Titel: Analyse verschiedener Kalksteine in Bezug auf den beßten Mörtel, von Hrn. P. Berthier, Ingenieur beim k. Bergwerks-Corps.
Fundstelle: Band 11, Jahrgang 1823, Nr. LV., S. 350
Download: XML
LV. Analyse verschiedener Kalksteine in Bezug auf den beßten Mörtel, von Hrn. P. Berthier, Ingenieur beim k. Bergwerks-Corps. Aus den Annales des Mines in den Annales de Chimie 1823. Janvier. S. 62. Im gedrängten Auszuge. Man vergleiche hiemit die nachstehende Abhandlung des Hrn. Vicat als Antwort auf diese Ansichten und Resultate. – Uebrigens muͤssen wir bedauern, daß der enge Raum unserer Blaͤtter nicht gestattet, eine vollstaͤndige Uebersezung dieser lehrreichen Abhandlung zu liefern, und noch mehr bedauern wir, daß es unseren Mineralogen und Chemikern bisher nicht gefaͤllig war, Analysen von unseren Kalksteinen zu liefern, deren Mischung und Guͤte so sehr verschieden, und deren genaue Kenntniß unseren Baumeistern, wenn sie anders festere Gebaͤude aufzufuͤhren gedenken, als sie bisher auffuͤhrten, so wichtig ist. Da es zu erwarten steht, daß unsere Chemiker und Mineralogen (von welchen wir ein aͤhnliches Werk uͤber die baierischen und wirtembergischen Kalksteine, wie das gegenwaͤrtige uͤber die franzoͤsischen, zu sehen wuͤnschen, indem sie bei ihren Analysen von Mineralien, die kein Mensch brauchen kann, und die bloß ein Gegenstand des Wissenschaftlichen Luxus sind, das bekannte, NISI VTILE EST QVOD FACIMVS STVLTA ESTE GLORIA, nicht gern auf sich werden gedeutet sehen wollen die Annales de Chimie fleißig lesen, so glaubten wir um so mehr das rein Mineralogische und Chemische in dieser Abhandlung uͤbergehen zu koͤnnen, und bloß bei dem, was den Techniker interessirt, verweilen zu duͤrfen. A. d. Ueb. Berthier's Analyse verschiedener Kalksteine. „Hrn. Vicat's Werk uͤber den Kalk und den Moͤrtel gehoͤrt allerdings unter die beßten Werke, die wir dem Corps des Straßen- und Bruͤkenbaues verdanken. Seine Entdekung uͤber die Bereitung des kuͤnstlichen hydraulischen Kalkes ist von der hoͤchsten Wichtigkeit: die Regierung hat es sich angelegen seyn lassen, bei den oͤffentlichen Gebaͤuden Vortheil davon zu ziehen, und viele Private haben diesem Beispiele gefolgt. Hr. Vicat handelte um so edler, indem er seine Erfindung oͤffentlich bekannt machte, als er, haͤtte er dieselbe (wie so viele andere Schufte) verkauft, oder sich ein Brévet d'invention dafuͤr geben lassen, bedeutenden Gewinn mit derselben haͤtte machen koͤnnen Hr. Vicat und Hr. John haben sich mit zwei besonderen Gegenstaͤnden, naͤmlich mit dem Kalke und mit dem Moͤrtel beschaͤftigt. Ueber den Kalk stimmen diese beiden Gelehrten in ihrer Ansicht vollkommen uͤberein, gestehen aber leide, daß die Mischung der hidraulischen Kalke sehr wandelbar, und daß die Frage, worin die Eigenschaften der Kalkarten, die nicht dieselben Bestandtheile besizen, von einander abweichen, noch nicht aufgeloͤst ist. Diese Frage wird man offenbar nur dann erst loͤsen koͤnnen, wenn man entweder die Bestandtheile einer Menge Kalkarten, deren Eigenschaften bereits gehoͤrig bekannt sind, durch Analyse bestimmt, oder die Eigenschaften verschiedener kuͤnstlich zusammengesetzer Kalkarten gehoͤrig pruͤft.“ „Die Theorie des Moͤrtels ist noch bei weitem nicht so vorgeruͤkt, als die des Kalkes. Hr John und Hr. Vicat weichen, wie ich am Ende dieses Aufsazes zeigen werde, in Hinsicht derselben von einander ab, und es waͤre sehr zu wuͤnschen, daß lezterer seine so schoͤn begonnenen Untersuchungen hieruͤber fortsezen moͤchte, da Niemand mehr, als er im Stande ist, diesen schwierigen Gegenstand zu ergruͤnden.“ Nach einer S. 64 bis 65 gegebenen Analyse von 8 franzoͤsischen nicht hydraulischen Kalkarten (vor und nach dem Brennen derselben) schließt Hr. Berthier: „1. Daß wie Hr. Vicat und John sich aͤußerten, beinahe reine Kalksteine immer fette Kalke liefern, 2. daß sehr gemengte, aber nicht thonartige Kalkarten mageren, aber nicht hydraulischen Kalk liefern.“ Die eilf Analysen hydraulischer Kalkarten S. 66 begleitet S. 68 eine lange Bemerkung uͤber eine kuͤnstliche Kalk-Composition des Hrn. de St. Léger, die wir hier mittheilen muͤssen. „Diese Mischung besteht aus 4 Theilen Kreide von Meudon und Einem (Maß) Theile Thon von Passy. Hr. de St. Léger bedient sich desselben zur Verfertigung des kuͤnstlichen hydraulischen Kalkes in seiner bei der Bruͤke der Militaͤr-Schule befindlichen Fabrike. Die Regierung bedient sich gegenwaͤrtig bloß dieses Kalkes des Hrn. de Saint-Léger bei den oͤffentlichen Gebaͤuden zu Paris, und bei dem Canal von Saint-Martin wurde in diesem Jahre eine ungeheure Menge desselben verbraucht. Man schaͤzt ihn hoͤher, als den Kalk von Senonches, und auch ich habe mich, im Kleinen, von den Vorzuͤgen desselben uͤberzeugt. Ich habe immer gefunden, daß nach einer gewissen Zeit der Kalk des Hrn. Saint-Léger bedeutend haͤrter wird, als jener von Senonches. Er loͤst sich, wie lezterer, vollkommen in Saͤuren auf, und schwillt, bei dem gewoͤhnlichen Loͤschen, um 0,65 seines Umfanges, wenn man die nicht gar gebrannten Stuͤke sorgfaͤltig absondert.“ Hr. de Saint-Léger wird seine Fabrik vergroͤßern, um alle Bestellungen befriedigen zu koͤnnen, und ich zweifle nicht, daß er bald ganz Paris mit hydraulischen Kalke zu versehen haben wird, um so mehr, als er das kubische Mêtre (3,1635 Wiener Fuß) um 60 Franken gibt, waͤhrend der Kalk von Senonches 85 Franken kostet. „Hr. Girant, Baumeister zu Nemours, war der Erste, der aus Kreide und Thon, nach Vicat's Angabe in seinem trefflichen Werke, kuͤnstlichen hydraulischen Thon verfertigte. Hr. de Saint-Léger hat eben dieses Verfahren bedeutend vervollkommnet und vereinfacht; es gelang ihm alle Hindernisse zu besiegen, und er kann sich mit Recht das Verdienst zuschreiben, diese neue Kunst auf eine Stufe von Vollkommenheit gebracht zu haben.“ „Im Jahre 1795 ließen sich die Hrn. Parker und Wyatts ein Patent geben, um zu London einen kuͤnstlichen Kalk zu erzeugen, den sie Anfangs Wasserkalk, und spaͤter roͤmischen Kitt nannten. Ihre Unternehmung hatte den beßten Erfolg, und spaͤter entstanden mehrere aͤhnliche Fabriken, die gleichfalls ihr Gedeihen fanden. Man treibt heut zu Tage einen ungeheuren Handel in England mit diesem roͤmischen Kitte, und verschifft denselben bis nach Ostindien.“ „Dieser Kitt hat die Eigenschaft beinahe augenbliklich, wie Gips, zu erhaͤrten, wenn man ihn, ohne alle andere Beimischung, sich selbst entweder in Beruͤhrung mit Luft oder mit Wasser uͤberlaßt, nachdem er vorlaͤufig zu einem etwas dichten Teige angeruͤhrt wurde. Wasser verduͤnnt ihn nicht; er bekommt im Gegentheile, mehr Dichtheit, wenn er bestaͤndig benezt oder feucht erhalten wird, als wenn man ihn troken haͤlt; seine Haͤrte nimmt mit der Zeit zu, und er wird schnell eben so hart, wie der beßte Kalkstein. Diese Eigenschaften machen den roͤmischen Kitt bei allen Wasserbauwerken hoͤchst schaͤzenswerth, vorzuͤglich dort, wo man das Wasser aus was immer fuͤr einem Grunde nicht kann ablaufen lassen. Man bedient sich desselben auch zu London zum Anwurfe der Haͤuser statt des Gipses, und zum Aufmauern der grundfesten großen Gebaͤude. Seine Anwendung fodert aber viele Uebung. Wenn man ihm bei dem Anruͤhren nicht den gehoͤrigen Grad von Dichtheit gibt; wenn man bei dem Auftragen und Einstreichen desselben in die Zwischenraͤume der Steine nicht gehoͤrig eilt, oder wenn man die Arbeit unterbricht, so erhaͤrtet er ungleich, springt, und haͤngt schlecht an dem Mauerwerke. Rein darf man ihn nur bei jenen Mauerwerken anwenden, die der Einwirkung des Wassers zu widerstehen haben; gemengt mit feinem, ekigen, gut gewaschenen Sande, im Verhaͤltnisse von 2 Theilen Sand auf 3 Theile Kitt, empfehlen die Hrn. Parker und Wyatts ihn zu Grundfesten und zu Gesimsen, die dem Regen ausgesezt sind; 3, 4 bis 5 Theile Sand auf 3 Theile Kitt loben sie zu gemeinem Moͤrtel, und 3 Theile Sand auf 2 Theile Kitt zum Ueberwurfe an Mauern, die der Kaͤlte, 5 Theile Sand und 2 Theile Kitt an Mauern, die der Hize und Trokenheit ausgesezt sind. Dieser Kitt wird in der Fabrik gleich nach dem Brennen unter Muͤhlsteinen zu einem sehr feinen Pulver gemahlen, und in wohl verschlossenen Faͤssern, das Kubik-Mêtre zu 100 Franken in London, verkauft. Vor dem Anruͤhren mengt man ihn mit Sand. Er loͤscht sich langsam und erhizt sich kaum merklich, saugt wenig Wasser ein, und nimmt nicht sehr an Umfang zu.“ „Hr. Lesage, Ingenieur bei der Armee, hat vor 20 Jahren (im Journal des Mines Tab. XII. pag. 459) eine Kalkart unter dem Namen Gips-Kitt (plâter-ciment) beschrieben, deren man sich damals zu Boulogne sur mer (Pas de Calais) bediente. Aus seiner Beschreibung erhellt, daß diese Kalkart nichts anderes, als der englische Kitt ist, wie die Annalysen (des Hrn. Drapier, Journal des Mines, Tab. XII. S. 490, und des Hrn. Berthier hier, S. 72) beweisen.“ „Der englische Stein ist dicht, sehr feinkoͤrnig, hart, zaͤhe, nimmt eine sehr schoͤne Politur an, und ist grau-braun. Seine specifische Schwere ist 2, 59. Man sagt, daß er in knolligen Massen im Mergel vorkommt. Er zeigt duͤnne und gewundene Scheidewaͤnde einer kristallinischen, gelblichen, durchscheinenden Substanz, die einige Fabrikanten fuͤr Gips erklaͤren; ich habe mich aber uͤberzeugt, daß sie reiner kohlensaurer Kalk ist, und weder in diesem Steine noch in dem Kitte kohlensauren Kalk gefunden. Man glaubte, daß dieser Kittstein nur an einem einzigen Orte in England sich faͤnde, hat ihn aber seit einigen Jahren an mehreren Orten getroffen, und man versichert, daß er sehr haͤufig ist.“ „Der Boulogner Stein ist eben so dicht, sehr feinkoͤrnig, hart, zaͤhe und politurfaͤhig; ist aber gelblich grau. Man fand ihn immer nur als Geroͤlle am Ufer des Meeres. Man hat schon lange Zeit her seine Sammlung aufgegeben, weil man behauptet, daß er zu selten geworden ist. Man sollte glauben, daß die kostbaren Eigenschaften dieses Steines, die durch eine eigene Commission, deren Organ Hr. Lesage gewesen ist, auf die legalste Weise erwiesen wurden, die Aufmerksamkeit aller Baumeister haͤtte erregen, und einige Speculanten bestimmen sollen zu sehen, ob nicht irgendwo in Frankreich dieser Stein in hinreichender Menge vorkommt, um auf denselben mit Vortheil graben zu koͤnnen. Hrn. Drapier's Analyse zeigt, daß dieser Stein nichts, wie ein sehr thonhaͤltiger Kalk ist (0,616 Kalk, 0,048 Thon); man wußte also hieraus schon, wo man ihn zu suchen hat. Kalkformation ist so haͤufig in Frankreich, daß es unmoͤglich ist, daß Versuche in der Auffindung dieses Steines unbelohnt haͤtten bleiben koͤnnen. Allein, weit entfernt von allen diesen Hoffnungen hoͤrte die Fabrik zu Boulogne beinahe eben so schnell auf, als sie errichtet ward. Niemand dachte daran, irgendwo eine aͤhnliche zu gruͤnden, und der Kitt-Gips war so schnell wieder gaͤnzlich vergessen, daß bei der Wiederkehr des Friedens die Englaͤnder mit ihrem roͤmischen Kitte kamen, und man denselben als eine neue Entdekung, als etwas in Frankreich ganz Unbekanntes anstaunte. Die Englaͤnder errichteten eine Niederlage von diesem Kitte zu Quernsey, von wo aus sie ihn uͤber die ganze Kuͤste von Frankreich verfuͤhren, und die franzoͤsische Regierung selbst kauft ihnen gegenwaͤrtig eine sehr große Menge zu den Werken am Hafen von Cherboury ab. Wir wollen hoffen, daß wir nicht saͤumen werden, uns von diesem Tribute zu befreien, und aus unserem eigenen Lande das aus der Fremde eingefuͤhrte Baumaterial auszugraben. Petersburg hat jezt seinen roͤmischen Kitt so gut wie London. Es dankt diesen Gewinn den Hrn. Clapeyron und Lamey, Markscheidern an den franzoͤsischen Bergwerken, die auf einige Zeit an dem polytechnischen Institute von Rußland als Professoren angestellt sind, und die von der russischen Regierung beauftragt, hydraulische Kalksteine aufzusuchen, einen Kalkstein fanden, der selbst noch besser ist als der englische Kitt, indem er nach drei Monaten unter dem Wasser noch haͤrter wird, als jener. Er ist farbenlos. Durch diese Entdekung hat die russische Regierung bereits mehrere hunderttausend Franken bei ihren Wassergebaͤuden erspart, die ehevor ins Ausland gingen Es ist wohl kaum zu zweifeln, daß man diese Kalksteine auch in Baiern, wo im Oberlande sowohl als an dem noͤrdlichen Donauufer von Hoͤchstaͤdt bis gegen Donaustauf hinab der Kalk in allen Formationen so haͤufig ist, finden wird, wenn man sie sucht: vorzuͤglich scheint uns die Mergel-Formation vom Einflusse des Lech bis gegen Neuburg hinab in dieser Hinsicht der Unternehmung werth. A. d. Ueb. . Und wenn auch, was durchaus nicht wahrscheinlich ist, in ganz Frankreich keine hiezu tauglichen Kalksteine mehr gefunden werden sollten, so wird man diesen Kitt eben so gut kuͤnstlich bereiten koͤnnen, wie die gewoͤhnlichen hydraulischen Kalksteine. Die Hrn. de St. Leger und Girault haben hieruͤber bereits Versuche angestellt, die ein sehr guͤnstiges Resultat lieferten; sie werden sie im naͤchsten Fruͤhjahre wieder vornehmen, und man hat allen Grund zu glauben, daß beide ihren Zwek erreichen werden. Ich glaube, daß man aus Einem Theile gewoͤhnlichen, von allem Sande freien, Toͤpferthon und zwei Maßtheilen Kreide, d.h. aus Einem Theile Thon, und zwei Theilen und einem halben Kreide dem Gewichte nach einen hoͤchst hydraulischen Kalk verfertigen kann, der eben so schnell anzieht, wie der englische Kitt. Indessen muß ich bemerken, daß es nicht wahrscheinlich ist, daß man durch Mischung hydraulische Kalkarten erhalten kann, die eben so hart und dicht werden, als der natuͤrliche Kitt, indem diese Eigenschaften nicht bloß von den Mischungs-Verhaͤltnissen der Bestandtheile, sondern von dem Grade der Dichtheit selbst abhaͤngen. Es laͤßt sich begreifen, daß je mehr ein hydraulischer Kalk, der sich ohne Veraͤnderung seines Umfanges loͤscht. Dichtheit besizt, desto mehr seine Theilchen Faͤhigkeit besizen sich an einander anzudraͤngen, und er selbst bei seinem Erhaͤrten sich weniger zusammen zieht. Die kuͤnstlichen Mischungen werden, man mag anfangen was man will, immer leichter seyn als die natuͤrlichen Steine. Ich bin uͤberzeugt, daß die englischen und die Boulogner Kittsteine einen Theil ihrer Eigenschaften ihrer Dichtheit und ihrem gedraͤngten Gefuͤge verdanken. Diese Bemerkung sollte man bei den kuͤnftigen hieruͤber anzustellenden Versuchen nicht außer Augen lassen. Ich habe noch nicht Gelegenheit gehabt, in Frankreich Steine zu finden, die den Boulogner und den englischen vollkommen aͤhnlich waͤren: folgende vier kommen indessen denselben nahe, und es waͤre der Muͤhe werth. Versuche mit denselben anzustellen, obschon ihnen die erwuͤnschte Dichtheit fehlt.“ Als Resultat der Analysen dieser vier Steine und der vielen anderen hier untersuchten bemerkt Hr. Berthier S. 77. „Daß die Kieselerde fuͤr sich allein mit dem Kalke eine augenblikliche hydraulische Verbindung bildet, wie der Kalkstein von Senonches beweiset; daß die Bitterde allein (wie im Pariser Kalksteine) oder gemengt mit Eisen- und Braunstein-Oxid (wie im Kalksteine von Villefranche) nicht im Stande ist, eine aͤhnliche Verbindung hervorzubringen, sondern nur den Kalk mager wacht, ohne ihm die Eigenschaft zu ertheilen unter Wasser zu erhaͤrten. Die von mir angestellten synthetischen Versuche bestaͤtigen die Resultate der Analyse, und beweisen zugleich, daß: 1tens die Thonerde fuͤr sich allein eben so wenig den Kalk hydraulisch zu machen vermag, als die Bittererde; 2tens daß Kieselerde ein wesentlicher Bestandtheil der hydraulischen Kalkarten ist; 3tens daß die Eisen- und Braunstein-Oxide, weit entfernt, die wichtigen Rollen zu spielen, welche einige ihnen ertheilten, sich im Gegentheile meistens ganz leidend verhalten.“ Der Hr. Verfasser erzaͤhlt nun auf S. 77 bis 83 seine interessanten synthetischen Versuche, aus welchen unter anderen erhellt (S. 78): „daß die Bemerkung der Hrn. John und Vicat, daß, wenn was immer fuͤr erdige Stoffe sich mit dem Kalke verbinden sollen, sie so fein wie moͤglich gepuͤlvert seyn muͤssen, und daß es daher hoͤchst wichtig ist, diese Mischung mit aller moͤglichen Sorgfalt zu veranstalten, wenn man guten kuͤnstlichen hydraulischen Kalk erhalten will, sehr wahr und richtig ist;“ daß (S. 80) „Kalkarten, die zugleich Kiesel- und Thonerde enthalten, und; noch mehr Kalkarten, welche zugleich Kiesel- und Bitter-Erde enthalten, weit haͤrter werden, als eine bloße Mischung von reiner Kiesel- und Kalkerde:“„daß endlich (S. 83)“ Versuche mit hydraulischen Kalkarten, im Kleinen angestellt, nur mit Vorsicht benuͤzt werden duͤrfen. Denn, wenn es auch richtig ist, daß ein Kalk, der hydraulisch bei einem Versuche im Kleinen ist, auch im Großen hydraulisch seyn wird, so gilt dieß nicht umgekehrt. Die Zeit, waͤhrend welcher man den Kalk brennt, hat einen hoͤchst bedeutenden Einfluß auf das zu erhaltende Resultat; jede Mischung fodert ihren Grad von Hize, den man erreichen muß, den man aber nicht uͤberschreiten darf. Eine Mischung, die wenn man sie eine hinlaͤngliche Zeit uͤber der gehoͤrigen Temperatur ausgesezt haben wuͤrde, einen ausgezeichnet hydraulischen Kalk gegeben haben wuͤrde, wird nur einen sehr mageren Kalk darbiethen, wenn man sie zu wenig, und einen todt gebrannten, wenn man sie zu sehr erhizte.“ „Kennzeichen hydraulischer Kalksteine.“ „Aus den oben angefuͤhrten Analysen erhellt, daß die meisten Kalksteine, aus welchen man Kalk brennt, Gemenge aus kohlensaurem Kalke und Thonerde in sehr mannigfaltigen Verhaͤltnissen sind, und die Eigenschaften des aus denselben gebrannten Kalkes von diesen Verhaͤltnissen der Thon- und Kalk-Erde gegen einander abhaͤngen. Ein Kalkstein, der 0,06 Thon-Erde enthaͤlt, gibt schon einen sehr merklich hydraulischen Kalk und findet die Thonerde sich in demselben im Verhaͤltnisse von 0,15 bis 0,20, so ist der Kalk sehr hydraulisch; kommt endlich 0,25 bis 0,30 Thonerde in demselben vor, so zieht ein solcher Kalk beinahe augenbliklich an, und kann als roͤmischer Kitt betrachtet werden. Außer dem kohlensauren Kalke und der Thonerde halten die Kalksteine fast immer auch kohlensaure Bittererde in ihrer Mischung Die Gegenwart dieser Substanz bringt beinahe keine andere Wirkung hervor, als daß sie das Verhaͤltniß der Thonerde zur Kalkerde vergroͤßert, und schon dadurch die hydraulischen Eigenschaften des Kalkes vermehrt. Es ist also, wenn man die Guͤte eines Kalksteines in Hinsicht auf den daraus zu erhaltenden Kalk bestimmen will, genug, wenn man die Menge Thon- und Bittererde bestimmt, die er enthaͤlt. Diese Untersuchung laͤßt sich auf eine sehr einfache und aller Welt begreifliche Weise auf folgende Weise anstellen: „Man stoͤßt den zu untersuchenden Kalkstein und siebt das erhaltene Pulver durch ein Sieb von Seide. Hierauf nimmt man 10 Gr. dieses Pulvers, und gießt in einer Schale nach und nach etwas mit Wasser verduͤnnte Kochsalzsaͤure, oder, in Ermanglung derselben, Salpetersaͤure oder Essig darauf, und ruͤhrt mir einer Glasroͤhre oder einem hoͤlzernen Staͤbchen fleissig um. Wenn das Pulver nicht mehr aufbraust, Hort man auf Saͤure zuzusezen, und raucht die Aufloͤsung bei gelinder Waͤrme bis zur Consistenz eines Teiges ab, verduͤnnt dann den Ruͤkstand mit ungefaͤhr einem halben Lure 0,35 Wiener-Maß Wasser, und filtrirt. Die Thonerde bleibt auf dem Filtrum zuruͤk: Wenn aber auch noch Kieselerde dem Kalksteine beigemengt ist, was nicht selten der Fall ist, so bleibt auch diese mit der Thonerde auf dem Filtrum liegen. A. d. Ueb. man troknet diesen Ruͤkstand an der Sonne oder am Feuer, und wiegt ihn dann, oder, was noch besser ist, man erhizt ihn in einem irdenen oder metallnen Tiegel vor dem Waͤgen bis zur Rothgluͤhhize. In die erhaltene Aufloͤsung gießt man sehr klares Kalkwasser bis kein Niederschlag mehr erfolgt; diesen Niederschlag, der Bittererde ist, sammelt man so schnell als moͤglich auf dem Filtrum, waͤscht ihn mit reinem Wasser, gluͤht ihn, oder troknet ihn wenigstens so stark als moͤglich, und wiegt ihn dann ab. Wenn Eisen und Braunstein zugegen ist, so fallen diese beiden zugleich mit der Bittererde nieder: es ist aber nicht noͤthig, diese drei Koͤrper besonders von einander zu trennen.“ „Bemerkungen uͤber den Moͤrtel.“ „Hr. Vicat nimmt als Hauptursache des Festwerdens des Moͤrtels eine chemische Wirkung des Kalkes auf die beigemengten kieselerdigen Theile an. Er unterscheidet diese kieselerdigen Theile, die man zur Moͤrtel-Bereitung anwendet, in Kieselsand, und in natuͤrliche und kuͤnstliche Puzzolanen, welche entweder von der Schwefelsaͤure nicht angegriffen werden, oder welche von den Saͤuren angegriffen werden. Er behauptet, daß der fette Kalk nur auf die kieselerdigen Bestandtheile der zweiten Art wirkt, waͤhrend der hydraulische Kalk gegen alle, vorzuͤglich aber gegen jene der ersten Art, eine sehr große Verwandtschaft zeigt.“ „Hr. John hingegen behauptet, daß die Substanzen, die man dem Kalkbreie bei der Moͤrtelbildung zusezt, sich durchaus leidend verhalten. Er stuͤzt sich auf die von ihm gemachte Bemerkung, daß der kaustische Kalk weder auf den Quarz noch auf irgend eine andere Steinart wirkt, und meint, daß man uͤberhaupt Quarz, Glas, Schlaken, den Puzzolan-Erden vorziehen muͤssen, weil der Kalk daran sehr stark haͤngen bleibt.“ „Eine solche Abweichung in der Ansicht zweier so ausgezeichneter Gelehrten beweist, daß man uͤber diesen Gegenstand noch nicht ganz im Reinen ist; indessen muß ich gestehen, daß mir Hrn. John's Ansicht weit mehr beifallswuͤrdig scheint als jene des Hrn. Vicat. „Hrn. Vicat's Behauptung, daß der Kalk uͤberhaupt, und der hydraulische Kalk insbesondere, chemisch auf die kieselerdigen Beimischungen wirkt, beruht auf keiner wirklichen Thatsache, und steht vielmehr mit allen bisher gemachten Beobachtungen im Widerspruche. Wie soll man sich auch vorstellen, daß ein kieselsaurer Kalk, d.i., der hydraulische Kalk, der schon zum Theile mit Kieselerde gesaͤttigt ist, eine starke chemische Wirkung auf den Quarz aͤußere, waͤhrend der kaustische Kalk, dessen chemische Kraft durch keine vorlaͤufige andere Verbindung geschwaͤcht wurde, denselben nicht angreift, und selbst siedende kaustische Pottasche demselben nicht einmal seinen Glanz zu rauben vermag?“ „Kennen wir die Bestandtheile der natuͤrlichen Puzzolanen genau? Bisher haben wir keine genuͤgenden Analysen derselben. Haben diese Substanzen wirklich Analogie mit dem gebranntem Thone? Dieß ist durchaus nicht wahrscheinlich. Diese Thon-Arten sind kieselsaurer Thon; und wenn man die Puzzolanen nach dem gemeinsten vulcanischen Gebirgsarten beurtheilen darf, so muͤssen sie viele mit Thonerde und Pottasche verbundene Kieselerde, und uͤberdieß auch noch eine Menge anderer Mineralien, unter anderen auch Titan-Eisen etc. enthalten.“ „Hr. Vicat sagt, daß die fetten Kalkarten mit leicht gebrannten Thonarten Moͤrtel geben, die unter Wasser gut anziehen, weil diese Fluͤssigkeit die Verbindung des Kalkes mit der Kiesel- und Thonerde erleichtert, daß aber die dadurch entstehenden Mischungen nach und nach ihre Haͤrte durch den Zutritt der Luft verlieren. Wenn der Kalk sich wirklich mit dem Thone verbinden koͤnnte, so wuͤrde diese lezte Erscheinung nicht Statt haben; denn man weiß, daß der roͤmische Kitt, der nichts anderes als eine aͤhnliche Verbindung auf troknem Wege ist, unter dem Zutritte der Luft eben so gut, als unter dem Wasser, erhaͤrtet.“ „Der Einwurf, den Hr. Vicat gegen John's Theorie dadurch zu machen glaubt, daß er sagt, wenn diese Theorie richtig waͤre, so muͤßte die Kohle einen guten Moͤrtel mit dem Kalke bilden, scheint mir nicht von Belang. Denn wirklich hat Hr. John nicht behauptet, daß jeder Koͤrper bloß deßwegen zum Moͤrtel gut ist, weil er poroͤs ist; er fodert, daß er einen wenigstens eben so starken Zusammenhang besize, als der Kalk nach seinem Festwerden erlangt; eine Bedingung, die die Kohle sicher nicht erfuͤllen kann.“ „Hr. John koͤnnte mit mehr Recht, Hm. Vicat fragen, warum man nicht Moͤrtel aus rohem Thone machen kann, indem dieser ein Koͤrper ist, der, im Allgemeinen, den chemischen Gesezen weit leichter folgt als gebrannter Thon, welcher doch unter die beßten Materialien gehoͤrt, deren man sich zur Verfertigung des Moͤrtels bedienen kann, weil er, wie er sagt, einen großen Hang zur Verbindung mit dem Kalke besizt.“ „Ich glaube mit Hrn. John, daß dasjenige, was dem Kalke bei der Moͤrtelbildung zugesezt wird, gar keine chemische Rolle spielt, und 1tens nur Verminderung des Verbrauches des Kalkes bewirkt; 2tens das Zusammenziehen desselben regelt, indem es dasselbe maͤßigt, mehr gleichfoͤrmig macht, und dadurch hindert, daß sich keine Risse bilden; 3tens wahrscheinlich auch das Troknen und die Wiedererzeugung des kohlensauren Kalkes erleichtert, und das Anziehen beschleunigt; 4tens endlich auch die Festigkeit des Moͤrtels vermehrt. Diese lezte Wirkung ist die wichtigste, und verdient, gepruͤft zu werden. Die Theilchen des Koͤrpers, die dem Kalke zur Moͤrtelbildung zugesezt werden, erhalten gegen die Theilchen des Kalkes eine mehr oder minder starke Anhaͤngungskraft. Wenn diese Anhaͤngungs-Kraft weniger groß ist, als jene, die die Theilchen des Kalkes unter einander verbindet, so wird der Moͤrtel nicht fester werden, als der reine geloͤschte Kalk gewesen seyn wuͤrde; nur wird er weniger kosten, schneller anziehen, und beim Abtroknen weniger Spruͤnge bekommen, was allerdings schon an und fuͤr sich vortheilhaft ist; wenn aber die Cohaͤsionskraft des Kalkes geringer ist als die Kraft, mit welcher er seinen Beimischungen in dem Moͤrtel anhaͤngt, so muß der Moͤrtel mehr Zaͤhigkeit erhalten, als der geloͤschte Kalk nicht haben wuͤrde: und dieß ist wahrscheinlich dasjenige, was bei jedem guten Moͤrtel Statt hat. Diese Erscheinung hat aber nichts Besonderes. Sieht man nicht die Farben und Firnisse eben so am Holze, den Leim an den meisten Koͤrpern, das Gold an den Emaillen etc. mit einer solchen Kraft anhaͤngen, daß man nur durch chemische Mittel dieselbe aufzuheben vermag? Und ist es nicht offenbar, daß in keinem dieser Faͤlle chemische Verbindung Statt hat, indem, sobald man die Farbe, den Leim etc., womit der Koͤrper bedekt war, weg laͤßt, man deutlich sieht, daß derselbe nicht die geringste Veraͤnderung erlitten hat, und daß er, wenn er vorher polirt war, sogar noch seine Politur behielt?“ „Es ist offenbar, daß man bei einem Moͤrtel, der seine Festigkeit dem Anhaͤngen des Kalkes an jene Theile verdankt, die mit ihm zu Moͤrtel verbunden werden, den Vortheil besizt, die Beruͤhruͤhrungsflaͤchen soviel moͤglich zu vervielfaͤltigen, und folglich einen staubigen Zusaz zur Moͤrtelbildung anwenden zu koͤnnen; allein dann fodert der Moͤrtel eine weit groͤßere Menge Kalkes, als wenn man sich eines koͤrnigen Zusazes bedient. Auf der anderen Seite kann aber ein grobkoͤrniger Zusaz nie einen so festen Moͤrtel bilden, als ein staubartiger, weil zwischen den Koͤrnern dieses Zusazes Raͤume bleiben, die bloß vom Kalke allein ausgefuͤllt werden, und die beim Bruche nie jenen Widerstand leisten, den jene Stellen darbiethen, die mit dem Moͤrtel, Gemenge ausgefuͤllt sind. Hieraus scheint offenbar, daß um einen Moͤrtel zu erhalten, der bei der moͤglich kleinsten Menge Kalkes die groͤßte Festigkeit, das Maximum von Festigkeit, besizt, man Koͤrner von verschiedener Groͤße und Staub zugleich als Zusaz bei der Moͤrtelbildung anwenden muͤsse, wobei man jedoch die Beimischung thoniger Theile, die mit dem Wasser einen Teig bilden, und unter sich gar keinen Zusammenhang haben, jedesmal vermeiden muß. Hr. de Saint-Léger hat im vorigen Sommer Versuche im Großen hieruͤber angestellt, deren Resultate hiemit vollkommen uͤbereinstimmen. Er fand, gegen die allgemeine Behauptung, daß der Sand, dessen man sich zu Paris gewoͤhnlich bedient, einen besseren Moͤrtel gibt, wenn man ihn waͤscht, als wenn man ihn sehr fein siebt.“ „Die kuͤnstlichen, so wie die natuͤrlichen, Puzzolanen sind in Hinsicht auf ihre Bestandtheile gar sehr von einander verschieden, und kommen nur in der Faͤhigkeit, viel Wasser zu verschlingen, ohne sich zu erweichen, unter einander uͤberein: diese Faͤhigkeit haͤngt von ihrer Porositaͤt ab. Es ist also sehr wahrscheinlich, daß, in allen Faͤllen, wo sie auf eine eigene und von den uͤbrigen Moͤrtel-Zusaͤzen, wie Quarzsand, Glas etc., verschiedene Art wirken, sie diese Wirkungsart, wie Hr. John sagt, ihrer Porositaͤt zu danken haben. Die wichtige Beobachtung des Hrn. Vicat, daß leicht gebrannter Thon ein trefflicher Zusaz zur Moͤrtelbildung ist, waͤhrend stark gebrannter Thon nur einen mittelmaͤßigen Moͤrtel gibt, kommt dieser Ansicht sehr zu statten; denn leicht gebrannter und stark gebrannter Thon sind nur darin von einander verschieden, daß ersterer leicht, poroͤs, und folglich stark Wasser einsaugend ist, waͤhrend lezterer dicht und durchaus einem Steine aͤhnlich ist: beide befinden sich Uͤbrigens in einem ganz anderen Zustande, als der rohe Thon, weil sie kein Verbindungs-Wasser mehr erhalten, und mit dem Wasser keinen Teig mehr bilden.“ „Man weiß, daß poroͤse Koͤrper die Eigenschaft besizen, eine große Menge gasartiger Substanzen schnell zu verschlingen und zu verdichten. Sollten sie nicht auch dadurch auf die in der Luft und im Wasser enthaltene Kohlensaͤure wirken, und dadurch die Eigenschaft erlangen, das Festwerden gewisser Moͤrtelarten zu beschleunigen? Hieraus ließe sich wenigstens erklaͤren, warum sie diese Wirkung mit dem fetten Kalke hervorbringen, waͤhrend sie mit sehr hydraulischem Kalke kein anderes Resultat, als die nicht poroͤsen Zusaͤze, liefern; denn die Moͤrtel aus fettem Kalke werden nur durch Wiedererzeugung des kohlensauren Kalkes fest, waͤhrend das Festwerden der Moͤrtel aus sehr hydraulischem Kalke von dieser Ursache unabhaͤngig ist.“ „Wir wollen mit der Bemerkung schließen, daß die Theorie des Moͤrtels sich noch in einem Zustande von großer Unvollkommenheit befindet, und daß es sehr zu wuͤnschen ist, daß die Baumeister sich mit Sammlung neuer, die Dunkelheit der Theorie aufhellender Beobachtungen beschaͤftigen moͤchten.“