Titel: Ueber verschiedene Bereitungs-Arten des Carmines.
Fundstelle: Band 13, Jahrgang 1824, Nr. LXXV., S. 353
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LXXV. Ueber verschiedene Bereitungs-Arten des Carmines. Aus dem Dictionnaire technologique in Gill's technical Repository December 1823. S. 425. January 1824. S. 16. Ueber verschiedene Bereitungs-Arten des Carmines. Carmin ist, nach HHrn. Pelletier und Caventou, eine dreifache Verbindung aus dem Faͤrbestoffe und einem thierischen Stoffe der Cochenille, und aus einer Saure, die zum Niederschlagen obiger Stoffe angewendet wurdeExamen chemique de la cochenille et de sa matiére colorante par M. M. Pelletier et Caventou. Memoire lu à l'Institut de France le 20. Avril 1818; woͤrtlich uͤbersezt in Dinglers Magazin fuͤr die Druk-Faͤrbe- und Bleichkunde. Bd. 1. S. 235. D.. Die Bereitung des Carmines ist noch immer etwas in den Schleier des Geheimnisses gehuͤllt; denn, da man nur wenig davon braucht, so beschaͤftigen sich auch nur Wenige mit der Bereitung desselben, und da das Materials zu demselben, die Cochenille, immer sehr hoch im Preise steht, so werden Versuche mit demselben immer sehr kostbar. Man kann indessen annehmen, daß, durch Beihuͤlfe der von den HHrn. Pelletier und Caventou gegebenen Anweisung es fuͤr Diejenigen, die dieser Art von Fabrikation ihre Aufmerksamkeit schenken wollen, gegenwaͤrtig leicht seyn muß, hinter dieses Geheimniß zu kommen. Wir muͤssen jedoch bemerken, daß der gluͤkliche Erfolg vorzuͤglich von einer gewissen Geschiklichkeit abzuhaͤngen scheint, welche nur durch Uebung allein erlangt werden kann. Es ist nicht genug, ein gutes Recept zu besizen, wenn die Arbeit gelingen soll; das Auge muß hinlaͤnglich gewohnt seyn zu bestimmen, wann das Farbenbad den hoͤchsten Grad von Schoͤnheit erhalten hat. Der Fabrikant muß ferner genau wissen, wie und in welchem Augenblike der Wirkung der Hize Einhalt gethan werden muß. Nach diesen vorlaͤufigen Bemerkungen will ich nun einige der erprobtesten Recepte, welche ich unter meinen Augen mit Erfolg nachgearbeitet habe, hier anfuͤhren. Man verkauft in den Kramlaͤden mehrere Sorten von Carmin, die mittelst Nummern von einander unterschieden Gerden, und deren Werth verschieden ist. Dieser Unterschied beruht auf zwei Ursachen: er haͤngt theils von der Menge der Alaunerde ab, die man bei dem Niederschlage zusezte, theils von einer gewissen dem Carmine beigemischten Menge Vermilion (Zinnober): im ersten Falle wird die Farbe schwaͤcher, im zweiten behaͤlt sie nicht mehr denselben Glanz. Das Verhaͤltniß dieser Zusaͤze laͤßt sich stets mit Leichtigkeit durch die Eigenschaft bestimmen, welche der reine Carmin besizt, sich im Ammonium aufzuloͤsen. Alles Fremdartige bleibt von Lezterem unberuͤhrt, und man darf nur den Ruͤkstand troknen, um die Menge desselben zu bestimmen. Gemeiner Carmin. 1 Pf. gepuͤlverte Cochenille. 3 1/2 Quentchen basische kohlensaure Pottasche. (Gereinigte Pottasche) 8 Quentchen gepuͤlverter Alaun. 3 1/2 Quentchen Hausenblase. Die Cochenille wird zuvoͤrderst mit der Pottasche in einem kupfernen Kessel gekocht, der fuͤnf Schaff Wasser faßt: das Aufwallen wird mit kaltem Wasser gestilltMan muß sehr bedauern, daß das Verhaͤltniß des Wassers so unbestimmt angegeben ist. 25 Pfund Wasser duͤrften fuͤr die vorstehende Quantitaͤt mehr als zureichend seyen. D.. Nachdem sie einige Minuten lang gesotten hat, nimmt man den Kessel von dem Feuer, und stellt ihn auf eine Tafel, so geneigt, daß man die Fluͤssigkeit leicht davon abgießen kann. Dann wird der gepuͤlverte Alaun hinzugethan, und der Absud geruͤhrt, worauf derselbe unmittelbar seine Farbe aͤndern und einen mehr glaͤnzenden Ton annehmen wird. In ungefaͤhr einer Viertelstunde hat die Cochenille sich zu Boden gesezt, und die Fluͤssigkeit ist so klar, als ob sie filtrirt worden waͤre. Sie erhaͤlt den Faͤrbestoff, und wahrscheinlich auch etwas Alaun, schwebend. Die Fluͤssigkeit wird dann in einen anderen Kessel von derselben Groͤße abgesiehen, und uͤber das Feuer gestellt: man sezt in Wasser aufgeloͤste Hausenblase zu, die man durch ein Sieb laufen ließ. In dem Augenblike, wo sie anfangt zu sieden, sieht man den Carmin sich an die Oberflaͤche des Bades erheben; es bildet sich eine geronnene Masse, aͤhnlich derjenigen, welche sich zeigt, wenn man eine Fluͤssigkeit mit Eiweiß klaͤrt. Der Kessel wird von dem Feuer genommen, und das Bad mit einem Spatel geruͤhrt. In 15 bis 20 Minuten faͤllt der Carmin zu Boden; die Fluͤssigkeit wird abgesiehen, und der NiederschlagNiedeschlag auf einem sehr seinen Siebe getroknet. Zubereitungsweise der Hausenblase. Nachdem man die Hausenblase in kleine Stuͤke geschnitten hat, laͤßt man sie eine Nacht uͤber in Wasser liegen. Waͤhrend dieser Zeit wird sie ungemein aufschwellen und eine große Menge Wassers verschlingen. Man bringt sie hierauf in ein eigenes Gefaͤß, und verwandelt sie mittelst Hize in eine Gallerte, die augenbliklich zergeht, wie man sie in heisses Wasser bringt. Aehnliche Recepte findet Man in mehreren Werken; statt Hausenblase wird aber Eiweiß, und zuweilen sogar Eiweiß mit Eidotter vorgeschrieben. Wenn die Arbeit gehoͤrig durchgefuͤhrt wurde, laͤßt sich der Carmin leicht zwischen den Fingern broͤkeln. Je mehr Kohlensaͤure die Pottasche hat, desto zerreiblicher ist der Carmin. Der Ruͤkstand nach dem Niederschlage des Carmines ist noch immer stark gefaͤrbt, und laͤßt sich mit Vortheil bei Bereitung rother Lake benuͤzen. Feiner Carmin, zu Paris unter dem Namen englischer Carmin bekannt. Man laͤßt vier Schaffe Flußwasser in einem großen kupfernen Gefaͤße sieden, nimmt davon noch, waͤhrend es heiß ist, zwei Pfund, und laͤßt sie durch ein feines Sieb in ein irdenes Gefaͤß laufen, in welchem sich fuͤnf Eier sammt ihren Schalen abgeschlagen befinden, wodurch eine Emulsion entsteht, die besonders aufbewahrt wird. Hierauf wird eine filtrirte Lauge, aus zehn Quentchen alikantischer Soda in vier Pfunden kochenden Wassers aufgeloͤset, in das Gefaͤß gegossen, und zugleich ein und drei Viertel-Pfund grob geflossene Cochenille zugesezt. Diese Mischung wird mit einem Pinsel mit einem langen StieleEin solcher Pinsel darf weder gepicht noch geleimt seyn. Ein flacher hoͤlzerner Spatel vertritt Hessen Stelle besser. D. bestaͤndig umgeruͤhrt, und eine halbe Stunde lang gekocht. Man nimmt sodann das Gefaͤß vom Feuer, sezt 15 Quentchen gepuͤlverten roͤmischen Alaun zu, und ruͤhrt die Mischung noch einmahl mit dem Pinsel, worauf man sie zehn oder zwoͤlf Minuten lang ruhen laͤßt, bis man sieht, daß die violette Farbe sich in ein sehr tiefes Scharlach-Roth verwandelt hat. Die Fluͤssigkeit wird dann in einem Kessel abgesiehen, und die oben erwaͤhnte Emulsion zugegossen, worauf man die Mischung wieder sieden laͤßt. Der Carmin wird hierauf auf feine Leinwand, die uͤber einen Rahmen gespannt ist, ausgegossen. Die rothe Fluͤssigkeit, welche durchlaͤuft, wird in einem hoͤlzernen Gefaͤße aufgefangen und zur Lakbereitung verwendet. Uebrigens wird dieses Verfahren auf dieselbe Weise, wie das obige, geendet: der Carmin wird gepuͤlvert, durch ein seines Sieb getrieben, und in zinnernen Buͤchsen aufbewahrt. Superfeiner Carmin, oder Carmin der Madamme Cenette, auch Amsterdamer Carmin. Sechs Schaffe Fluß-Wasser werden in einem Kessel uͤber Feuer gestellt. In dem Augenblike, wo das Wasser anfaͤngt zu kochen, werden zwei Pfund fein gepuͤlverte Cochenille zugesezt. Nachdem dieselbe zwei Stunden lang gekocht hat, sezt man 6 Loth reinen Salpeter zu, und alsogleich darauf acht Loth Sauerklee-Salz. Man laͤßt sie hieraus noch 10 Minuten lang sieden, nimmt den Kessel von dem Feuer, und laͤßt die Mischung wenigstens vier Stunden lang ruhen. Das Wasser wird mittelst eines Hebers von dem Carmine abgezogen, und in mehrere irdene Gefaͤße vertheilt, welche man drei Wochen lang auf einem Tische oder auf einer Bank ruhen laͤßt. Es wird sich in kurzer Zeit ein duͤnnes Hautchen von Schimmel obenauf bilden, welches man mittelst eines kleinen, an dem Ende eines Staͤbchens angebundenen Schwammes abnimmt. Das Wasser wird dann mittelst eines Hebers abgezogen, dessen Roͤhre man bis an den Boden des Gefaͤßes reichen lassen kann; denn der Carmin klebt so fest an dem Boden der Gefaͤße, daß er sich mit denselben verkoͤrpert zu haben scheint. Wenn dieser Carmin im Schatten bereitet wird, so ist seine Farbe so hell und glaͤnzend, daß sie dem Auge wehe thut. Chinesischer Carmin. Vierzig Loth sehr fein gepuͤlverte Cochenille werden mit einem Schaffe Fluß-Wasser in einem gehoͤrigen Gefaͤße gekocht, und sechzig Gran roͤmischer Alaun zugesezt. Nachdem die Mischung sieben Minuten lang gesotten hat, wird der Kessel von dem Feuer gehoben, und die Fluͤssigkeit in ein anderes Gefaͤß mittelst eines Hebers uͤberzogen; man kann sie auch durch feine Leinwand seihen. Diese Fluͤßigkeit wird zum Gebrauche aufbewahrt. Man bereitet vorlaͤufig auf folgende Weise eine Zinn-Aufloͤsung. Ein und zwanzig Loth gemeines Kochsalz (kochsalzsaure Soda) werden in einem Pfunde Scheidwasser (aqua fortis, Salpetersaͤure) aufgeloͤstDas Verhaͤltnis des Kochsalzes zur Salpetersaͤure ist nicht richtig. Sechs Loth Kochsalz sind auf ein Pfund Salpetersaͤure, die um die 8 Loth Zinn aufzuloͤsen 36 Grade nach Bek stark seyn muß. Das Erwaͤrmen ist unnoͤthig. D., und dieser Aufloͤsung nach dem Erkalten acht Loth Malacca Zinn-Spaͤne nach und nach zugesezt, so daß man nicht ehe frisches Zinn zuthut, bis das vorige aufgeloͤst ist. Diese Aufloͤsung wird dann tropfenweise dem heissen Cochenill-Absude zugesezt, wodurch der Carmin sich niederschlagt. Nachdem dieser sich gesezt hat, wird die Fluͤssigkeit abgesiehen, und der Carmin in Porzellan oder in sogenannter Delfter-Waare im Schatten getroknet. Deutsche Methode den Carmin zu bereiten. Sechs Pinten FlußwasserEine Pinte ist ungefaͤhr eine halbe Maß. A. d. Ueb. werden in einem kupfernen Gefaͤße gesotten, und dann vier Loth gepuͤlverte Cochenille zugesezt, Und wohl umgeruͤhrt. Nachdem die Mischung 6 Minuten lang gekocht hat, werden 60 Gran gepuͤlverten Alaunes hineingeworfen, worauf man das Ganze noch drei Minuten lang sieden laͤßt. Das Gefaͤß wird sodann vom Feuer genommen, die Fluͤssigkeit Mit einem Heber abgezogen, Und durch ein Sieb von feiner Leinwand durchgesiehen. Die Fluͤssigkeit wird hierauf in porzellanenen oder Delfter-Waare-Gefaͤßen hingestellt, wo man sie drei Tage lang ruhen laͤßt, worauf sie abgesiehen und der Bodensaz im Schatten getroknet wird. Nach drei Tagen kann man die Fluͤssigkeit wieder abgießen, wo man dann Carmin von geringerer Guͤte erhaͤltEs ist sonderbar, daß man von der Weise, nach welcher der beruͤhmte Sonderling, Prof. Beireis zu Helmstadt, den Carmin bereitete, nichts erfahren hat. A. d. Ueb.. Alyon's Verfahren. Zwei Schaffe und ein halbes Flußwasser werben in einem kupfernen Gefaͤße gekocht, und demselben nach und nach ein Pfund gemahlene Cochenille zugesezt, und die Fluͤssigkeit mittelst eines Buͤrstenpinsels gut umgeruͤhrt. Nachdem sie beinahe eine halbe Stunde lang gekocht hat, wird dem Cochenill-Absude eine schwache alkalische Lauge zugesezt, welche aus fuͤnf Quentchen Soda besteht, die in einer Pinte Wassers aufgeloͤst ist. Nach halbstuͤndigem Koͤchen nimmt man das Gefaͤß vom Feuer, Und stellt es in einer geneigten Lage auf eine Tafel. Hierauf werden sechs Quentchen Alaun zugethan und Wohl umgeruͤhrt, wornach man die Mischung 25 Minuten lang ruhen laͤßt. Die Fluͤssigkeit, welche dadurch eine sehr schoͤne Scharlach-Farbe erhielt, wird in ein andere Gefaͤß abgegossen, und daß Weisse von zwei Eien, das man vorher mit einem waren Pfunde Wasser abgeschlagen hat, zugesezt Die Mischung wird mit einem Buͤrsten-Pinsel umgeruͤhrt, und wieder in dem Gefaͤße auf das Feuer gestellt und gesotten. Das Eiweiß gerinnt, und faͤllt mit dem Faͤrbestoffe nieder, welcher den Carmin bildet. Der Kessel wird sodann von dem Feuer genommen, und fuͤnf und zwanzig bis dreißig Minuten lang in Ruhe gelassen, damit der Carmin sich ganz zu Boden sezen kann. Die Fluͤssigkeit wird abgesiehen, und der Niederschlag auf feiner Leinwand ausgebreitet, damit er ablaufen kann. Der Carmin wird sodann mit silbernen oder elfenbeinernen Loͤffeln abgenommen, und auf Platten, welche mit weißem Papiere bedekt sind, getroknet. Ein Pfund Cochenille liefert auf diese Weise ungefaͤhr zwei Loth Carmin. Man darf nur weiches Wasser hierzu nehmen. Aus diesen Recepten erhellt, daß Alaun nicht, wie viele Schriftsteller behaupten, ein wesentliches Ingrediens bei Bereitung des Carmines ist; daß er bald durch saure sauerkleesaure Pottasche, bald durch hydrochlorsaures Zinn ersezt wird. Die Versuche der HHrn. Pelletier und Caventou beweisen, daß diese Salze, so wie der Alaun, zugleich zur Erhoͤhung der Farbe und zur Foͤrderung des Niederschlages derselben durch Einwirkung des Ueberschusses ihrer Saͤure auf den in der Cochenille enthaltenen thierischen Stoff wirken. Man braucht Carmin nicht bloß in der Miniatur „(und Wangen)“ Mahlerei, sondern auch zur Verfertigung kuͤnstlicher Blumen, in Zukerbaͤkereien und Apotheken. Wo man ihn als fluͤssige Farbe braucht, muß er in fluͤchtigem Alkali aufgeloͤst werden, dessen Ueberschuß man nach und nach verduͤnsten, laͤßt. Die HHrn. Pelletier und CaventouMan vergleiche die in der Anmerkung 138 angefuͤhrte Abhandlung. D. nannten den in der Cochenille enthaltenen Faͤrbestoff, als Basis des Carmines, Carminium. Es gelang ihnen, dasselbe auszuscheiden, indem sie die Cochenille zuerst in Aether macerirten, um sie von dem Fettstoffe zu befreien, den die enthaͤlt, und dann wiederholt mit siedendem Alkohol behandelten. Bei jeder Abkochung sezt sich dann ein koͤrniger, sehr schoͤn rother Stoff zu Boden, der sich bei allmaͤhliger Verduͤnstung sogar kristallisirt. In diesem Zustande ist der Faͤrbestoff der Cochenille beinahe ganz rein, enthaͤlt aber doch noch immer etwas Fett, welches diese Chemiker dadurch beseitigen, daß sie denselben neuerdings in 40graͤdigem Alkohol aufloͤsen, und dann eben soviel Aether zusezen. Anfangs ist diese Mischung sehr dik, wird aber spaͤter hell, und in wenigen Tagen sind die Waͤnde des Gefaͤßes mit einem glaͤnzend purpurrothen Ueberzuge beschlagen, der reines Carminium ist. Dieses Carminium ist lebhaft purpurroth, sieht kristallinisch aus, ist an der Luft vollkommen unveraͤnderlich, wird durch Hize leicht, ohne Entwikelung von Stikstoff zersezt, ist in Wasser leicht aufloͤsbar und kristallisirt weder durch Abkuͤhlung noch durch Verdampfung, und ist im Aether unaufloͤsbar, in kochendem Alkohol aber aufloͤsbar. etc.Aus dem Lak-dye laͤßt sich der Carmin sehe wohlfeil, schoͤner und haltbarer als aus der Cochenille darstellen. D.