Titel: | Static der Dampf-Kessel von Johann Leonhard Späth, k. baier. Hofrath und Professor. |
Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. II., S. 17 |
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II.
Static der Dampf-Kessel von Johann Leonhard Späth, k.
baier. Hofrath und Professor.
Späth's Static der Dampfkessel.
Die Principien nach welchen der Englaͤnder Herr Woolf seine von ihm vielfaͤltig erbauten, in ihrer
Art vorzuͤglichsten Dampfmaschinen berechnet,
lassen sich bekanntlich mit den von unsern Physikern seither uͤber die
Daͤmpfe aufgestellten Theorien schlechterdings nicht vereinigen; weil sie
geradezu gegen jene anstossen. Da aber diese Principien sich aus meiner,
uͤber den Uebergang eines geschmolzenen mineralischen Koͤrpers aus
diesem Zustand in den dampf- und gasartigen Zustand, genommenen in dem X. Band 3.
Heft dieses Journals aufgestellten Ansicht, unmittelbar ableiten lassen; so stelle
ich deswegen in diesem Aufsaze uͤber den Zustand und
stetischen Druk der Daͤmpfe in einem Dampfkessel folgende Betrachtungen
an.
a) Wird naͤmlich ein luftdichter, zum Theil mit
Wasser angefuͤllter, luftleer gemachter, und mit einem Ventil oder Barometer und einem Thermometer versehener metallener Kessel der Flamme ausgesezt, welche sein Wasser nach und nach zum Sieden
bringt, so steigen vorerst aus dem Wasser bei successiver Erwaͤrmung
desselben die ihm incolirenden Stoffe heraus; sie folgen
der aufwaͤrts gehenden Stroͤmung der Feuertheile, und blaͤhen
sich in ihren Huͤllen in so weit auf, bis sich die Ueberwucht der
Elasticitaͤt ihrer Waͤrmestoffe uͤber die sie bindende
Kraͤfte ihrer Grundstoffe erschoͤpfet, und erfuͤllen so den
leeren, uͤber dem Wasser befindlichen Raum im Kessel mit einem sehr
duͤnnen dampfartigen Medio; wie ich bereits im X.
Band 3. Heft dieses Journals fuͤr die metallischen
Daͤmpfe angefuͤhrt habe es folgen diesen mit dem Beginnen des
Siedens unter einer Temperatur von 80 Graden nach Reaumuͤr, erst die wesentlichen Stoffe des Wassers selbst, die in
dem Moment ihrer Trennung von der obersten Wasser-Schicht in den activen Schichten
ihrer Huͤllen sich in so weit dampfartig
aufblaͤhen, als sie jenes Medium von sich draͤngen koͤnnen; und so nach und
nach in dem Kessel seinen wasserleeren Raum als sogenannte Daͤmpfe in so weit erfuͤllen, als in ihm nur immer Plaz
finden moͤgen – es blaͤhen sich dabei die activen Schichten der
Huͤllen der Wassertheile in ihrem Dualismus in so weit auf, daß die
Daͤmpfe einen 1500mal groͤßeren Raum als in dem natuͤrlichen
Zustand des Wassers erfuͤllen; und spannen sich in diesem Zustande in ihren
aufgeblaͤheten Huͤllen in so weit, als sie durch den Druk der
Wassertheile, welche die Stroͤmung der aufsteigenden Feuertheile weiters mit
sich zu nehmen und in Dampfgestalt an die uͤbrigen anzuschließen strebt,
gedrukt werden.
Dieser Druk ist fuͤr einen zur Haͤlfte mit Wasser angefuͤllten
Kessel gewoͤhnlich dem Gewichte einer
Wassersaͤule von 28 Pariser-Zoll – gleich; ist aber meines
Erachtens mit dem Verhaͤltniß in naͤherer Beziehung, welches zwischen
dem Wasserraume des Kessels und seinem leeren Raum uͤber demselben statt
findet – es ist dieser Druk um so groͤßer; je groͤßer der leere
Raum des Kessels zu seinem Wasserraum ist; weil eine groͤßere elastisch
fluͤßige Masse, immer staͤrker als eine kleinere durch die nemliche
Kraft sich zusammen druken laͤßtTiefe Ansicht bestaͤttiget sich schon durch die von Hrn. Betaneourt in kleinen Dampfkesseln angestellte
Versuche.Denn als diese mit 1/10 1/4 1/2 3/4 mit Wasser angefuͤllt waren,
zeigte auch der Druk der Daͤmpfe zu 31, 40,, 29, 00,, 28, 60,, 28, 00
Zollen.
b) Ist der Dekel des Kessels staͤrker als sein
Boden, oder Seitenwaͤnde, so koͤnnen ihn in gegebener Zeit um so
weniger Feuertheile durchdringen, je staͤrker er ist es stemmen sich daher an
ihn jene Feuertheile, die ihn nicht so schnell passiren koͤnnen, als sie aus
dem Boden und an den vom Feuer bespielten Seitenwaͤnden des Kessels
gleichzeitig aufsteigen; es sammelt sich deswegen in dem Kessel eine von Oben nach
Unten sich immer mehr anhaͤufende, und nach ihrer Intensitaͤt immer
mehr zunehmende Menge von Feuertheilen oder sogenannter freier
Waͤrme an; die sich dem in dem Kessel befindlichen Thermometer mittheilet, und
seine Temperatur immer hoͤher hebet, je dichter
dieß elastisch Fluͤssige wird.
Aus diesem elastisch Fluͤssigem gewinnen nun die Grund-Stoffe jenes Etwas. Band X. 2. Heft, wodurch ihre Kraͤfte
zunehmen um so mehr, je laͤnger der Kessel in der Flamme verbleibt –
sie saugen durch ihre stetig verstaͤrkende Kraͤfte dies
Fluͤßige selbst an sich, und legen dasselbe schichtenweise ihren
Huͤllen an Umfange zu, waͤhrend sie gleichzeitig durch dieselbe von
innen die aufgeblaͤheten activen Schichten ihrer Huͤllen an sich
ziehen, oder an ihre latenten Schichten zunaͤchst anschliessen; so daß also
die Huͤllen von innen um so viel einschwinden, als sie sich gleichzeitig von
Aussen vergroͤßern, mithin die Daͤmpft selbst ihr Volumen nicht
aͤndern – es dauert dieß Einziehen von Innen, und das Zulegen von
Aussen so lange fort, bis der Zwischenraum, welcher bei dem Entstehen der
Daͤmpfe in jeder Huͤlle durch die Absonderung ihrer activen, sich
blaͤhenden Schichten, von ihren noch latenten entstehen mußte, mit Feuertheilen ganz erfuͤllt ist; die sich
schichtenweise in steter Continuitaͤt uͤbereinander legen; mithin der
Zustand der Daͤmpfe in der nemlichen Flamme beharrlich wird. Ziehen die Grundstoffe der Daͤmpfe durch ihre
stets zunehmende Kraͤfte ihre aufgeblaͤheten Huͤllenschichten
nach und nach ein, so wuͤrden sie saͤmmtliche latent machen: wenn
nicht die benachbarten auch gleichzeitig durch ihre Kraͤfte sich in ihren
Huͤllenschichten afficirten, und dadurch den bindenden Kraͤften ihrer
eigenen Grundstoffe entgegen wirken.
Durch diese wechselseitige Einwirkung kommen nun die afficirten
Huͤllenschichten in freiere Umstaͤnde, in welchen sie sich durch ihre
Elasticitaͤt activ zeigen, und durch dieselbe sich stetig von ihren
Grundstoffen zu entfernen streben – es ist dieser active Zustand fuͤr
die aͤußersten Schichten der Huͤllen am groͤßten, nimmt aber
von Aussen noch immer nach dem Ueberschuß der Kraͤfte ab, um welche jeder
Grundstoff jede Schichte seiner Huͤlle staͤrker an sich haͤlt,
als die benachbarten sie durch ihre Kraͤfte in ihrem Abstande afficiren
koͤnnen – es faͤllt daher die lezte active Schichte in jeder
Huͤlle dorthin, wo die Kraͤfte, mit welchen die benachbarten
Grundstoffe sie anziehen, gegen die Kraft nur unbedeutend ist, mit welcher ihr
eigener Grundstoff sie an
sich haͤlt oder bindet; es schließet sich daher diese Schicht
zunaͤchst an die latenten Schichten der Huͤlle jedes Grundstoffes an;
und ihre Lage in jeder Huͤlle ist in so weit bestaͤndig, als mit dem
Zunehmen der bindenden Kraͤfte der Grundstoffe, auch die Kraͤfte
zunehmen, mit welchen sie sich als benachbarte in ihren Huͤllen-Schichten
gleichzeitig afficiren.
c) Jemehr daher die Grundstoffe ihre dampfartig
aufgeblaͤhte Huͤllenschichten nach und nach einziehen, oder in
denselben ihre Continuitaͤt herstellen, um so staͤrker druͤken
oder spannen sich die Huͤllen der benachbarten
Grundstoffe unter sich wechselseitig; sie stemmen sich eben so auch gegen die
Waͤnde des Kessels und gegen sein Ventil; und tragen eine um so
laͤngere Queksilber Saͤule, wenn der Kessel statt diesen, mit einem
Barometer versehen ist.
Diese Spannung der Daͤmpfe ist nur fuͤr den ersten Moment ihrer
Entstehung die geringste, nimmt aber mit der Menge der
Feuertheile, welche sich schichtenweise bei dem Einziehen der
aufgeblaͤheten Huͤllenschichten zulegen stetig zu sie nimmt
daher ans jeden Fall nach dem Gesez zu, in welchem die Kraͤfte der
Grundstoffe sich in gleichen aufeinanderfolgenden Zeittheilen verstaͤrken;
weil die Grundstoffe immer ihren Kraͤften proportionirte Menge von
Feuertheilen an sich saugen – bis endlich die Spannung der Daͤmpfe am groͤßten wird, in dem Moment, in welchem die
Continuitaͤt in den Schichten der Huͤllen hergestellt, oder der
Zustand der Daͤmpfe in dem Dampfkessel beharrlich
geworden ist.
d) So wie aber die Grundstoffe der Daͤmpfe in
gleichen aufeinanderfolgenden Zeittheilen, fuͤr die Completirung der
Continuitaͤt in ihren Huͤllenschichten, ihrer Kraͤfte
proportionele Quantitaͤten freier Feuertheile consummiren (b) um so mehrere derselben
streben auch von ihren Huͤllen sich gleichzeitig loszureissen, und sich in
dem Kessel strahlend zu verbreiten – es haͤufen sich daher die
Feuertheile in dem Kessel immer mehr an, oder die freie auf den Thermometer wirkende Waͤrme wird immer intensiver; es steiget daher auch das Thermometer von dem
Moment der Entstehung der Daͤmpfe an, mit der zunehmenden Intensitaͤt
der freien Feuertheile in dem Kessel, bis er endlich seinen hoͤchsten Stand erreicht, in dem Moment, in welchem die
Daͤmpfe ihren Beharrungs-Stand selbst antreten.
In diesem Moment restituirt sich die Intensitaͤt der freien Waͤrme in
dem Raume des Kessels aus der Menge der Feuer-Theile, die waͤhrend der Kessel
der Flamme ausgesezt war, in ihm mehr aufsteigen, als von seinen Daͤmpfen
consumirt wurden, und durch seinen Dekel in die Luft uͤbergegangen sind
– es verbleiben Leztere auch noch in dem Kessel, wenn er in die Feuerquelle ganz eingesenkt ist; die deswegen auch seinen
Dekel bedekt; – wobei also die Intensitaͤt der freien Feuer-Theile der
Intensitaͤt der Flamme selbst gleich ist.
e) Nach diesem uͤber die Dampfe in dem Dampfkessel
aufgestellten stetischen Betrachtungen, findet daher einmal in einem Kessel dessen
Dekel mit der Luft in Beruͤhrung ist, keine Verdichtung
derselben in den Dampfraum statt, wie einige unserer Physiker behaupten
wollenes bleiben – statt dessen noch immer die Daͤmpfe in ihrem
urspruͤnglichen Volumen; nur fuͤllen sich die Raͤume, welche
die in dem Moment der Entstehung der Daͤmpfe sich blaͤhende Schichten
bei ihrer Trennung von den latenten uͤbrig gelassen haben, nach und nach mit
Feuertheilen in so weit aus, daß jeder Grundstoff seine Huͤlle integrirt,
oder eine Huͤlle um sich erhaͤlt, die in dem vorigen Durchmesser
seiner dampfartigen Huͤlle in ihren Schichten
continuirlich ist; und so durch die Totalitaͤt der Feuertheile ihrer
activen Schichten gegen den Kessel druket.
Auch ist ferner der Druk der Daͤmpfe, wie einige statuiren wollen nicht unbegraͤnzt – er findet statt dessen
dorten seine Graͤnze, wo ihr Beharrungsstand eintritt, oder die
Huͤllen sich ganz complettirt haben. Da ferner nach meiner Ansicht bei und
nach der Entstehung der Dampfe die Feuertheile, oder die sogenannte Waͤrme
gebunden wird, so entspricht dieselbe auch von dieser
Seite der Erfahrung! Denn nach den von Dalton
angestellten Versuchen, schmelzen Daͤmpfe von gegebener Temperatur mehr Eis
als eine gleiche Quantitaͤt Wasser von der nemlichen Temperatur – die
Roͤhre des Kuͤhlfaßes und der Helm bei der Destillation aus der Blase,
werden von den tropfbar fluͤßig gewordenen Daͤmpfen viel heißer, als
von einer gleichen Menge
Wasser, die eben den Grad der Waͤrme hat – Daͤmpfe in einem
Gefaͤß mechanisch zusammengedrukt, entbinden eine betraͤchtliche
Waͤrme.
Ueber dem allen entspricht diese Ansicht auch der von Hrn. Woolf mit Dampfmaschinen selbst angestellten Versuchen, und aus denselben
gefolgerten Regeln, wie ich in der Folge zeigen werde.
Koͤnnen naͤmlich die Daͤmpfe aus dem Kessel in ein Gefaͤß
uͤbergehen, das immer in einer Temperatur erhalten wird, die der Temperatur
ihres Beharrungsstandes in dem Kessel gleich ist, waͤhrend der Abgang
derselben in dem Kessel sich stetig ersezet – so breiten oder blaͤhen
sie sich in einem Raume aus, in welchem sie die
verstaͤrkte Spannung verlieren, die sie von dem Moment ihrer
Entstehung bis zum Antritt ihres Beharrungsstandes in dem Kessel erhalten.
Erhielten z. E. die Daͤmpfe in gewisser Zeit eine Dichte wornach sie gegen das
Ventil mit 10 Pfund mehr als bei ihrer Entstehung druken, und sie gehen nun in jenes
Gefaͤß uͤber, so dehnen sie sich in einem Raum aus, der 10mal
groͤßer als der Dampfraum des Kessels ist, bis sie jene Dichte wieder
gewinnen, die sie urspruͤnglich oder bei ihrer Entstehung hatten, und wobei
ihr Druk einer Queksilbersaͤule von 28'' gleich ist.
II. Um nun diese Ansicht auch durch Versuche zu erwaͤhren, benuͤze ich
die von Hrn. Professor Arzberger in Wien angestellte, in
dem vortrefflichen Jahrbuch des polytechnischen Instituts allda Band I. beschriebene
schaͤzbarste Versuche, die mit einer eigenen, mit einem Ventil versehenen Vorrichtung aufs sorgfaͤltigste angestellt und
rezetirt wurden; und sich weiter als alle uͤbrige seither von andern
angestellte Versuche solcher Art erstreken: da sie bis zu einer Temperatur von 179
Graden nach Reaumuͤrs 80theiliger Scala sich
extendiren.
Nach diesen Versuchen ergab sich nun der Druk oder die Spannung der Daͤmpfe
bei verschiedenen Temperaturen nach Reaumuͤrscher
80theiliger Scala, in Pariser Zollen, wie folgt:
Temperatur.
Spannung.
Temperatur.
Spannung.
89
41,40 Zoll
129
165,37
965
55,18
151
303,11
107,5
82,73
178
578,59
a) Da mir nun alles zunaͤchst darauf ankam, den
Hizgrad der Daͤmpfe fuͤr ihren
Beharrungsstand in dieser Vorrichtung zu finden, so trug ich auf eine
gerade Linie als Absisten nach dem verjuͤngten
Maaßstabe die Barometer-Hoͤhen des Versuchs, und sezte auf dieselbe die ihnen
zupassende Grade der Temperatur als Ordinaten, und fand
so vorerst den groͤßten Hizgrad welchen die
Daͤmpfe in dieser Vorrichtung erreichen moͤgen,
folgendermaßen:
Als ich naͤmlich auf die Endpuncte der Ordinaten die Curve selbst zog, zeigte sichs, daß von der Absiste von 28 Zollen und
ihrer Ordinate zu 80 Graden, bis zur Absiste 82,73 und ihrer Ordinate 107,5 die
Curve eine Logistik sey, die sich bei der leztern
Ordinate in eine andere Logistik verliert, welche sich endlich in einen langen Ast,
nahe zu mit der Absiste parallel verlaͤuft.
Nach dieser Construction scheint daher mit dir Temperatur von 107 Graden die
Verdampfung im Dampfraum sich zu enden; und leztere Curve mit den Coordinaten 107,
183 anzufangen. Fuͤr diese interpolirte ich nun die zwischen die Ordinaten
151, 178 mitten hineinfallende Ordinaten zu 167 Graden; verlaͤngerte die
Ordinate 151 um (x) Zolle; und fand nun nach der
bekannten logistischen Analogie
x : x – 16 = x – 16 : x – 27; daß x = 51
Grade;
wornach sich also ergibt, daß die Daͤmpfe in der Vorrichtung des Hrn.
Professor Arzbergers hoͤchstens mit 151 + 51 oder mit 202 Grade sich erhizen;
oder daß die Temperatur ihres Beharrungsstandes 202 Grade seyn muͤsse
b) ist der groͤßte
Hizgrad auf diese Art bestimmt, welchen die Daͤmpfe in dieser
Vorrichtung erreichen moͤgen, so kam nun alles darauf an, auch den
groͤßten Druk, oder die Barometerhoͤhe
aufzusuchen, deren Druk dem Druk der Daͤmpfe unter sich und gegen den
Kessel das Gleichgewicht haͤlt.
Dieser Druk ergibt sich nun immer aus der Differenz einer logistischen Scala, nach
welcher die Spannung der Daͤmpfe mit der Completirung ihrer Huͤllen
zunehmen wuͤrde, wenn alle ihnen sich zulegende Schichten activ blieben, und einer aͤndern logistischen Scala nach welcher
die latent werbenden Schichten fuͤr gleiche Zeittheile anwachsen.
Da nun lezteres aus jenen Versuchen nicht abgenommen werden mag, so trug ich die im
obigen Schematismus angegebene Temperatur auf eine gerade Linie als Absisten, und
sezte die ihnen zukoͤmmliche Barometerhoͤhen, auf diese als Ordinaten
senkrecht; wobei sichs zeigte, daß die Scala des stetischen
Druks der Daͤmpfe, von einer logistischen sehr abweiche, welche sie
seyn wuͤrde, wenn nicht gleichzeitig Schichten latent werden
muͤßten.
Um daher mich so nahe als moͤglich an die Resultate der Versuche selbsten zu
halten, theilte ich die Absiste von der Temperatur 97 bis 178 in drei gleiche Theile
jeden zu 27 Differenz, und sezte diese der 178 zu, um die Ordinate fuͤr 178 +
27 = 205 Graden zu erhalten.
Dabei ergaben sich mir folgende Coordinaten:
Absiste.
Ordinate.
Differenz.
97
56
–
124
136
80
151
303
167
178
578
275.
aus welchen ich die Differenz der Ordinaten zwischen 178 und 208 Graden durch die
Analogie 80 : 167 = 275 : 574 entnahm: so daß also die der Absiste 205 entsprechende
Ordinate 578 + 574 = 1152 Pariser Zolle seyn wuͤrde; woraus sich ferner
ergibt, daß die Daͤmpfe in dieser Vorrichtung in ihrem groͤßten
Hizgrad von 202 Graden; hoͤchstens eine Queksilbersaͤule von 1088
Pariser Zollen tragen koͤnnten.
c) Was ferner die von dem Englaͤnder Woolf mit
Dampfmaschinen selbst angestellte Versuche anbelangt, so befinden sich dieselbe in
dem Band 55. des vortrefflichen Journals des Hrn. Prof. Gilbert 1817 aufgenommen; und sind im wesentlichen folgende.
Nach denselben ist naͤmlich der Druk der Daͤmpfe, wie bei 80 Graden auf
einen englischen Quadratzoll des Kessels, beilaͤufig 15 Pfunde; oder dem Druk
der Luft auf diese Flaͤche gleich.
Als nun Hr. Woolf den Hebelarm in so weit beschwerte daß
er das Ventil mit 15 Pfund wirklich aufdruͤkte, so mußten die Daͤmpft sich auf 97
Grade erhizen, bis ihr Druk auf das Ventil 15 + 15 oder 30 Pfund betrug, und es
dehnten sich nun die Daͤmpfe nach ihren Uebergang in einen Cylinder von 97
Temperatur nach Reaumuͤr in einem Raume aus, der
15mal groͤßer als der Dampfraum im Kessel war, bis ihr Druk auf einen
Quadratzoll wieder auf 15 Pfund zuruͤkkam. Ueberhaupt aber fand Hr. Woolf folgende Expansivkraͤfte der Feuertheile der
Daͤmpfe.
Temperatur.
Spannung.
Temperatur.
Spannung.
87
15 + 5 Pfund
105
15 + 25
92
+ 10
107
30
97
+ 15
109
35
101
+ 20
111
40
Wenn also nach Hr. Woolf das Ventil wirklich durch 5 oder
auch durch (m) Pfunde niedergedruͤkt wurde, so
war das Bestreben der Feuertheile der Daͤmpfe sich auszubreiten, auch 5mal
oder uͤberhaupt (m) mal groͤßer, als es fuͤr die in ihrem
urspruͤnglichen Zustand bei 80 Graden befindlichen Daͤmpfe ist.
Diese Ausbreitung der Daͤmpfe ist daher nach (111) eine direkte Folgerung aus
meiner uͤber die Dampfe und Dampfkessel aufgestellten Ansicht.
Da bei dieser Vorrichtung eine Queksilbersaͤule von 578 Zollen einem Druk von
50 Wiener Pfunden gleich ist, so ist auch 94 Pfund mit 1088 gleichachtiges
wuͤrden daher auch die Daͤmpfe bei einer Temperatur von 202 Graden, in
einem 94mal groͤßern Raum sich ausbreiten, bis ihre Dichte ihrer
urspruͤnglichen von 28 Zoll Druk wieder gleich wuͤrde.
d) Werden die Daͤmpfe durch eine aͤußere
Kraft in einem Gefaͤß von ihrer Temperatur zusammengedruͤkt, so schließen sich ihre aufgeblaͤhten
Huͤllen-Schichten um so naher an ihre uͤbrige latente an, je starker
sie gedruͤkt werden – es springen gleichzeitig die aͤußern
Schichten ihrer Huͤllen bei starker Deformation unter großen Druk nach und
nach auf, und zerstreuen ihre Feuertheile, so daß am Ende nur noch jene Schichten
verbleiben die den latenten am naͤchsten, und
eigentlich Wasser in seinem concreten Zustand bei hoher Temperatur
sind.
Verbreiten sich statt dessen die Dampfe in einem Gefaͤß, das gegen sie sehr
kalt ist, so reißen sich die Feuertheile ihrer aufgeblaͤhten
Huͤllenschichten von ihnen los und theilen sich dem Gefaͤß mit, das
dadurch seine Temperatur erhoͤht, – es verlieren so die Daͤmpfe
nach und nach jene Schichten, durch welche sie eigentlich in die Dampfgestalt
kommen, und es verbleiben ihnen noch jene uͤbrig, die
den latenten am naͤchsten sind und eigentlich concrete Wassertheile
sind; sie verlieren bei sehr starker Erkaltung auch nach und nach von diesen
latenten Schichten, und blaͤhen sich in denselben durch die Entkraͤftung ihrer Grundstoffe wenn sie zu Eis werden.
Da nun alle die Phaͤnomene welche uns Daͤmpfe zeigen, sich nicht nur
nach meiner uͤber dieselbe hier aufgestellten Ansicht erklaͤren
lassen, sondern zunaͤchst aus derselben sich folgern; so scheint es mit der
bei ihr zum Grunde liegenden Hypothese vorerst nicht ganz
ohne zu seyn!
Um daher dieselbe noch mehr zu erwaͤhren, werde ich in der Folge noch die
fuͤr Technologie sehr wichtige Phaͤnomene der Zersezung, Einsaugung und Faͤllung, nach
derselben auf stetische Geseze bringen, und außerdem dieselbe noch auf die
Meterologie und den Galvanismus anwenden.
Muͤnchen den 10. Dezember 1822.