Titel: | Beschreibung einer sehr zwekmäßigen Vorrichtung, um mit einem Feuer eine ununterbrochene Destillation zu bezweken. Von Conrad Streiff, Richter in Mollis, Canton Glarus. |
Autor: | Conrad Streiff |
Fundstelle: | Band 12, Jahrgang 1823, Nr. LXV., S. 386 |
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LXV.
Beschreibung einer sehr zwekmäßigen Vorrichtung,
um mit einem Feuer eine ununterbrochene Destillation zu bezweken. Von Conrad Streiff, Richter in
Mollis, Canton Glarus.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Streiff's Vorrichtung zur Bezwekung einer ununterbrochenen
Destillation.
Als ein begieriger Leser des polytechnischen Journals, welches
Jedermann auffodert, interessante Versuche und Erfahrungen in demselben
niederzulegen, wage ich es darinnen mit Bescheidenheit aufzutreten. Ich unternahm
den kuͤhnen Versuch, den Destillirapparat, welcher zwar in den lezten
Jahrzehenden um Vieles veraͤndert und vervollkommnet worden ist, noch
vortheilhafter einzurichten, und nun bin ich durch mehrjaͤhrige und nach
Verhaͤltniß zu meinen Kraͤften sehr kostbillige Versuche dahin
gelangt: mit einem Feuer, eine ununterbrochene
Destillation zu bezweken.
Durch die vollkommne Ueberzeugung, daß der Gewinn an Zeit und Feuermaterial
groͤßtentheils bei dem dazu erforderlichen Dampfkessel zu suchen sey, erlitt
auch derselbe eine betraͤchtliche Veraͤnderung; und da im
September-Heft des erwaͤhnten Journals die neu erfundenen Dampfkessel eine
bedeutende Rolle spielen, so habe ich mich bewogen gefuͤhlt, zwar nicht den
ganzen Apparat, sondern fuͤr dießmal nur meinen Dampfkessel zu beschreiben,
um zu sehen, wie es von Ihnen sowohl als auch vom Publicum aufgenommen wirdDerselbe verdient alle Beachtung, die ihm auch von jedem
Sachverstaͤndigen werden wird. D..
Fuͤr mich war der, durch Versuche richtig befundene, Grundsaz neu: daß einem
Minimum von Wasser das Maximum von Beruͤhrungs-Puncten mit dem Feuer gegeben
werden muͤsse, um mit dem Minimum von Feuermaterial das Maximum von Dampf zu entwikeln.
Hingegen dem Publicum ist derselbe durch die Bekanntmachung der von Herrn Barton
gemachten Erfindung nichts Neues mehr, und folglich komme ich mit meiner Neuigkeit,
als solcher naͤmlich, zu spaͤt, allein in
der Ausfuͤhrung des Grundsazes, weiche ich von der des Herrn Barton
wesentlich ab.
Beschreibung des Dampfkessels.
Bei dieser Beschreibung schlage ich den Gang ein, der mich zu der Erfindung
fuͤhrte. Meine Dampfkessel hatten fruͤher in ihrem Durchschnitt die
Form wie Fig.
1 und 2. Tab. VIII. Die groͤßte Oberflaͤche, die hier dem Wasser
gegeben werden kann, ist bei ab. Man sieht leicht ein, daß die Daͤmpft,
welche sich zunaͤchst der groͤßten Hize bei c entwikeln, durch die Masse Wasser cd
sich draͤngen muͤssen, um an die Oberflaͤche ab zu gelangen, welches immer eine sehr
beachtungswerthe Hemmung ist. Man sieht ferner ein, daß, um durch den Druk der
Daͤmpfe eine Gewalt auszuuͤben, Fig. 2 besser ist als Fig. 1. Allein
in Betreff der Entwiklung der Daͤmpfe ist Fig. 1, vortheilhafter.
Dieß gibt die Erfahrung, und die Ursache ist: weil Fig. 1. dem Feuer mehr
Flaͤchenraum darbiethet als Fig. 2.
Wie lassen sich nun die erwaͤhnten Vortheile dieser beiden verschiedenen
Constructionen vereinigen, und ihre Nachtheile vermeiden?
Dadurch, daß man, wie in Fig. 3. gezeichnet, durch
einen zweiten Kreis bb, den groͤßten Theil
Inhalts des Ersteren aa, herausschneidet, und
zugleich damit die Oberflaͤche beinahe verdoppelt; oder vielmehr, weil nun
das Wasser nicht mehr bloß in der untern Haͤlfte der Cylinder liegen bleibt,
sondern den ganzen Zwischenraum ww zwischen beiden
Cylindern ausfuͤllt, und im inneren Cylinder auf einem angebrachten Rost R Feuer angelegt werden kann, dessen Flammen gar leicht
auch aussen herum geleitet werden koͤnnen, dem Wasser die
Beruͤhrungs-Puncte mit dem Feuer beinahe vervierfacht.
Hier koͤnnte man einwenden, daß die Daͤmpfe, welche zu unterst
entwikelt werden, dreimal so weit sich durchdraͤngen muͤssen, als in
Fig. 1 und
2. Allein
man uͤbersehe nur nicht den hier ganz umgekehrten Fall; denn nicht mehr zu
unterst sondern zu
oberst ist nun der Ort, wo die groͤßte Hize ist, und die meisten
Daͤmpfe sich entwikeln; und die Daͤmpfe die sich zu unterst entwikeln,
koͤnnen hier unmoͤglich wie z.B. im Dampfkessel Fig. 2. Tab. VIII. Bd. XI.
des Polyt. Journ. womit cd will ich naͤmlich die Tiefe des
Wassers im Kessel bezeichnen. (cd) = 5 Fuß, vom Wasser wieder
groͤßtentheils verschlungen werden; denn je hoͤher sie steigen, desto
groͤßer die Hize. Und die Behauptung (ebd. S. 397. desselben Journ.), daß die
Ersparung an Feuermaterial groͤßer seyn werde, wenn der erwaͤhnte
Kessel noch mehr Wasser fassen koͤnnte, wird durch
die neuere Erfindungen wegfallen.
Wie nun zwei Cylinder verbunden werden koͤnnen, und ihren Zwischenraum auch zu
einem geschlossenen Raum machen, zeigt Fig. 4.
Der engere Cylinder hat 2 auswaͤrts stehende Kraͤnze a. und bb; der
aͤußere Cylinder hat einen auswaͤrts gehenden, cc und einen einwaͤrts gehenden, dd. Die Kraͤnze beider Cylinder
muͤssen auf's Genaueste zusammen passen, damit sie durch Schrauben fest mit
einander verbunden werden koͤnnen.
Bei n wird ein Hahn angebracht, den Kessel zu leeren: In
Fig. 5 u.
6 sieht
man, wie nun auch die Daͤmpfe gesammelt werden. Es wird naͤmlich ein
Cylinder A von gleichem Durchmesser mit dem Aeußeren B in dessen Mitte senkrecht verbunden, ohne die Kraft
des Cylinders durch diesen Einschnitt zu schwachen. Die punctirte Linie mn bezeichnet den Wasserstand in demselben. C ist der trichterfoͤrmige Helm, welcher die
Daͤmpfe auffaßt. c ist die Roͤhre, welche
den Dampfkessel das erforderliche Wasser zufuͤhrt; sie steht bei i in Verbindung mit der engeren punctirten Roͤhre
ttt, welche unter die Wasserlinien mn reicht; bei l ist
dieselbe mit einem Hahnen versehen, der durch die hohle, schwimmende, metallene
Kugel o bewegt wird, und zwar so, daß wenn durch's
Einsieden des Wassers die Kugel o sinkt, der Hahn l dadurch geoͤffnet wird, um dem Kessel jeden
geringsten Verlurst gleich wieder zu ersezen; welches nur so allmaͤhlig
geschieht, daß deßwegen niemahls die geringste Umerbrechung verspuͤrt werden, auch
niemahls eine Ueberfuͤllung statt finden kann. Diese Art von Regulator ist
schon lange bekannt, allein ohne die Kette sstd,
welche hier an dem Drath lso und an dem
Sicherheitsventil d angebracht ist, damit man
vermittelst dieser Kette den Hahn einige Mahl hin und her ziehen koͤnne, wenn
er einige Zeit durch Unterbrechung der Arbeit außer Thaͤtigkeit war, und
dadurch starr werden koͤnnte, um desto sicherer zu seyn, daß er die zu seiner
Funktion erforderliche Beweglichkeit besize. –
Bei a wird im kleineren Cylinder das Feuer angelegt. Bei
b kommen die Flammen wieder aus demselben hervor,
und wegen den angebrachten Scheidewaͤnden C und
D als zwei senkrechte, und den wagrechten
Flaͤchen xx und yy muͤssen sich die Flammen theilen, und
links und rechts um den aͤußeren Cylinder schlagen, wie es die Zeichen
angeben; so daß das Feuer hin und her geleitet wird, und der Rauch endlich bei rr zum Vorschein kommt. Damit aber nur wenig Rauch
entweiche und derselbe um die Hize zu vermehren, so viel wie moͤglich,
verbrannt werde, bringe man einen Luftzug an mittelst der Roͤhre urpq, wodurch der Flamme, da wo sie ein Ende
nehmen wuͤrde, wieder atmosphaͤrische Luft gegeben, und ein Theil des
Rauches dadurch verbrennungsfaͤhig gemacht, also auch die Flamme bedeutend
verlaͤngert wird. Das Feuer muß aber wie natuͤrlich auch von Aussen
die erfoderliche Einschraͤnkung haben; daher wird dieser Feuerzug um den
Kessel, noch von zwei Seitenwaͤnden und einer Hinterwand Fig. 7. geschlossen; bei
c ist der Ausschnitt fuͤr den Rauch. Durch
die Bestimmung der Lage von r
Fig. 5. 6. 7., sieht man
leicht ein, wie Fig.
5 in 7 eingelassen wird. zz geben dem
Feuerzug um den Cylinder A die noͤthige
Weite.
Endlich fuͤhrt der Hut E den Dampf durch die
Roͤhre esg in die
Gluͤhroͤhre, gh, welche durch das
Feuer uͤber dem Roste R dessen Laͤnge = ab, laͤngst des
inneren Cylinders durchgeleitet worden, deren End h mit
der Roͤhre hk in Verbindung steht. Von k aus laͤßt sich nun der Dampf, dessen Kraft oder
Ausdehnung sich durch die Gluͤhroͤhre verdoppelt, nach Erfoderniß
anwenden.
Auf diese Weise wird nun eine 1 1/2–2 Zoll dike Schichte Wasser auf beiden Seiten der
Einwirkung des Feuers ausgesezt. Folglich ist durch diese Construction nicht nur den
Grundsaz: daß einem Minimum von Wasser das Maximum von Beruͤhrungspuncten mit
dem Feuer gegeben werden muͤsse, um mit dem Minimum von Feuermaterial das
Maximum von Dampf zu entwikeln, ein vollkommenes Genuͤge geleistet worden,
sondern auch durch die zwar ganz einfache Gluͤhroͤhre eine
betraͤchtliche Verbesserung angebracht.