Titel: Ueber Papier-Maché-Artikel und ihre Verfertigung. Von Hrn. Gill.
Fundstelle: Band 9, Jahrgang 1822, Nr. LXXII., S. 456
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LXXII. Ueber Papier-Maché-ArtikelDie Englaͤnder nennen alle Papie-Machè-Artikel Japanned-Paper, so wie alles seine Porzellan, China, wahrscheinlich weil sie ersteres aus Japan, wie lezteres aus China, zuerst erhalten haben. To Japan, d.h. japanisiren, heißt bei ihnen lakiren und vergolden, glaͤnzend machen, so daß sogar ein Stiefelwichser bei ihnen ein Japanner genannt wird. A. d. Ueb. und ihre Verfertigung. Von Hrn. Gill. In dessentechnical Repository. N. VI. S. 426. Gill über Papier-Maché-Artikel. Man Verbindet mittelst eines Sazes aus Leim und feinem Weizen-Mehle, welche beide man in Waͤsser kocht, große Bogen Papier auf folgende Weise mit einander. Man leimt zuerst zwei Blaͤtter auf einander, in dem man beide mittelst eines Pinsels an einer Seite mit einer duͤnnen Lage von diesem Saze uͤberzieht, sodann uͤber einander legt, und die zwischen denselben enthaltenen Luftblaͤschen Durch sorgfaͤltiges Streichen von dem Mittelpunkte gegen den Rand hin mit einem groben Wollen-Lappen hinaustreibt. Man bringt sie hierauf in eine Trokenstube, und nachdem sie troken geworden sind, werden auf aͤhnlich Weise zu beiden Seiten wieder andere Papierblaͤtter aufgeleimt, u.s.f. bis das Papier die zu dem beabsichtigten Zweke gehoͤrige Dike erlangt hat. Diese Tafeln werden dann entzwei gesaͤgt, und von den Galanterie-Tischlern auf dieselbe Weise, wie Holz, weiter verarbeitet; sie werden zu Thee-Brettern und einer Menge anderer Geraͤthe zusammen geleimt, zu welchen dieses Materiale wegen seiner Staͤrke, Leichtigkeit und Dauerhaftigkeit ganz vorzuͤglich geeignet ist, hierauf uͤberfirnißt, (japanned) bemahlen, vergoldet etc. Man macht aus diesen Tafeln auch Knoͤpfe, in dem man sie zuerst mittelst einer Schnellpresse und den gehoͤrigen Werkzeugen in kreisfoͤrmige Stuͤke, wie die Metallknoͤpfe ausschneidet. Diese Stuͤke werden dann auf der Drehebank gehoͤrig zugedreht, durchloͤchert und metallne Oehre in dieselben eingenietet; auf die Stelle der Niete werden andere kreisfoͤrmige Stuͤke geleimt, welche dann die Vorderseite der Knoͤpfe bilden; hierauf werden die Kanten auf der Drehebank zugerundet und, bis auf das gewoͤhnliche Firnißen vollendet. Lezteres geschieht auf Verschiedene geschmakvolle Weisen, unter Welchen das Marmoriren vorzuͤglich bemerkt zu werden verdient. Ueber das Marmoriren und Tunken des Papier-Maché. Dieses vorhin sehr haͤufig angewendete Verfahren um schoͤne seine Zeraͤstungen von verschiedenen Farben, einzeln oder gemengt, auf der Oberflaͤche der Papier-Maché-Waaren hervorzubringen, wurde ehevor haͤufig angewendet, und verdiente noch heute zu Tage mehr benuͤzt zu werben. Es geschieht auf folgende Weise: Die Farbe, Zinnober, kampenschwarz, Schieferweiß etc. wird mit Terpenthin abgerieben, und dann mit etwas Gold-Firniß gemengt, bis eine kleine Portion dieser Mischung, wenn sie auf der Spize eines Mahler-Spatels auf die Oberflaͤche des Wassers gebracht wird, augenblich in den oben erwaͤhnten Zeraͤstungen uͤber der Oberflaͤche des Wassers zerfließt. Wenn man nun den aus diese Weise zu verzierenden Gegenstand auf dieselbe anbringt, oder schnell eintaucht, so nimmt er alle diese Zeraͤstungen auf seiner Oberflaͤche auf. Will man mehrere Farben auf der Oberflaͤche dieser Gegenstaͤnde anbringen, so darf man nur auf die beschriebene Weise erst eine Farbe auftragen, und dann auf dieselbe Art auch die uͤbrigen, die einzeln abgerieben werden muͤssen, bis die verlangte Wirkung zum Vorscheine kommt. Den Gold-Firniß hiezu zu bereiten. Man nimmt ein Pfund Lein-Oel, und 8 Loth Gummi Animaͤ; kocht das Oel in einem eigenen eisernen Gefaͤße mit einem genau darauf paßenden Dekel, und sezt dann nach und nach den Gummi in Pulver zu, solang, ehe man neues Pulver zusezt, ruͤhrend, bis das vorige vollkommen aufgeloͤst ist. Nachdem alles gehoͤrig gemischt ist, kocht man es so lang, bis es, wo man eine kleine Portion hievon herausnimmt, etwas diker als Theer ist, wo es dann zum Gebrauche durch ein grobes Stuͤk Tuch durchgesiehen wird. Ein anderes Verfahren, den Firniß zu bereiten. Man nimmt Gummi Animaͤ und Asphalt, von jedem zwei Loth; Goldglaͤtte, Mennig und braunen Bernstein, von jedem ein Loch, und gibt sie in einen neuen irdenen glasirten Topf, der um ein Drittheil groͤßer ist als die ganze zu kochende Masse. Man sezt hierauf eine Viertel-Pinte rohes Lein-Oel zu, und eine halbe PinteEine Wein-Pinte ist 0,3341 Wiener Maß. A. d. Ueb. getroknetes Lein-Oel, und hizt die ganze Masse bei gelindem Kohlenfeuer, das durchaus nicht stammen darf, so daß sie nur etwas aufwallt oder beinahe siedet; denn wenn sie soͤtte oder uͤbers liefe, koͤnnte großes Unheil entstehen: sobald man daher wahrnimmt, daß die Masse aufschwillt, muß der Napf vom Feuer zuruͤkgezogen werden, bis sie sich wieder sezt. Wo sie anfangt zu sieden, muß sie mit einem Stoke gehoͤrig umgeruͤhrt werden, bis alle aufloͤsbaren Ingredienzen gehoͤrig unter einander einverleibt sind, und die Masse so dik wird, wie Syrup. Dann kann sie abgekuͤhlt, auf vorige Weise abgeseiht, und zum Gebrauche aufbewahrt werden. Verbesserte Papier-Maché-Fabrikation. Diese Verbesserung besteht darin, daß man das Papier uͤber Model derjenigen Gegenstaͤnde zusammen leimt, die man daraus verfertigen will, und sie dann in Trokenstuben troknet, statt daß man zuerst Tafeln verfertigt, die dann weiter verarbeitet werden. Dieses Verfahren ist, ohne Zweifel, bei vielen Gegenstaͤnden weit zwekmaͤßiger, als das vorhergehende, in sofern naͤmlich hier jene Fehler nicht zum Vors scheine kommen, welche bei Zusammenfuͤgung mehrerer Gegenstaͤnde durch Leim und Naͤgel unvermeidlich sind. Unregelmaͤßige Formen koͤnnen auf diese Weise weit besser erzeugt werden. Die Fabrikanten zu Birmingham haben Sr. Majestaͤt neuerlich ein Praͤsent mit einem großen Thee-Brette aus Papier-Mache gemacht, das am Rande sehr schoͤn ausgeschnitten, und, wie die alten japanesischen Arbeiten, mit erhabenen und stachen Figuren und Bronzen von verschiedenen Farben verziert ist. Franzoͤsisches Papier-Maché. „Dieses wird aus Papier verfertigt, welches mit dem Sazleime gestampft, und dann in Model gepreßt wird, um Tabakdosen und eine Menge anderer Artikel daraus zu verfertigen. Wir mußten lachen, als ein Freund, der sich einige Zeit zu Paris aufhielt, uns neulich die Art und Weise erzaͤhlte, wie die Papier-Machè Fabrikanten daselbst das Materiale zu ihren Fabrikaten erhalten. Er sah einen Mann mit einem großen Korbe auf dem Ruͤken und einem Krazer in der Hand mit der groͤßten Behaͤndigkeit die Anschlag-Zettel von den Eken der Straßen abkrazen, und in seinen Korb werfen. Als mein Freund, der ihm einige Zeit uͤber nachschlich, ihn fragte, wozu er diese Anschlagzettel abkrazt? erhielt er zur Antwort: daß diese Zettel in Dosen aus Papier-Machè verwandelt werden. So verschafft man sich zu Paris Papier und Pappe zugleich auf die wohlfeilste Weise: man braucht sich naͤmlich bloß, die Muͤhe zu geben, sie zu stehlen“Wer erkennt an diesem Seitenhiebe nicht den akten eingewurzelten Nationalhaß der Englaͤnder gegen die Franzosen! Wie kann aber ein Englaͤnder den Franzosen das Stehlen vorwerfen, da in keinem Lande Europens soviel gestohlen wird, als in England nur in einer einzigen Stadt. Oheu! quam niger es! dicebat caucasus ollae! .