Titel: Ueber die Aufbewahrung der Eyer.
Fundstelle: Band 14, Jahrgang 1824, Nr. LXXXVI., S. 362
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LXXXVI. Ueber die Aufbewahrung der Eyer. Ueber die Aufbewahrung der Eyer. Herr Cadet machte im Journal d. Pharmacie October 1821. S. 456. die Methode, Eyer aufzubewahren, bekannt, wovon wir hier einen Auszug geben. Er sagt: Daß die Erhaltung der Nahrungsmittel nicht bloß auf Seereisen (in welcher Hinsicht Hr. Appert sehr gluͤkliche Versuche anstellte), nicht bloß bei Verproviantirung der Festungen, sondern auch in oͤkonomischer Hinsicht fuͤr kleinere und groͤßere Haushaltungen hoͤchst wichtig ist, bedarf wohl keiner weiteren Beweise, so wie es auch offenbar ist, daß man die meisten Nahrungsmittel eine unbestimmte Zeit uͤber gut erhalten kann, wenn man dieselben der Einwirkung der Atmosphaͤre und der Feuchtigkeit entzieht. Hr. Galignani bewies in seiner literarischen Zeitung (!6. Sept. 1821), daß Eyer sich dreihundert Jahre lang frisch erhalten lassen. Man fand naͤmlich in einem am Lago maggiore gelegenen Dorfe in der Mauer einer Sacristey, die vor mehr dann dreihundert Jahren aufgefuͤhrt wurde, mitten in derselben drei Eyer eingemauert. Diese Eyer waͤren, als man sie aus der alten Mauer nahm, so frisch, als ob sie erst vor 3 Tagen gelegt worden waͤren. Hr. Dupré de St. Maur fand in der Stadtmauer von Binoges, als dieselbe eingerissen wurde, Kaͤse, der vor mehreren Jahrhunderten daselbst eingemauert wurde, zwar ganz vertroknet, aber so gut erhalten, daß dieser Kaͤse, gerieben, zur Zubereitung verschiedener Speisen benuzt werden konnte, und trefflich schmekte. Bekanntlich brachte man aus Ost- und Westindien Vogel-Eyer mit Wachs uͤberzogen nach Europa, um sie bei uns ausbruͤten zu lassen, und auf diese Weise erhielten wir mehrere auslaͤndische Voͤgel. „Im J. 1820 verlangte ein Victualien-Haͤndler aus der Pariser Halle von dem Polizeipraͤfecte die Erlaubniß, Eyer verlaufen zu duͤrfen, die er in einer Mischung, welche er geheim hielt, bereits ein Jahr lang aufbewahrt hatte. Er hatte bereits mehr dann 30,000 solcher Eyer verkauft, ohne daß sich Klage gegen ihn erhoben haͤtte, als der Hallen- und Markt- Commissaͤr dem Praͤfecte einige dieser Eyer zuschikte, welcher sie dem Gesundheits-Rache (Conseil de salubrité) mittheilte. Der Hr. Praͤfect bemerkte, daß dieser Haͤndler großen Absaz von seinen Eyern nach England habe, wo fast alle Eyerkuchen von franzoͤsischen Huͤhnern waͤren. Der Gesundheits-Rath fand diese Eyer eben so frisch, als ob sie eben erst gelegt worden waͤren. Da nun der Haͤndler sein Verfahren durchaus geheim hielt, und man nicht wissen konnte, wie lang er diese Eyer bereits aufbewahrt hatte, so schlug ich dem Hrn. Praͤfecte vor, Versuche hieruͤber anstellen zu lassen. Ich bemerkte auf der Schale der Eyer eine leichte staubige Deke von kohlensaurem Kalk, und diese Bemerkung fuͤhrte mich auf die Spur.“ „Am 24. November 1820 sperrte ich 6 frische Eyer in ein Glas, welches ich mit Kalkwasser mit uͤberschuͤßigem Kalk gefuͤllt hatte. Am 3. September 1821 beauftragte der Gesundheits-Rath die HHrn. Marc und Pariset, mit mir das Resultat dieses Versuches zu beobachten. Ein Ey, welches zufaͤllig einen Sprung bekommen hatte, ohne ganz gebrochen zu seyn, war voͤllig coagulirt, roth jedoch durchaus nicht uͤbel. Die uͤbrigen Eyer waͤren voll, und hatten ihre Durchscheinenheit behalten. Drei Minuten lang in siedendem Wasser gekocht schmekten sie ganz koͤstlich.“ „Kalkwasser hat also die Eyer durch 9 Monate und 17 Tage vollkommen frisch erhalten, ein Zeitraum, der, fuͤr Haushaltungen, mehr als hinreichend ist, indem die Huͤhner nur durch 6–7 Monate im Jahre weniger Eyer legen. Vergleicht man den Preis der Eyer im Fruͤhjahre mit jenem derselben im Winter, so ist der Gewinn einleuchtend.“ „Man wuͤrde, glaube ich, eben dieses Resultat erhalten, wenn man eine wenig gesaͤttigte Aufloͤsung von Hydrochlorsaurem Kalke anwenden wuͤrde, indem dieselbe seit einiger Zeit zur Aufbewahrung von anatomischen und zoologischen Praͤparaten und Ersparung des kostbaren Weingeistes oder der unbrauchbaren Alaun-Aufloͤsung mit Vortheil angewendet wird.“ „Ich habe auch Eyer in einem Glase in einer schwachen Alaun-Aufloͤsung aufbewahrt. Ich hoffte, daß der geringe Ueberschuß an Saͤure die Oberflaͤche der Eyer angreifen, und die Thonerde zur Verstopfung der Poren darauf niederschlagen wuͤrde. Allein die Wirkung war staͤrker, als ich sie erwartet hatte. Die Eyerschalen wurden durchfressen, und die Saͤure wirkte auf das Eyweiß und auf den Dotter; es trat Zersezung und haͤufige Entwikelung von geschwefeltem Wasserstoffgase ein. Diese Methode ist daher gaͤnzlich zu verwerfen.“ „Hr. Cadet de Baux sagte mir, daß ein Landmann im Thale von Montmorency die Eyer dadurch ein Jahr lang frisch erhielt, daß er sie 20 Secunden lang in siedendes Wasser hielt, und dadurch innenwendig ein Eyweißhaͤutchen bildete, welches sich an die Schale anlegt, und alle Verduͤnstung unmoͤglich macht. Die Eyer werden dann herausgenommen und abgetroknet, und in einem Topfe mit Asche, welche etwas angedruͤkt wird, aufbewahrt. Der Hr. Verfasser hat diese Methode gleichfalls angewendet, allein nach 9 Monaten wurden die darnach behandelten Eyer sehr leicht, auf dem Wasser schwimmend, zwar nicht uͤber riechend, der Dotter aber graugruͤn gefunden, was ihnen ein ekelhaftes Ansehen gab. Er glaubt nicht, daß es noͤthig waͤre, nach einem anderen Mittel als dem Kalkwasser zu suchen, da dieses so treffliche Dienste leistet.“ Wir haben, ehe wir diese Methode mittheilen wollten, zwei Jahre hindurch Versuche damit angestellt, die mit denen, welche in den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen Febr. 1824. S. 28 mitgetheilt werden, fast ganz uͤbereinstimmen; daher diese wohlfeile, uͤberall und von jeder Hauswirthin leicht ausfuͤhrbare Methode allgemein empfohlen zu werden verdient. Es wird daselbst gesagt: „Um den Vorschlag naͤher zu pruͤfen, wurden am 1. Juni 1822 fuͤnfzehn Stuͤk ganz frische Huͤnereyer in einem Zukerglase mit so viel duͤnnen, aus 1 Theil gebrannten Kalk und 8 Theilen Wasser bereiteten Kalbbrei, uͤbergossen, daß die Eier voͤllig damit bedekt waͤren, wozu gegen zwei Berliner Quart des duͤnnen Kalkbreies erfordert wurden. Das mit Papier bedekte und zugebundene Gefaͤß wurde in einem troknen kuͤhlen Keller aufbewahrt. Am 15. August 1823, also nach einem Zeitraume von 14 1/2 Monaten, fand sich alle Feuchtigkeit verdunstet, und die eingelegten Eier mit einer Rinde von Kalk uͤberzogen, auch Alles zu einer zusammenhaͤngenden Masse vereinigt. Durch das Aufgießen von kaltem Wasser ließ der Kalk sich bald erweichen, und einige Eyer, welche herausgenommen und aufgeschlagen wurden, zeigten sich vollkommen frisch, ohne fauligen Geruch und Geschmak, welche eine vorgegangene Verderbniß haͤtte aus deuten koͤnnen, das Weiße sowohl, als auch der Dotter des Eyes schien mehr weich und weniger konsistent, als bei einem ganz frischen Eye, doch blieben beim Ausschlagen beide getrennt, ohne in einander zu fließen. Am 3. October 1823, also nach dem Zeitraume von 16 Monaten, wurden wieder einige Eyer aus der Fluͤßigkeit herausgenommen und noch voͤllig gut befunden. Matt ließ einige davon 4 Tage lang der freien Luft ausgesezt bei einer Temperatur von + 14° Reaum. liegen; nach 5 Tagen waͤren sie saͤmmtlich in Faͤulniß uͤbergegangen. Am 29. December 1823, also nach einem Zeitraume von 18 Monaten, fanden sich von den noch uͤbrigen Eyern einige gut, andere, jedoch die wenigsten, waͤren in Faͤulniß uͤbergegangen. Zwei von diesen Eyern wurden hart gekocht, um zu sehen, ob sie genießbar waͤren. Hierbei zeigte sich Folgendes. Die Eyer waͤren zwar nicht faulig und nicht so verdorben, daß man sie nicht haͤtte genießen koͤnnen, aber sie hatten doch einen unangenehmen, scharfen, alkalischen Geschmak. Der Dotter war weniger fest, als er in frischen Eyern gewoͤhnlich ist, er war sehr blaßgelb gefaͤrbt, nicht mehr mehlig, wie sonst in hart gekochten Eyern, sondern schiefig, wie schlechte Kartoffeln. Die Theilchen des Dotters hiengen nicht mehr innig zusammen, sondern zwischen ihnen waͤren Zwischenraͤume entstanden, etwa in der Art, wie dergleichen Oeffnungen im Fleische zu bemerken sind, das etwas alt geworden ist, bevor es gekocht wird. In der Beschaffenheit, welche diese zwei Eyer zeigten, wuͤrden sie nur ein widriges Gewicht abgeben, und schwerlich anders genossen werden, als wenn es die hoͤchste Noth gebiethet. Gleiche Resultate gaben die in Muͤnchen und anderwaͤrts angestellte Versuche. Um große Quantitaͤten Eyer aufzubewahren ist weiter nichts noͤthig, als daß man Eyer in Faͤßer legt, wozu sich Oehlfaͤßer, die man in der Mitte von einander saͤgt, am besten eignen. Man loͤscht hierauf einen Theil gut gebrannten Kalk mit sechs Theilen Wasser zur Kalkmilch ab, und gießt solche durch ein Draht-Sieb uͤber die Eyer, welche damit ganz uͤbergossen seyn muͤssen. Man stellt die Gefaͤße mit den Eyern in Keller, worin sie sich uͤber ein Jahr lang frisch erhalten. Vor ihrer Verwendung wascht man sie im kaltem Wasser ab. Auch kann man Eyer fuͤr zoologische und oͤkonomische Zweke lange aufbewahren, wenn man sie mit einer diken Aufloͤsung von arabischem Gummi in Wasser uͤberstreicht, und mit gestoßenen Kohlen uͤberschuͤttet. Vor der Verwendung wascht man Gummiuͤberzug mit kaltem Wasserstab.