Titel: Untersuchungen über Anwendung des hydraulischen Mörtels statt des Gypses zum Modelliren; von Hrn. Vicat, Ingenieur des ponts et chaussées.
Fundstelle: Band 15, Jahrgang 1824, Nr. XXXV., S. 186
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XXXV. Untersuchungen über Anwendung des hydraulischen Mörtels statt des Gypses zum Modelliren; von Hrn. Vicat, Ingenieur des ponts et chaussées. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement pour l'Industrie national. N. 249. S. 132.Der Verfasser dieser Abhandlung erhielt die große goldene Medaille fuͤr seine Arbeiten uͤber die Moͤrtel-Arten, welche der Luft eben so gut, wie Stein zu widerstehen vermoͤgen. Siehe Bulletin October 1823. S. 284. A. d. O. Vicat's Anwendung des hydraulischen Mörtels statt des Gipses zum Modelliren. Die von der Société d'Encouragement vorgelegte Frage zerfaͤllt in zwei Abtheilungen, wovon die erste Alles umfaßt, was auf Erzeugung und Eigenschaft des Materiales Bezug hat, die zweite Alles in sich begreift, was die Anwendung desselben, d.h., die Modellirung betrifft. Wir wollen uns alsogleich mir der ersteren beschaͤftigen. 1. Abtheilung. Bereitung des Moͤrtels. Erfahrungen, die wir bisher allein gemacht haben, haben uns seit langer Zeit erwiesen, daß die gewoͤhnlich sogenannten fetten Kalkarten, deren Feinheit und Weiße so verfuͤhrerisch ist, auf nassem Wege keine chemische Wirkung auf die Kieselerde, so wie die Natur dieselbe in dem Quarze oder uͤberhaupt in den harten Steinarten, deren Basis sie bildet, darbiethet, zu aͤußern vermoͤgen. Auf der anderen Seite hingegen vereinigte sich alles, um uns annehmen zu machen, daß, im Gegentheile, ein minder aͤzender Kalk, insofern er zum Theile schon durch die Gegenwart mehrerer fremdartiger Oxide neutralisirt ist, die Eigenschaft besizt, den zertheilten Quarz, oder den gewoͤhnlichen Sand anzugreifen, und in innige Verbindung mit demselben zu treten. Neuere Erfahrungen haben uns noch immer mehr und mehr in dieser lezten Ansicht bestaͤtigt, und hinsichtlich auf die fetten Kalke koͤnnen wir unsere alten Erfahrungen heute zu Tage auch noch mit dem Zeugnisse des Hrn. John zu Berlin unterstuͤzen. Dieser gelehrte Chemiker konnte nie, selbst mit den empfindlichsten Wagen, auch nur eine Spur von Gewichts-Verlust an mehreren Bergkristall-Stuͤken wahrnehmen, die er eine lange Zeit uͤber in siedender reiner Kalkmilch macerirte. Man muß also zu den hydraulischen Kalkarten seine Zuflucht nehmen; denn es ist gegenwaͤrtig gewiß, daß der Kalksand sich gegen jene Kalkarten wenigstens eben so gut benimmt, als der Quarzsand. Die erste Frage, mit welcher wir uns beschaͤftigen, betrifft die Verhaͤltnisse. Um die relativen Mengen Kalkes und Sandes, die den haͤrtesten Moͤrtel geben, zu finden, haben wir eine und dieselbe Menge Teiges oder hydraulischen Kalkhydrates in zwanzig gleiche Raumtheile getheilt, und jedem dieser Theile sehr reinen Quarzsand in dem Verhaͤltnisse zugesezt, daß N. 1 100 Raumtheile Kalk auf 50 Theile Sand enthielt; N. 2 60 Theile Sand auf dieselbe Menge Kalkes; N. 3 70 Theile Sandes u.s.f. bis auf N. 20, welches folglich 240 Theile Sandes erhalten mußte. Auf diesem Puncte ward der Moͤrtel bereits so mager, daß er kaum mehr gebunden werden konnte. Diese zwanzig Nummern wurden jedes in zwei vierseitige Prismen oder Ziegel getheilt, so daß wir eine Doppelreihe von vierzig Stuͤken erhielten. Wir verschafften uns ferner hartkoͤrnigen Kalksand, dem wir dadurch dieselbe Feinheit, die der Quarzsand besaß, er theilten, daß wir ihn durch dasselbe Sieb laufen ließen. Wir nahmen die Verhaͤltnisse von N. 6 und 11 der vorigen Reihe, und erhielten zwei neue Ziegel in Doppelzahl, so daß wir den Einfluß der beiden Sandarten vergleichen konnten. Wir wollten ferner die Veraͤnderung kennen lernen, welche die Menge des zugesezten Wassers in dem Widerstaͤnde des Moͤrtels hervorzubringen vermag, und bildeten, in den Verhaͤltnissen von N. 11, zwei neue Ziegel in Doppelzahl, wovon der eine aus weichem Teige, der andere aus einem beinahe fluͤßigen Breie verfertigt wurde. Der welche Teig zeigte einen solchen Grad von Consistenz, daß, mit der Kelle herausgenommen, er einsaß und uͤber sich selbst zuruͤkfiel, ohne jemahls eine Pyramide bilden zu koͤnnen; der Brei in irgend einen Model gegossen, verbreitete sich in demselben und fuͤllte alle Hoͤhlungen desselben aus. Alle diese Moͤrtel wurden im J. 1821 Anfangs Septembers verfertigt. Die Haͤlfte derselben wurde auf einem Dache allen nachtheiligen Einfluͤssen der Witterung ausgesezt; die andere brachte man 30 Centimeter tief unter leichte Erde. Unter N. 0 sezte man zwei Kalk-Prismen ohne Sand aus demselben Hydrate, welches die erste Reihe bildete, derselben Probe aus. Im November 1822 bemaß man die Staͤrke dieser Muster auf das genaueste mittelst einer Maschine, welche dieselben zerbrach. Die Resultate wurden in den anliegenden Tabellen N. 1, 2, 3, verzeichnet, aus welchen wir, hinsichtlich auf das Alter des Moͤrtels bei seinem Bruche, folgende Resultate ziehen: 1. In den Mischungen aus hydraulischem Kalk und Quarz-Sande, welche allen nachtheiligen Einfluͤssen der Luft ausgesezt waren, und die wir deßhalb luftgepruͤft (aëroseléres) nannten, zeigt sich die Verwandschaft des Sandes zu dem Kalke durch eine Zunahme an Dichtigkeit, welche mit der zunehmenden Menge des Sandes von 100 Theilen Kalk und 0 Theilen Sand bis zu 100 Theilen Kalk und 100 Theilen Sand zunimmt. Der Widerstand dieser Nummern, im Maximum und Minimum, ist, in ganzen Zahlen, wie 1950 und 7728, oder ungefaͤhr wie 1 und 4. 2. Bei den Mischungen des hydraulischen Kalkes und Quarzsandes, die unmittelbar nach ihrer Verfertigung unter frische Erde vergraben wurden, und die ich daher erdgepruͤfte (géoseléres) nannte, zeigt sich auch noch Verwandschaft des Sandes zu dem Kalke; es scheint aber, daß unter diesen Umstaͤnden der Quarz nicht fester mit dem Kalke zusammenhaͤngt, als die Kalktheilchen unter sich selbst, indem die Zunahme an Dichtigkeit nur auf den ersten Stufen der Leiter Statt hat, und bei der lezten Untersuchung die Widerstaͤnde im Maximum und Minimum sich verhielten, wie die Zahlen 4377 und 5545, oder wie 1 und 1,30 ungefaͤhr. 3. Die Mischungen aus hydraulischem Kalke und Kalksande verhielten sich, wie man aus den in Tabelle N. 2 aufgezeichneten Erfahrungen schließen kann, eben so wie die vorhergehenden Mischungen. Es scheint jedoch, daß die Verwandtschaft des Kalkes zu dieser Art von Sand deutlicher sich ausspricht als zu jenem Sande, dessen Basis der Quarz ist. 4. Die luftgepruͤften Moͤrtel aus hydraulischem Kalke biethen beinahe denselben Widerstand dar, man mag sie weich oder beinahe fluͤßig anmachen. In einem Falle, wie in dem anderen, verlieren sie aber beinahe vier Zehntel der Kraft, die sie erhalten haͤtten, wenn man dem Teige eine feste Consistenz gegeben haben wuͤrde, indem die Widerstaͤnde sich verhalten wie die Zahlen 4256 und 7009. 5. Die erdgepruͤften Moͤrtel duͤrfen weder zu hart, noch zu fluͤßig angemacht werden: mittlere Consistenz schikt sich am besten fuͤr dieselben; indessen wuͤrde zuviel Wasser noch nachtheiliger fuͤr sie seyn, als der entgegengesezte Fehler: denn von dem Grade weich, der das Maximum an Widerstand gewaͤhrt, bis zu dem Grade beinahe fluͤßig, der mit dem Minimum correspondirt, verlieren sie beinahe ein Fuͤnftel ihrer Staͤrke. Die Erfahrungen, welche zu diesen Schluͤssen fuͤhrten, wurden mit der groͤßten Genauigkeit gemacht, und alles, was Abweichungen haͤtte veranlassen koͤnnen, wurde sorgfaͤltig beseitigt: man kann sich also gaͤnzlich auf dieselben verlassen. Sie scheinen nicht bloß in Hinsicht auf den Gegenstand, den wir hier behandeln, alle Aufmerksamkeit zu verdienen, sondern auch in Hinsicht auf die Theorie der Kalkmoͤrtel uͤberhaupt. Es erhellt hieraus offenbar, daß das Erhaͤrten dieser Moͤrtel oder Kitte durch das Mittel, in welches dieselben gebracht werden, einen ganz eigenen Einfluß erleidet, indem die luftgepruͤften, erdgepruͤften und wassergepruͤftenWir sprechen hier von wassergepruͤften Moͤrtelarten, obschon in den Tabellen von diesen nicht die Rede ist; wir sind aber hierzu durch eine Menge anderer nicht hierher gehoͤriger Erfahrungen berechtigt.A. d. O. Moͤrtel nicht denselben Grad von Haͤrte erlangen, obschon sie aus denselben Bestandtheilen bestehen, und ganz andere Verhaͤltnisse von Kalk, Sand und Wasser erfordern, um, jeder in seiner Lage; das Maximum, dessen er faͤhig ist, zu erhalten. Man darf sie selbst, wenn es anders erlaubt ist; sich so ausbruͤten, in den ersten Jahren nicht versezen (dépayser), wenn ihre Guͤte nicht dadurch veraͤndert werden soll. So wird z.B. ein wassergepruͤfter Moͤrtel, wenn er zwei Jahre alt geworden ist, allen Zusammenhang verlieren, und staubig werden wenn man ihn aus dem Wasser nimmt, und ploͤzlich der trokenen Luft aussezt. Der erdgepruͤfte Moͤrtel scheint obschon sehr wenig, auszuwittern, wenn er dem Einfluße der Luft ausgesezt wird; er verliert uͤbrigens nichts an Haͤrter und widersteht dem Wasser sehr gut, so wie der an der Luft gepruͤfte Moͤrtel. Der Schluß, den wir aus den beiliegenden Tabellen gezogen haben, daß naͤmlich der hydraulische Kalk an dem Quarze oder an den Bruchstuͤken des Kalksteines innig anhaͤngt, geht, wie man sieht, eigentlich nicht aus einer chemischen Erfahrung hervor. Er gruͤndet sich auf den Grundsaz, daß jeder Teig oder jedes Sahlband (gangue), welches bei seinem Erhaͤrten fremde Koͤrper einschließt, an welche es sich bloß durch Nebenlagerung (juxta position) anheftet, der Kraft, welche dasselbe zu zerbrechen strebt, desto weniger widerstrebt, als diese Koͤrper in groͤßerer Menge in demselben vorhanden sind (Gips und Thon mit Schutt und Sand gemengt, sind ein merkwuͤrdiges Beispiel dieser Wahrheit). Nun biethen aber unsere Moͤrtel ganz entgegengesezte Resultate dar; d.h., das Sahlband allein (la gangue seule) oder das Kalkhydrat gibt immer nur das Minimum von Widerstand. Unser Schluß scheint demnach wohlgegruͤndet. Indessen kommt hier eine scheinbar im Widerspruch stehende Thatsache dazwischen, die wir um so mehr erlaͤutern muͤssen, als sie unserem Gegenstande sehr nahe ließt: sie ist folgende: Wir haben seit langer Zeit schon wahrgenommen daß, vom kleinen Schutte (menu gravier) angefangen, der drei bis vier Millimeter im mittleren Durchmesser hat, die Haͤrte des Moͤrtels in dem Verhaͤltnisse zunimmt, als die Groͤße der Sandkoͤrner abnimmt: allein, was zum Erstaunen ist, dieses Fortschreiten der Haͤrte hoͤrt mit einem Mahle auf, wenn die Groͤße der Koͤrner eine bestimmte Graͤnze erreicht hat, die wir beinahe auf 0,0007 Meter schaͤzen100 Koͤrner in einer und derselben Linie, so daß sie sich beruͤhren, nahmen eine Laͤnge von 70 Millimeter ein. A. d. O.: indessen heißt es in der Chemie, wenn zwei Koͤrper gegen einander in Verwandtschaft stehen, so vereinigen sie sich desto staͤrker, je besser beide zertheilt sind. Wir haben lange gesucht diese sonderbare Anomalie zu erklaͤren, und wahrscheinlich werden wir bald dahin gelangen; indessen koͤnnen wir versicheren, daß sie beinahe ganz verschwindet, und daß das Gesez der Staͤtigkeit, wenigstens in Hinsicht auf sehr feinen Kalkstaub, seinen Lauf fortsezt, wenn man den Moͤrtel einer sehr muͤhsamen Verfeinerung (Massivation) unterzieht, und denselben massiv macht. Die Resultate uͤbertreffen dann Alles, was man bisher im Fache der Kalkmoͤrtel oder Kitte Merkwuͤrdiges kannte, und bestaͤtigen vollkommen, was Vitruv uns von dem griechischen Anwurfe (enduit à la grecque) erzaͤhlt, den man von dem alten Mauerwerks herabgeschlagen hat, um Tische aus demselben zu verfertigen. Wir muͤssen also heute zu Tage, außer dem Quarz-Moͤrtel mit hydraulischem Kalke, wovon wir der Société im J. 1821 Muster eingeschikt haben, 1tens, den Moͤrtel mit Kalksand, 2tens, den Moͤrtel mit hoͤchst feinem, Kalkstaube darstellen. Dieser leztere naͤhert sich, sowohl seinem Korne als seiner Farbe nach, weit mehr als die beiden ersteren dem natuͤrlichen Steine, und schiene daher den Vorzug zu verdienen/ wenn er uͤbrigens gegen die zerstoͤrenden Einfluͤße der Witterung eben so sicher gestellt werden koͤnnte, was wir jezt untersuchen wollen. In einem Theile Frankreichs sind die Winter nur wenig streng und man kann sich uͤber die Guͤte der natuͤrlichen und kuͤnstlichen Steine, die man der Einwirkung der Kaͤlte aussezt, leicht taͤuschen; man kann indessen, waͤhrend des Verlaufes eines Winters, die Zerstoͤrungs-Zufaͤlle vervielfaͤltigen, und in dem kurzen Verlaufe zweier Monate die ganze Wirkung hervorbringen, die man von mehrjaͤhrigen Proben erwarten kann. Wenn man die Art und Weise, wie das gefrorne Wasser auf die Koͤper wirkt, welche es zerstoͤrt, genau beobachtet, so wird man finden, daß es, nachdem es durch seine ausdehnende Kraft die Theilchen hob oder von einander entfernte, dieselben doch noch immer bis zum ersten Aufthauen an einander gebunden haͤlt. Nur bei dem ersten Aufthauen hat Trennung Statt. Man darf also die Wahrscheinlichkeiten der Zerstoͤrung weit weniger nach der Staͤrke und Dauer des Winters als nach der Anzahl der Froͤste und des Aufthauens, insofern beide schnell und oft auf einander folgen, berechnen. Von dieser Beobachtung ausgehend, kann man eben so oft anschauen lassen, als es friert, wenn man jeden Abend das Muster mit siedendem Wasser begießt, um das Eis, mit welchem es bedekt ist, zu schmelzen, und die abgeloͤsten und losgewordenen Stuͤke, wenn solche vorhanden waͤren, wegschaffen zu koͤnnen. Auf diese Weise verfuhren wir stets mit allen den vielen Bruchstuͤken von Moͤrtel aller Art, die wir unserem Studium unterzogen. Unsere Resultate sind die Frucht von Beobachtungen, welche wir zehn Winter nach einander angestellt haben, und unter diesen ist auch der Winter vom Jahre 1819 auf 1820, wo das hundertgradige Thermometer nach Gay-Lussac's Eintheilung – 12° zeigte. Folgendes ist das Wesentliche dieser Resultate: 1. Alle Kalkmoͤrtel oder Kitte aus Kalk und Sand widerstehet im Allgemeinen den Wintern in unserem Klimate, wenn sie anders einen gewissen Grad von Festigkeit erreicht haben. 2. Die luftgepruͤften Moͤrtel aus hydraulischen Kalk und Quarz, oder Kalk-Sande ertragen, wenn sie im Maͤrz oder April erzeugt wurden, den naͤchstfolgenden Winter ohne allen Zufall, und leisten in dem Verhaͤltnisse Widerstand, als die Menge Sandes, die sie enthalten, groß ist, d.h., die magersten Moͤrtel werden zulezt zerstoͤrt, wenn sie ja zerstoͤrt werden sollen. 3. Die luftgepruͤften Moͤrtel aus gemeinem Kalke und Quarz- oder Kalk-Sande widerstehen, wenn sie im Maͤrz oder April verfertigt wurden, nicht immer dem Froste des naͤchstfolgenden Winters: die fettesten blaͤttern sich ab und die maͤgersten halten sich, und dieß innerhalb gewisser Graͤnzen, welche von der Art abhaͤngen, wie der Kalk geloͤscht wurde. Nach 5 bis 6 Jahren ist aber die Gefahr voruͤber, und alle widerstehen sehr gut. 4. Was die sehr feinen, massiven Moͤrtel aus Hydraulischem Kalke und sehr feinem unmerklichen Kalkstaube betrifft, so haben wir hieruͤber nur Erfahrungen von dem Jahre 1822 und 1823. Mit warmem Wasser alle Abende gewaschen und den Nacht- und Morgenfroͤsten ausgesezt, hat das Muster N°. A'' ohne allen Zufall diese Probe Mehr dann 30 Mahl ausgehalten. Die Kaͤlte wechselte in dieser Zwischenzeit zwischen – 4° und – 9° am hundertgradigen Thermometer. Waͤhrend wir mit diesen Untersuchungen beschaͤftigt waren, versuchte Hr. Brard, Direktor der Steinkohlengruben zu Lardin, Departement de Dordogne, die Steine, welche durch den Frost leiden (pierres gelives) von den anderen, welche demselben zu widerstehen vermoͤgen, dadurch zu unterscheiden, daß er statt der Ausdehnungskraft des gefrornen Wassers die Kraft eines leicht kristallisirbaren Salzes der schwefelsauren Soda, anwendeteVergl. hieruͤber Hrn. Héricart de Thury's Bericht in der Beilage zum Februar-Hefte des Bulletin. A. d. O. Vergl. polytechn. Journal B. XIV. S. 267. A. d. Ueb.. Wir hatten kaum Kenntniß von dieser gluͤklichen Idee erhalten, als wir eilten dieselbe auf unsere Moͤrtel anzuwenden. Wir ließen demnach, nach Hrn. Brard's Angabe, 50 Muster eine halbe Stuͤnde lang in einer gesaͤttigten Aufloͤsung von schwefelsaurer Soda kochen, und sezten sie hierauf einer warmen Luft von 25–30° am hundertgraͤdigen Thermometer aus. Nachdem wir sie taͤglich in kaltem Wasser wuͤschen; und auf diese Art von alten salzigen Auswitterungen, die sie uͤberzogen, nach und nach befreit hatten, zeigten diese Muster gar bald Spuren von Verderbniß, und zwar in folgender Ordnung: die Moͤrtel aus gemeinem Kalke am ersten und zweiten Tage; die Moͤrtel aus hydraulischem Kalke mit wenig Sand, am dritten und vierten; die mageren am vierten und fuͤnften. Dieser erste Versuch hat uns bewiesen, daß dieses Soda-Salz weit maͤchtiger wirkt, als das kristallisirte Wasser. Wir wollten die Versuche mit Aufloͤsungen von verschiedener Staͤrke neuerdings beginnen, wurden aber durch einen Zufall davon abgehalten. Als wir aus dem Absuͤßwasser das waͤhrend der Versuche aufgeloͤste Salz wieder gewinnen wollten, wurden wir gewahr, daß die Form der Kristalle nicht mehr dieselbe war. Statt der Prismen mit 6 Lingenflaͤchen, welche die schwefelsaure Soda kristallisiren, erhielten wir nur abgeplattete Kristalle von einem ganz anderen Baue: es blieb also kein Zweifel mehr uͤbrig, daß die alkalische Lauge den Kalk des Moͤrtels angegriffen hat. Wir konnten daher das Verfahren des Hrn. Brard nicht weiter mehr anwenden, obschon wir es dort empfehlen, wo es sich um Vergleichung der Eigenschaften der Kalkmoͤrtel oder Kitte handelt. In diesem Falle wird es die Reihenfolge, in welcher diese zusammengesezten Koͤrper dem Froste zu widerstehen vermoͤgen, vollkommen genau anzeigen, zumahl wenn man die Wirkungen der Kristallisation dadurch maͤßige, daß man die zu untersuchenden Koͤrper in eine nicht gesaͤttigte Aufloͤsung taucht. Wahrscheinlich wird man eines Tages den Grad der Saͤttigung kennen lernen, der sich fuͤr diese Aufloͤsung am besten schikt, um die Kraft des gefrornen Wassers bei diesem oder jenem Grade am Thermometer mit Genauigkeit auszubruͤten: schwerlich wird man aber diese Erfahrung anderswo, als im Norden, machen koͤnnen. Man kann einstweilen im Allgemeinen den Saz aufstellen daß Koͤrper von steinartiger Natur, die dem Froste in unserem Klimate sehr gut widerstehen, nicht ohne Ausnahme auch nur zwei Tage lang der entbindenden (désagrégeante) Wirkung der schwefelsauren Soda Widerstand zu leisten vermoͤgen, und daß im Gegentheile alle diejenigen, die diese Wirkung 5–6 Tage lang sehr gut vertragen, der Einwirkung der Froste vollkommen sicher widerstehen koͤnnenMan muß nicht vergessen, daß wir unsere Muster in eine in der Waͤrme gesaͤttigte Aufloͤsung eintauchten. Wir kennen die relativen Mengen Salzes und Wassers, die Hr. Brard anwendete, nicht; es ist indessen gewiß, daß seine Lauge viel schwacher war, als die unsrige, indem er, bei aͤhnlichen Stuͤken, 6–7 Tage brauchte, um dieselben Resultate zu bekommen, die wir nach zwei bis drei Tagen erhalten haben. A. d. O.. Unter den sehr vielen Mustern von Moͤrtel, die wir der Pruͤfung unterzogen haben, fand sich eines, welches sich auf eine zu merkwuͤrdige Weise benahm, als daß wir dasselbe hier mit Stillschweigen hatten uͤbergehen koͤnnen. Waͤhrend naͤmlich vortreffliche hydraulische Moͤrtel und Kalksteine von anerkannter Guͤte Stuͤkchen fahren ließen, und kleine Risse auf ihren Kanten schon am 4ten und 5ten Tage zeigten, hielt das Muster, um welches es sich hier handelt, bis zum siebzehnten Tage aus, und blieb unversehrt. So eine Erfahrung war es der Muͤhe werth wieder neuerdings zu wiederholen, und sie gelang mit demselben Erfolge. Der Moͤrtel, der sich auf die oben angegebene Welse verhielt, war 6 Jahre alt, und bestand aus 100 Theilen gemeinen Kalkes im Teige gemessen, und durch eine jahrlange freiwillige Loͤschung erhalten, und aus 50 Theilen Quarzsand, der mehr fein als grob zu nennen war. Die Staͤrke dieses Moͤrtels wird durch die Zahl 2000 ausgedruͤkt; also, wie man sieht, durch etwas weniger als die Haͤlfte der mittleren Kraft des erdgepruͤften Mittels mit hydraulischem Kalke, und durch etwas mehr als ein Viertel der Kraft des luftgepruͤften Moͤrtels N. 14, der mit demselben Kalke bereitet wurde. Nun gibt es aber bei Gebaͤuden eine Menge von Faͤllen, wo die zur Bekleidung angewendeten Materialien gegen nichts anderes, als gegen den Frost, zu kaͤmpfen haben, und uͤbrigens immer stark genug sind, wenn sie nichts von der Witterung zu besorgen haben. Wir meinen, daß es unmoͤglich ist, einen Kalkmoͤrtel oder Kitt zu finden, der, in dieser Hinsicht, mehr Sicherheit gewaͤhrt, als unser Moͤrtel aus gemeinem Kalke, der nach und nach sich selbst geloͤscht hat. Die kalkartige Materie, uͤber deren Widerstand und Eigenschaften wir sichere Thatsachen besizen, laͤßt sich demnach unter folgende Unterabtheilungen bringen: A. Luftgepruͤfter, fest angemachter Moͤrtel aus 100 Raumtheilen im Teige gemessenen hydraulischen Kalkes, und 180 Theilen Kalksand oder Quarzsand von 0,001 bis 0,0007 Meter mittlerer Groͤße. Sein Widerstand ist, nach 14 Monaten, 7728. A', Luftgepruͤfter Moͤrtel von der Mischung des vorigen, jedoch weich oder beinahe fluͤßig angemacht. Der Widerstand desselben verliert im Durchschnitte 4/10. Nach 14 Monaten verhaͤlt er sich wie 4637. A''. Luftgepruͤfter Moͤrtel aus 100 Raumtheilen hydraulischen Kalkes im Teige, und 100 bis 200 Theilen hoͤchst feinen unfuͤhlbaren Kalkstaubes, Massiv gemacht. Nach 3 Monaten ist sein Widerstand 5200. G. Erdegepruͤfter Moͤrtel in allen Verhaͤltnissen voll 100 bis zu 240 Kalk- oder Quarz-Sand auf 100 hydraulischen Kalkes im Teige gemessen, und fest angemacht, gibt nach 14 Monaten 5545 Widerstand. G'. Der vorige, weich angemacht, 5600. G''. Der vorige, fluͤßig angemacht, 4480. Nach demselben relativen Maßstabe ist der Widerstand des seinen gegossenen Gipses, wie er beim Modelliren (Abformen, moulage) gewoͤhnlich ist, nach einem Jahre 2320, und eines weichen, schneidbaren, feinkoͤrnigen Kalksteines 5040. Unsere Moͤrtel erreichen also, wie man sieht, und wie das Programm es forderte, die Haͤrte der zur Bildhauer-Arbeit tauglichen Kalksteine, und selbst noch eine groͤßere; sie widerstehen den nachtheiligen Einfluͤssen der Witterung vollkommen. Wir wollen nun untersuchen, wie sie zum Modelliren taugen. Zweiter Abschnitt.Modellirung. Der Moͤrtel A, waͤhrend Regenwetters verfertigt, naͤhrt sich in der Luft und erhaͤrtet in derselben ohne seinen Umfang zu veraͤndern. waͤhrend des Sommers kann das Begießen die Feuchtigkeit der Witterung ersezen. Hier darf aber keine Huͤlle vorhanden seyn. Es laͤßt sich auch wirklich nicht einsehen, wie die in einem Model befindliche Materie, ohne sich zusammenzuziehen, den ersten Grad von Haͤrte erhalten koͤnnte, dessen sie bedarf, um aus demselben zu gelangen. Nun veranlaßt aber das mindeste Zusammenziehen Risse, und veraͤndert uͤberdieß die Verhaͤltnisse der Figuren auf eine sehr ungleiche Weise. Der Moͤrtel A' wuͤrde, in Hinsicht seiner Weichheit, mit groͤßerer Leichtigkeit zarte Eindruͤke aufnehmen; allein er biethet, in Hinsicht auf das Zusammenziehen, unuͤbersteigliche Hindernisse dar. Von den drei obenangefuͤhrten luftgepruͤften Moͤrteln bleibt also nur der Moͤrtel A'' uͤbrig, von welchem man Vortheil ziehen koͤnnte; man kann ihn aber nicht wie Gips modeln; indessen hat er noch bedeutende Vorzuͤge als Ersaz fuͤr diesen Nachtheil. Schon am zwanzigsten Tage nach seiner Verfertigung war er so hart, wie er gegenwaͤrtig ist, und man wird eingestehen, daß man taͤglich bei Gebaͤuden weit schlechteres Material verwendet. Der Kalkstaub, dessen wir uns bedienten, kommt von einem mittelmaͤßig harten Steine, der sich auf einer gewoͤhnlichen mit Muͤhlsteinen aus Kiesel versehenen, Muͤhle leicht zermahlen laͤßt, nachdem er vorher zu nußgroßen Stuͤken zerkleint wurde. In 150 Raumtheilen dieses Staubes sezt man 100 Theile vorzuͤglich hydraulischen Kalkes, in festem Teige gemessen, zu. Man bearbeitet die ganze Masse mit dem Stempel nicht mit der Pritsche, um der Mischung den moͤglich hoͤchsten Grad von Festigkeit zu geben, und wendet sie hierauf nach Art des Pisé an, indem man sie in einem Gehaͤuse in horizontalen Lagen von ungefaͤhr Einem Fuß dik massiv auftraͤgt. Wenn die Wand des Gehaͤuses in ihrer Hoͤhlung Zierrathen oder Figuren darbiethet, so nimmt der Moͤrtel die Eindruͤke derselben auf. Man muß das, was wir unter Massivation verstehen, nicht irrig auslegen. Diese Bearbeitung besteht nicht bloß im Stampfen, wodurch in einigen Faͤllen die entfernten Theile einer teigartigen und halbharten Masse einander genaͤhert werden, sondern in einem anhaltenden Schlagen, womit man nur dann aufhoͤrt, wann die Materie erhaͤrtet ist, und unter dem Große der Stampfe oder des Hammers klingt, ohne sich mehr zusammendruͤken zu lassen. So muͤhevoll auch diese Arbeit zu seyn scheint, laͤßt sie sich doch in den meisten Faͤllen durch Weiber und Kinder verrichten, und es handelt sich in vielen Faͤllen weniger um starkes, als um schnelles SchlagenMan muß vorzuͤglich im Anfange der Operation sacht klopfen: die Staͤrke des Schlages bemißt sich nach dem zunehmenden Widerstande, den der Moͤrtel darbiethet. A. d. O.. Wir zweifeln nicht, daß man mit dem Moͤrtel A'' Saͤulen und Parpaings aus Einem Stuͤke errichten, und auf diese Weise hoͤchst wohlfeil GebaͤudeEin kubisches Meter kuͤnstlicher Stein-Masse, zum Gusse fertig, wuͤrde zu Paris kosten: 58 Centimeter kuͤnstlichen hydraulischen Kalk im Teige21 Fr.  9 C.87 dito Kalkstaub, das Meter zu 20 Franken17 –40 –Arbeitslohn fuͤr Mischung, zu 4 Tagen à 1 Fr. 50 Cent  6 – –  –––––––––––Preis des gußfertigen Teiges44 Fr.49 C.Ohne allen Zweifel kostet es weit weniger, ein Kubik-Meter dieses Teiges in einem Gehaͤuse massiv aufzutragen, als ein Kubik-Meter Stein zu schneiden und aufzurichten, den Preis des rohen Materiales uͤbrigens gleich gesezt. A. d. O. auffuͤhren kann, die man als aus Einem Steine erbaut betrachten und Monolithe nennen kann. Die Nummern G, G', und G'' loͤsen die Aufgabe mit der groͤßten Leichtigkeit auf, vorausgesezt, daß die Masse der Moͤrtel nicht chemisch mit dem Moͤrtel zusammenhaͤngt, und nicht durch die Feuchtigkeit anschwillt. Diesen Vortheil kann man mit geschmolzenem Schwefel oder mir einem harzigen KitteUm einen zugleich sehr harten und sehr wohlfeilen Harz-Kitt zu verfertigen, laͤßt man in einem tiefen und weiten eisernen Gefaͤße trokenes Schwarzpech (brai) schmelzen, und schuͤttet nach und nach gepulverte und gesiebte Pflanzenerde zu, bis die Masse die Consistenz eines weichen Teiges erhalten hat. A. d. O. erlangen. Nachdem die Model gefuͤllt wurden, muß man sie. alsogleich eingraben, und in dieser Hinsicht eine leichte Erde in freier Luft waͤhlen: die Stelle muß so viel moͤglich eben und gegen Uͤberschwemmungen gesichert seyn. Die Tiefe, in welcher man die Model eingraben muß, haͤngt von der Groͤße derselben ab: die Erde muß sie 35 Centimeter hoch deken: auf diese Weise hat man weder von dem Froste des Winters noch von der Trokenheit des Sommers etwas zu besorgen. Zehn Monate wuͤrden allerdings unter der Erde hinreichen, wenn die gegossenen Stuͤke auf diese Weise eingegraben wuͤrden, um den Moͤrtel hinlaͤnglich fest werden zu lassen; es ist aber besser ein Jahr lang zu warten. Wenn man die gegossenen Stuͤke waͤhrend des Regens ausgraͤbt, so koͤnnen sie alsogleich und ohne Nachtheil der Luft ausgesezt werden; im Sommer hingegen muß man sie einen Monat oder zwei Monate uͤber in Schatten und gegen Norden stellen. Aus diesen Erklaͤrungen erhellt, daß man genau so vieler Model bedarf, als man im Verlaufe eines Jahres-Stuͤke abformen will; allerdings ein bedeutender Nachtheil, wo es sich um Basreliefs handelt, von welchen man eine große Anzahl von Exemplaren braucht. Wo es sich aber nur um ein Paar Stuͤke handelt, da wird diese Ungelegenheit beinahe unbedeutend, und sie verschwindet gaͤnzlich bei Verfertigung kuͤnstlicher Steine zur Eintaͤfelung, zu Karnießen etc. und uͤberhaupt zu solchen Zierrathen, die sich durch bloße gerad- oder krummlinige Bewegung einer bestimmten Patrone verfertigen lassen. Offenbar waͤre es dann sehr bequem den Model in der Grube selbst an, zubringen, und die Patrone in einem thonartigen Teige laufen zu lassen, den man hierzu vorgerichtet hat. Die Ersparung, die man durch ein solches Verfahren gewinne, wuͤrde einen wahrlich unglaublichen Vortheil fuͤr die Baulustigen gewaͤhren. Da indessen die oben angefuͤhrte Schwierigkeit bei einigen hinreichen moͤchte, um unsere Arbeit als unvollendet verwerfen zu lassen, so haben wir neuerdings Versuche angestellt, um das Modelliren mit dem Moͤrtel eben so leicht und bequem als mit dem Gipse, zu machen, und man wird bald sehen, in wiefern Unsere Bemuͤhungen uns gelungen sind. Loriot's Verfahren, so wie er dasselbe im J. 1775 darstellte, ist mangelhaft, obschon es einen in den Annalen der neueren Chemie beruͤhmten Namen zu seiner Stuͤze hat. Dieses Verfahren besteht darin, daß man in einen duͤnnen Brei von Moͤrtel aus gemeinem Kalke ein Viertel gepuͤlverten aͤzenden Kalk eintraͤgt. Der auf diese Welse damit verkoͤrperte aͤzende Kalk bemaͤchtigt sich mit aller Kraft des freien Wassers, erhizt sich, blaͤht sich auf, und veranlaßt ein Austroknen, das beinahe augenbliklich, und ohne daß die Masse sich zusammen, zieht, Statt hat. Allein, dieß ist auch alles, worauf die Wirkung des aͤzenden Kalkes sich zuruͤkfuͤhren laͤßt; der Moͤrtel wird eben dadurch, daß er sich so schnell erhaͤrtete, in der Folge desto schlechter. Diese Bemerkung drang sich uns vor unseren Versuchen uͤber die erdgepruͤften Moͤrtel mit hydraulischem Kalke immer auf eine verzweiflungsvolle Weise auf; indessen ließen die Resultate der Tabellen N. 1, 2 und 3 uns die Moͤglichkeit durchbliken von Loriot's Verfahren eine gluͤkliche Anwendung zu machen, indem wir uns auf folgende Betrachtungen stuͤzen. 1tens, Loriot's Verfahren hat den Nachtheil zu fetten Moͤrtel zu liefern, und zwar im Verhaͤltnisse des Uͤberschusses des gemeinen aͤzenden Kalkes; allein bei den erdgepruͤften Moͤrteln mit hydraulischem Kalke haͤngt die Festigkeit derselben nicht von den Verhaͤltnissen ab, insofern diese sich zwischen sehr weit entfernten Graͤnzen befinden: dieser Nachtheil ist also hier so gut, wie gar nicht vorhanden. 2tens, der gemeine lebendige Kalt loͤscht sich so schnell, daß man kaum Zeit hat den Moͤrtel anzumachen und anzuwenden. Dieser Nachtheil ist weit groͤßer, als der vorige, und war auch die Ursache, warum man Loriot's Verfahren in allen großen Baustaͤtten, wo man dasselbe einfuͤhren wollte, aufgegeben hat. Der hydraulische Kalk hingegen, der von Natur aus sehr traͤg ist, kann es noch mehr werden, wenn man denselben mehr oder minder lang der Luft aussezt, und wird sich nur nach 10 oder 15 Minuten erhizen. 3tens, Loriot's Verfahren zerstoͤrt den Moͤrtel durch, zu schnelles Troknen, und in Hinsicht des gemeinen Kalkes, der unter der Erde nicht erhaͤrtet, bleibt dieses Uebel ohne Huͤlfe Man kann aber unter reinem und frischen Sande den hydraulischen Moͤrtel eingraben, wenn er aus dem Model kommt. Er wird nach und nach alle Feuchtigkeit einsaugen, deren er noͤthig hat, und sich in der Folge so benehmen, wie wenn er auf die gewoͤhnliche Weise verfertigt worden waͤre. Wir empfahlen reinen Sand, indem die vegetabilische Erde Faͤrbestoffe enthalten koͤnnte, die in die Oberflaͤche des Moͤrtels, wie wir es gesehen haben, oͤfters tief eindringen. Wenn diese Nachtheile auf die angegebene Weise beseitigt wurden, so scheint uns Loriot's Verfahren ein Materiale darzubiethen, das sich eben so leicht, wie Gips, benuͤzen laͤßt, und, wenn es in der Folge gehoͤrig behandelt wird. Steinharte erlangen, und allen nachtheiligen Einfluͤssen der Witterung widerstehen kann. Anwendungen. Gern haͤtten wir bei jedem Verfahren ein paar Beispiele als Belege angefuͤhrt, allein es gebrach uns ungluͤklicher Weise an Zeit. Die vorlaͤufigen Erfahrungen, die uns als Leiter dienen sollten, konnten erst im November 1822 beendet werden. Die Froͤste im December und Januar machten jede Art. von Arbeit unmoͤglich; wir konnten also erst im Anfange Februars 1823 Hand an's Werk legen. Nun muͤssen die Moͤrtel G, G', G'' wenigstens 10 Monate lang unter der Erde bleiben, und der Moͤrtel A'' forderte, eben deßwegen, weil er sehr massiv gemacht werden mußte, und daher stark an den Waͤnden haͤngt, die ihn einschließen, einen Model von solcher Einrichtung und solchem Materiale, daß er zu dieser Art von Arbeit taugte. Loriot's Verfahren allein konnte uns erlauben, der gegenwaͤrtigen Sendung folgende Stuͤke beizulegen, naͤmlich: N. 15. Heinrich's IV. Bildniß, aus 8 Raumtheilen weißen Quarz-Sand, 4 Theilen hydraulischen Kalk von mittlerer GuͤteIn dem Augenblike, wo wir unsere Versuche anstellen, standen alle Oefen im ganzen Lande. Wir mußten den Kalk anwenden, wie er in den Magazinen angehaͤuft war: er war sehr schwach. A. d. O., als Staub gemessen, und durch Einsenkung geloͤscht, und aus 4 Theilen desselben Kalkes, in Staub und aͤzend. N. 15 bis. Dasselbe aus 4 Theilen reinen Quarz-Sand, 1 Theile hydraulischen Kalke von guter QualitaͤtEs blieb uns hiervon nur so viel uͤbrig, als wir zu zwei Basreliefs brauchten. A. d. O., als Teig gemessen, und durch gewoͤhnliche Loͤschung erhalten, und aus 2 Theilen desselben Kalkes, aͤzend und als Staub. N. K. Bildniß Heinrich's IV. Diese Nummer gehoͤrt zur Classe der Moͤrtel G'. Die zahlreichen Verstuͤmmelungen, die sie entstellen, ruͤhren davon her, daß man sie 14 Tage nach dem Eingraben aus dem Model nehmen mußte: man konnte hieß nicht laͤnger verschieben. Wir zeigen dieses Nummer nur als Beispiel der hohen Vorzuͤge der Moͤrtelarten G' vor jenen Loriot's, sowohl in Hinsicht auf die Glaͤtte der Oberflaͤche, als in Hinsicht auf Dichtigkeit und Staͤrke. N. 13. Boileau's Bildniß, aus derselben Masse, wie N. 15. N. 14. Eben dasselbe, aus der Masse wie 15 bis. N. 9. Ebendasselbe, wie N. 15 und 13. Genaue Untersuchung der Nn. 15, 15 bis, 13, 14 und 9 beweiset, daß man nach Loriot's Verfahren Basreliefs modelliren kann, denen, um sie mit jenen aus Gips vergleichen zu koͤnnen, nichts fehlt als feineres Korn und glattere Oberflaͤche. Man wird den Teig feiner und die Oberflaͤche glatter machen koͤnnen, wenn man statt des aͤzenden, mechanisch gepulverten Halles, einen Kalk nimmt, der sich von selbst loͤschte, und wieder frisch im Ofen gebrannt wurde: ein sinnreiches Verfahren, das Guyton-Morveau erfunden, und im IV. B. des Journal de Physique. p. 418, und im VI. B. p. 311 desselben Journalen Jahrgang 1775, beschrieben hat. Da wir nur im Kleinen arbeiten, konnten wir dieses Verfahren nicht benuͤzen. Man muß nicht vergessen, daß der auf diese Weise wieder aufgefrischte Kalk einige Tage uͤber aufbewahrt werden muß, ehe man denselben anwendet, damit er etwas von seiner Lebhaftigkeit verliert. Ohne diese Aufmerksamkeit wuͤrde er sich in Beruͤhrung mit dem Wasser ploͤzlich erhizen, und der Muͤller haͤtte keine Zeit diese Mischung gehoͤrig zu mahlen. Man mag sich aber auch noch so viele Muͤhe geben, als man will, so bleibt es doch immer zweifelhaft, ob Loriot's Verfahren jemahls zu jenem Grade von Vollkommenheit gelangen kann, welchen die gewoͤhnliche Verfahrungsart sowohl in Hinsicht auf das Materials, als auf die Zartheit der Abdruͤke bereits erreicht hat. Die Basreliefs, die wir so eben untersuchten, gehoͤren zu keiner der Kategorien der Tabellen 1, 2 und 3. Sie wurden vor der gehoͤrigen Zeit dem Einfluße der Atmosphaͤre ausgesezt, einer zu schnellen Troknung unterworfen, und bilden folglich eine besondere Classe, in welcher wir die Fortschritte zu einer gehoͤrigen Festigkeit nicht verbuͤrgen koͤnnen. Wir hoffen, daß man die Basreliefs nur in Hinsicht auf Modellirung beurtheilen wird, indem die Société die Muster, die wir derselben im J. 1821 sandten, solchen Proben unterzogen haben muß, die gegenwaͤrtig keinen Zweifel mehr uͤber die Eigenschaften uͤbrig lassen koͤnnen, welche der Moͤrtel erlangt, wenn seine Mischungs-Bestandtheile an sich gut und gehoͤrig verbunden sind. Die neuen Mustern welche wir hier beilegen, koͤnnen sie nur in ihrer Ueberzeugung bestaͤrken: jedes derselben gehoͤrt nach seiner Etiquette zur correspondirenden Nummer der hier beigefuͤgten Tabellen; naͤmlich: Die Nummern 1, 2, 3 etc. bis 20, mit dem Buchstaben A, sind lustgepruͤfte Moͤrtel, die hart angemacht wurden. Die Nummern 0, 1, 2, 3 und 4 etc. bis 20, mit dem Buchstaben G, sind erdgepruͤfte Moͤrtel, hart angemacht. Die Nummern 11 und 11 bis, unter A', sind luftgepruͤfte Moͤrtel, die weich und beinahe fluͤßig angemacht wurden. Die Nummern 11 unter G' und 11 unter G'' sind erdgepruͤfte Moͤrtel, die weich und beinahe fluͤßig angemacht wurden. Die Nummern 6 und 11 unter A C, sind erdgepruͤfteVielleicht luftgepruͤfte. A. d. Ueb. Moͤrtel mit Kaltsand, correspondirend mit N. 6 und 11, unter A', mit Quarzsand. Die Nummern 6 und 11, unter G C, sind erdgepruͤfte Moͤrtel mit Kalksand, correspondirend mit N°. 6 und 11, unter G, mit Quarzsand. Nummer A'' ist der luftgepruͤfte Moͤrtel, massiv aus hydraulischem Kalke und Kalkstaube angemacht; der Teig wurde in einer grob auf einem Kalksteine verfertigten Grube geschlagen. Man wird bemerken, daß der Moͤrtel, weit entfernt dem Steine nachzugeben, vielmehr mehrere Splitter desselben mit wegriß, als man ihn davon wegnahm. Schluͤsse. Die Bestaͤtigung der in dieser Abhandlung aufgestellten Resultate fordert drei im Gegensaze stehende Versuche, und damit diese Versuche keinen Zweifel uͤber die Allgemeinheit des Verfahrens uͤbrig lassen, muͤssen sie mit anderen Materialien, als diejenigen sind, deren wir uns bedienten, angestellt werden. Der erste Versuch wird keine Schwierigkeit darbiethen. Man verschafft sich Quarzsand, Kalksand oder gemengten Sand, von 0,007 M. mittlerer Groͤße. Hierauf nimmt man 100 Theile kuͤnstlichen hydraulischen Kalk, in festem Teige gemessen, und durch gewoͤhnliche Loͤschung erhalten, und 150 Theile Sand. Beides wird gehoͤrig gemengt und mit zugegossenem Wasser so lange durchgegaͤrbt, bis es einen nicht fluͤßigen aber doch hinlaͤnglich weichen Teig gibt, damit derselbe sich in allen Teilen seines Models leicht vertheilen laͤßt. Nachdem der Model voll gegossen wurde, graͤbt man ihn auf ungefaͤhr 35 Centimeter Tiefe in frischer Erde auf oben angegebene Weise ein. Zum zweiten Versuche nimmt man sehr feinen Kaltstaub von einem Steine mittlerer Haͤrte zu 150 Raumtheilen, und schlaͤgt ihn auf einer Mulde oder in einem Moͤrser mit einem Stempel mit 100 Theilen hydraulischen Kalk, im Teige gemessen, kraͤftig ab. Man erhaͤlt auf diese Weise einen kraͤftigen dehnbaren Teig, den man nach Art des Pisé in den Model bringt. Man kann zum Versuche mit Verfertigung der Basis einer Saͤule, oder eines Meters irgend eines Karnießes anfangen. Zum dritten Versuche nimmt man, außer dem Kalke und dem Sande, aͤzenden hydraulischen Kalk in Gestalt von sehr feinem Pulver. Man kann den Kalk aͤzend puͤlvern und sieben, oder denselben, nachdem er sich von selbst geloͤscht hat, nach Guyton's Verfahren, wieder beleben. Hierauf nimmt man 4 Raumtheile Sand, den man zuvoͤrderst mit einem Raumtheile hydraulischen Kalkes, als starken Teig gemessen, anmacht und welchem man nach Maßgabe so viel Wasser zusezt, daß man einen duͤnnen Brei erhaͤlt. Mit diesem Breie verkoͤrpert man, mit aller moͤglichen Sorgfalt und Schnelligkeit, 2 Raumtheile des aͤzenden Kalkstaubes, wenn der Kalk Mechanisch gepulvert wurde, und 4 1/3 Raumtheile, wenn er nach Guyton's Verfahren bereitet wurde. Man gießt neuerdings soviel Wasser, als noͤthig, zu, um den gehoͤrigen Grad von Fluͤßigkeit zu unterhalten. Nachdem man den Model vorlaͤufig mittelst eines Pinsets mit einer duͤnnen Lage Baumoͤhl uͤberzogen hat, gießt man den Moͤrtel mit der noͤthigen Vorsicht hinein, um die Bildung von Blasen zu vermeiden. Nach sechs bis zehn Minuten zeigt ein leichter Rauch, daß der aͤzende Kalk zu arbeiten anfaͤngt; die Masse erhizt sich bald, erhaͤrtet, und nimmt eine helle Farbe an. Man wartet bis alles Aufbrausen voruͤber ist, und wenn man glaubt, daß die Abkuͤhlung anfaͤngt, nimmt man den Abguß heraus, was ohne Schwierigkeit geschieht. Man legt ihn auf ein Sandbad, das man vorlaͤufig aus reinem und frischen Sande verfertigt hat, entweder in eine Grube oder in eine Kiste, wikelt ihn aber vorher in ein weiches Tuch ein, damit die Sandkoͤrner nicht an der Oberflaͤche kleben bleiben, und dieselbe uneben machen, worauf man ihn, damit er erhaͤrten kann, nach Art der erdgepruͤften Moͤrtel zudekt, und ein Jahr lang liegen laͤßt. Man sieht also, daß wir hier nur immer Moͤrtel vorschlagen, und dieser ist auch unter allen bekannten kalk- und gipsartigen Mischungen die einzige, die die wohl bekannte Eigenschaft besizt, den nachtheiligen Einfluͤssen der Witterung zu widerstehen, und immer mehr und mehr an der Luft sich zu erhaͤrten. Es ist traurig, daß diese Eigenschaft von der Dazwischenkunft des Sandes abhaͤngt; denn es ist der Sand, der dem Teige das grobe Korn gibt, welches dem Auge so sehr mißfaͤllt. Wir haben erklaͤrt, wie, indem man sehr feinen Kalkstaub statt des Sandes nimmt, man einen sehr feinkoͤrnigen Teig erhalten kann; man mußte aber bemerken; daß dieser Vortheil sehr theuer erkauft wird, indem der Teig nothwendig massiv gemacht werden muß, und die Massivation dem Abmodeln viele Schwierigleiten in den Weg stellt. Die Grobheit des Teiges wird wirklich nur dann ein wahres Hinderniß, wenn es sich um zarte Zierrathen oder Figuren handelt, die man in der Naͤhe sehen muß; denn bei großen Verzierungen, Basreliefs oder Figuren, die z.B. den obersten Theil eines Gebaͤudes zieren sollen, verschwindet so zu sagen in dieser Entfernung jede kleinere Unvollkommenheit. Das Urtheil der Société mag uͤbrigens uͤber diese neuen Versuche wie immer ausfallen, wir werden unsere Untersuchungen nicht eher aufgeben, bis wir das Abformen mit reinem hydraulischen Kalke versucht haben. Wenn dieser Kalk, ohne Sand, durch Erdpruͤfung so fest werben kann, daß er dem Froste zu widerstehen vermag, so wird er, wie das Muster N. 0 zeigt, eine hinlaͤngliche Haͤrte und ein so feines Korn erhalten haben, als man verlangen kann; er wird eine wahre kieselsaure Kalkerde (silicate de chaux) darstellen, dessen natuͤrliches Seitenstuͤk sich in dem Tafelspathe der deutschen Mineralogen wieder findet. Wenn wir aber auch annehmen wollten, daß diese neuen Versuche und noch manche andere nach unserem Gefallen gelingen koͤnnten, so waͤren wir noch weit von dem vorgestekten Ziele entfernt. Wir werden ohne Zweifel die Moͤrtelbildung noch mehr vervollkommnen; wir werden dahin gelangen ihm alle erwuͤnschte Feinheit zu ertheilen; nie wird es uns aber gelingen, denselben mit eben der Leichtigkeit behandeln zu koͤnnen, wie den Gips. Es war also nicht die eitle Hoffnung, alle Bedingungen des Programmes genau zu erfuͤllen, die uns zu unseren neuen Untersuchungen aufmunterte, sondern vielmehr die innige Ueberzeugung, die wir naͤhren, daß es eine Menge Faͤlle gibt, in welchen modellirter Moͤrtel mit großer Ersparung an der Stelle gehauener Steine angewendet werden kannHiervon hat der Uebersezer sich vor wenigen Tagen in dem Garten des Hrn. Dr. Gall zu Montrouge bei Paris uͤberzeugt, wo er einen Bassin und ein Dach aus Moͤrtel verfertigt sah, der so hart und schin wie der beste Sandstein ist, am Stahle Funken gibt etc.A. d. Ueb.. So sind z.B. Saͤulen, Tafeln und dergleichen, die, gehoͤrig angebracht, einem Gebaͤude so sehr zur Zierde gereichen, außerordentlich theuer, und man sieht daher an unseren Haͤusern weder einen Saͤulengang noch einen Porticus: indessen kostet ein Kubik-Meter kuͤnstlich aus Sand und Kalk verfertigten Steines, baufertig, nicht mehr als 40 Franken zu Paris, und folglich wuͤrde das Material zu einer 7 Meter hohen toscanischen Saͤule, die mit Sokel und Knauf 5,50 Meter kubischen Inhalt faßt, nicht uͤber 220 Franken kosten: sollte eine solche Saͤule dem Steine vollkommen gleichen, so wuͤrde sie nicht uͤber 300 Franken zu stehen kommen. Tabelle der vorlaͤufigen Versuche. Textabbildung Bd. 15, S. 207 Moͤrtel aus hydraulischem, auf gewoͤhnliche Weise geloͤschten, Kalke den Verhaͤltnissen ihrer Bestandtheile nach verglichen; Nummern der Moͤrtel; Verhaͤltnisse; Verhaͤltnißmaͤßiger Widerstand der Moͤrtel; Luftgepruͤfte; Erdgepruͤfte; Kalk im Teige gemessen; Gewoͤhnlicher Granit-Sand; Luftgepruͤfte 14 Monat alt; Erdgepruͤfte 14 Monat alt; Moͤrtel aus hydraulischem Kalke, dem Einfluße des Quarz- und Kalk-Sandes nach verglichen; Granit-Sand; 4 Kalk-Sand; Moͤrtel aus hydraulischem Kalke, dem Einfluße der Menge des, in den Moͤrtel gebrachten, Wassers nach verglichen; Sehr fest angemacht; Weich angemacht; Fluͤßig angemacht