤltnisse, als in der thierischen Kohle der Stikstoff verschwindet, steigt die entfaͤrbende Kraft derselben. 3. Die thierische Kohle, welche einmal zur Entfaͤrbung gedient hat, kann ihre entfaͤrbende Kraft nicht wieder durch bloße Calcination erhalten, in dem die Molekeln der Pflanzen-Kohle, welche sich durch Zersezung der verschlukten Stoffe bildet, die Molekeln der thierischen Kohle mit einer undurchdringlichen und glasartigen Rinde uͤberziehen. Nach den Erfahrungen der Verfasser von Nr. 4 und 5. 4. Die der Kohle fremdartigen Bestandtheile, und vorzuͤglich die erdigen Mittelsalze, haben in dem Acte der Entfaͤrbung nur eine Nebenwirkung, die wandelbar ist, und vorzuͤglich von der Natur der Fluͤßigkeit abhaͤngt, auf welche die Kohle als Entfaͤrbungs-Mittel einwirken soll. In Hinsicht auf den Stikstoff kommen die Erfahrungen der 4 Preiswerber darin uͤberein, daß er als Entfaͤrbungs-Mittel, keine Wirkung aͤußert. Was die erdigen Salze betrifft, so scheinen die zahlreichen Versuche der Verfasser von Nr. 5 und 4 keinen Zweifel uͤbrig zu lassen, daß sie die entfaͤrbende Kraft der Kohle insofern vermindern, als sie, an und fuͤr sich unkraͤftig, den Plaz der Kohlen-Molekeln, bei gleichem Gewichte, umsonst einnehmen, waͤhrend sie indessen bei einer berechneten Menge reiner Kohle dadurch nuͤzen koͤnnen, daß sie dieselbe zertheilen, und ihr Volumen vermehren. So wirken allerdings 10 Unzen reine Kohle mehr, als 10 Unzen rohe Knochen-Kohle; eine Unze reine Kohle, d.h., die Menge Kohlenstoffes, die in 10 Unzen roher Knochen-Kohle enthalten ist, wirkt aber nicht wie 10 Unzen Kohle, aus welcher sie ausgezogen wurde. Nach den Versuchen des Verfassers von Nr. 4 brauchte man 3. Unzen reine Kohle, um damit eben so viel zu leisten, als 10 Unzen rohe Kohle vermoͤgen. Wuͤrde man daher 100 Kilogramme rohe Kohle durch Behandlung mit Saͤuren auf 10 Kilogramme reinen Kohlenstoff zuruͤkfuͤhren, so wuͤrden diese 10 Kilogramme der Staͤrke nach nur 30 Kilogrammen der urspruͤnglichen Kohle gleich kommen, und der Verlust an Kraft waͤre, bei diesem Verfahren, 70 p. C. Das es Faͤlle gibt, in welchen die fremdartigen Stoffe auf die zu entfaͤrbende Fluͤßigkeit eine besondere Wirkung haben muͤßen, unterliegt keinem Zweifel. Wenn z.B. ein Faͤrbestoff, der Verwandtschaft zu Saͤuren hat, sich in einer saͤuerlichen Fluͤßigkeit befindet, so wird eine, von allem kohlensauren Kalke befreite, Kohle denselben nur mit Muͤhe wegschaffen, waͤhrend nicht gereinigte Kohle, deren kohlensaurer Kalk die freie Saͤure zu saͤttigen vermag, denselben leicht verschlingen wird. So sehen wir hoͤchst reine tierische Kohlesaure mit Kali gebildete Mittelsalze nicht entfaͤrben, waͤhrend eben diese Kohle den Zuker recht gut entfaͤrbt. Knochen-Kohle macht hingegen daß saute Mittelsatz, das wir mit reiner Kohle nicht weiß erhalten konnten, auf der Stelle weiß. 5. Man kann der bereit zur Entfaͤrbung gebrauchten Kohle ihre, dadurch verlorne, entfaͤrbende Kraft wieder ertheilen, wenn man ihr mit chemischen Mitteln, oder in gewißen Faͤllen durch Waͤhrung, die verschlukten Stoffe entzieht. Die Versuche des Verfassers von Nr. 4 haben dieß erwiesen. „Ich ließ“ sagt er „bei einer unterhaltenen Temperatur von 50° eine gewiße Menge Beinschwarz, welches bereits gebraucht wurde, gaͤhren; es entwikelte sich viel Alkohol. Kohlensaͤure, Essigsaͤure, Ammonium, mit einem Worte, alle Produkte der geistige, sauren und faulen Gaͤhrung kamen zum Vorscheine. Ich wusch den Ruͤkstand, und behandelte denselben mit kaustischem Ammonium, um alles zu entfernen, was der Gaͤhrungs-Zersezung entgangen seyn konnte, wusch dann wieder, und calcinirte bis zur Rothgluͤhhize: der kohlige Ruͤkstand wirkte wenigstens eben so gut als frische Kohle.“ 6. Man kann einer Pflanzen-Kohle einen ausgezeichneten Grad von entfaͤrbender Kraft ertheilen, wenn man den zu verkohlenden Pflanzen-Stoff nur dann erst verkohlt, nachdem man denselben mit Substanzen vermengte, welche der Aggregaten der Kohlen-Molekeln entgegenarbeiten, wie z. B. weiß calcinirte Knochen, Bimsstein etc. Die Versuche der Verfasser von Nr. 1, 4, 5, beweisen dieß. 7. Auf obige Weise (6) koͤnnen auch Kohlen aus weichen thierischen Koͤrpern eben so sehr entfaͤrbend werden, als Kohlen aus festen thierischen Koͤrpern. Beweis wie fuͤr 6. 8. Die feuerbestaͤndige Alkalien tragen in einem hohen Grade zur entfaͤrbenden Kraft der Kohle bei, in dem sie die Molekeln derselben verduͤnnen, was vorzuͤglich dann geschieht, wenn die Kohle Stikstoff enthaͤlt, den sie durch Calcination mit Alkalien verliert. Der Verfasser von Nr. 3 hat dieß durch zahlreiche und neue Versuche erwiesen. Wir liefern nun einen Auszug des Auszuges aus Hrn. Buͤssy's Preisschrift, welchen die Société de Pharmacie S. 257 a. a. O. bekannt machte. Hr. Buͤssy, der schoͤne praktische Kenntnisse in der Faͤrberei zu besizen scheint, bemerkt, daß die physische Beschaffenheit der Koͤrper mehr Einfluß auf die Annahme der Faͤrbestoffe uͤberhaupt aͤußert, als die chemische Mischung derselben. Thierische Theile, Haare, Wolle etc. sind mehr schuppig, als die bloß langfaserigen Pflanzenstoffe, Baumwolle und Lein, und nehmen daher leichter den Faͤrbestoff an, und halten ihn fester. Derselbe Eiweißstoff, der, als fluͤßige Gallerte, beinahe jeden Faͤrbestoff eines Faͤrbeholzes aus seiner Bruͤhe, niederschlaͤgt, aͤußert, wenn sein bloßes Gefuͤge geaͤndert, wenn er troken ist, keine entfaͤrbende Kraft. Eben dieß gilt auch von essigsaurem Blei, und bekanntlich geschieht das Klaͤren und Entfaͤrben des Weines mittelst des Eiweißes oder der Gallerte ganz auf mechanische Weise. Ueber die Weist, die entfaͤrbenden Kraͤfte verschiedener Kohlen unter sich zu vergleichen. Indigo-Aufloͤsung in Schwefelsaͤure schien Hrn. Buͤssy das beßte Mittel, die entfaͤrbende Kraft verschiedener Kohlen mit Genauigkeit zu bestimmen, weil man hiebei immer 1. die Menge des Faͤrbestoffes, auf welche man wirkt, genau kennt; 2 der Farbenwechsel, wenn Entfaͤrbung Statt hat, hier kenntlich genug ist; 3 Indigo weniger, als jede andere Materie, durch Licht, Waͤrme etc. leidet. Man kann mit Recht dagegen einwenden, daß die Saͤure in der Aufloͤsung auf die der Kohle fremdartigen Bestand, theile einwirkt. Um diesem Nachtheile auszuweichen, nimmt er neutrale Indigo-Aufloͤsung, die auf folgende Weise bereitet wird. In eine saure Indigo-Aufloͤsung legt man eine gewisse Menge Wolle, und wenn diese allen Faͤrbestoff, den sie aufzunehmen vermag, aufgenommen hat, nimmt man sie heraus, und wascht sie in kaltem Wasser, um allen Indigo wegzuschaffen, der nicht fest damit verbunden ist. Hierauf kocht man die Wolle in Wasser, daß etwas Pottasche (nur soviel als noͤthig ist, um die Saͤure zu saͤttigen, die noch in der Wolle haͤngen koͤnnte) enthaͤlt. Auf diese Weise erhaͤlt man eine neutrale Indigo-Aufloͤsung, in welcher man den Indigo-Gehalt leicht durch Chlor bestimmen kann, denn man weiß aus Welter's sehr genauen Versuchen, daß 100 Gewicht-Theile Chlor 226 Theile Indigo zerstoͤren. Wenn man nun eine Chlor-Aufloͤsung von bekanntem Verhaͤltnisse nimmt, und die Menge dieser Indigo-Aufloͤsung bestimmt, die ein bekannter Theil der Chlor-Aufloͤsung zersezt, so darf man nur das Gewicht des in dieser Aufloͤsung enthaltenen Chlores suchen, um darnach, im Verhaͤltnisse von 100 : 226 die Menge des in der Aufloͤsung enthaltenen Indigo zu finden. Die Aufloͤsung des Hrn. Buͤssy enthielt, nach dieser Weise bestimmt 1/1000 Indigo. Um die entfaͤrbende Kraft einer Kohle mit dies Aufloͤsung zu pruͤfen, gießt er einen Theil davon in eine Phiole, bringt sie mit einer bekannten Menge dieser Kohle in Verbindung, erhizt sie maͤßig, und sezt so lange von der Indigo-Aufloͤsung zu, bis die Kohle nichts mehr entfaͤrbt. Um unter den verschiedenen in der Kohle enthaltenen Substanzen diejenigen zu finden, welche am kraͤftigsten bei der Entfaͤrbung mitwirken, verkohlte er, in geschlossenen Gefaͤßen bei einem hinlaͤnglich starken Feuer, um alles gasartige auszutreiben, Kohle, Starkmehl, Gallerte, Gummi, Blut, Steinkohle; alle diese Kohlen waren mehr oder weniger hart, zerreiblich, glaͤnzend, und entfaͤrbten die Pruͤfungs-Fluͤßigkeit (d.i. obige Indigo-Aufloͤsung) nicht merklich. Er untersuchte hierauf die sogenannte Knochenschwaͤrze, d.h. den Ruͤkstand der verkohlten Knochen bei Zuker-Raffinerien, und vorzuͤglich die Kohle, die man in Berlinerblau-Fabriken aus thierischen Substanzen mit Pottasche bereitet. Um leztere zu erhalten, nahm er getroknetes Ochsenblut, und verkohlte dasselbe mit zweimal so viel (dem Gewichte nach) Pottasche etwas unter der Braunroth-Hize. Er erhielt hieraus eine leichte schwammige Masse, welche, zur Beseitigung alles Aufloͤsbaren in siedendem Wasser hinlaͤnglich gewaschen, eine matt schwarze Kohle zuruͤk ließ, die außerordentlich leicht und schwammig war, und deren entfaͤrbende Kraft, mit Beinschwaͤrze verglichen, sich wie 40: 1 verhielt. Erstaunt uͤber diese Erscheinung, wollte er sehen, ob die Kohle nicht in eine neue Verbindung trat, und ob sie nicht vielleicht einem fremden Koͤrper, der Pottasche, zuzuschreiben waͤre. Er wusch in dieser Hinsicht, so gut wie moͤglich, die Kohle mit siedend heißem Wasser, und entzog ihr dadurch das blausaure Eisenkali, das geschwefelte und kohlensaure Kali etc., und behandelte den Ruͤkstand noch mit Salzsaͤure, die, waͤhrend der Zersezung von etwas Schwefel-Eisen, aufbrauste. Er ließ die Saͤure auf der Kohle sieden, und entzog ihr dadurch phosphorsauren Kalk, und etwas Kalk und Eisen. Diese Kohle entfaͤrbte eben so gut, ja sogar noch etwas staͤrker. Es war also nicht die Pottasche, wenn sie anders nicht eine Art von Legirung mir der Kohle bildete, die dieser die staͤrkere Entfaͤrbungs-Kraft mittheilte, (denn die Asche dieser Kohle enthielt keine Spur von Pottasche, sondern bloß Eisen-Oxid und Kieselerde) sondern der Ruͤkstand nach der Behandlung mit Kochsalzsaͤure, naͤmlich Kohle, Eisen, (wahrscheinlich als gekohlstofftes Eisen, weil es nicht von Kochsalzsaͤure angegriffen wird) etwas zufaͤllige Kieselerde und Stikstoffgas. Um den Einfluß des lezteren zu pruͤfen, nahm er verkohltes Blut fuͤr sich allem: drei Decigrammen desselben, mit Kupfer-Peroxid verbrannt, gaben 12 p. C. der angewendeten Kohle an Stikstoff dem Gewichte nach. Diese Menge Stikstoffes ist aber hoͤchst wandelbar; man erhaͤlt zuweilen gar keinen, wenn man die Kohle stark hizt. In jedem Falle ist aber diese Kohle hart, glaͤnzend, und entfaͤrbt nicht. Mit Pottasche verkohltes Blut zeigt, bei Pruͤfung mit Kupfer-Oxid, noch etwas Stikstoff, der auch wandelbar, aber in viel geringerer Menge, als in der ersteren Kohle vorhanden ist, Hr. Buͤssy entzog dieser Kohle durch dreimal wiederholtes Gluͤhen mit Pottasche allen Stikstoff, und erhoͤhte gerade dadurch die entfaͤrbende Kraft derselben bis auf 50; folglich hat Stikstoff an der Entfaͤrbung keinen Antheil. Der Verbindung der Kohle mit dem Eisen kann die entfaͤrbende Kraft gleichfalls nicht zugeschrieben werden, weil die Menge des in der Kohle vorhandenen Eisens nicht immer dieselbe, und groͤßer oder geringer ist, je nachdem man bei der Verkohlung des Blutes mit der Pottasche mehr oder weniger Hize angewendet hat. Wenn man die Hize ploͤzlich zu stark vermehrt, so bildet sich kein blausaures Eisen-Kali, in dem dieses Salz durch starke Hize zersezt wird, und durch diese Zersezung etwas Kali-Cyanuͤr und eine dichte Verbindung von Eisen und Kohle liefert, in welchem Falle der Stikstoff des Blutes sich verfluͤchtigt, und des Eisen in dem Ruͤkstande ganz zuruͤk bleibt. Durch wiederholtes Calciniren mit Pottasche hat Hr. Buͤssy dem Blute alles Eisen entzogen: die groͤßte Schwierigkeit, die er hiebe, fand, bestand darin, daß, sobald die Kohle keinen Stikstoff mehr enthielt, (und dieser entwischt sehr leicht) die Pottasche keine Wirkung mehr auf das Eisen aͤussert. Wenn dieser Umstand eingetreten ist, muß der Blutkohle irgend ein thierischer Stoff, welcher viel Stikstoff enthaͤlt, z.B. empireumatisches thierisches Oel zugesezt werden, wodurch man derselben sodann leicht alles noch uͤbrige Eisen entzieht: und eine Kohle erhaͤlt, die ohne Ruͤkstand brennt. Eiweißstoff und Gallerte, welche wenig Eisen enthalten, sind weit leichter von allen Eisen vollkommen zu befreien: man darf sie nur troknen, puͤlvern, und mit kaͤuflicher Pottasche calciniren, und nach jeder Calcination erst mit Wasser und dann mit Kochsalzsaure behandeln, da das Eisen hier nicht mit der Kohle verbunden ist. Die entfaͤrbende Kraft der Kohle liegt demnach, da man derselben alles Fremdartige entziehen kann, ohne jene Kraft zu schwaͤchen, lediglich in der Kohle selbst, und haͤngt nur von der groͤßeren oder geringeren Thaͤtigkeit jener Koͤrper, mit welchen man sie calcinirt, auf sie selbst sowohl als auf die fremdartigen Koͤrper, welche sie enthaͤlt, ab. Wenn man Blut fuͤr sich allem calcinirt, so entfaͤrbt die daraus erhaltene Kohle nicht, weil die Theilchen derselben sich so stark anziehen, daß sie nicht im Stande sind, auf den Faͤrbestoff zu wirken: calcinirt man dasselbe aber mit einer an und fuͤr sich unkraͤftigen Substanz, z.B. mit kohlensaurem Kalke, der sich der Aggregaten der Kohlen-Theilchen nur etwas zu widersezen vermag, st erhaͤlt man eine Kohle, deren Entfaͤrhungskraft = 12 ist, wenn jene der Knochen-Kohle = 1 ist; mit sehr feinem kohlensauren Kalke calcinirtes Blut gibt eine Kohle, deren entfaͤrbende Kraft = 18 ist; mit Pottasche kann diese Kraft auf 50 steigen: daß der Kohle bei diesen Versuchen die Pottasche, die Kreide, der Phosphorsaure Kalk wieder entzogen wurde, darf wohl nicht bemerkt werden. Der phosphorsaure Kalk wirkt beinahe bloß mechanisch; der Kohlensaͤure wirkt schon etwas kraͤftiger, denn das Abseihwasser enthaͤlt etwas blausauren Kalt; und mechanisch und chemisch zugleich bewirkt die Pottasche jene Porositaͤt, die zur Entfaͤrbung geeigneter scheint, als die Theilung selbst. Um sich zu uͤberzeugen, daß reine Kohle, abgesehen von allen fremdartigen Substanzen, die man darauf einwirken laͤßt, entfaͤrben kann, bereitete Hr. Buͤssy dieselbe durch Zersezung der basischen kohlensauren Soda mittelst Phosphors, und fand die Entfaͤrbung derselben = 12. Er versuchte hieraus den Kienruß, den er, um denselben von seinen harzigen Bestandtheilen zu befreien, neuerdings verkohlte: die entfaͤrbende Kraft desselben war = 4. Die der Kohle an und fuͤr sich eigene entfaͤrbende Kraft spielt demnach zwischen 4 und 12. Wenn man den Kienruß, statt denselben fuͤr sich allem zu gluͤhen, mit 15–20 Theile seines Gewichtes reiner, aus Weinstein, den man bei starker Hize in einem Platinna-Tiegel gluͤhte, erhaltener kohlensaurer Pottasche brennt, so erhaͤlt man eine harte, compacte, an den Theilen, wo sie den Tiegel beruͤhrte, etwas geschmolzene Masse. Loͤst man diese Masse im Wasser auf, um alle Pottasche auszulaugen, so hat die ruͤkstaͤndige Kohle eine entfaͤrbende Kraft, wie 15 und enthaͤlt nichts mehr Fremdartiges. An eine Verbindung mit Potassium und Kohle ist nicht zu denken, weil diese durch Wasser zersezt wird, und die entfaͤrbende Eigenschaft dieser Kohle selbst dann noch uͤbrig bleibt, nachdem Kochs salzsaͤure auf dieselbe eingewirkt hat: die Pottasche muß also physisch ans die Kohle wirken, und dadurch die entfaͤrbende Kraft derselben vermehren. Hr. Bruͤssy versuchte Kaustische Pottasche statt der kohlensauren zu nehmen; allem da diese viel Wasser enthaͤlt, so zersezte die Kohle dieses Wasser, und verwandelte sich gaͤnzlich in gekohlstofftes Wasserstoffgas und in kohlensaures Gas, das sich mit der Pottasche verband. Es ist also offenbar, daß, wenn man irgend einen Pflanzenkoͤrper mit Pottasche calcinirt, man eine entfaͤrbende Kohle enthaltenenhalten kann. Hr. Buͤssy calcinirte Stark-Mehl mit 4 Theilen Pottasche und erhielt eine Kohle, deren entfaͤrbende Kraft – 10 war; waͤhrend die der calcinirten essigsauren Pottasche = 3 war. Wenn die entfaͤrbende Kraft der thierischen Kohle groͤßer ist, als an beiden obigen, so haͤngt dieß von zwei Ursachen ab; 1tens von der Einwirkung der Pottasche auf die Kohle selbst; 2tens von der durch sie bewirkten Entfernung fremdartiger Stoffe, wie des Eisens und Stikstoffes, waͤhrend bei der Pflanzen-Kohle nur die erstere dieser Ursachen wirken kann. Auch die thierischen Kohlen haben nicht alle gleiche entfaͤrbende Kraft; diese nimmt in dem Verhaͤltnisse zu, als die Pottasche sich mit mehreren Grundstoffen der thierischen Substanz verbinden kann; je mehr also ein thierischer Stoff blausaure Pottasche gibt, wenn man ihn mit dieser calcinirt, desto mehr wird seine Kohle entfaͤrbend seyn. Gallerte und Eiweißstoff, die weit weniger Berlinerblau geben als Blut, geben eine Kohle deren entfaͤrbende Kraft = 36 bis 40 ist; waͤhrend jene der Blutkohle = 50 ist. Um die Wirkung der Knochen-Kohle, als der gebraͤuchlichsten, zu erklaͤren, muß man sich erinnern, daß die im Handel vorkommende gewoͤhnlich Textabbildung Bd. 9, S. 216 Theile phosphorsauren kohlensauren Schwefel; Kalk; Schwefel-Eisen; Eisen-Oxid; Theile gekohlstofftes Silicium haltiges Eisen; Stikstoffhaltige Kohle enthaͤlt. Wenn man diese Kohle mit Kochsalzsaͤure behandelt, so laßt sie einen Ruͤkstand von ungefaͤhr 12 p. Cent., der ein Gemenge von stickstoffhaltiger Kohle, Silicium und gekohlstofftes Eisen ist, so daß die reine Kohle kaum ein Zehntel der urspruͤnglichen Kohle betraͤgt. Es sollte demnach scheinen, daß, da die entfaͤrbende Kraft der Kohle selbst eigen ist, die entfaͤrbende Kraft der auf diese Weise gereinigten Kohle 10 mal staͤrker seyn muͤßte, als die der rohen Kohle: dieß ist aber durchaus nicht der Fall. Die entfaͤrbende Kraft der gereinigten Kohle ist nur 1, 5, waͤhrend die der rohen Kohle 1 ist. Um diese Anomalie zu erklaͤren, muß man bedenken, daß, wenn die Kohle eine Aufloͤsung entfaͤrbt, der Faͤrbestoff sich auf ihre Oberflaͤche niederschlaͤgt, folglich die Entfaͤrbung desto groͤßer seyn wird, je groͤßer die Oberflaͤche ist: gerade so, wie man feine und grobe Wolle faͤrbt: man wird mehr Faͤrbestoff zur ersteren, als zur lezteren noͤthig haben. Wenn man daher Knochen-Kohle mit Kochsalzsaͤure behandelt, muß die entfaͤrbende Kraft derselben in dem Verhaͤltniße vermehrt werden, als viele fremdartige Koͤrper derselben dadurch entzogen werden, aber auch in demselben Verhaͤltniße vermindert werden, als die Oberflaͤche der Kohle an Umfang verliert. Das Verhaͤltniß dieser beiden Umstaͤnde bestimmt also die Vermehrung oder Verminderung ihrer entfaͤrbenden Kraft. Unter allen den mit der Kohle verbundenen Koͤrpern entfaͤrbt, außer dem geschwefelten Wasserstoffgase, keines. Dieser wirkt auf den Indigo dadurch, daß er demselben den Sauerstoff entzieht. Er entfaͤrbt auch Cochenille und Campeche-Holz Absud, nicht aber die Melasse. Wenn matt daher bemerkt, daß der Syrup sich desto besser entfaͤrbt, je mehr geschwefeltes Wasserstoff-Gas sich entwikelt, so haͤngt diese Erscheinung vielleicht nicht so sehr von der Gegenwart des geschwefelten Wasserstoffgases selbst, als von einigen Umstaͤnden bei der Calcinirung oder bei dem Klaͤren ah, welche die Entwicklung dieses Gases beguͤnstigen, wie z.B. von einem hinlaͤnglichen Grade von Hize, um die schwefelsauren Verbindungen, die in den thierischen Stoffen enthalten sind, oder vielleicht eine in dem Syrupe enthaltene Saͤure zu zersezen: denn in diesem Falle entfaͤrbt sich der Syrup viel besser. Hr. Buͤssy versuchte die Knochenkohle kuͤnstlich nachzuahmen, und nahm in dieser Hinsicht weiß calcinirte mit Oel durchdrungene Knochen. Allein, da dieser phosphorsaure Kalk nicht poroͤs genug war, konnte er nicht genug Oel aufnehmen, und das wenige, was er davon aufnahm, verfluͤchtete sich bei der Hize. Er nahm hierauf phosphorsauren Kalk, den er aus seiner Aufloͤsung in Kochsalzsaͤure mittelst Ammoniums niederschlug, troknete, und einen Theil hievon mit Pflanzen Oele, den anderen mit thierischem Oele zu einem Teige formte, und jeden besonders calcinirte. Die hieraus erhaltene Kohle entfaͤrbte beinahe eben so gut wie Knochenkohle; ihre entfaͤrbende Kraft kann = 1, 6 angenommen werden; die mit thierischem Oele bereitete Masse gab keinen bedeutenden Unterschied. Er versuchte dasselbe mit vorlaͤufig ausgegluͤhtem Thone, damit dieser mit Wasser keinen Teig mehr bildete, und er erhielt aͤhnliche Resultate. Er calcinirte ferner Steinkohle mit Thon; da aber die Steinkohle durch Calcination eine große Menge zur Entfaͤrbung durchaus unbrauchbaren Ruͤkstandes laͤßt, so brachte er den Thon in eine solche Lage, daß dieser nur die Ruß-Daͤmpfe und das fluͤchtige Oel aufnahm, das waͤhrend der Calcination der Steinkohlen sich entwikelte. Er legte in dieser Absicht die Steinkohlen unzerkleint in einem Tiegel, dekte sie mit Thon, und gluͤhte sie: nach dem Gluͤhen war die Steinkohle von dem Thone vollkommen abgesondert, und der Thon hatte alle Theile aufgenommen, welche sich waͤhrend der Zersezung der Steinkohlen entwikeln. Dieser Thon besaß nur eine geringe Entfaͤrbungskraft = 2/3, wahrscheinlich, weil er sich nicht hinlaͤnglich mit Kohle saͤttigte, und die beßte Stein kohle nicht so gut wie Knochen-Kohle ist. Um zu sehen, ob die entfaͤrbende Kraft der Kohlen bei anderen Substanzen sich so wie bei dem Indigo verhaͤlt, versuchte er dieselben an der Melasse, von welcher er einen Theil mit 20 Theilen Wasser verduͤnnte; die Resultate zeigt die hier beigefuͤgte Tabelle: Arten der angewandten Kohle: Gewicht derselben: Menge der entfaͤrbten Menge der entfaͤrbten Entfaͤrbungs-Kraft der Kohle auf Indigo-Pruͤfungs-Fluͤssigkeit: Melasse-Pruͤfungs-Fluͤssigkeit: Indigo- in Zahlen: Melasse- in Zahlen: Blut mit Pottasche calcinirt: 1 Gramme 1 Litre 6 0,18 50 20 Blut mit Kreide calcinirt: do. 0,57 0,10 18 11 Blut mit Phosphorsaurem Kalke calcinirt: do. 0,38 0,09 12 10 Gallerte mit Pottasche calcinirt do. 1,15 0,14 36 15,5 Eiweißstoff mit Pottasche calcinirt do. 1,08 0,14 34 15,5 Staͤrkmehl mit Pottasche – do. 0,34 0,68 10,6   8,8 Kohle mit Essigsaurer Pottasche do. 0,18 0,04   5,6   4,4 Kohle aus zersezter basischer kohlensaurer Soda mittelst Phosphors – do. 0,38 0,08 12   8,8 Calcinirt. Kienruß do. 0,128 0,03   4   3,3 Calcinirter Kienruß mit Pottasche do. 0,55 0,09 15,2 10,6 Knochenkohle mit Lochsalzsaͤure und Pottasche behandelt do. 1,45 0,18 45 20 Knochenkohle mit Kochsalzsaͤure behandelt do. 0,06 0,015   1,87   1,6 Pflanzen- oder thieriches Oel mit phosphorsaurem Kalke calcinirt do. 0,064 0,017   2   1,9 Rohe Knochenkohle do. 0,032 0,009   1   1 Da die Indigo-Pruͤfungs-Fluͤssigkeit den tausendsten Theil ihres Gewichtes Indigo haͤlt, d.h. 1 Grame per Litre, so zeigen die Zahlen, welche die Menge der entfaͤrbten Fluͤssigkeit in Litres ausdruͤken, zugleich die wirkliche Menge Indigo an, welche sich auf der Kohle ansezte. Man ersieht hieraus: 1. daß dieselbe Menge derselben Kohle ungefaͤhr 10 mal mehr Indigo als Melasse-Aufloͤsung entfaͤrbt; 2. daß die verschiedenen Kohlen, in Hinsicht auf diese beiden Substanzen, und ruͤksichtlich ihrer Entfaͤrbungskraft, dieselbe Reihe haken, daß aber diese Kraft sich bei dem Indigo staͤrker als bei der Melasse aͤussert, und zwar an der Knochen-Kohle selbst bei jenem wie 50 : 1, bei dieser wie 20 : 1 Und so wird diejenige Fluͤssigkeit, die am wenigsten Kohle zu ihrer Entfaͤrbung bedarf, diejenige seyn, welche den groͤßten Abstand zwischen der entfaͤrbenden Kraft der verschiedenen Arten von Kohlen zeigen wird. Ueber die Weise, wie die Kohle bei dem Entfaͤrben wirkt. Man glaubt allgemein, daß die Kohle durch Zersezung des Faͤrbestoffes entfaͤrbt, weil man bemerkt hat, daß, wenn man Bier, Gummi-Aufloͤsung, Melasse; Wein etc. mit Kohle entfaͤrbt, Gas-Entwikelung Statt hat. Um das Irrige dieser Ansicht zu beweisen, nahm Hr. Buͤssy 8 Unzen Melasse, die er mit 1 1/2 Pfund destillirtem Wasser verduͤnnte, schuͤttelte sie mit kohlensaurem Kalke, um alle Saͤure zu entfernen, welche auf die Kohle haͤtten wirken koͤnnen, filtrirte, und kochte die filtrirte Fluͤssigkeit, um alle Luft aus derselben wegzutreiben. Er nahm ferner, 1 Unze Blutkohle, wusch sie genau, und kochte sie mit 3 Unzen Wasser, um alle ihr anhangende Luft auszutreiben. Er goß hierauf soviel von obiger Melasse zu, daß das Gefaͤß genau voll wurde, und verschloß dasselbe mit einem Korke, durch welchen eine mit Wasser gefuͤllte Glasroͤhre ging, deren Ende er, nachdem alle Luft aus der Flasche wie aus der roͤhre ausgetrieben war, in eine mit Wasser gefuͤllte graduirte Roͤhre leitete, und kochte die Melasse in einem Dampfbade. ES entwikelte sich kein Gas, und die Fluͤssigkeit ward vollkommen entfaͤrbt. Eben dieser Versuch gelang auch kalt. Cochenille und andere Farbebruͤhen wurden gleichfalls ohne Gas-Entwikelung entfaͤrbt. Beim Weine darf nur solche Kohle genommen werden, die vorlaͤufig mit Kochsalzsaͤure behandelt wurde, denn sonst zersezen die in dem Weine enthaltenen Saͤuren den in der Kohle befindlichen kohlensauren Kalk, und erzeugen Gas-Entwikelung. Da also der Faͤrbestoff durch die Kohle nicht zersezt wurde, so schien es Hrn. Buͤssy, daß er sich auf derselben anheften, das Gewicht derselben im Verhaͤltniße der entfaͤrbten Fluͤssigkeit vermehren, und, unter gewissen Umstaͤnden, denselben wieder fahren lassen muͤßte. Er nahm in dieser Hinsicht dreierlei Kohlen von verschiedener Entfaͤrbungs-Kraft: 1. Blutkohle; 2 gereinigte Knochenschwaͤrze; 3. rohe Knochenschwaͤrze. Er wusch diese Kohlen mit siedendem Wasser und troknete sie gehoͤrig, nahm 5 Gramme von jeder, und kochte sie einzeln mit 20 Grammen in 4 Theilen Wassers verduͤnnter Melasse; nachdem sie gleich lang in ihrer Fluͤssigkeit gestanden; filtrirte er, und die Fluͤssigkeit zeig sich, mehr oder Minder, nach der Entfaͤrbungskraͤft der Kohle, entfaͤrbt. Nachdem die auf dem Filtrum erhaltenen Kohlen wieder sorgfaͤltig gleichfoͤrmig gewaschen und getroknet wurden, zeigte die Blutkohle Gewichts-Zunahme 1,56 Gr. die gereinigte Knochenschwaͤrze 0,54 Gr. die rohe Knochenschwaͤrze 0,3   Gr. Diese Gewichts-Zunahme steht mit der entfaͤrbenden Kraft dieser Kohlen im Verhaͤltniß, und beweist, daß die Entfaͤrbung durch Verbindung des Farbestoffes mit der Kohle geschieht. Eben dieß hat auch bei dem Indigo, doch in minder auffallender Weise, Statt. Uebrigens koͤnnen auch die schleimigen Bestandteile noch dazu beitragen, und was sonst allenfalls nicht vollkommen aufgeloͤst ist. Die Zuker-Raffineurs wissen, daß das Wasser, in welchem man die bereits gebrauchten Kohlen wascht, sehr schleimig ist. Nimmt man statt kaltem Wasser heißes, mit etwas Pottasche verseztes, so erhaͤlt dieses Wasch-Wasser wieder die Farbe der Melasse, was Hrn. Buͤssy's Ansicht noch mehr bestaͤtigt. Er hat sie indessen am Indigo unwiderlegbar erwiesen. Er sezte zu einer Indigo-Aufloͤsung, die ans einem Theile Indigo, 7 Theilen Schwefelsaͤure, und 92 Theilen Wassers bestand, eine gewisse Menge Kohlen, die sie vollkommen entfaͤrbte. Er filtrirte die Fluͤßigkeit, die nur etwas wenig gelblich durchging, und wusch das Filtrum mit etwas kaltem Wasser, das vollkommen ungefaͤrbt durchlief. Er wusch noch einmal mit heißem, mit etwas basischer kohlensaurer Pottasche versezten, Wasser, und augenbliklich ging die Fluͤßigkeit so satt blau gefaͤrbt durch, als es die fruͤher entfaͤrbte Fluͤßigkeit gewesen ist, so daß man der Kohle beinahe allen Indigo wieder entziehen kann. Bringt man die auf diese Art gewaschene Kohle neuerdings in Beruͤhrung mit dem blauen Absuͤßwasser, welchem man vorlaͤufig etwas Schwefelsaure zusezte, so entfaͤrbt sie dasselbe neuerdings, und der wieder auf die Kohle niedergefallene Faͤrbestoff kann neuerdings, mittelst Pottasche derselben entzogen werden. Durch sehr oft wiederholtes aufeinander folgendes Aufloͤsen des Indigo wird derselbe, jedoch am Ende etwas zersezt, und die Aufloͤsung behaͤlt eine gelbliche Farbe. Aehnlichen Erfolg hatte Hr. Buͤssy auch bei einem Cochenille- und Campeche Absude; das Absuͤßwasser der angewandten Kohle war im ersteren Falle karmesin, im zweiten violett: in beiden Faͤllen aber weit weniger gefaͤrbt, als die urspruͤngliche. Faͤrbebruͤhe. Vielleicht ist es bei der Kohle, wie bei dem Tuche, daß naͤmlich nicht alle Farben auf derselben gleich haltbar sind. Bei dem Indigo erklaͤrt Hr. Buͤssy die Entfaͤrbung auf folgende Weise. Wenn Kohle auf die saͤure Aufloͤsung desselben wirkt, bildet sich eine unaufloͤsbare Verbindung von Kohle und Indigo, welche noch etwas Schwefelsaͤure enthaͤlt, die den Indigo befestigen hilft. Denn, wenn man diese Verbindung mit einer großen Menge kalten Wassers wascht, so geht das Wasser anfangs ungefaͤrbt durch; sobald dasselbe aber etwas Schwefelsaͤure ergreift, und mit sich fort nimmt, so laͤuft es schon etwas gefaͤrbt ab. Wenn man siedendes Wasser nimmt, das kraͤftiger auf diese Verbindung einwirkt, so faͤrbt dieses Wasser sich noch mehr, in dem bei einer hoͤheren Temperatur der Indigo nur wenig Verwandtschaft mit der Kohle besizt. Der deutlichste Beweis endlich, daß die neue Aufloͤsung des an der Kohle haͤngenden Indigo der Saͤttigung der Saͤure zuzuschreiben ist, ist der, daß, wenn man die nach der Entfaͤrbung mit Indigo verbundene Kohle mit einem mit etwas Schwefelsaͤure gesaͤuertem Wasser wascht, dieses Wasser durchaus nicht gefaͤrbt hoͤchstens bei hoͤherer Temperatur, gelb durchlaͤuft, und daß endlich fortgeseztes Waschen mit solchem saͤuerlichen Wasser den Indigo so sehr zerstoͤrt, daß selbst Pottasche keine blaue Farbe mehr hervorzubringen vermag. Aus allen diesen Versuchen und Erscheinungen glaubt Hr. Buͤssy nun schießen zu koͤnnen: 1. daß die entfaͤrbende Kraft in dem Kohlenstoffe selbst gelegen ist; daß sie aber nur dann wirken kann, wenn der Kohlenstoff sich in gewissen physischen Zustanden befindet unter welchen Porositaͤt und Zertheilung die wichtigsten und ersten sind. 2. Daß der Stikstoff hiebei durchaus keinen Einfluß hat daß die fremdartigen Substanzen in der Kohle, mit Ausnahme des geschwefelten Wasserstoffes und der Schwefelverbindungen, fuͤr sich allem durchaus nichts zur Entfaͤrbung beitragen, sondern hoͤchstens dadurch mitwirken koͤnnen, daß sie die Oberflaͤche der Kohle vergroͤßern helfen. 3. daß keine Kohle entfaͤrben kann, wenn sie so stark gekluͤht wurde, daß sie dadurch hart und glaͤnzend ward: daß aber jede Kohle entfaͤrbt, wenn sie, nicht mechanisch, sondern durch Dazwischenkunft irgend einer Substanz, die der Aggregation der Kohle entgegen strebt, hinlaͤnglich zertheilt ist. 4. Daß die Vorzuͤge der thierischen Kohle, z.B. des Blutes, der Gallerte, vorzuͤglich auf der groͤßeren Porositaͤt derselben beruhen; daß diese von der Natur der Substanz, aus welcher die Kohle genommen wurde, abhaͤngt, und durch gewisse Stoffe, mit welchen man sie calcinirt, wie z.B. Pottasche, bedeutend erhoͤht werden kann. 5. Daß die Pottasche durch Entfernung der fremdartigen Stoffe aus der Kohle nicht nur die Porositaͤt derselben vermehrt, sondern auf die Kohle selbst, durch Verduͤnnung der Molekeln derselben wirkt, und man daher auch aus einer Pflanzen-Kohle, wenn man sie mit Pottasche calcinirt, eine entfaͤrbende Kohle erhalten kann, so wie auch Phosphorsaurer Kalk und Thon entfaͤrbend wirkt, wenn man denselben mit thierischen oder vegetabilischen Substanzen calcinirt. 6. Daß die entfaͤrbende Kraft verschiedener Kohlen bei verschiedenen zu entfaͤrbenden Substanzen im Durchschnitte dasselbe Verhaͤltniß beobachtet; daß aber der Unterschied in dieser Kraft bei verschiedenen Kohlen sich in dem Maße vermindert; als die zu entfaͤrbende Substanz schwer zu entfaͤrben ist. 7. Daß endlich die Kohle auf den Faͤrbestoff nur, wie der Alaun, dadurch wirkt, daß sie sich mit demselben verbindet, nicht aber daß sie ihn zersezt, und daß man in gewißen Faͤllen die Farbe abwechselnd zum Vorscheine kommen und verschwinden lassen kann.