Titel: | Ueber Citronensäure-Fabrikation und deren verschiedene Anwendung in Gewerben, Fabriken u.s.w. |
Fundstelle: | Band 15, Jahrgang 1824, Nr. XXXI., S. 163 |
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XXXI.
Ueber Citronensäure-Fabrikation und deren
verschiedene Anwendung in Gewerben, Fabriken u.s.w.
Aus dem Dictionnaire technologique B. I. S.
78.
Ueber Citronensäure-Fabrikation und deren verschiedene
Anwendung.
Die Faͤrber und Callicots-Druker haben lange bedauert,
daß ihnen der hohe Preis der Citronensaͤure, ihre Anwendung zu gewissen
empfindlichen Operationen, wobei sie einen großen Vorzug derselben uͤber die
anderen Saͤuren fanden, nicht gestattet. Diese Schwierigkeit verliert sich
immer mehr, und man wird die Hebung derselben noch dem verbesserten chemischen
Verfahren zu verdanken haben.
Diese Saͤure wird, wie schon ihr Name sagt, aus den Citronen gewonnen; man
findet sie auch in mehreren Fruͤchten dieser Gattung, z.B. in den Orangen,
Bisamcitronen, Limonien und vielen anderen, von denen aber keine so viel
enthaͤlt, wie die erstere. Ungluͤklicher Weise ist diese in den
Laͤndern, wo man
ihre Saͤure am noͤthigsten hat, am seltensten. Man ist daher
gezwungen, um sich dieselbe zu verschaffen, den Saft auszupressen und ihn dahin zu
transportiren, wo er einigermassen anwendbar ist, wobei man aber wegen der
Schwierigkeit seiner Erhaltung mit manchen Unannehmlichkeiten zu kaͤmpfen
hat. Die Saͤure ist in demselben so verduͤnnt, und mit verschiedenen
Substanzen vermischt, die ihrer Wirkung nachtheilig seyn koͤnnen, daß man sie
in vielen Faͤllen, wie sie die Natur liefert, nicht anwenden kann. Man suchte
sie anfangs vermittelst Waͤrme zu concentriren; indem man schloß, daß durch
diese Art Kochung sich die Schleimtheile als Schaum absondern wuͤrden; es
zeigte sich aber, daß dieses Product durch die hohe Temperatur verschlechtert wurde.
Im Jahre 1774, schlug Georgius, ein schwedischer
Chemiker, ein Verfahren vor, die Schleimtheile abzusondern, und zugleich die
Saͤure ohne irgend eine Zerstoͤrung zu concentriren. Sein Verfahren
bestund darinnen, den Citronen-Saft in ganz gefuͤllte und gut verstopfte
Bouteillen zu vertheilen, welche lange Zeit in einem Keller umgestuͤrzt
aufbewahrt wurden. Die Schleimtheile sezten sich allmaͤhlig und die
Fluͤßigkeit wurde wasserklar, worauf man ihn wieder filtrirte, und sodann
durch Gefrieren concentrirte, wobei man aber Sorge tragen mußte, daß der
Citronen-Saft nur einer Temperatur von einigen Graden unter Null ausgesezt wurde,
indem er bei einer groͤßeren Kaͤlte ganz gefriert. Auf diese Weise
gelang es Hrn. Georgius den Citronen-Saft auf ein
Acht-Theil seines urspruͤnglichen Volumens zu reduciren, und ihm eine weit
groͤßere Staͤrke zu geben, als er vorher hatte. Spaͤter wandte
Scheele, der sich mit so vielem Erfolge, mit
Erforschung der vegetabilischen Saͤuren beschaͤftigte, deren er schon
eine Menge entdekt hatte, das Verfahren dessen er sich zur Gewinnung der reinen
Saͤure aus dem Weinsteine bediente, auf den Citronen-Saft an. Dieses
Verfahren wurde allgemein angenommen, und gewaͤhrte einen solchen Vortheil,
daß man jezt diese Saͤure rein und kristallisirt zu einem ziemlich
maͤßigen Preis in den Handel liefert, so daß man sie uͤberall, wo ihr
Gebrauch erforderlich ist, anwenden kann. Die Englaͤnder, welche sich durch
ihre Handelsverbindungen den Citronen-Saft eher als wir in so großen
Quantitaͤten, als
sie wollen, verschaffen koͤnnen, beschaͤftigen sich viel mit der
Fabrikation der Citronen-Saͤure im Großen. In den Essais chimique von Samuel Parkes, findet man
viele nuͤzliche Nachrichten uͤber diese Fabrikation, wir wollen aber
nicht zu sehr ins Einzelne eingehen, sondern vielmehr Alles geben was man wesentlich
kennen muß, um ein gelungenes Resultat zu erhalten.
Der frisch gepreßte Citronen-Saft enthaͤlt außer der erwaͤhnten
Saͤure, einen Extractiv-Stoff, der vollkommen aufgeloͤst ist, und viel
Schleim, der ihm nur anhingt und die Fluͤssigkeit truͤbt. Wenn man ihn
in diesem Zustande saͤttigen wollte, so wuͤrde sich aller Schleim mit
dem unaufloͤslichen citronensauren Salze vermischen, und die Reinigung der
Saͤure fast unmoͤglich machen: daher laͤßt man den Saft einige
Zeit stehen, wo er in leichte Gaͤhrung kommt, der Schleim sich absezt und die
Fluͤßigkeit klar wird; sodann gießt man die obere klare Fluͤßigkeit
ab, und filtrirt den Bodensaz. Wenn hingegen der Saft, den man behandeln will, schon
alt ist, und man keine Gewißheit uͤber seine Qualitaͤt hat, so muß man
ihn einigen Versuchen unterziehen, und sich auf Folgendes stuͤzen. Man kann
vermuthen, daß man ihn mit Wasser verduͤnnte, um sein Gewicht zu vermehren,
oder auch wohl fremde Saͤuren zugesezt hat, um ihn staͤrker zu machen.
Im ersteren Falle werden seine Dichtigkeit und Saͤttigungscapacitaͤt
geringer seyn, als wenn er nicht verlaͤngert waͤre. Die specifische
Schwere eines guten Citronen-Saftes variirt von 1,0312 bis 1,0625. Im anderen Falle
kann man sich von seiner Staͤrke uͤberzeugen, wenn man das unter dem
Artikel Saͤure angegebene Verfahren befolgtDieser Artikel befindet sich auf S. 48 desselben Bandes und lautet: Lange
Zeit bediente man sich hierzu der gewoͤhnlichen Arëometer, und
diese werden selbst am haͤufigsten gebraucht; es gibt aber eine Menge
Umstaͤnde, wo dieses Instrument nur unrichtige Resultate liefert,
denn der Arëometer kann nur, und bloß durch Annaͤherung, die
Dichtigkeit der Fluͤßigkeit anzeigen; und erfordert uͤberdieß,
daß diese Dichtigkeit, weiche einzig und alleine von der gegenseitigen
Mischungsfaͤhigkeit des Wassers und der trokenen Saͤure
abhaͤngt, immer im Verhaͤltniß mit der absoluten Menge
Saͤure stehe. Die Erfahrung hat jedoch bei mehreren Faͤllen
das Gegentheil zuverlaͤßig erwiesen; man mußte also nothwendig ein
anderes Verfahren annehmen: folgendes wird allgemein befolgt. Man bestimmt
die Quantitaͤt der reellen Saͤure, indem man genau die Menge
kohlensaurer Soda bemerkt, welche die zu untersuchende Saͤure zu
saͤttigen im Stande ist, und nimmt bei allen Versuchen, die
fuͤr 100 Theile reine kristallisirte und nicht verwitterte Soda
erforderliche Quantitaͤt Schwefelsaͤure zur Richtschnur. Der
hoͤchste Concentrations-Grad der Schwefelsaͤure ist zu
66° angenommen. Wenn man nun weiß, daß 36 Saͤure unter den
angezeigten Bedingungen, 100 kohlensaures Alkali saͤttigen, oder mit
kleineren Quantitaͤten zu arbeiten, daß 9 Theile 25 Theile
saͤttigen, und nach dieser Voraussezung den Grad einer Saͤure
bestimmen will, so nimmt man eines Theils 25 gr. kohlensaure Soda, die man
in etwas warmen Wasser aufloͤst, andern Theils waͤgt man eine
etwas betraͤchtlichere Quantitaͤt Saͤure als zur
Saͤttigung noͤthig vorauszusezen ist, saͤttigt, indem
man unter bestaͤndigem Bewegen nach und nach zusezt, und
faͤhrt damit fort, bis das Lakmuspapier nicht mehr geroͤthet
wird. Hat man diesen Punct erreicht, so bleibt, um den Grad zu bestimmen,
nichts uͤbrig, als einen Vergleich zwischen der zu untersuchenden
Saͤure und der Schwefel-Saͤure anzustellen; hierzu beziehen
wir uns darauf, daß 36 Theile dieser Saͤure 100 Theile kohlensaures
Alkali saͤttigen, und bemerken dabei, daß man alsdann sagt, die
Schwefelsaͤure hat 100°; diese Zahl ist offenbar
willkuͤhrlich und conventionell. Nun bemerken wir, daß man um die
beiden Saͤuren zu vergleichen, mit zwei aͤhnlichen
Quantitaͤten haͤtte arbeiten muͤssen, es ist aber
leicht durch eine einfache Gleichung dazu zu gelangen, so daß wir nach dem
angenommenen Verhaͤltniß haben werden22 : 25 : : 36 : (36 × 25)/36 = 40,99;woraus man sieht, daß 36 Theile der zweiten
Saͤure 40,99 oder fast 41 Theile saͤttigen; man sagt also sie
hat 41°.Man kann auch den Grad auf einen anderen Weg Heftimmen, und den Vergleich
feststellen, indem man aus diesem Verhaͤltniß folgert, daß die Grade
von zwei Saͤuren, im umgekehrten Verhaͤltniß der anzuwendenden
Quantitaͤt stehen, um dasselbe Gewicht kohlensaure Soda zu
saͤttigen, und weil sowohl 9 Theile Schwefelsaͤure als auch 22
Theile der andern Saͤure gerade 25 Theile kohlensaure Soda
saͤttigen; da uͤberdieß angenommen ist, daß 100 der Grad der
Schwefelsaͤure sey, so wird man folgendes Verhaͤltniß
haben22 : 9 : 100 : (9 × 100)/22 = 40,99R. A. a. d. Original, und mehrere vergleichende Versuche mit Citronen-Saft, von dessen
Guͤte man uͤberzeugt ist, anstellt.
Bei der zweiten Voraussezung handelt sichs auch, sich von der Gegenwart fremder
Saͤuren zu uͤberzeugen, wo man bloß die Wahl zwischen
Schwefelsaͤure, Salzsaͤure, Salpetersaͤure, und
Eßigsaͤure haben kann. Die Gegenwart der erstem erkennt man mittelst salpetersaurem Baryt,
und der zweiten durch salpetersaures Silber, weil der schwefelsaure Baryt und das
salzsaure Silber, welche gebildet wurden, selbst in reiner Salpetersaͤure
unaufloͤslich sind. Wenn also der eine oder der andere durch diese
Wechselwirkung entstandene Niederschlag diesem Versuche widersteht, so wird der
Betrug erwiesen seyn. Was die beiden andern Saͤuren anbelangt, so muß man ein
anderes Mittel waͤhlen; man saͤttigt zu diesem Zweke sowohl den zu
untersuchenden, als auch den zum Vergleiche dienenden Saft mit Kreide, und
laͤßt allen citronensauren Kalk absezen. Es ist gewiß, daß, wenn der erstere
Salpetersaͤure oder Eßigsaͤure enthaͤlt, das
aufloͤsliche Kalksalz, welches gebildet wurde, der Mutterlauge einen Grad von
Dichtigkeit ertheilen wird, durch den man bei Vergleichung beider
Fluͤßigkeiten, sich von dem vermutheten Zusaz uͤberzeugen kann.
Angenommen, daß der Citronen-Saft fuͤr gut erkannt wurde, und man ihn nach Scheele's Methode behandeln will, so kann man auf
folgende Weise verfahren. Man schuͤttet zuerst allen Saft in eine Kufe von
weißem Holze und sezt so, dann nach und nach, und so gleichmaͤßig als
moͤglich, Kreide in kleinen Quantitaͤten zu. Man ruͤhrt nach
jedem Zusaz stark unter einander, und laͤßt es, nach beendigter Saturation,
wozu ungefaͤhr der sechzehnte Theil Kreide erforderlich ist, eine
hinlaͤngliche Zeit in Ruhe. Die uͤberstehende Fluͤßigkeit wird
sodann mittelst eines Hebers abgezogen, worauf der Ruͤkstand, naͤmlich
der citronensaure Kalk, mit warmen Wasser unter starkem Umruͤhren
abgewaschen, und dieses so oft wiederholt werden muß, bis das Wasser vollkommen klar
bleibt. Dieser Operationspunct ist von der groͤßten Wichtigkeit, um ein
schoͤnes Product zu erhalten. Wenn der citronensaure Kalk gut
abgespuͤhlt ist, laͤßt man ihn etwas abtropfen, um ihn in der Folge mit
Schwefelsaͤure anzuruͤhren, in dem Verhaͤltniß von 9 Pfd.
concentrirter Saͤure auf 10 Pfund angewandte Kreide; da aber diese
Saͤure in diesem Zustande zu stark seyn, und die Citronensaͤure
zersezen wuͤrde, so verduͤnnt man sie mit 3 bis 4 Theilen Wasser,
bevor man sie uͤber den citronensauren Kalk schuͤttet. Wenn man die
Mischung der Saͤure erst dann vornimmt, wenn man sie anwenden will, so
beguͤnstigt die dabei erzeugte Hize die Einwirkung so sehr, daß es
unnoͤthig ist, die Mischung zu erwaͤrmen, um eine vollkommenere
Zersezung zu bewerkstelligen. Die Schwefelsaͤure darf nur nach und nach, und
theilweise zugesezt werden, wobei man nicht unterlassen darf, ununterbrochen
umzuruͤhren, indem ohne diese Vorsicht, die Theile des citronensauren Kalkes,
die am meisten der directen Beruͤhrung mit der Saͤure ausgesezt sind,
sich zu einer harten Masse vereinigen wuͤrden, die das Eindringen der
Fluͤßigkeit dermaßen verhindern wuͤrde, daß ein großer Theil des
citronensauren Kalkes ganz geschuͤzt waͤre. Wenn diese
Unannehmlichkeit Statt gefunden hat, muß man das Ganze, bevor man wieder
Saͤure zusezt, in etwas Wasser erweichen, und durch ein Sieb laufen lassen,
um den Niederschlag zu vertheilen. Wenn die Operation gut ausgefuͤhrt wurde,
so bemerkt man, daß in dem Verhaͤltniß, als man die lezte Portion
Saͤure zusezt, die Mischung ihren Zusammenhang verliert, und immer mehr
fluͤßig wird. Diese Erscheinung haͤngt sehr wahrscheinlich von der
Cohaesion ab, die der schwefelsaure Kalk annimmt; seine Grundtheile erscheinen
koͤrnig, wie kleine Kristalle, und scheiden sich von der Fluͤßigkeit
ab. So wie alle Saͤure zugesezt ist, laͤßt man die Mischung einige
Stunden stehen, wobei man indeß von Zeit zu Zeit umruͤhrt. Um den Zustand der
Aufloͤsung zu beurtheilen, und zu sehen, ob die Zersezung vollstaͤndig
war, filtrirt man etwas von der uͤberstehenden Fluͤßigkeit, um sie mit
salpetersaurem Baryt zu probiren. Wenn der erzeugte Niederschlag nicht fast
gaͤnzlich aufloͤslich, in reiner und schwacher Salpetersaͤure
ist, so ist noch viel freie Schwefelsaͤure darinnen enthalten, und folglich
war die Zersezung nicht vollstaͤndig. Man unterstuͤzt sodann die
Einwirkung, indem man das Ganze in einen bleiernen Kessel gießt, und leicht
erwaͤrmt; probirt aufs Neue, und wenn sich immer dieselbe Erscheinung zeigt, so hat man
bestimmt eine zu große Menge Saͤure angewendet. Das einzige Mittel dieses gut
zu machen ist, etwas citronensauren Kalk zuzusezen und es wirken zu lassen.
Hat man den Punct erreicht, wo der Niederschlag bei der Probe mit salpetersaurem
Baryt sich fast gaͤnzlich wieder aufloͤst, so laͤßt man die
Mischung in Ruhe, bis sich der schwefelsaure Kalk gut abgesezt hat; gießt sodann die
Fluͤßigkeit ab, filtrirt sie, und wascht den Niederschlag mehrere Mahl aus.
Dieses Auswaschen muß kalt geschehen, um so wenig als moͤglich schwefelsauren
Kalk aufzuloͤsen.
Wenn man einmahl alle Citronensaͤure in der Fluͤßigkeit vereinigt hat,
so braucht man sie bloß noch abzudampfen, um sie kristallisirt zu erhalten. Dieses
Abdampfen kann man in bleiernen, zinnernen oder noch besser, in Steingutschaalen die
ins Wasserbad gesezt sind, verrichten. Dieses leztere Verfahren ist wirtlich etwas
langwierig, aber um desto sicherer. In jedem Falle kann die Concentrirung sehr rasch
von Statten gehen, bis die Fluͤßigkeit ungefaͤhr um 4/5 vermindert
ist, alsdann muß man aber mit Behutsamkeit zu Werke gehen, und hierzu ist wirklich
die Anwendung des Wasserbades nuͤzlich. Das Abdampfen wird fortgesezt, bis
sich auf der Oberflaͤche kleine kristallinische Massen zu bilden anfangen.
sich in hinlaͤnglich großer Menge vereinigen und ein Haͤutchen bilden,
welches sich fast uͤber die ganze Oberflaͤche der Fluͤßigkeit
ausbreitet. Wenn die Concentrirung auf offenem Feuer vorgenommen wurde, und diesen
Grad erreicht hat, so muß man die Schaale schnell abheben, wenn man nicht das Ganze
in wenig Augenbliken verkohlt zu sehen riskiren will. Im entgegengesezten Falle,
kann man die Gefaͤße an ihrer Stelle 3 bis 4 Tage zur Kristallisation in Ruhe
lassen. Es wuͤrde nichts nuͤzen, die von uns angegebene Bestimmung zu
uͤberschreiten, denn man wuͤrde nicht mehr Kristalle erhalten. Es
trifft sich haͤufig, daß, die Kristallisation durch die Gegenwart einer
gewissen Quantitaͤt Kalkes, der von der Citronensaͤure selbst
aufgeloͤst zuruͤkgehalten ist, gehemmt wird, wobei auch die Praktiker
im Allgemeinen empfehlen, gegen das Ende der Abdampfung eine kleine Portion
verduͤnnte Schwefelsaͤure zuzusezen um die Ausscheidung zu
beguͤnstigen. Zuweilen ist man selbst gezwungen diesen Zusaz wegzulassen, indem
man jedesmahl zu besorgen hat, daß die Abdampfung, durch die Zeit, welche man dem
schwefelsauren Kalk zum Absezen lassen muß, um einige Zeit verzoͤgert wird.
Wenn die Schwefelsaͤure zufaͤllig etwas vorwaltete, so wuͤrde
es von keiner großen Bedeutung seyn, denn die Kristallisation wuͤrde nur um
so besser von Statten gehen. Die Flaͤchen dieser Rhomboëder sind unter
sich unter Winkeln von ungefaͤhr 60 und 120° bestimmt, und die
aͤußersten Enden bestehen aus vier tapezaͤhnlichen Flaͤchen,
welche die aͤchten Winkel umgeben. Zuweilen aber sehr selten erhaͤlt
man nadelfoͤrmige Kristallisationen, wo eine neue Aufloͤsung
hinreicht, sie in ihre gewoͤhnliche Form zuruͤkzubringen.
Um die Saͤure vollkommen weiß zu erhalten, muß man sie wiederholt mehrere Mahl
kristallisiren, und jedesmahl die Kristalle in der moͤglichst geringen
Qualitaͤt Wasser aufloͤsen, die Aufloͤsungen absezen lassen,
oder sie vor dem Abdampfen filtriren. Wenn die Mutterlaugen erschoͤpft sind,
und nicht mehr kristallisiren wollen, muß man sie mit Wasser verduͤnnen, mit
Kreide saͤttigen, den niedergeschlagenen citronensauren Kalk auswaschen, und
eben so verfahren, als wenn man aufs Neue Citronen-Saft behandelte. Nach Aikin
versichert man, daß, wenn man den concentrirten Aufloͤsungen etwas Alkohol
zusezt, die Kristallisation um vieles befoͤrdert wird.
Von 160 Pfund gutem Citronen-Saft, erhaͤlt man 18 Pfund citronensauren Kalk,
und von diesem 10 Pfund weiße Citronen-Saͤure.
Zu bemerken ist, daß, der schon lange ausgepreßte Citronen-Saft, weniger Kreide zur
Saͤttigung erfordert, und daß eine ziemliche Portion dieser Kreide, oder
wenigstens des Kalkes, der ihre Basis ist, als apfelsaurer oder citronensaurer Kalk
zuruͤkbleibtDieses hat die Endlaͤnder veranlaßt in Sizilien Etablissements zu
gruͤnden, in denen der frische Saft der Citronen mit Kalk
gesaͤttigt und von da aus der trokene citronensaure Kalk nach England
gesendet wird, von dem man dort die Citronen-Saͤure ohne Verlust an
Saͤure ausscheidet. D.. In diesem Falle wuͤrde man unrecht thun, die Schwefelsaͤure nach dem
Verhaͤltnisse der zur Saͤttigung verbrauchten Kreide, zuzusezen. Es
wuͤrde vielmehr genauer seyn, um zu vermeiden allen citronensauren Kalk
troknen zu muͤssen, einige Gramme davon zu nehmen, sie stark in einen kleinen
offenen Tiegel zu gluͤhen, den Ruͤkstand zu waͤgen, um die
erhaltene Quantitaͤt Kalk zu finden, und darnach das Verhaͤltniß der
noͤthigen Schwefelsaure fuͤr das Ganze zu bestimmen. Wir glauben nicht
noͤthig zu haben, dem theoretischen Theil der Citronensaͤure-Bereitung
Aufmerksamkeit schenken zu muͤssen, denn sie ist so einfach, daß sie keiner
Erklaͤrung bedarf. Indem man den Citronen-Saft mit Kreide saͤttigt,
erzeugt man unaufloͤslichen citronensauren Kalk; dieser mit
Schwefelsaͤure behandelt, tritt ihm seine Basis ab; der schwefelsaure Kalk,
der daraus entsteht, ist unaufloͤslich, so daß, die frei gewordene
Citronensaͤure in dem Wasser aufgeloͤst bleibt, welches durch
Waͤrme abgedampft, kristallisirte Saͤure gibt.
Zuweilen mischen Betruͤger Weinsteinsaͤure unter die krisstallisirte
Citronensaͤure: dieser Betrug ist nicht immer leicht zu erkennen, indessen
kommt man mit etwas Geduld damit ins Reine. Die Kristalle der Weinsteinsaͤure
sind mehr verlaͤngert, die andern sind mehr abgerundet; man kann sie daher
aussuchen. Man macht von den verdaͤchtig scheinenden eine etwas concentrirte
Aufloͤsung, sezt Pottasche hinzu, jedoch nicht so viel als ihre
Saͤttigung erfordert. Wenn es wirklich Weinsteinsaͤure ist, so sieht
man augenbliklich Kristalle von Weinstein niederfallen.
Unter den zahlreichen Anwendungen, zu denen die Citronen-Saͤure bestimmt ist,
gibt es mehrere, welche weder erfordern, daß sie vollkommen rein, noch kristallisirt
sey; es ist hinreichend sie in etwas concentrirter Aufloͤsung zu haben, und
alsdann kommt sie wohlfeiler zu stehen. Viele Cottondrukfabrikanten bereiten sie
selbst, und lassen sie nicht kristallisiren.
In der haͤuslichen Oekonomie bedient man sich haͤufig des
Citronen-Saftes um die Speisen schmakhaft zu machen, weil das Arom, welches er
enthaͤlt, ihn angenehmer macht als jede andere Saͤure. Wenn er
gereinigt ist, besizt er diesen Vorzug nicht mehr; sein angenehmer Geruch ist ganz
verschwunden und seine
Saͤure, die nicht mehr durch den Schleim der Frucht gemildert ist, wurde
dadurch zu herbe fuͤr unsere Organe.
Man bedient sich indessen derselben zur Bereitung der sogenannten trokenen Limonade,
womit sich im Allgemeinen Reisende gerne versehen. Dieses Pulver wird bereitet,
indem man sehr genau eine halbe Unze kristallisirte Citronensaͤure, und 1
Pfund Zuker, den man durch ein seidenes Sieb laufen ließ, vermischt; wuͤrzt
das Ganze mit 5 bis 6 Tropfen Citronenoͤhl, die man auf ein Stuͤk
Zuker bringt, den man sodann fein reibt, bevor man ihn dem Uebrigen beimischt, und
bewahrt das Pulver in sehr trokenen und gut verschlossenen Glaͤsern auf.
Die Citronensaͤure besizt, wie die Sauerkleesaͤure, die Eigenschaft,
auf Zeuge gebrachte Rostfleken leicht auszuziehen; daher sich auch die Kleiderpuzer
ihrer zuweilen bedienen.
In der Faͤrbekunst wendet man sie am haͤufigsten an, denn sie ist die
einzige Saͤure, die man mit Vortheil zur Belebung der Saflorfarben anwenden
kann. Man scheint sich ihrer auch zur Bereitung einer Zinnaufloͤsung zu
bedienen, welche mit Kochenille viel schoͤnere Charlache hervorbringt, als
die gewoͤhnliche Zinnausloͤsung, hauptsaͤchlich fuͤr
Seidenwaaren und Safian.
Als Gegenstand des Bleichens besizt die Citronensaͤure die Eigenschaft, das
Talg zu bleichen und hart zu machen, was jedoch fast eben so die
Weinsteinsaͤure leistet. R.