Titel: Beobachtungen über die gehörige Behandlung der Obst-Bäume, welche man sehr frühe im folgenden Jahre treiben will. Von Th. Andr. Knight, Esq., F. R. S. etc. Präsident.
Fundstelle: Band 9, Jahrgang 1822, Nr. XXXI., S. 249
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XXXI. Beobachtungen über die gehörige Behandlung der Obst-Bäume, welche man sehr frühe im folgenden Jahre treiben will. Von Th. Andr. Knight, Esq., F. R. S. etc. Präsident. Aus den Transaction der London Horticultural Society im Repertory of Arts, Manufactures et Agriculture. N. CCXLI. Junius 1822. S. 51. Knight über die gehörige Behandlung der Obst-Bäume. Die Periode, welche irgend eine Art oder Sorte von Obst erfodert, um unter irgend einer gewissen Temperatur, und unter einem gewissen Grade von Licht in einem Treibhause vollkommen zu reifen, laͤßt sich, durch die vorausgehende Behandlung und den darauf folgenden Zustand eines Baumes, wenn er zuerst der Einwirkung einer kuͤnstlichen Hize ausgesezt wurde, weiter neiden und genauer regeln, als man gewoͤhnlich glaubt. Jeder Gaͤrtner weiß, daß, wenn das vorhergegangene Jahr kalt, truͤbe und naß war, das Holz seiner Obstbaͤume unreif bleibt, und nur schwache, bald abfallende Blumen zum Vorscheine kommen. Man kennt wohl die Vortheile, die daraus entstehen, wenn das Holz vollkommen reif geworden ist; allem die Vortheile, die daraus hervorgehen, daß, wo man sehr fruͤhzeitig reifes Obst haben will, man das Holz sehr fruͤhe in dem Sommer vorher zur Reife bringt, und wo es dahin gebracht ist, den Baum alsogleich in einen Zustand von Muhe versezt, diese Vortheile sind, so weit wenigsten meine Beobachtung reicht, den Gaͤrtnern noch durchaus unbekanntDer Uebersezer kannte einige deutsche Gaͤrtner, denen diese Bemerkung des Hrn. Praͤsidenten wohl bekannt war; namentlich den beruͤhmten Dendrologen Franz Borg. Schmidt, den Verfasser her trefflichen oͤsterreichischen Baumzucht. A. d. Ueb.; obschon jeder, der nur etwas Wein-Treiberei versteht, die verschiedene Wirkung derselben Temperatur auf dieselbe Rebe im Oktober und im Februar bemerkt haben muß. Im Herbste haben die Pflanzen sich so eben in ihren Winterschlaf begeben. Im Februar haben sie sich durch diesen Winterschlaf gestaͤrkt, und sind bereit, wieder zu erwachen. Es ist offenbar, daß, wo man immer die Lebenskraͤfte derselben recht fruͤhzeitig wieder in Thaͤtigkeit sezen will, es vortheilhaft seyn muß, diese Kraͤfte auch recht fruͤhzeitig im vorigen Herbste zur Ruhe gebracht zu haben. Die Gaͤrtner sind von Natur aus geneigt, ihre Pflanzen als lebende, und in gewißem Grade empfindende, Wesen so zu behandeln, wie sie wuͤnschten, selbst behandelt zu werden. Ich habe in fruͤheren Aufsaͤzen bemerkt, daß diese Ansicht sie oͤfters zu Fehlern verleitet; wenn sie aber dießmal sagten, wer fruͤhe aufstehen will, muß fruͤhe sich zu Ruhe begeben, so wuͤrden sie sehr Recht haben. Ich will hier das Resultat einiger Versuche auffuͤhren, welche, wie ich glaube, die Wahrheit der oben aufgestellten Behauptungen klar und deutlich genug erweisen werden. Einige in Toͤpfe gepflanzte Reben wurden Ende Jaͤners in ein Treibhaus gestellt, wo sie in der Mitte des Julius reife Fruͤchte brachten. Sie wurden bald darauf aus dem Triebhause genommen, und an die Nordseite einer Wand in freier Luft in Schatten gestellt. Sie wurden nur wenig begossen, und ihre Blaͤtter fielen bald ab. Im August wurden sie beschnitten, und im September an die Mittags-Seite einer Wand gestellt, wo sie bald mit starker Kraft zu treiben begannen, und fortfuhren zu wachsen, bis der Frost ihre jungen Triebe toͤdtete. Andere Reben von derselben Sorte ließ man in dem Hause bis spaͤt im August, wo sie eben so behandelt wurden, wie die vorhergehenden, nur mit dem Unterschiede, daß man sie nicht aus ihrer Lage nach der Nordseite einer Wand brachte, und vor dem Winter nicht beschnitt. Sie wurden hierauf an die Suͤdseite einer Wand gestellt, wo ihre Frucht im folgenden Jahre sehr gut reifte, obschon sie bei uns in einem Klima Maren, in welchem sie nie haͤtten reife Fruͤchte bringen koͤnnen, wenn sie immer in freier Luft gestanden waͤren. Da ich mehrere Sorten von Pfirsichen aus Samen im Jahr 1813 gezogen hatte, so wollte ich sie auch gar zu gern wenigstens so lang erhalten, bis ich sehen koͤnnte, was aus jeder wird. In dieser Hinsicht verschaffte ich mir von jeder ein Duplikat, in dem ich eine Knospe von jedem Saͤmlinge auf einen Stamm impfte, den ich in das Treibhaus stellte. Spat im Herbste des Jahrs 1815 wurden einige junge Baͤumschen, die ich aus diesen Knospen erhielt, aus dem Treibhause, in welchem ihr Holz im vorigen Sommer vollkommen zur Reife kam, in die freie Luft gebracht, und so nahe als moͤglich zu den Saͤmlingen derselben Sorte hingepflanzt, die bisher immer im Freien stunden. Das Resultat war, daß die Baumchen, die aus dem Treibhause kamen, ihre Blumen um 9 Tage fruͤher entfalteten, und daß ihre Fruͤchte um drei Tage fruͤher reiften, als an den stets im Freien gestandenen Baͤumen derselben Sorte. Der Umstand, daß die Wurzeln in Toͤpfen eingeschlossen, und wahrscheinlich eingeengt waren, der Einfluß des Stammes (denn die in den Toͤpfen gezogenen Pfirsiche wuchsen auf Aprikosen) konnten vielleicht, bei dem lezt erwaͤhnten Versuche, die Reife der Fruͤchte etwas beschleunigen; allem die Haupt-Ursache der fruͤheren Reife der Frucht war, in den beiden eben erwaͤhnten Faͤllen, nach meiner Ueberzeugung, die volle Reife des Holzes, und der Zustand von hoher Erregbarkeit, welcher durch eine widernatuͤrlich lange Ruhe herbeigefuͤhrt wurde. Es ist, wie ich glaube, durchaus nicht noͤthig Beweise dafuͤr aufzustellen, daß eine Rebe, die im Winter ohne sehr große Hize nimmermehr zum Treiben gebracht werden kann, zur Fruͤhtreiberei weniger taugt, als eine Rebe, deren Lebenskraͤfte so sehr erregbar sind, daß sie schon in der Temperatur der Septemberluft im Freien zu neuem und starkem Treiben bereit da steht, und in welcher sich diese Kraft, in einer niedrigen Temperatur zu treiben, bis zum naͤchsten Fruͤhlings noch fortschreitend anhaͤufen wird. Man wird uns vielleicht dagegen bemerken: daß man von Reben, deren Wurzeln in einem Topfe eingeschlossen sind, nie einen so großen Ertrag erwarten darf, als von anderen, deren Wurzeln frei sind. Diesen Einwurf wird man aber, wie ich glaube, dort ganz ungegruͤndet finden, wo es sich um sehr fruͤhe reife Trauben handelt. Denn, Reben so wohl, als (wie ich in fruͤheren Abhandlungen bemerkte) Obstbaͤume, wenn man sie reichlich mit Wasser und Duͤnger in fluͤßigem Zustande versieht, verlangen nur eine geringe Menge von Erde. Ein Topf, der nur zwei Kubikfuß sehr fruchtbare Erde faßt, kann, bei gehoͤriger Aufmerksamkeit, eine Rebe vollkommen naͤhren, die, nachdem sie im Herbste zugeschnitten wurde, 20 Quadrat-Fuß an der Deke eines Treibhauses einnimmt. Ich habe immer gefunden, daß Reben in solchen Toͤpfen, wenn sie mit Nahrung und Wasser hinlaͤnglich versehen wurden, kraͤftigeres Holz erzeugten, wenn sie fruͤhe getrieben worden sind, als andere Reben von derselben Sorte, deren Wurzeln man selbst außer dem Treibhause noch freien Spielraum gab.