Titel: Versuche über die eßigsauren Kupfer, von Hrn. Vauquelin; vorgelesen in der Sizung der Académie des sciences zu Paris am 6ten Novbr. 1823. Aus den Mémoires du muséum d'histoire naturelle, 5me année, 10me cahier, Seite 295, übersezt von J. H. Schultes, M. C.
Fundstelle: Band 14, Jahrgang 1824, Nr. LXXXI., S. 343
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LXXXI. Versuche über die eßigsauren Kupfer, von Hrn. Vauquelin; vorgelesen in der Sizung der Académie des sciences zu Paris am 6ten Novbr. 1823. Aus den Mémoires du muséum d'histoire naturelle, 5me année, 10me cahier, Seite 295, übersezt von J. H. Schultes, M. C. Vauquelin's Versuche über die eßigsauren Kupfer. Die Eßigsaͤure bildet mit dem Kupfer-Peroxide zwei Verbindungen, welche unter dem Namen: kristallisirter Gruͤnspan, und gemeiner Gruͤnspan bekannt sind. Hr. Proust gab uns, als er, bei Gelegenheit der Eßigsaͤure, und der unvollkommnen Eßigsaͤure, welche man damahls fuͤr verschieden hielt, diese zwei Verbindungen untersuchte, folgende Analyse des eßigsauren Kupfers: Saͤure und Wasser 61 Kupferoxid 39 Hr. Thompson gab, indem er die Grundsaͤze der atomistischen Theorie auf die Analyse dieses Salzes anwendete, folgende Bestandtheile desselben an: Ein Atom Saͤure 25,12 Ein Atom Oxid 39,40 Acht Atom Wasser 35,47 In der Folge wird sich aber zeigen, daß diese Angabe nicht ganz genau ist. Den gemeinen Gruͤnspan erkannte Hr. Proust fuͤr ein Gemenge von zwei Salzen; in der That loͤsen sich auch, wenn man dieses Gemenge mit kaltem Wasser behandelt, beilaͤufig 56/100 auf, und die zuruͤckbleibenden 44/100 sind ein basisches Salz. Da ich vor Kurzem Gelegenheit hatte einen aus England gekommenen Gruͤnspan zu untersuchen, so wurde ich veranlaßt die beiden Salze neuerdings zu analysiren. 1ter Versuch. Wenn man kristallisirten Gruͤnspan in einem Platinnas Tiegel bis zur Rothgluͤhhize erhizt, erhaͤlt man fast immer ein Gemenge von Peroxid, Protoxid und metallischem Kupfer, welches an den Wanden des Tiegels hangen bleibt; uͤberdieß reißt die Feuchtigkeit, welche sich anfangs entwikelt, einen. Theil des Salzes, ehe es noch zersezt ist, mit sich fort. Da uns, diesem zu Folge, diese Verfahrungs-Weise kein genaues Resultat geben konnte, nehmen wir zu folgender unsere Zuflucht, welche die Resultate mehr zusammen stimmen macht. 2ter Versuch. In eine genau gewogene, feuerfeste Porzellan-Kapsel wurde 1 Gramm kristallisirter und gepuͤlverter Gruͤnspan gebracht. Auf dieses Pulver wurde eine hinlaͤngliche Menge Salpeter-Saͤure gegossen, um die Eßigsaͤure auszutreiben; hierauf wurde es bei gelinder Waͤrme abgedampft, und nachdem die Salpetersaͤure vertrieben war, so lang bis zum Rothgluͤhen erhizt, bis die Materie schwarz wurde, und die Zersezung vollkommen geschehen war. Bei diesem Verfahren erhaͤlt man aus 100 Theilen eßigsauren Kupfers bestaͤndig 40 Theile eines schoͤnen schwarzen Oxides, welches weder eine Spur Protoxid, noch metallisches Kupfer enthaͤlt. 3ter Versuch. Erhizt man 100 Theile eßigsaures Kupfer bei einer Temperatur, welche hinlaͤnglich ist, um das Wasser aus demselben zu vertreiben, ohne jedoch das Salz zu zersezen, so findet man, daß sie nie mehr als 10 der Cent. verlieren, wobei man jedoch nicht verhindern kann, daß sich einige Spuren Eßigsaͤure entwikeln. Diese Menge Wassers weicht zu sehr von den 35 1/2 ab, welche Hr. Dr. Thompson angibt, als daß man dieß einem Irrthume in seiner Voraussezung oder in unseren Versuchen zuschreiben koͤnnte. Da man nun durch das Troknen bestaͤndig einen Verlust von 10 der Cent. erhaͤlt, so muß man auch eine Menge Eßigsaͤure erhalten, welche 50 der Cent. entspricht, indem man hoͤchstens 40 der Cent. Oxid antrifft. 4ter Versuch. Um die Eßigsaure zu bekommen, wurden 2 Gramme kristallisirter Gruͤnspan mir 4 Grammen basischer kohlensaurer Pottasche, die in einer hinlaͤnglichen Menge Wasser aufgeloͤst war, gekocht. Nach einer halben Stunde wurde die Fluͤßigkeit, die braun geworden war, und beim Kochen alles Kupfer abgesezt hatte, filtrirt. Nachdem das Kupferoxid gut mit siedendem Wasser ausgewaschen worden war, wurden die Fluͤßigkeiten zusammengegossen, das uͤberschuͤssige Kali mit Schwefelsaͤure gesaͤttigt, und dann bis zur Trokne abgedampft; der Ruͤkstand wurde, um die eßigsaure Pottasche aufzuloͤsen, mit Alkohol behandelt. Die alkoholische Fluͤssigkeit gab, in einem porzellanenen Gefaͤße, dessen Gewicht bekannt war, bis zur Trokenheit abgedampft. Ein Gramm 8/10 eßigsaure Pottasche, welche, nach den Bestandtheilen der eßigsauren Pottasche, 93 Eßigsaure enthalten, was also 46,5 auf den Centner gibt. Dieses Resultat gewaͤhrt wegen der vielen Operationen, die zur Erhaltung der eßigsauren Pottasche nothwendig sind, nur eine Annaͤherung; es beweist jedoch immer, daß die in dem kristallisirten Gruͤnspane enthaltene Eßigsaͤure 50 naͤher koͤmmt, als den von Thompson angenommenen 25. Hier kann uns die Theorie der bestimmten Verhaͤltnisse etwas nachhelfen: denn suchen wir durch Berechnung der respectiven Gewichte der Atome die Zahlen, welche den vorhergehenden am naͤchsten kommen, so finden wir folgende: Eßigsaͤure - 2 Atome, dem Gewichte nach 12,75, und per Cent. -- 51 Kupferoxid - 1 Atom, dem Gewichte nach 10 und per Cent. -- 40 Wasser - 3 Atome, dem Gewichte nach   2,25 und per Cent. --   9 Erwaͤgt man nun, daß man durch die Analyse 10 der Cent. Kristallisations-Wasser und 40 Kupferoxid erhaͤlt, eine Zahl, welche die Theorie beinahe ebenso angibt, so wird man obigen Resultaten wohl Glauben beimessen koͤnnen; denn der geringe Unterschied bei der Eßigsaͤure um 3 der Cent. muß der Schwierigkeit, dieselbe in ihrer Verbindung zu behalten, zugeschrieben werden. Hr. Thompson hat also, indem er der Analyse des Hrn. Proust noch 3 Atome Wasser zusezte, dieselbe weit von der Wahrheit entfernt. 5ter Versuch. Wenn man eine Aufloͤsung von kristallisirten Gruͤnspan eine hinlaͤngliche Zeit lang kochen laͤßt, so bemerkt man, daß ein Theil Eßigsaͤure mit den Wasserdaͤmpfen davon geht, und eine bedeutende Menge Kupferoxid zu Boden faͤllt. Es erfolgt dann ein Augenblik, wo diese Zersezung inne haͤlt, das Kochen mag dauern, so lang es will. Wir glaubten anfangs, daß das niedergefallene Kupferoxid mit dem Verluste von Eßigsaͤure im Verhaͤltnisse stehen muͤßte, uͤberzeugten uns aber bald, daß zu dem fraglichen Niederfallen die Entweichung der Eßigsaͤure nicht noͤthig ist. Denn die Aufloͤsung ließ beim Kochen in einem genau verschlossenen Ballon, aus welchem keine Saͤure entweichen konnte, ein gruͤnes koͤrniges Salz fallen, welches sich durch fortgeseztes Kochen in braunes Oxid verwandelte. Die Zersezung geschieht hier nur langsamer, als in offenen Gefaͤßen. Bei einem Versuche sezten 10 Gramme des eßigsauren Salzes beim Kochen, 1,453 reines Oxid ab; bei einem zweiten Versuche 1,50: das Mittel ist also: 1,465. Es verlieren also 100 Theile eßigsaures Kupfer durch Kochen 14,65 ihres Oxides: die ganze Summe des in dem Salze enthaltenen Kupferoxides wird dadurch auf 25,35 reducirt, welches dann mit dem Doppelten seines Gewichtes Saͤure verbunden ist. 6ter Versuch. Da ich wissen wollte, ob dieses Resultat durch die Erfahrung bestaͤtigt werde, so zersezte ich die beiden Aufloͤsungen der 100 Theile eßigsauren Kupfers, welche bei dem Kochen einen Theil ihres Oxides hatten fallen lassen, und erhielt aus der einen 25,4, und aus der anderen 24,5, im Durchschnitte also 24,95, was Obigem so nahe kommt, als man nur wuͤnschen kann. Das bei diesem Versuche zu Boden gefallene Oxid betraͤgt beilaͤufig 6/10 von dem, welches in der Aufloͤsung zuruͤk bleibt, und etwas mehr als 36/10 von allem Oxide, welches in dem angewendeten Salze enthalten ist. Diese Zersezung des eßigsauren Kupfers, und Abbildung eines Theiles seines Oxides in wasserfreiem Zustande, durch das Kochen, ist sehr merkwuͤrdig. Es geht daraus nothwendig hervor, daß man bei der Bereitung dieses Salzes im Großen, um es zum Kristallisiren zu bringen, nur eine sehr niedrige Temperatur anwenden duͤrfe, oder daß die Aufloͤsung eine große Menge uͤberschuͤßige Saͤure enthalten Muß, wenn sie nicht zersezt werden soll. Je mehr Kupferoxid aus der Aufloͤsung niederfaͤllt, um so mehr Eßigsaure geht davon; allein die Menge derselben im Verhaͤltnisse zu jener des Oxides, welches niederfaͤllt, ist sehr gering, denn sie wird saurer, und die Zersezung erfolgt auch in einem verschlossenen Gefaͤße. Es muß sich also ein saures Salz bilden, welches aus 66,66 Saͤure und 33,34 Oxid besteht, woraus hervorgeht, wie man spaͤter sehen wird, daß es drei eßigsaure Kupfer gibt. 7ter Versuch. Faͤhrt man fort die Aufloͤsung des eßigsauren Kupfers kochen zu lassen, so scheidet sich kein Oxid mehr ab; das zuruͤk-bleibende Salz kann concentrirt werden, ohne daß es eine neue Veraͤnderung erleidet; es laͤßt bei dem Abdampfen zwar etwas Eßigsaͤure fahren, behaͤlt jedoch immer eine hinlaͤngliche Menge davon zuruͤk, um die Abscheidung des Oxides zu verhindern. Sezt man das Abdampfen bis zur Trokenheit fort, so erhaͤlt man nur gewoͤhnliches eßigsaures Kupfer, welches, in Wasser aufgeloͤst, und gelocht, neuerdings Oxid absezt, so daß, wenn man diese Operationen mit einer bestimmten Menge Salzes oft wiederholen wuͤrde, dasselbe endlich ganz zersezt werden muͤßte. Von dem gemeinen Gruͤnspan. Der gemeine Gruͤnspan ist, wie Hr. Proust fand, ein Gemenge von zwei Salzen, naͤmlich von einem eßigsauren und einem basisch-eßigsauren; allein obgleich der Ruͤkstand nach dem Abwaschen oft 44 bis 50 Hundertel des Ganzen betraͤgt, so sind die Verhaͤltnisse desselben nach den Mustern, die man untersucht, doch sehr verschieden; in jedem Falle besteht dieser Ruͤkstand aus gleichen Bestandtheilen: er ist ein wahres basisches Salz. Da wir oben. schon die Analyse des eßigsauren Salzes gaben, so blieb uns nichts mehr uͤbrig, als das Verhaͤltniß der Bestandtheile des basisch eßigsauren Salzes zu bestimmen, um die Geschichte der Verbindungen der Eßigsaͤure mit dem Kupfer vollkommen zu haben. 8ter Versuch. Um dazu zu gelangen, wuschen wir eine bestimmte Menge Gruͤnspan mit kaltem Wasser ab; der Ruͤkstand, welcher bei dieser Operation blieb, war blaßgruͤn und hatte die Form von seidenartigen Faden. Dieses Salz nahm, als er bei einer Waͤrme von 100 so lang getroknet wurde, bis es nicht mehr an Gewicht abnahm, eine viel dunklere Farbe an, und verlor ungefaͤhr 6 der Cent. an Gewicht. 9ter Versuch. 100 Theile dieser Substanz gaben, in der Waͤrme von 200 Theilen Aez-Pottasche, die in einer hinlaͤnglichen Menge Wassers aufgeloͤst worden war, behandelt, ein braunes Oxid, welches, mit siedendem Wasser abgewaschen und getroknet, 59,5 wog; dieses Oxid ließ aber bei Behandlung mit Schwefelsaure von 10° einen Ruͤkstand, dessen Gewicht 3/100 betrug, und welcher aus kleinen Stuͤkchen metallischen Kupfers und Sand bestand; das basische eßigsaure Kupfer enthaͤlt also 66,5 Oxid, und muß folglich 33,4 Saͤure enthalten. Diese Analyse gab uns, bei oͤfterer Wiederholung, beinahe immer dieselben Resultate. Um das Complement dieser Analyse zu bekommen, haͤtte man die Eßigsaͤure anziehen, oder von der in der Fluͤssigkeit gefundenen Menge eßigsaurer Pottasche auf dieselbe schließen muͤssen. Wein, obschon wir diese Substanz sehr sorgfaͤltig auf dieselbe Weise, wie das eßigsaure Salz behandelten, so erlitten wir doch immer einen betraͤchtlichen Verlust. Da dieser Verlust augenscheinlich von der Zerstreuung eines Theiles Eßigsaͤure durch die beim Abdampfen und Troknen der eßigsauren Pottasche noͤthigen Hize herkam, und da das vollkommen getroknet eßigsaure basische Wasser nur zwei Bestandteile enthaͤlt, so kann man, ohne zu fuͤrchten einen Irrthum zu begehen, aus einem dieser Elemente auf die Bestandtheile desselben schließen. Aus dem Gesagten geht hervor, daß es drei Verbindungen der Eßigsaure mit dem Kupferoxide gibt, wovon die erste 66,5 Oxid, die zweite 44,44, und die dritte 35,34 enthalten, vorausgesezt, daß sie troken sind. Hr. Phillips, welcher das basische eßigsaure Kupfer ebenfalls analysirteVergleiche polyt. Journal Bd. 5. S. 77 und Bd. 9. S. 480 D., fand es zusammengesezt aus: Saͤure 28,30 Oxid 40,35 Wasser 28,45 Zieht man die Menge des Wassers, welches dieses Salz enthaͤlt, ab, so findet man, daß es in 100 Theilen 60,45 Oxid enthaͤlt, was um 6/100 weniger betraͤgt, als mein Resultat. Wenn diese Analyse genauer ist, als die meinige, was ich andern zu entscheiden uͤberlasse, so wird man doch wenigstens gestehen, daß jene des gemeinen Gruͤnspans, welche uns derselbe Autor gab, es nicht seyn kann, weil sie sich nur durch die Menge des Wassers unterscheidet, welche, ihm zu Folge, beim Gruͤnspane 25,30 und bei dem basischen eßigsauren Salze 28,45 betraͤgt. Man weiß, daß der Gruͤnspan gewoͤhnlich die Haͤlfte seines Gewichtes eßigsaures Salz enthaͤlt, und folglich weniger Oxid enthalten muß, waͤhrend Hr. Phillips um 1/100 mehr darin findet. Das Abwachsen, welchem man den Gruͤnspan unterwerfen muß, um das basische eßigsaure Salz aus demselben auszuziehen, erfordert einige Vorsichtsmaßregeln, welche ich angeben zu muͤssen glaube. Die Operation muß schnell und mit geringen Mengen kalten Wassers auf ein Mahl geschehen, sonst wird das basische eßigsaure Salz ganz oder zum Theile zersezt, was sich durch eine braune Farbe und eine Saͤure zeigt. Wir haben oben gesagt, daß, wenn man eine Aufloͤsung von eßigsaurem Kupfer erhizt, dasselbe eine Zersezung erleidet, welche darin besteht, daß ein Theil seines Oxides niederfaͤllt, und ein saures Salz entsteht; man sieht wohl ein, daß der Gruͤnspan, welcher aus eßigsaurem, und basischem eßigsauren Kupfer besteht, dieselbe Veraͤnderung erleiden muß. Noch merkwuͤrdiger hierbei ist, daß sich der Gruͤnspan freiwillig, und ohne Beihuͤlfe der Waͤrme zersezt. Dann bringt man Einen Theil dieses gemischten Salzes in 500 Theile destillirtes Wasser, und laͤßt dieses bei einer Temperatur von 15–20° stehen, so bemerkt man, daß das Gemenge nach und nach vom Gruͤnlichblauen ins Gelbliche und hierauf ins Braune uͤbergeht, welche immer dunkler und dunkler wird. Nach 7–8 Tagen sind keine gruͤnen Theile mehr zuruͤk, und Alles ist braun. Filtrirt man nun die Fluͤßigkeit, so ist sie etwas blau gefaͤrbt, und der Ruͤkstand auf den Filtrum ist dunkel kastanienbraun, ganz dem Kupfer-Peroxid aͤhnlich, aber ausserst zertheilt. Die Fluͤßigkeit wird durch Kochen Neuerdings truͤbe, und sezt einen zweiten Theil Peroxid von derselben Farbe ab. Nach dem Verluste dieser neuen Menge Oxid ist die Fluͤßigkeit wegen der großen Menge der Aufloͤsmittel, beinahe farblos; sie enthaͤlt jedoch Kupferoxid, denn die blausaure Pottasche faͤrbt dieselbe sehr dunkelbraun, und das Ammonium sehr dunkelblau. Die angegebene Menge Wassers zum Abwaschen des Gruͤnspans ist willkuͤhrlich; die Zersezung des Gruͤnspans erfolgt bei mehr oder weniger dieses Aufloͤsungmittels, leichter jedoch bei einem groͤsseren Verhaͤltnisse desselben. Bei dieser freiwilligen Zersezung sezen 100 Theile Gruͤnspatt 23 Theile Kupfer-Peroxid ab. Obwohl es beinahe gewiß war, daß der Theil des Gruͤnspans, welcher sich zersezt, das basische eßigsaure Salz ist, so war es doch besser, sich durch einen Versuch davon zu uͤberzeugen. Zu diesem Zweke brachten wir Einen Theil, so vollkommen als moͤglich ausgetrokneten Gruͤnspans, in 500 Theile Wasser, und ruͤhrten das Gemenge von Zeit zu Zeit um, wobei wir Folgendes bemerkten; 1.) Das Salz scheint sich auszudehnen und flokig zu werden; 2.) wird es gelblich; 3.) wird es braun, und nimmt dann einen kleineren Raum ein. Diese Wirkungen scheinen uns in den Sonnenstrahlen, wahrscheinlich wegen der durch dieselben erzeugte Waͤrme, viel schneller zu verlaufen. Als uns die Zersezung vollendet schien, filtrirten wir die Fluͤssigkeit durch ein genau gewogenes Filtrum, fanden daß die Substanz, nach dem Auswaschen und nach dem Troknen des Papiers, 46/100 des Gewichtes des angewendeten basischen eßige sauren Salzes betrug, also genau das Doppelte von dem, was wir durch denselben Versuch aus dem Gruͤnspan erhielten. Dieses Resultat beweist, daß der Gruͤnspan, dessen wir uns bedienten, die Haͤlfte seines Gewichtes basisches eßigsaures Salz enthaͤlt. Das durch diese Operation erhaltene Kupferoxid enthielt nur sehr unbedeutende Mengen Saͤure, und nach den Bestandtheilen des basisch-eßigsauren Salzes sehen wir, daß in der Aufloͤsung 20 Theile Oxid mit 33 Theilen Saͤure verbunden bleiben, und daß das Salz, welches sich durch diese Zersezung bildete, ein eßigsaures seyn muß. Da jedoch die Menge des Oxides zur Bildung dieses Salzes nicht hinlaͤnglich ist, so laͤßt sich daraus schließen, daß einige Theile unzersezten basischen eßigsauren Salzes mit dem Oxide uͤbrig geblieben sind. Um uns zu uͤberzeugen, ob sich durch das Kochen aus dem gewoͤhnlichen eßigsauren Salze ein basisches gebildet habe, ließen wir die Fluͤssigkeit einige Augenblike kochen, wobei sie sich auch wirklich truͤbte, und Kupfer-Peroxid absezte; es blieb also kein Zweifel, daß diese Fluͤssigkeit von dem gewoͤhnlichen eßigsauren Salze enthaͤlt. Die Arbeit, deren Resultat ich eben vorlegte, findet auch einige Anwendungen: denn als ich z.B. vor einiger Zeit gefragt wurde, ob man durch einen einfachen Proceß eine Aufloͤsung des Kupfers in brenzliger Holzsaͤure in Gruͤnspan verwandeln koͤnne, machte ich einige Versuche hieruͤber, welche vollkommen gelungen sind, indem ich diese Aufloͤsung des eßigsauren Kupfers nahm, und eine bestimmte Menge Oxidhydrat dieses Metalles, die ich nach der Analyse des Gruͤnspans berechnet hatte, hinzusezte. Das Gemenge hatte die Consistenz eines weichen Breies; ich ließ ihn an der Luft verduͤnsten, und ruͤhrte ihn von Zeit zu Zeit um. Ich bemerkte, daß sich mit dem Fortschritten des Verduͤnstens in dem Breie kleine glaͤnzende seidenartige Kristalle, wie man sie in dem gewoͤhnlichen Gruͤnspan sieht, bildeten. Nach dem vollkommenen Austroknen war er staͤrker und bruͤchiger, als der im Handel vorkommende Gruͤnspan; er enthielt nicht soviel Wasser. Bei der Behandlung mit kaltem Wasser vertheilte er sich ganz, wie der Gruͤnspan, d.h. ein Theil wurde aufgeloͤst, und jener, der es nicht wurde, war ein wahres basisches eßigsaures Salz. Aus dieser Arbeit geht endlich hervor, daß es 3 Verbindungen der Kupferoxide, mit der Eßigsaͤure gibt; naͤmlich, 1.) ein basisches eßigsaures Salz, welches in Wasser unaufloͤslich ist, sich aber in dieser Fluͤssigkeit in der Kaͤlte zersezt, und sich in Peroxid und in ein eßigsaures Salz verwandelt; 2.) ein neutrales eßigsaures Salz, dessen Aufloͤsung sich in der Kaͤlte nicht zersezt, wohl aber mit Huͤlfe des Kochens, wobei es sich In Peroxid, und in ein saures Salz verwandelt; 3.) ein saures eßigsaures Salz, dessen Aufloͤsung sich weder in der Waͤrme noch in der Kaͤlte zersezt, und welches man nur krystallisirt erhalten kann, wenn man es in der Kaͤlte oder in einem hohlen Raum abdampfen laͤßt; 3.) endlich daß der Gruͤnspan nicht wie Hr. Proust sagte, ein bloßes Gemenge von eßigsaurem, und basische eßigsaurem Salze in verschiedenen Verhaͤltnissen ist, sondern daß diese Verhaͤltnisse am oͤftesten gleich sind. –––––––––– Der Vollstaͤndigkeit wegen reihen wir der vorstehenden Analyse des eßigsauren Kupfers von Hr. Vauquelin, die interessante Zusammenstellung der eßigsauren Verbindungen des Kupfers und deren Analysen von Hrn. Berzelius aus dessen Chemie an. Gruͤnspan, kommt im Handel von zweierlei Aussehn vor, entweder ist er hellbraun; er besteht dann aus einer Menge feiner Kristallschuppen und gibt ein schoͤnes hellblaues Pulver, oder er ist gruͤnlich und sieht dann nicht so kristallinisch aus. Der blaue Gruͤnspan ist so zusammengesezt, daß die Saͤure dann 1 1/2 Mahl, und das Kristallwasser 4 Mahl so viel Sauerstoff enthaͤlt, als das Kupferoxid, d.h. 43,34 Kupferoxid, 27,45 Eßigsaͤure und 29,21 Wasser. Umstaͤnde, die ich weiter unten anfuͤhren werde, scheinen zu beweisen, daß ein Salz, worin der Sauerstoff der Saͤure 1 1/2 Mahl der der Basis ist, keine so einfache Verbindung ist, als sie im ersten Augenblik erscheint, und es ist moͤglich, daß der Gruͤnspan eigentlich angesehen werden muͤßte, als eine Verbindung von neutralem eßigsauren Kupferoxid mit Kupferhydrat und Kristallwasser; in diesem Falle ist die Haͤlfte des Kupferoxides als Hydrat im Gruͤnspan enthalten. Mit dieser Ansicht stimmt auch die große Leichtigkeit uͤberein, mit welcher der Gruͤnspan zersezt wird. Wird er bis zu + 60° erhoͤht, so veraͤndert er seine Farbe, verliert Wasser und hinterlaͤßt 65,5 p. C. einer gruͤnen Masse, die eine Mengung von neutralem und einem basischen Salze ist; beide mit Kristallwasser; im leztgenannten ist der Sauerstoff in der Saͤure und im Oxid gleich, und es nimmt 3/4 vom Kupferoxid auf. – Wird Gruͤnspan mit Wasser uͤbergossen, so zerfaͤllt er zu einem losen Teige, das Wasser wird blau gefaͤrbt, und hinterlaͤßt eine Menge kleiner blauer Kristallschuͤppen unaufgeloͤst. Behandelt man Gruͤnspan mit Wasser, so lange noch dieses etwas aufloͤst, so faͤngt endlich das Ungeloͤste an, dunkler zu werden, und wird endlich schwarz. Diese Erscheinung ruͤhrt daher, daß der Gruͤnspak vom Wasser zerlegt wird, welches 0,1 Theil des Kupferoxides davon als neutrales eßigsaures Kupferoxid aufloͤst: und 0,3 Theile als ein im Wasser loͤsliches, basisches, kristallinisches Satz, in welchem die Saͤure doppelt so viel Sauerstoff gegen die Base enthaͤlt, und endlich 0,6 Theile vom Kupferoxid als ein im Wasser unloͤsliches Salz zuruͤklaͤßt, in welchem der Sauerstoff der Saͤure und der Base gleich sind. Daß dieß endlich schwarz wird, ruͤhrt daher, daß ein noch Mehr basisches Salz erzeugt wird, das sogleich entsteht, wenn Gruͤnspan mit Wasser gemischt und gekocht wird. 2.) Loͤsliches, basisches, eßigsaures Kupferoxid. Dieß kann man auf 2 Arten erhalten: a) wenn Gruͤnspan mit Wasser ausgelaugt und die Loͤsung einem freiwilligen Abdunsten uͤberlassen wird, wobei diese Verbindung an den Kanten anfaͤngt als nicht kristallinische blaue Masse zu effloresciren; b) wenn eine concentrirte kochende Aufloͤsung von dem neutralen Salze mit kaustischem Ammoniak in kleinen Mengen gemischt wird, so lange als die Faͤllung, die bei dem Eintroͤpfeln gebildet wird, wieder aufgeloͤst wird. Wird die Fluͤssigkeit abgekuͤhlt, so sezt sich dieß Salz als ein nicht kristalliniches Magma ab, das den Raum der ganzen Fluͤssigkeit einnimmt. Man filtrirt es, preßt es aus und waͤscht es mit Spiritus, in welchem es aufloͤslich ist. Aus der abfiltrirten Fluͤssigkeit erhaͤlt man mehr von diesem Salze, wenn sie mit Alkohol vermischt wird, wodurch dieß Salz als kristallinische Schuppen gefaͤllt wird. Dieses Salz veraͤndert sich unbedeutend bei + 100°; es wird dadurch etwas gruͤner und verliert 10 p. C. am Gewicht. Es ist im Wasser loͤslich, und die Loͤsung sezt, wenn sie erhizt wird, das braune basische Salz ab und wird neutral. – In diesem Salze enthaͤlt sowohl die Saͤure als auch das Wasser doppelt so viel Sauerstoff als das Kupferoxid; aber es verliert gerade davon die Haͤlfte, wenn das Salz bis nahe zu + 100° erhizt wird, wonach die Sauerstoffmengen in Wasser und im Oxid gleich werden. Vor der Erhizung besteht es aus 43,24 Theilen Kupferoxid, 37,14 Theilen Eßigsaͤure und 19,62 Theilen Wasser. Es macht die gruͤneren Arten vom Gruͤnspan aus, und ist dann mit dem folgenden Salze gemengt. Beide Arten von Gruͤnspan enthalten gleiche Mengen von Kupferoxid, aber die gruͤnere Art hat als Farbestoff in der Hinsicht den Vorzug, daß, wenn die blaue Art beim Troknen gruͤn wird und 1/4 von seinem Gewichte verliert, die gruͤne Art noch nicht 10 p. C.; aber gewoͤhnlich immer noch weniger verliert. Die gruͤne Art, als reicher an Eßigsaͤure, ist auch zum chemischen Gebrauch der blauen Art vorzuziehen. 3.) Unloͤsliches, basisches, eßigsaures Kupferoxid wird auf mehrere Arten erhalten; entweder wenn Gruͤnspan mit Wasser ausgezogen wird, oder wenn das neutrale Salz mit kaustischen Ammoniak gefaͤllt, oder mit Kupferoxidhydrat macerirt wird. Mischt man eßigsaures Kupferoxid mit kaustischem Ammoniak in nicht hinreichender Menge, um etwas von dem Gefaͤllten aufzuloͤsen, so erhaͤlt man dieses Salz als eine Faͤllung die indessen dieselbe Verbindung ist. Dieß ist die Bestaͤndigste von den Verbindungen des Kupferoxides mit Eßigsaure. Sie ist so zusammengesezt, daß die Saͤure und das Kupferoxid gleich viel Sauerstoff enthalten, aber das Wasser enthaͤlt nur halb so viel, d.h. das Salz enthaͤlt 64,36 Theile Kupferoxid, 27,6 Theile Eßigsaure und 6,04 Theile Wasser. 4.) Ueberbasisches, eßigsaures Kupferoxid. Dieß erhaͤlt man, wenn das loͤsliche basische Salz, mit Wasser verduͤnnt, erhizt wird; je mehr die Fluͤssigkeit verduͤnnt ist, desto niedriger braucht die Temperatur zu seyn, so daß es schon in einer sehr verduͤnnten Fluͤssigkeit zwischen 20 und 30° gebildet wird. Selbst eine sehr verduͤnnte Aufloͤsung von dem neutralen Salze sezt diese Verbindung ab, wenn sie gekocht wird. So lauge sie in der Fluͤssigkeit ist, sieht sie leberbraun aus, aber auf einem Filtrum gesammelt, ist sie schwarz und schmuzt stark. Wird sie mit Wasser gewaschen, so faͤngt sie an wie eine unklare Fluͤssigkeit das Filtrum zu durchdringen, und ein Theil davon loͤst sich wirklich im Wasser, und bildet, wenn die Aufloͤsung eingetroknet wird, einen klaren, farbenlosen, duͤnnen, firnißartigen Ueberzug. Erhizt verbrennt sie mit einer schwachen Detonation und spruͤht umher. Dieses Salz besteht aus 92,3 p. C. Wasser; d.h. das Kupferoxid enthaͤlt 16 Mahl, und das Wasser 4 Mahl so viel Sauerstoff als die Eßigsaure. – Ure hat bemerkt, daß die basischen Salze des Kupferoxides vom Zuker aufgeloͤst werden. Gruͤnspan braucht 48 Theile Zuker, um vollstaͤndig aufgeloͤst zu werden. Die Loͤsung ist gruͤn und wird selbst nicht von den empfindlichsten Reactionsmitteln zerlegt, wie z.B. vom Ammoniak, Cyan-Eisen-Kalium und Schwefelwasserstoff. Schweinfurthergruͤn. Unter diesem Namen kommt im Handel eine sehr schoͤne gruͤne Farbe vor, die eine Verbindung von arsenichtsaurem und eßigsaurem Kupferoxid ist. Sie wird folgendermaßen bereitet: Man laͤßt 10 Theile Gruͤnspan in einem kupfernen Kessel in so viel wannen Wasser zergehen, als noͤthig ist, um damit einen duͤnnen Brei zu bilden diesen filtrirt man zur Abscheidung von mechanisch eingemischter Unreinigkeit durch ein Sieb. Nachher werden 8 bis 9 Theile fein gepulverte arsenichte Saͤure in einem kupfernen Kessel in 100 Theilen kochenden Wasser aufgeloͤst. Die Aufloͤsung wird, noch kochend heiß, filtrirt und nachher wiederum zum Kochen erhizt. Dann sezt man unter fortwaͤhrendem Kochen den Gruͤnspan in kleinen Mengen nach und nach zu. Man faͤhrt mit dem Kochen fort, bis die Fluͤssigkeit klar und farblos erscheint. Die erhaltene Farbe wird gewaschen und getroknet. (Vergl. auch hieruͤber polyt. Journal Bd. X. S. 451) D.