Titel: Verbesserungen am Baue der Kutschen, worauf Joh. Lane Higgin's, Esqu., zu Fulham, Middlesex, sich am 2. März 1822 ein Patent ertheilen ließ.
Fundstelle: Band 13, Jahrgang 1824, Nr. XXXI., S. 175
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XXXI. Verbesserungen am Baue der Kutschen, worauf Joh. Lane Higgin's, Esqu., zu Fulham, Middlesex, sich am 2. März 1822 ein Patent ertheilen ließ. Aus dem Repertory of Arts, Manufactures and Agriculture, Januar 1824. S. 68.Diese Verbesserungen finden sich auch im Oktober-Heft des London Journal aber sehr unvollkommen beschrieben und abgebildet, A. d. Ueb. Mit Abbildungen auf Tab. V. Higgin's Verbesserungen am Baue der Kutschen. Fig. 24 stellt einen horizontalen Grundriß des Gestelles einer vierraͤderigen Kutsche dar, welches nach meinem Plane erbaut ist: der Kasten und die uͤbrigen oberen Theile sind, der groͤßeren Deutlichkeit wegen, abgehoben. Die Hinteren und vorderen Raͤder sind hier parallel, oder in der Lage, in welcher sie sich auf einer geraden Straffe befinden. Fig. 25 ist ein aͤhnlicher Grundriß, wo die vorderen Raͤder so gestellt sind, wie sie zu stehen kommen, wenn der Wagen umkehrt. Fig. 26 ist ein aͤhnlicher Grundriß, der die Hinterraͤder und die Langwied einzeln darstellt. Fig. 27 ein aͤhnlicher Grundriß des Vordergestelles und der Vorderraͤder sammt Zugehoͤr. Fig. 23 Quer-Durchschnitt des vorderen Achsenlagers, und der Vorderraͤder sammt Zugehoͤr. Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Gegenstaͤnde. AA, stellt die Langwied dar, welche mit dem hinteren Achsenlager, BB, fest verbunden ist, und durch die eisernen Arme, bb, verstaͤrkt wird. C, ist eine an der Langwied wohl befestigte Querstange, die senkrecht darauf gestellt und durch die eisernen Arme, a, a, a, a; fest gehalten wird. Diese Querstange, C, liegt auf dem Vordergestelle oder dem vorderen Achsenlager, E. DD, sind zwei Schienen, welche auf das vordere Achsenlager, E, beinahe senkrecht aufgebolzt sind, und nach ruͤkwaͤrts und vorwaͤrts bedeutend hervorstehen: sie dienen statt der sogenannten Futschel an den gewoͤhnlichen vierraͤderigen Kutschen Kutschen. Die vorderen Enden der Schienen, DD, werden durch die Wage, F, von welcher aus die Pferde ziehen und woran die Deichsel befestigt wird, unter einander verbunden. GG, ist ein gekruͤmmtes metallnes Gestell, welches auf den Schienen, DD, und der Wage, F, mittelst Schraubenbolzen oder auf eine andere Weise befestigt ist. Das Gestell, GG, ist hoch genug uͤber dem vorderen Achsenlager, E, befestigt, um der Langwied, AA, mit ihrer Querstange, C, freies Spiel zwischen der oberen Seite des vorderen Achsenlagers und der unteren Seite des Metall-Gestelles, GG, zu erlauben, wie Fig. 28 deutlich zeigt. 1 und 2 sind Stifte oder kleine Walzen, welche nahe an dem Ende der Querstange, C, befestigt sind, und steigen durch gekruͤmmte Furchen oder Bogen, c und d, empor, welche in dem Gestelle, GG, angebracht sind. Die Furche, c, ist ein Bogen eines Kreises, welcher um den Stift oder um die Walze 1, als Mittelpunkt beschrieben ist, wie die Furche, d, um den Stift oder um die Walze 2: die Entfernung zwischen 1 und 2 gibt den Halbmesser zu diesen Bogen, wie Fig. 24 in der Zeichnung deutlich zeigt. 3 und 4 sind zwei andere Stifte oder kleine Walzen, welche oben auf der Langwied selbst befestigt sind: diese Stifte steigen durch gekruͤmmte Furchen empor, welche sich in dem Gestelle, GG, befinden, wie die Stifte 1 und 2. Der Stift 3 spielt frei in den Furchen e und f, deren Halbmesser mit den Furchen, c und d, correspondirt; eben so spielt der Stift 4 in den Furchen, g und h, welche gleichfalls Kreisbogen bilden, die um die Stifte oder Walzen 1 und 2 als Mittelpunkte beschrieben sind: g, aus 1, und h, aus 2, als Mittelpunkte. Dieses gekruͤmmte Gestell, GG, mit seinen Furchen nenne ich doppelt centrirte Langwied (double centre perch), indem bei dem Umkehren der Kutsche rechts und links hier nicht, wie bei den gewoͤhnlichen vierraͤderigen Wagen, wo der sogenannte Reibnagel in der Mitte des vorderen Achsenlagers durch die Langwied geht, die Drehung um Einen Mittelpunkt geschieht, sondern um verschiedene Mittelpunkte. Auf diesem Umstande beruht der wesentliche Vortheil dieser Erfindung wie wir sogleich zeigen werden. Wenn die Kutsche gerade vorwaͤrts gezogen wird, so stehen die kleinen Walzen 3 und 4 an den Punkten 5 und 6, (siehe Fig. 25 und 27), wo die gekruͤmmten Furchen, e und f, und g und h, sich durchkreuzen. Zu gleicher Zeit kommen die kleinen Walzen, 1 und 2 in die zugerundeten Enden der Furchen, c und d, wie Fig. 24 zeigt. In dieser Lage werden die Hinteren Raͤder mittelst der Langwied parallel mit den vorderen Raͤdern fortgezogen. Wenn aber auf der Straffe umgekehrt werden soll, so wirkt die doppelt centrirte Langwied auf folgende Weise. Man nehme an die Kutsche soll links umgekehrt werden, wie Fig. 25 darstelltFig. 25 kehrt im Originale aber rechts um. A. d. Ueb.; so werden die Pferde die Deichsel links druͤken, und der Stift oder die kleine Walze 2 auf der Querstange, C, wird in dem zugerundeten Ende der gekruͤmmten Furche, c, stehen bleiben, und den Mittelpunct der Bewegung fuͤr das ganze Vordergestell und fuͤr die Vorderraͤder bilden, die sich dann um c, drehen. Zu gleicher Zeit verlaßt aber das zugerundete Ende der Furche d, die kleine Walze 1, und diese Furche schiebt sich ohne allen Widerstand um diese kleine Walze. Dadurch wird aber auch die Furche, h, veranlaßt um die Walze 4 zu laufen, und die Furche, e, um die Walze 3; auf diese Weise dreht sich das ganze Vordergestell mit seinen Vorderraͤdern um den Stift oder um die kleine Walze 2, welche hier den Mittelpunkt der Bewegung bildet; und da 2 dem Rade, H, sehr nahe liegt, gegen welches die Kutsche umkehrt, so darf dieses Rad sich eben nicht sehr unter die Kutsche schieben, und folglich wird es moͤglich, groͤßere Vorraͤder oder eine kuͤrzere Langwied zu gebrauchen, ohne daß dieses, wie es bei den Vorderraͤdern der gewoͤhnlichen Kutschen, die nur einen Reibnagel in der Mitte zwischen denselben haben, der Fall ist, auf den Kasten selbst einigen Einfluß haͤtte. Wenn die Kutsche sich rechts (in entgegengesezter Richtung von Fig. 25 kehren soll, so kommt das zugerundete Ende der Furche, d, an die kleine Walze 1, zu liegen, und bildet den Mittelpunkt der Bewegung fuͤr das Vordergestell und fuͤr die Vorderraͤder, welche sich um denselben drehen. Da dieser Punct dem Rade, I, nahe liegt, so wirkt es auf die oben angegebene Weise, und laͤßt das Rad nicht weit unter die Kutsche zuruͤk. In einigen Faͤllen koͤnnte es rathsam scheinen, das gekruͤmmte Gestell an dem vorderen Ende der Langwied zu befestigen, und die oben erwaͤhnten kleinen Walzen oder Stifte an dem Vordergestelle des Wagens anzubringen, so daß sie in die Furchen des gekruͤmmten Gestelles passen; in diesem Falle muß aber das gekruͤmmte Gestell in einer anderen Richtung, als in jener in Fig. 24, 25 und 27 angebracht werden, und zwar in verkehrter: die Wirkung ist dann dieselbe. Die Weise, wie die Furchen in dem gekruͤmmten Gestelle vorgerichtet und gebildet werden, laͤßt sich auf mannigfaltige Art abaͤndern, ohne daß der Zwek, die doppelte Central-Bewegung des Vordergestelles, dabei leidet; so koͤnnen z.B. die aͤußeren Theile der gekruͤmmten Furchen in dem Gestelle, GG, wegbleiben, wie Fig. 27 zeigt (wo die punctirten Linien diese Theile anzeigen und die fuͤr das Spiel der Stifte oder Walzen noͤthigen Theile scharf gezeichnet sind. Auf diese Weise kann ein sogenanntes Gig, Cabriolet, oder ein sogenannter Curricle leicht in einen Phaëton verwandelt werden, indem man nur einen Siz fuͤr den Bedienten oder eine sogenannte Dicky-box auf dem Hintergestelle anbringen darf, aus welchem meine doppelt centrirte Langwied hervortritt, und unter dem Kasten des Gig's fortlaͤuft, woran die kleinen Walzen befestigt seyn koͤnnen, damit sie in die Furchen des Gestelles passen. Sie koͤnnen mittelst Schrauben-Meten oder auf irgend eine andere Weise oben auf den kleinen Walzen in ihrer Lage erhalten werden. Form, Verhaͤltniß der Theile und Materials, haͤngen von Umstaͤnden und von dem Gutduͤnken des Werkmeisters ab. Der Patent Traͤger sagt in seinen dem Patente beigefuͤgten Bemerkungen, daß er mit einem auf diese Art gebauten Wagen mehrere hundert Meilen weit fuhr, und daß derselbe seinen Erwartungen vollkommen entsprochen hat. Die Vortheile dieser neuen Einrichtung bestehen, nach seinen Bemerkungen, darin, daß 1tens der Wagen bei dem Umkehren mehr geschlossen wird, indem das Rad beinahe still steht, waͤhrend das andere sich dreht. 2tens hoͤhere Vorderraͤder, im Verhaͤltnisse von 4 zu 5 zu den Hinterraͤdern, gebraucht werden koͤnnen, was bei der gegenwaͤrtigen Mode, die Kasten sowohl der Sicherheit als der Bequemlichkeit wegen, um leichter aus- und einsteigen zu koͤnnen, niedrig zu haͤngen, wodurch die Vorderraͤder oft um die Haͤlfte kleiner werden muͤssen als die Hinteren und folglich Reibung und Schwere sehr vermehrt wird, wohl zu Statten kommt, indem hier die Vorderraͤder in dem gehoͤrigen Verhaͤltnisse zu den hinteren bleiben koͤnnen. Die Langwied kann kuͤrzer werden, ohne daß man den Kasten anders zu haͤngen braucht: sie hat hier 3 Bolzen. Diese Einrichtung gewaͤhrt mehr Sicherheit: man weiß wenig Faͤlle, daß ein Wagen bei dem Umkehren umwirft, außer wo er sich sperrt, und das Vorderrad unter die Kutsche kommt, was hier nicht geschieht, indem das Rad, um welches der Wagen sich dreht, immer hervorsteht, und ein zu schnelles Umkehren hindert. Sie schikt sich vorzuͤglich fuͤr leichte Wagen, wo man aus dem Phaëton eine Barutsche machen will, und wo man dann nach ruͤkwaͤrts hart einsteigt; da das Vorderrad hier nicht unter den Wagen kommt, kann man bei kurzer Langwied hier so leicht einsteigen, als sonst bei langer. Das Gestell, in welchem die Bolzen, so wie es in der Zeichnung angegeben ist, spielen, ist mehr der Vorsicht als der Nothwendigkeit wegen da; eine Kutsche laͤßt sich nach dieser Einrichtung eben so leicht und einfach bauen, als auf die gewoͤhnliche Art. Zu London verfertigen solche Kutschen die HHrn. Sanders und Comp. „71, Upper Berkeley-Street, Portman-square.“

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