Titel: Beschreibung der großen Bandana-Gallerie, in der Türkisch-Roth Factorey der HHrn. Monteith und Comp. zu Glasgow.
Fundstelle: Band 12, Jahrgang 1823, Nr. XXI., S. 73
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XXI. Beschreibung der großen Bandana-Gallerie, in der Türkisch-Roth Factorey der HHrn. Monteith und Comp. zu Glasgow. Aus dem Quaterly Journal of Science in Gill's technical Repository. August 1823. S. 105. Mit Abbildungen auf Tab. I. und einem Zusaz vom Herausgeber. HH. Monteith und Comp. Beschreibung der großen Bandana-Gallerie. Die Vortheile liberaler Gesinnungen zeigen sich nirgendwo deutlicher, als in den gegenwaͤrtigen Fortschritten chemischer Kuͤnste. Noch vor 25 Jahren waren chemische Fabrikanten gewohnt, ihre Arbeiten, wie einst die Charlatane des Mittelalters, mit dem Siegel des Geheimnisses zu verschließen. Sie waͤhnten, und ganz natuͤrlich meistens ohne allen Grund, daß sie allein im Besize Wunder wirkender Recepte waͤren, deren Bekanntmachung ihnen Tod und Verderben bringen muͤßte. Die bemittelte Eigenthuͤmer chemischer Fabriken waren damals gewoͤhnlich ohne alle praktische Kenntniß in der Chemie. Sie waren daher gezwungen, von gewissen arbeitenden Adepten abzuhaͤngen, die sie sich mit schwerem Gelde miethen mußten, um ihre Fabriken zu leiten. Diese Adepten waren aber gewoͤhnlich Leute, die vorher als Handlanger in irgend einer aͤhnlichen Fabrik dienten, und sich eine oberflaͤchliche Kenntniß der Routine des Geschaͤftes erwarben: ohne alle Erziehung, ohne alle Bildung, ohne alle Kenntniß und Uebersicht des Geschaͤftes, das sie leiten sollten, hatten sie ohne Unterlaß mit unuͤbersteiglichen Schwierigkeiten zu kaͤmpfen, und fielen von Zeit zu Zeit in die verderblichsten Fehler. Die kleinsten Abweichungen in der Qualitaͤt der Materialien, die sie anwendeten, in der Mischung derselben, in der Temperatur, in der Dauer der Arbeit erzeugten die entgegengeseztesten Resultate, die sie weder vorsehen noch leiten, und denen sie noch weniger zuvorkommen konnten. Wenn auch, insofern eine Operation einmal gelang, der Gewinn bei derselben groß war, so mißlang doch diese Operation weit haͤufiger, und der Verlust war nicht selten dabei so groß, daß das ganze Gewerbe nicht wenig unsicher und kummervoll wurde. Hieraus lassen sich die Fallimente chemischer Fabriken eben so gut als ihr schnelles Emporkommen erklaͤren; die eine erhob sich eben so schnell zu unerwartetem Reichthume, als die andere in unvorgesehenes Ungluͤk stuͤrzte. Endlich wurden die Besizer chemischer Fabriken des Vasallen-Zustandes muͤde, in welchem sie von ihren eigenen, eigennuͤzigen und eigensinnigen Mischlingen gehalten wurden; sie wollten sich nicht mehr laͤnger auspluͤndern lassen, und fingen an, die Grundsaͤze, worauf ihr Kunstgewerbe beruht, zu studiren, und geriethen dadurch in den Umgang wissenschaftlich gebildeter Maͤnner. Sie sahen nun zum erstenmale ein, daß sie bei ihren sogenannten chemischen Processen nur dadurch Bestimmtheit und Sparsamkeit erlangen konnten, wenn sie sich derselben Grundsaͤze bedienten, welche die Aerzte bereits lang vorher unter dem Schuze oͤffentlicher Geseze gegen die unsichere Geheimnißkraͤmerei der Apotheker mit dem gluͤklichsten Erfolge geltend machten. In dieser Ueberzeugung beriethen sie sich mit Chemikern uͤber ihre Unfaͤlle, und uͤber die Schwierigkeiten, mit welchen sie zu kaͤmpfen hatten. Winke von hoͤherer oder minderer Bedeutung wurden gegeben und befolgt, und diese fuͤhrten den Fabrikanten zu neuen Fragen, und den Chemiker zu neuen Untersuchungen. Auf diese Weise entstand eine Verbindung zwischen Theorie und Praxis, welche in wenigen Jahren viele Zweige der chemischen Kuͤnste in unserem Lande auf einen ungewoͤhnlich hohen Grad von Vollkommenheit erhob. Ohne Zweifel muß es viele Faͤlle gegeben haben, in welchen Chemiker von einigem Range dem Fabrikanten einen schlechten Rath ertheilten, indem wir chemische Schriftsteller Recepte zu Verfahrungsarten herausgeben sehen, die nicht bloß sehr nachtheilig, sondern sogar absurd sind. Solche Mißleitungen sind beinahe immer die Folge von Vernachlaͤssigung gehoͤriger Versuche nach dem gehoͤrigen Maßstabe, oder von Sorglosigkeit bei Anstellung derselben, oder wohl gar von oberflaͤchlicher Kenntniß der Grundsaͤze der Wissenschaft selbst. Es ist eine Arbeit, die jeder kann, eine blendende Menge klassischer Versuche zusammen zu tragen, und daruͤber sehr beredt zu commentiren, ohne selbst philosophischer oder praktischer Chemiker zu seyn. Die Verbindung zwischen Wissenschaft und Kunst, die in unserem Lande die spaͤt gereifte Frucht der Nothwendigkeit gewesen ist, war, unter dem Schuze der RegierungNapoleon's I. Siehe polytechn. Journ. B. 10. S. 510., laͤngst schon in Frankreich gediehen, und hatte eine bedeutende Ausdehnung erhalten. Der beruͤhmte Staatsminister, Colbert, der die hellsten Ansichten uͤber Staatswirthschaft besaß, die jemals einem Minister zu Theil geworden sind, gruͤndete eine wissenschaftliche Schule zur Leitung und zum Beistande der Faͤrbereien in Frankreich. Aus dieser Schule, die unter der Leitung einer Reihe ausgezeichneter Chemiker fortbestand, gingen die unschaͤzbaren Untersuchungen uͤber die schoͤnste, aber zugleich auch am meisten verwikelte chemische Kunst hervor, uͤber die Faͤrberei, und diesen Untersuchungen verdankt Frankreich einen großen Theil seiner Ueberlegenheit in diesem hoͤchst eintraͤglichen Zweige seiner National-Industrie. Die Manufactur der HHrn. Monteith und Comp. war schon seit vielen Jahren in der commerciellen Welt wegen der Guͤte und Schoͤnheit ihrer Baumwollen-Fabrikate beruͤhmt. Ihr Krapproth wetteifert an Glanz und Festigkeit mit jeder Adrianopel-Waare, und die weißen Zeichnungen, die uͤber ihre rothen Kattune hingestreut sind, uͤbertreffen an Reinheit, Eleganz und Schaͤrfe der Umrisse die reinsten urspruͤnglichen Bandana-Muster. Die eben so reichen als aufgeklarten Eigenthuͤmer dieser Fabrik haben von jeher dafuͤr gesorgt, alles, was die neuesten Entdekungen und Fortschritte in der Chemie und Mechanik darbothen, zu ihrem Vortheile zu benuͤzen, und ihre Factorei verdient in dieser Hinsicht als eine Schule praktischer Wissenschaft studirt zu werden. Die Erlaubniß, die sie uns gewaͤhrten, ihre Entfaͤrbungs-Gallerie (discharging-gallerey) zu beschreiben, ist ein Beweis ihrer liberalen Gesinnungen sowohl als des wohlgegruͤndeten Selbstgefuͤhles, daß das auf ihre Fabrik verwendete Capital, und die Geschiklichkeit, mit welcher in derselben gearbeitet wird, sicherere Buͤrgen fuͤr den besseren Absaz sind, den ihre Waaren auf allen Marktplaͤzen von Europa finden, als die strengste Geheimnißkraͤmerei uͤber ihr Verfahren. Sie haben daher nur selten Fremden, die sich entweder durch ihren Character oder durch ihre Kenntnisse auszeichneten, die Erlaubniß versagt, ihre Manufactur zu besehen; eine Gefaͤlligkeit, die man nie ohne Vergnuͤgen und Unterricht genuͤzt haben wird. Ihre neuen hydrostatischen Pressen haben sie im Jahre 1813 unter der Leitung des Hrn. Georg Ridger, des Aelteren, ihres Geschaͤftsfuͤhrers, vollendet. Sie besizen derselben sechzehn, die ungemein schoͤn gebaut sind, und in Einer Reihe dastehen, vier und vier bei einander. Die Zwischenraͤume zwischen einer jeder Partie derselben dienen den Arbeitern zum Durchgange, um leicht auf den Ruͤken der Presse gelangen zu koͤnnen. Jede Partie oder Unterabtheilung nimmt 25 Fuß ein; die ganze Laͤnge des Apparates betraͤgt demnach 100 Fuß. In jeder Presse befinden sich ein paar Muster in Blei (oder wie sie es nennen, ein paar Platten (plates), deren Verfertigungsweise unten angegeben werden wird. Die eine dieser Platten ist an dem oberen Bloke der Presse befestigt, und dieser Blok ist so vorgerichtet, daß er sich an einer Art von allgemeinem Gelenke (universal joint) dreht, wodurch diese Platte sich desto genauer an die untere anlegt. Leztere ruht auf dem beweglichen Theile der Presse, gewoͤhnlich Schwelle (sill) genannt. Wenn diese in die Hoͤhe gedruͤkt wird, so passen die beiden Muster mittelst Leit-Stiften an den Eken, die mit der groͤßten Sorgfalt eingepaßt werden, hoͤchst genau auf einander. Die Kraft, welche diese große hydrostatische Reihe in Bewegung sezt, befindet sich in einem besonderen Zimmer, das Maschinen-Zimmer genannt. Die Maschine besteht ans zwei Cylindern von besonderem Baue, mit genau in dieselben passen, den cylindrischen Staͤmpeln und drei kleinen Drukpumpen an jedem Cylinder, die von einer Dampfmaschine getrieben werden. Der Staͤmpel des groͤßeren Cylinders hat acht Zoll im Durchmesser, und ist oben mit einem Gewichte von 5 Tonnen beladen: er kann durch einen ledernen Halsring ungefaͤhr zwei Fuß hoch aufsteigen. Der Staͤmpel des anderen Cylinders hat nur Ein Zoll im Durchmesser, und ist gleichfalls mit einem Gewichte von 5 Tonnen oben beladen, und steigt 2 Fuß hoch durch einen Halsring. Wenn nun die Staͤmpel auf dem untersten Puncte stehen, so werden 4–6 kleine Drukpumpen durch die Dampfmaschine in Bewegung gesezt: zwei um den groͤßeren, und zwei um den kleineren Staͤmpel zu heben. In kurzer Zeit ist so viel Wasser in die Cylinder gebracht, daß die belasteten Staͤmpel ihre hoͤchsten Puncte erreicht haben, und nun sind sie bereit auf die hydrostatischen Drukpressen zu wirken, indem der Druk des Wassers unter der Erde durch starke kupferne Roͤhren von kleinem Durchmesser aus einem Zimmer in das andere geleitet wird. An jeder Presse befinden sich zwei Klappen; die eine oͤffnet eine Verbindung zwischen dem ersten großen Cylinder, und dem Cylinder der Presse; die andere zwischen dem ersten kleinen Cylinder und der Presse. Der Dienst der unteren ist kein anderer, als lediglich den unteren Blok der Presse zu heben, und in Beruͤhrung mit dem oberen zu bringen; die zweite gibt dem Stoffe den gehoͤrigen Druk. Eine dritte Klappe ist an der Presse angebracht, um das Wasser aus ihrem Cylinder zu entleeren, wenn die Presse nachlassen soll, damit man den Stoff wegnehmen oder durchziehen kann. Zwoͤlf bis vierzehn Stuͤke, die vorlaͤufig tuͤrkisch-roth gefaͤrbt wurden, werden durch eine besondere Maschine so parallel als moͤglich uͤber einander gestrekt, und uͤber einen hoͤlzernen Cylinder, die Trommel genannt, aufgerollt, welcher sodann auf den Ruͤken der Presse in gehoͤriger Lage aufgelegt wird. Ein Theil dieser vierzehn Lagen, so groß als die Flaͤche der Platten, wird hierauf zwischen denselben mittelst Haken, die an den beiden Enden der Stuͤke angebracht werden, durchgezogen. Wenn man nun die mit dem ersten achtzoͤlligen Cylinder verbundene Klappe oͤffnet, so tritt das Wasser in den Cylinder der Presse, und hebt augenbliklich den unteren Blok derselben, so daß die untere Platte mit dem darauf liegenden Zeuge genau an die obere angedruͤkt wird. Nun wird diese Klappe geschlossen, und die obere geoͤffnet. Der Druk von 5 Tonnen an dem einzoͤlligen ersten Cylinder wirkt nun auf den Staͤmpel der Presse von acht Zoll im Durchmesser. Die wirklich ausgeuͤbte Kraft wird also hier 5 × 8² = 320 Tonnen, da die Flaͤchen der Cylinder sich verhaͤlten, wie die Quadrate ihrer Durchmesser. Der Stoff wird also zwischen die bleiernen Muster-Platten mit einem Druke von 320 Tonnen gepreßt (= 640000 Pf.) Nun muß die bleichende oder entfaͤrbende Fluͤssigkeit (waͤsserige Chlorine, die man erhaͤlt, wenn man Schwefelsaͤure zu einer Aufloͤsung von chlorsaurem Kalke sezt,) auf den Stoff gebracht werden. Diese Fluͤssigkeit befindet sich in einer großen Cisterne in einem nahe gelegenen Hause, aus welcher sie nach Belieben in mehrere kleinere bleierne an den Pressen angebrachte Cisternen geleitet wird. Diese Cisternen haben graduirte Weiser-Roͤhren, um die Menge Fluͤssigkeit zu bestimmen, welche zur Entfaͤrbung des bestimmten Musters noͤthig ist. Die Sperrhaͤhne an den Roͤhren und Cisternen, welche diese Fluͤssigkeit enthalten, sind alle von Glas. Aus der Maß-Cisterne fließt die Fluͤssigkeit in die Hoͤhlungen der oberen Bleiplatte, und senkt sich von diesen auf den Stoff nieder, durchdringt ihn, zieht die rothe Farbe aus, und wird mittelst einer Furche in dem unteren Bloke endlich in die Abzugsroͤhre geleitet. Sobald die Chlorin-Fluͤssigkeit durch ist, wird, auf dieselbe Weise, Wasser durchgelassen, um alle Chlorine wegzuschaffen, indem sonst, wenn der Druk der Presse nachgelassen wird, die Umrisse der entfaͤrbten Figuren nicht scharf genug seyn wuͤrden. Der Durchgang der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit durch den Stoff, so wie der des Wassers, wird durch einen pneumatischen Apparat oder durch ein Geblaͤse gelegentlich unterstuͤzt. Dieser leztere Apparat besteht aus einem großen Gasometer, aus welchem die einem maͤßigen Druke unterworfene Luft hervortritt, und in der Richtung der Fluͤssigkeit auf die Lagen des Stoffes wirkt. Durch einen gelegentlichen Rieb an dem Luft-Sperrhahne kann der Arbeiter auch die gleichfoͤrmige Vertheilung der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit uͤber alle Hoͤhlungen der oberen Platte sichern. Wenn viele Waaren abgeliefert werden muͤssen, wird der Luft-Apparat stark gebraucht, indem der Arbeiter dadurch sein Product verdoppeln kann. Die zur Entfaͤrbung noͤthige Zeit in der ersten Presse reicht hin, um die drei anderen Arbeiter die uͤbrigen fuͤnfzehn in Gang bringen zu lassen. Der Entfaͤrber (discharger) geht nun von Presse zu Presse; laͤßt Entfaͤrbungs-Fluͤssigkeit, Luft und Wasser zu, und ihm folgen in gehoͤrigen Zwischenraͤumen die Gehuͤlfen, die die Presse nachlassen, ein anderes Stuͤk von Stoffen hervorziehen, und die Pressen wieder herstellen. Sobald die Fluͤssigkeit in die sechszehnte Presse eingelassen wird, ist es Zeit die erste Presse zu oͤffnen. Auf diese Weise gehen 10 Minuten hin; d.h., 224 Saktuͤcher (16 × 14) werden in 10 Minuten nach ihrem Muster entfaͤrbt. Auf diese Art werden nach und nach die Stuͤke ganz durchgezogen und behandelt. Wenn die Stoffe aus der Presse kommen, laufen sie vorne durch zwei Walzen, und kommen von diesen in einen untergesezten Trog mit Wasser, worauf sie den Waͤschern und Bleichern zur Vollendung uͤbergeben werden. Auf diese Weise werden mit 16 Pressen 1600 Stuͤke, jedes zu 12 Yards (36 Fuß), oder 19,200 Yards, durch vier Arbeiter in 10 Stunden in die herrlichsten Bandanas verwandelt. Die Muster oder Platten, welche in die Pressen kommen um die weißen Figuren auf den Stoffen zu bilden, werden auf folgende Weise aus Blei verfertigt. Ein Gitter-Rahmen aus Gußeisen, ein Zoll dik und die Kanten aufwaͤrts gebogen, so daß er einen Trog bildet, der etwas groͤßer ist als das Bleimuster, dient als feste Grundlage. In diesen Trog kommt eine Bleiplatte von ungefaͤhr 1/2 Zoll Dike, und wird darin mittelst von Unten aufsteigenden Schrauben-Naͤgeln gehoͤrig befestigt. An die Kanten dieser Bleiplatte werden die Enden eines Bleiblattes angeloͤthet, welches die ganze aͤußere Flaͤche des eisernen Gestelles bedekt, und auf diese Weise wird ein fester Zoll tiefer Trog gebildet. Der aufrecht stehende Rand gibt nicht nur der Platte große Staͤrke, sondern dient auch zur Aufnahme der Fluͤssigkeit. Nun wird ein duͤnnes Bleiblatt auf die dike Bleiplatte, wie Furnitur auf Toiletten-Tische, aufgelegt und an den Kanten angeloͤthet. Beide Stuͤke Blei muͤssen vorher durch Haͤmmern auf einer glatten Steinplatte vollkommen eben gemacht, und dann mit einem Hobel uͤbergangen werden. Die Oberflaͤche des duͤnnen Bleiblattes wird, nach vorlaͤufig geschehener Befestigung, mit Zeichenpapier belegt, welches darauf aufgepappt wird, und auf dieses wird das Muster gezeichnet, und dem Model-Schneider uͤbergeben. Dieser heftet nun zufoͤrderst alle Theile des Musters, welche dicht bleiben muͤssen, mit messingenen Nadeln nieder, und schneidet mit den kleinen Instrumenten, die die Modelschneider gewoͤhnlich zur Verfertigung der krummen Linien der Muster brauchen, senkrecht durch das duͤnne Blatt durch. Die auf diese Weise ausgeschnittenen Stuͤke lassen sich leicht herausheben, und bilden so die Canaͤle, durch welche die weißen Figuren auf dem rochen Stoffe entstehen. Am Grunde dieser Canaͤle wird eine hinlaͤngliche Anzahl von Oeffnungen durch die dikere Bleiplatte gemacht, damit die entfaͤrbende Fluͤssigkeit leicht ein und ausfließen kann. Wenn auf diese Weise eine Platte fertig ist, wird mit Drukerschwaͤrze in der hydrostatischen Presse ein Abdruk davon auf das Papier gemacht, womit eine zweite Platte uͤberpappt ist, und so gibt jedes paar Platten ein Muster, das nach Belieben in die Presse gethan, und herausgenommen werden kann. Taf. I. Fig. 32. ist ein Aufriß einer Presse; A, der obere Theil derselben oder die Deke; BB, die Stuͤzen oder Saͤulen; C, der obere Blok, um das obere Muster daran zu befestigen; D, der untere oder bewegliche Blok; E, der Cylinder; F, die Sohle oder die Grundlage; G, der Wassertrog, in welchen der abgelassene Zeug faͤllt; aa, Roͤhren, um Wasser einzulassen; b, eine Roͤhre fuͤr die Luft; c, Hahn, um Fluͤssigkeit aus dem Behaͤlter oder Messer zufließen zu lassen; H, Behaͤlter oder Fluͤssigkeits-Messer; dd, Glasroͤhren, welche die Menge der in dem Behaͤlter enthaltenen Fluͤssigkeit anzeigen; ee, glaͤserne Sperrhaͤhne, um die Fluͤssigkeit in die Cisterne zu lassen; ff, Sperrhaͤhne, um Wasser einfließen zu lassen; gg, die Muster-Platten; nn, Schrauben, um die Muster parallel unter einander zu stellen; mm, Zapfen, die mit einem einen halben Zoll tiefen Loche durchbohrt sind. Das untere eiserne Gestell hat correspondirende Stifte, welche in diese Loͤcher passen, so daß die Muster immer genau auf einander passend erhalten werden; hh, Walzen, welche den abgelassenen Zeug aufnehmen und durchziehen, und von welchen er in den Wassertrog hinabfaͤllt; k, Sperrhahn zur Fuͤllung des Wassertroges mit Wasser; iii, Ablaufroͤhren fuͤr Wasser und Fluͤssigkeit. Glasgow den 30. Mai 1823. Bemerkungen uͤber obigen Aufsaz. Es duͤrfte vielleicht fuͤr unsere Leser nicht uninteressant seyn, den Fortschritten der verschiedenen Methoden, Fleke oder Figuren auf seidenen oder baumwollenen Saktuͤchern zu erzeugen, bis zu der oben beschriebenen hoͤchsten Vervollkommnung derselben nachzuspuͤren. Wir erinnern uns noch der Zelt, wo die Faͤrber eine Menge von Weibern und Kindern dazu verwendeten, kleine vierekige Stellen des ungefaͤrbten Stoffes in regelmaͤßige Figuren zusammen zu binden, damit sie von der Farbe nicht angegriffen wuͤrden, und weiße oder gelbe vierekige Fleken auf dem Saktuche zum Vorscheine kaͤmen. Der erste Schritt, den die Kunst in diesem Zweige der Industrie vorwaͤrts that, war die Anwendung der Entfaͤrbungs-Methode, die man in Rees's New Cyclopaͤdia unter dem Suchworte Discharging erklaͤrt findet. Wir geben hieraus folgenden AuszugEs ist, um einen gelinden Ausdruk zu gebrauchen, eine Schande, daß die wenigsten deutschen Universitaͤts- und Hofbibliotheken dieses von uns schon so oft empfohlene Werk besizen, dessen Ausfuhr aus England man sogar durch eine Parliaments-Acte verbiethen wollte, weil darin die Geheimnisse der englischen Industrie aufgedekt sind. Man wird nicht verlangen koͤnnen, daß Privatleute sich ein Werk beilegen, das uͤber 600 fl. kostet; man kann aber von Bibliothekaren fodern, daß sie, statt der gelehrten Albernheiten, mit welchen sie ihre Bibliotheken vollpfropfen, Werke zum oͤffentlichen Gebrauche beischaffen, die von dem entschiedensten Nuzen fuͤr jedes Land und von dem wohlthaͤtigsten Einflusse auf dasselbe, die also wahres Staatsbeduͤrfniß sind. A. d. U.. „Dieses Verfahren wird haͤufig von Faͤrbern angewendet, um auf gefaͤrbten Stoffen besondere Muster hervorzubringen. Eine Fabrik dieser Art wurde neulich in West-Scotland errichtet, und sie erhielt sehr bald eine bedeutende Ausdehnung. Sie erzeugt Bandana-Saktuͤcher nach Art der Indischen. Das Materials ihrer Waare ist Baumwolle, die bald zweidraͤhtig bald einfach gewoben wird. Die Grundfarbe dieser Saktuͤcher ist das feste Tuͤrkisch-Roth, und diese Farbe wird stellenweise wieder vernichtet, so daß eine Menge weißer Fleken auf rothem Grunde entstehen. Das Verfahren bei Bildung dieser Fleken ist nichts weniger als complicirt; da die Manufactur aber neu und nur auf die Gegend beschraͤnkt ist, wo sie entstand, und da man sie allgemein bewundert, so kann eine Nachricht uͤber die bei derselben gebrauchte Maschine, so wie uͤber das Verfahren, dessen man sich daselbst bedient, vielleicht einiger Aufmerksamkeit werth seyn. An den indischen Bandanas stehen die weißen Fleken meistens in Haufen in Diagonaler- oder Demant-Richtung bei einander, und diese Form hat man auch meistens bei den nachgeahmten Bandanas beibehalten. Die Fleken sind bald rund, bald vierekig, und zuweilen, obschon selten, dreiekig. Vor Entdekung und Einfuͤhrung des Entfaͤrbungs-Processes hat man die Bandanas mittelst des gewoͤhnlichen Calico-Drukes nachgeahmt; allein, außer dem, daß die Farbe nicht so lebhaft und glaͤnzend war, schoß sie auch sehr bald ab, so daß diese Methode, bei der Guͤte der entfaͤrbten Bandanas und der Nachfrage nach denselben, bald gaͤnzlich wird aufgegeben werden muͤssen.“ „Die Maschine, deren man sich bedient, ist eine sehr starke Schraubenpresse, deren ganzes Gestell Gußeisen ist. Jeder Theil dieser Presse muß nothwendig so stark seyn, daß er, ohne irgendwo nachzugeben, den staͤrksten Druk ertragen kann.“ „Das Muster, welches man zu geben verlangt, wird auf zwei flache Tafeln geschnitten, die genau aufeinander passen. Sie sind gewoͤhnlich von Gußeisen, und die untere Tafel ist oben mit Kupfer oder mit irgend einem anderen Metalle uͤberzogen, welches zugleich eine feine Politur annimmt, und einiger Massen im Stande ist, der aͤzenden Kraft der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit zu widerstehen, welche aus oxigenirt-kochsalzsaurem Kalke mit Wasser verduͤnnt besteht. In der unteren Platte, die vollkommen glatt und eben seyn muß, ist fuͤr jede Stelle, die entfaͤrbt werden soll, ein Loch ausgeschnitten. In der oberen Platte oder in dem Dekel der Presse wird jeder Flek durch eine hohle Roͤhre von Messing oder Kupfer gebildet, die in einem in der Platte angebrachten Loche luftdicht befestigt, und mit einem Kitte aus Bleiweiß und Oel oder mit irgend einem anderen Kitte so eingekittet ist, daß die entfaͤrbende Fluͤssigkeit bei keiner anderen Oeffnung, als durch diese Roͤhren entweichen kann.“ „Um die obere Platte oder um den Dekel ist ein Ranft, welcher das Ablaufen der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit hindert, und an jeder Eke derselben ist ein rundes Loch zur Aufnahme eines Stiftes, der in der unteren Platte oder Sohle der Presse angebracht ist, um den unteren Theil der hohlen Roͤhren genau senkrecht uͤber die Loͤcher der unteren Platte zu bringen. Ausser diesen Leitern sind noch zwei Kerben angebracht, welche die aufrechten Stuͤzen der Presse umfassen, so daß die obere Platte bei ihrem Steigen und Fallen an sechs verschiedenen Stellen geleitet wird. Das Heben und Niederdruͤken des Dekels geschieht mittelst einer Schraube, die man durch ein auf derselben befindliches Rad mit senkrechten Speichen um dasselbe, durch welche man, wie bei anderen großen Preßen, einen Hebel stekt, dreht, und so den Dekel auf oder niederschraubt. Die Sohle oder der Boden der Presse muß vollkommen horizontal seyn, und wird von sechs starken eisernen senkrechten Fuͤssen getragen: an jeder Eke steht naͤmlich einer, und einer in der Mitte zu jeder Seite unter den zwei aufrechten Preß-Pfeilern. Der zu entfaͤrbende Stoff kommt zwischen den Dekel und die Sohle.“ „Der mechanische Theil bei dieser Arbeit kommt beinahe in jeder Hinsicht dem Verfahren der Tuchbereiter, Buchbinder und anderer Arbeiter, welche große Schrauben-Pressen noͤthig haben, gleich. Genauigkeit bei der Arbeit und Staͤrke sind alles, was man zum Gelingen der Arbeit noͤthig hat: beide sind aberaher auch unerlaͤßliche Bedingungen hiezu. Die Presse muß so befestigt werden, daß sowohl der Dekel als die Sohle vollkommen horizontale Ebenen bilden. Die Sohle muß vollkommen eben seyn, und die hohlen Roͤhren in dem Dekel muͤssen alle den Boden bei gleichem Druke genau beruͤhren. Die Oeffnung der Roͤhren muß ferner genau mit den Loͤchern oder Oeffnungen in der Sohle correspondiren; und die Leiter muͤssen so befestigt seyn, daß sie leicht spielen, zugleich aber auch jede Abweichung des Dekels beim Steigen und Fallen unmoͤglich machen. Da ein gewaltiger Druk entsteht, wenn der Dekel niedergeschraubt wird, so muß man sehr dafuͤr sorgen, daß alle Stuͤzen der Presse so genau senkrecht, als moͤglich, stehen, und die einmal gehoͤrig gestellte Presse muß stark befestiget werden.“ „Wenn nun dieser Apparat gehoͤrig vorgerichtet und befestiget ist, so ist das uͤbrige weitere Verfahren sehr einfach. Die Stoffe sind in der natuͤrlichen Baumwollen-Farbe gewoben, und werden dadurch schoͤner und wohlfeiler als die sogenannten Pullicate-Saktuͤcher und andere Nachahmungen indischer Waaren, wo die Muster auf dem Stuhle verfertigt und die Wolle als Garn gefaͤrbt wird. Man mag noch so sehr Acht geben, daß das Garn bei den langweiligen und oft zu wiederholenden Prozessen der Tuͤrkischroth-Faͤrberei keinen Schaden nimmt, so wird jeder, der mit Verarbeitung von gefaͤrbtem Garne bekannt ist, gestehen, daß die Veraͤnderung, welche das Garn unter der Hand des Faͤrbers erlitt, alle folgende Arbeiten, die zur Verwebung desselben noͤthig sind, sehr erschwert; und was von gefaͤrbtem Garne uͤberhaupt gilt, gilt, der Natur der Faͤrberei nach, vielleicht von keinem mehr, als vom sogenannten Tuͤrkischgarne. Man muͤßte folglich den Arbeitslohn, den die Winder, Spuhler und Weber erhalten, in dem Verhaͤltnisse erhoͤhen, als sie mit mehr Hindernissen zu kaͤmpfen haͤtten, und bei aller angewendeten Muͤhe, weniger an Arbeit liefern koͤnnten. Uebrigens ist jedes Muster, das man den Saktuͤchern auf dem Stuhle geben kann, immer nur eine Art von Quadrillirung (checking), und alle verschiedene Farben koͤnnen, wenn man anders die Muster nicht zu sehr zusammengesezt und folglich außerordentlich theuer machen will, nur parallel oder unter rechten Winkeln eingetragen werden. Die Zeit, die man mit dem Wechseln der Farbe bei dem Eintragen verliert, hindert gleichfalls die Beschleunigung der Arbeit nicht wenig, und so macht sowohl der Zustand und die Natur des zu verwebenden Stoffes, als der Mechanismus des Webens selbst, den Lohn fuͤr die Arbeit in dem Verhaͤltnisse der Menge, die er hievon erzeugt, nothwendig hoͤher.“ „Da aber die Bandanas einfach, ganz wie Caloco, Kammertuch etc. gewoben werden, so hat man hier mit keinem Hindernisse dieser Art zu kaͤmpfen, und die ganze weitere Arbeit und Auslage ist fuͤr die Presse.“ „Die auf obige Weise gewobenen Stoffe werden von allen Unreinigkeiten gesaͤubert, und Tuͤrkisch-Roth, so wie das gewoͤhnliche Tuͤrkischgarn, gefaͤrbt. Wenn sie nun entfaͤrbt werden sollen, werden sie sorgfaͤltig in Quadrate 10–12fach zusammengelegt, und auf die Sohle der Presse gebracht, von welcher der Dekel vorlaͤufig gehoben wurde, jezt aber wieder auf dieselbe fest niedergeschraubt wird, so daß die Stoffe zwischen Dekel und Sohle so stark als moͤglich gepreßt werden. Der untere Theil einer jeden hohlen Roͤhre druͤkt nun stark auf die obere Flaͤche des Stoffes, und da er, wie oben bemerkt wurde, senkrecht auf den Loͤchern der unteren Platte steht, so kann kein Theil der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit entweichen, außer durch jene Oeffnungen, welche die Muster bilden. Wenn nun die Presse niedergeschraubt ist, so wird die entfaͤrbende Fluͤssigkeit auf den Dekel gegossen, und, da der Ranft sie nicht abfließen laͤßt, so laͤuft sie durch die Oeffnungen der Roͤhren, und entfaͤrbt die Stellen des Stoffes, durch welche sie laͤuft; denn die Gewalt der Presse hindert sie, sich uͤber irgend einen anderen Theil zu verbreiten. Die entfaͤrbende Fluͤssigkeit wird in einem Troge aufgenommen, der unter der unteren Platte der Presse angebracht ist. Aus diesem Troge wird sie mittelst eines Spundes in Gefaͤße geleitet, die zu ihrer Aufnahme bestimmt sind, und darin aufbewahrt; denn, obschon sie waͤhrend ihres Durchganges durch den Stoff und durch das Entfaͤrben desselben viel von ihren chemischen Eigenschaften verloren hat, so behaͤlt sie doch noch genug von den lezteren, um bei weniger wichtigen Operationen des Reinigens und Bleichens mit Vortheil angewendet werden zu koͤnnen. Die Entfaͤrbung geschieht mittelst dieser Fluͤssigkeit in ungefaͤhr 8 bis 10 Minuten. Nachdem die Fluͤssigkeit durch den Stoff durchgedrungen ist, wird der Dekel gehoben, und der Stoff herausgenommen, hierauf ein neues Stuͤk eingelegt, und mit demselben wieder auf dieselbe Weise verfahren.“ „Wenn zwei fleißige Leute zum Zusammenlegen des Stoffes, zur Bedienung der Presse und zur Anwendung der Fluͤssigkeit verwendet werden, so wird ein Stuͤk von 12 Saktuͤchern in 15 Minuten fertig; folglich koͤnnen 2 Personen in einem Tage, bei 12 stuͤndiger Arbeit, 48–50 Duzend Saktuͤcher liefern.“ „Diese ganze Arbeit fodert nichts, als Sorgfalt und Aufmerksamkeit; denn, wo die Presse gehoͤrig vorgerichtet ist, ist nichts anderes mehr noͤthig, als die Saktuͤcher gehoͤrig zusammen zu legen, vierekig auf die untere Platte der Presse zu legen, und zu sorgen, daß der Dekel so fest als moͤglich niedergeschraubt wird, ehe man die entfaͤrbende Fluͤssigkeit einwirken laͤßt. Bei dem Herausnehmen aus der Presse sehen die entfaͤrbten Stellen nicht weiß, sondern matt strohfarben aus. Die gewoͤhnliche Verfahrungsart bei dem sogenannten Klaͤren gibt aber sehr bald diesen Fleken eine schoͤne weiße Farbe, und erhoͤbt den Glanz des Tuͤrkisch-Rothes. Leute, die lange Zeit mit dieser Presse umgegangen sind, halten den Kitt, mittelst welchem die Roͤhren mit dem Dekel verbunden sind, fuͤr eine hoͤchst wichtige Sache. Man muß allerdings oͤfters und sorgfaͤltig dabei nachsehen; denn, wenn nur etwas Fluͤssigkeit entweichen kann, so hat der Grund dieser Saktuͤcher dadurch wesentlich gelitten. Da diese Erfindung noch neu ist, und die praktische Chemie gegenwaͤrtig aͤußerst schnell fortschreitet, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß irgend eine Composition von hoͤherer Wirksamkeit (als die bisher gewoͤhnlich gebrauchte Aufloͤsung von uͤbersaurem kochsalzsaurem Kalke) bald entdekt werden mag. Der bisher gebrauchte Kitt dient so ziemlich gut zu diesem Zweke, fodert aber die hoͤchste Aufmerksamkeit von Seite derjenigen, welchen die Bedienung der Pressen anvertraut ist.“ „Die Methode der Bereitung der entfaͤrbenden Fluͤssigkeit wurde zuerst von Karl Tennant, Esqu., St. Rollocks bei Glasgow, erfunden und praktisch angewendet; gegenwaͤrtig befinde sich dieselbe in den Haͤnden aller Fabrikanten. Folgende Bemerkungen uͤber die praktische Anwendung dieser Fluͤssigkeit wurden dem Verfasser dieses Artikels von Hrn. Esqu. Tennant selbst gefaͤlligst mitgetheilt, und er gibt sie hier mit dessen eigenen Worten:“ „Nach meinen Erfahrungen ist eine Aufloͤsung von oxigenirt kochsalzsaurem Kalke von 1,010 specif. Schwere, der mit 1/100 seines Gewichtes Schwefelsaͤure von 1,846 specif. Schwere (wie die gewoͤhnliche kaͤufliche Schwefelsaͤure meistens hat) zersezt wurde, die vortheilhafteste Composition zur Entfaͤrbung des Tuͤrkisch-Roth, und ich glaube sie wird in unserer Gegend ziemlich allgemein so gebraucht.“ „Da die oxigenirte Kochsalzsaͤure, wenn sie aus ihrer Verbindung mit dem Kalke entwikelt wird, nur wenig im Wasser aufloͤsbar ist, so wirkt sie desto besser, je schneller sie nach ihrer Ausscheidung mit der Schwefelsaͤure gebraucht wird; und dieß geschieht am beßten dadurch, daß man die Model (types, Hr. Tennant meint hier die Roͤhren oben im Dekel der Presse) bloß mit der Aufloͤsung fuͤllt, und dieselbe so viele Minuten lang darin stehen laͤßt, als zur Entfaͤrbung nothwendig ist.“ „Nachdem diese Entfaͤrbung geschehen ist, muß die saure Fluͤssigkeit sorgfaͤltig aus den Modeln ausgewaschen werden, ehe man diese von den Stoffen wegnimmt.“ „Man hat seit Kurzem einige Veraͤnderungen an der Presse in einigen Manufacturen vorgenommen. Der Hauptunterschied besteht darin, daß man statt, der Schraube ein großes Gewicht auf den Dekel druͤken laͤßt. Man hat sich hiezu vorzuͤglich des Wassers bedient, und dieses mittelst einer Drukpumpe in einen auf dem Dekel befindlichen Trog hinaufgehoben. Allerdings mag dieß einen mehr gleichfoͤrmigen Druk auf die ganze Oberflaͤche des Dekels hervorbringen, als eine Schraube, die nur auf einen Punct wirkt, und in dieser Hinsicht mag diese Abaͤnderung als Verbesserung gelten. Man hat bisher nur wenige solche Pressen; diejenigen aber, die solche besizen, versichern, daß sie entsprechend wirken.“ Zusaz des Herausgebers. Die vorstehende Beschreibung des Verfahrens, das Fabrikat Bandanas darzustellen, ist meiner fruͤhern Erfahrung zu Folge richtig. Indessen muͤssen die Herrn Mittheiler dieser Verfahrungsweise ihr Verfahren, weiße Stellen in tuͤrkischroth gefaͤrbten Baumwollengeweben hervorzubringen, fruͤher sehr geheim gehalten haben, weil selbst Hr. Bancroft im Jahr 1816 noch keine Kenntniß davon hatte. Er sagt in seinem Faͤrbe-Buch (deutsche Uebersezung Bd. 2. S. 346.) in einer Anmerkung: „noch bis vor wenig Jahren wurde das Tuͤrkischroth ausschließlich auf gesponnene nicht auf gewebte Baumwolle gefaͤrbt; jedoch seit Herrn Arkwright's Erfindung (welcher zu Folge, wie Herr Wilson bemerkt, die Baumwolle nach der Laͤnge der Faͤßer kartaͤtscht und gestrichen, und so versponnen wird), wird der Zwirn oder das Garn viel staͤrker und also auch gleicher gemacht, so daß die daraus gewebten Musseline mit Anwendung der gehoͤrigen Sorgfalt faͤhig werden, das Tuͤrkischroth zu empfangen und sogar durch Vorbehaltung weißer Stellen bunt gemacht zu werden. Lezteres geschieht, indem man den Musselin, nachdem er in den oͤligten und andern Tunken eingeweicht worden, durch Cylinder laufen laͤßt (damit die Tunken gleichfoͤrmig ausgepreßt werden, wie dieß bei andern ganzen Stuͤken, die nur eine einzelne Beize bekommen haben, geschieht), denselben sodann troknet, und endlich vor der Faͤrbeoperation auf die Stellen, welche weiß bleiben sollen, eine starke Reservage von Sauerklee- oder Citronensaͤure drukt.“ Zu dem Anhang der Adrianopel-Rothfaͤrberei fuͤgten die Herausgeber der deutschen Uebersezung desselben Faͤrbebuchs (Dingler und Kurrer) einen Zusaz uͤber die Merinosfabrikation bei, wo Bd. 2. S. 472. gesagt wird: „wir wollen, ehe wir zur Beschreibung dieses Fabrikars uͤbergehen, die Darstellung der Bandanas beschreiben, was Herr Bancroft, da er doch einmal diesen Gegenstand zur Sprache brachte, aus uns unbekannten Gruͤnden unterließ. Die in jenen Bemerkungen des Herrn Verfassers mit Saͤure, welche angewendet wird, um die Thonerde aufzuloͤsen und wegzuschaffen, bedrukte Waare wird nach geschehenem Aufdruk und Troknung gehoͤrig gereinigt, wie gewoͤhnlich mit Krapp gefaͤrbt, und nach dem Faͤrben einmal geschoͤnt. Nach dem Schoͤnen wird die Waare in einem oxydirt salzsauren Kalibad, wobei das Kali vorwalten muß, so lange behandelt, bis die vorher mit der sauren Aezreservage bedrukt gewesenen Stellen vollkommen weiß zum Vorschein kommen.“ „Dieses Fabrikat, welches bloß aus einzelnen weißen Objecten besteht, laͤßt sich nach Dinglers Erfahrung auch gut darstellen, wenn die Objecte der zu entfaͤrbenden Stellen durch zwei gut auf einander geschliffene bleierne Platten durchgearbeitet werden. Diese Platten werden durch einen noch zu beschreibenden Kitt auf mehrere uͤber Hirn verbundene Bretter, von 4 bis 5 Zoll Durchmesser, befestigt. Der obere hoͤlzerne Theil wird da, wo die Objecte in dem Blei durchgebrochen sind, durchbohrt, um der Fluͤssigkeit einen Ablauf zu verschaffen. Diese Vorrichtung kommt auf einen starken vierekigten Rahmen, der mit vier starken Fuͤßen versehen ist, zu liegen, wo unterhalb eine bleierne Vorrichtung zum Einsammeln und zum weitern Benuͤzen der Fluͤssigkeit angebracht ist.“ „Zwischen diese beide Bleiplatten werden nun 8 bis 12 roth gefaͤrbte Tuͤcher, die gehoͤrig ausgebreitet sind, gelegt. Die auf dem Holz befestigten Bleiplatten werden durch mehrere starke Schrauben moͤglichst fest auf einander geschraubt. In die oben erweiterte Oeffnung in dem Holze schuͤttet man schwache oxidirte Salzsaͤure, oder auch eine gut gesaͤttigte Verbindung der oxidirten Salzsaͤure mit Kali und laͤßt solche durchtropfen, wo in kurzer Zeit die weiß darzustellenden Objecte entfaͤrbt werden, und der starken Pressung wegen nicht aus der Kontur treten koͤnnen. Die Schrauben werden nun schnell aufgemacht, die Platten hervorgezogen, die obere aufgehoben, und die Tuͤcher sogleich ins Wasser geworfen, damit die Konturen rein stehen bleiben. Um sich von dem Gesagten durch einen kleinen nicht kostspieligen Versuch zu uͤberzeugen, darf man nur zwei gut auf einander passende Brettstuͤkchen in der Mitte durchbohren, dazwischen 5 bis 6fach auf einander liegenden, tuͤrkischroth-gefaͤrbten Kattun legen, die beiden Brettstuͤkchen durch vier Schrauben fest verbinden, und in eine Oeffnung oxidirte Salzsaͤure gießen, nach deren Durchlaufung die Stellen des Kattuns, durch welche die oxidirte Salzsaͤure lief, vollkommen weiß erscheinen werden; vorausgesezt, daß der zu diesem Versuch gewaͤhlte Kattun vor dem Faͤrben weiß gebleicht war.“ Weiter als bis auf dieses mechanische oͤrtliche Entfaͤrben haben es bis jezt die sonst so industrioͤsen Englaͤnder nicht gebracht, und nur einige deutsche und franzoͤsische Fabriken sind es, die bis jezt ausschließlich in Adrianopelroth gefaͤrbten baumwollen Geweben die buntesten Gegenstaͤnde in den geschmakvollsten Desseins mit Erfolg hervorbringen. Unterm 11. April 1818 ließen sich zwar die Callicodruker Gilbert Lang und Robert Schmith zu Parkholm, bei Glasgow, in der Grafschaft Lanark ein Patent auf Erzeugung des neuen Schweizer Hoch- und Blaß-Rothes (!) durch oͤrtliche Beize und eines blaß blauen Anfluges auf diesem Roth ertheilen; die in dem Patente beschriebene Angabe ihrer Verfahrungsweise, die allem Anschein nach von einem Schweizer oder Muͤhlhauser Farben-Receptenhaͤndler herruͤhrt, ist aber so zwekwidrig, daß nach derselben kein Productions-Resultat hervorgehen kann. Das Geschichtliche der Erfindung dieses Fabrikats nebst dem Verfahren der Darstellung ist als Anhang der Tuͤrkischrothfaͤrberei in der deutschen Ausgabe des Baucroft'schen Faͤrbebuch (Nuͤrnberg bei Schrag) Bd. 2. S. 471 u. f. vollstaͤndig beschrieben. Wir werden in der Folge natuͤrliche Muster der neuern Erzeugnisse von diesem Fabrikate mittheilen.

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