Titel: | Bemerkungen über den Bau der Schiffe. Vom Obersten Beaufoy, F. R. S. |
Fundstelle: | Band 15, Jahrgang 1824, Nr. XCVI. XCIV. , S. 417 |
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XCVI.
XCIV.
Bemerkungen über den Bau der Schiffe. Vom
Obersten Beaufoy, F.
R. S.
Aus den Annals of Philosophy. October 1824. S.
264. (Im Auszuge.)
Beaufoy's Bemerkungen über den Bau der Schiffe.
Die Admiralitaͤt laͤßt jezt, um die Flotte noch
immer mehr zu verbessern, drei Schiffe (Crestes, Champion und Pylades) nach drei
verschiedenen, wie ich vermuthe, von Prof. Inman, Capt. Hayes
von der Flotte, und Sir Rob.
Seppings entworfenen Planen bauen. Sie sollen gleiche lange, Breite
und Schwere habenCrestes.Champion.Pylades.Laͤnge des
Verdekes109 Fuß11 Zoll.109 Fuß 6 Zoll110 Fuß 1 Zoll.Groͤßte Breite 30 – 6 – 30 – 6 1/2 – 30 – 1/4 –Tiefe 7
– 6 – 7
– 8 1/4 – 8
– 2 – Umfang460 – 0 –456 – 0 –433 – 0 –Tauchung vornhinten 8
– 11 – 6
– 0 – 10
– 10 – 8 –10
– 8
– 10 – 8 1/2 –11
–, nur soll jedes derselben jene Form bekommen, die jeder dieser drei Herren
fuͤr die zwekmaͤssigste haͤlt. Daß die Schiffsbaukunst durch
diesen gelehrten Wettstreit viel gewinnen kann, ist offenbar.
Wahrscheinlich werden diese Schiffe, wenn sie in die See stechen, und sich
miteinander messen, mit verschiedener Schnelligkeit segeln, diese Schnelligkeit kann
aber auch von der Groͤße der Masten und Rahen, uͤberhaupt von der
Groͤße der Segel abhaͤngen. Das Vordertheil kann das Wasser mit
groͤßerer Leichtigkeit spalten, und das Hintertheil kann eine
zwekmaͤßigere Form besizen. Auch die Vertheilung des Ballastes, die
Glaͤtte des Bodens, die bessere Bemannung kann hierauf Einfluß haben, und
leztere wird daher auf diesen Schiffen gewechselt werden muͤssen.
Verschiedene Vertheilung des Ballastes kann den besten Schnellsegler schlechter
segeln machen, und schwere Segler schneller; in Hinsicht auf den Einfluß des Baues
des Vorder- und Hintheiles auf die Schnelligkeit des Laufes eines Schiffes kann man bisher,
aus Mangel an hinlaͤnglicher Kenntniß des Widerstandes nicht elastischer
Fluͤßigkeiten, ohne Reihen von Versuche angestellt zu haben, durchaus nicht
mir Sicherheit urtheilen. Die Meinungen der Theoretiker sind hieruͤber zu
sehr getheilt.
Hr. Romme, corresp. Mitglied
der Académie de Sciences zu Paris und k.
Professor der Schifffahrt bei den See-Cadetten sagt in dem Quartanten, welchen er
uͤber See-Wesen herausgab, daß der Widerstand, welchen ein segelndes Schiff
von dem Wasser erleidet, fast gar nicht von der Form des Vordertheiles
abhaͤngt, wenn nur der groͤßte verticale Durchschnitt immer derselbe
bleibt. Diese Theorie wird, als durch Versuche mit Modellen eines Schiffes von 74
Kanonen erwiesen, dargestellt: an einem dieser Modelle war das Vordertheil in der
gewoͤhnlichen krummen Linie gebaut; an dem anderen in gerader Linie: beide
Modelle fuhren gleich schnell. Ja Hr. Romme konnte sogar wenig Unterschied wahrnehmen, wenn das
Hintertheil voraus ging, und als er die Modelle mitten entzwei schnitt, und das
Hintertheil des einen an das Vordertheil des anderen fuͤgte, fuhren diese
Modelle so schnell, wie vor.
Hr. Stalkart empfiehlt, in
seinem Treatise on Shipbuilding den Ausschnitt eines
Kreises als die zwekmaͤßigste Linie zum Durchschneiden des Wassers; andere
loben die Parabel. Aus allen diesen Widerspruͤchen erhellt, wie wenig wir
Wissen, und wie nothwendig es ist, sicherere Regeln, als jene, die die Einbildung
einzelner Schiffs-Baumeister uns darbiethet, aufzusuchen.
An der koͤnigl. Flotte kostet das Holzwerk fuͤr eine Tonne Last 20
Pfund Sterl., also fuͤr die ganze Flotte 9 Millionen. Ebensoviel kostet das
Takelwerk, und, mit einem Worte, die uͤbrige Ausruͤstung. Folglich
kostet die ganze Flotte 18 Millionen Pf. Sterl. (216 Millionen Gulden). Nun dauert
aber ein Schiff waͤhrend des Krieges 10, im Frieden 14, im Durchschnitte 12
Jahre, und die Unterhaltung der Flotte kostet jaͤhrlich 1 1/2; Millionen
Pfund Sterl.
Da nun diese kostbare Unterhaltung der Bollwerke Englands vor Allem die
moͤglich groͤßte Vollkommenheit derselben fordert, so ist wohl die
erste Frage diese: wie dieselbe zu erhalten ist? Dieß koͤnnte vielleicht
durch Erhoͤhung der jaͤhrlichen Ausgabe um 1/1500, um 1000 Pfund, geschehen, die man auf
Versuche im Schiffsbaue verwendete.
Fuͤr wieviele, weit weniger fuͤr die Erhaltung Englands wichtige,
Gegenstaͤnde wird nicht unendlich mehr in jedem Jahre verwendet? Was kosten
nicht unsere Renner? Und was liegt fuͤr die Wohlfahrt Englands daran, ob ein
Renner im Durchschnitte 37 oder 38 engl. Meilen in Einer Stunde laͤuft,
waͤhrend das Heil von England allerdings davon abhaͤngen kann, ob
seine Schiffe in eben dieser Zeit um einen Knoten, oder um einen halben Knoten an
der Logleine schneller segeln? Dadurch koͤnnen wir Flotten wegnehmen, Inseln
fruͤher besezen, Colonien retten, und in den Zeitungen lesen, daß in Folge
des Schnellsegelns unsere Flotte gesiegt hat, was nie dadurch geschehen wird, daß
man uns in den Zeitungen erzaͤhlt: „der Renner x zu Newmarket ist dem Renner z um den halben Hals vorgelaufen.“
Das Irrige der herkoͤmmlichen Meinung, daß ein Schiff nicht zugleich viele
Ladung fassen, und doch ein Schnellsegler seyn kann, findet man durch die Zeichnung
des Londoner Kauffahrdey-Schiffes in Steel's Elements and Practice of naval
Architecture widerlegt, welches, ungeachtet seiner schweren Ladung, doch
ein Schnellsegler ersten Ranges war; da dieses Schiff allerlei Waaren
fuͤhren, und die Vertheilung der Ladung daher sehr verschieden ausfallen
mußte, so muß das Schnellsegeln offenbar von der krummen Linie abhaͤngen, in
welcher das Schiff das Wasser durchschneidet.
Physik, Chemie, Mechanik haben ungeheuere Fortschritte gethan unseren Tagen, und dieß
lediglich durch Versuche und Beobachtung; es haͤngt bloß von Lord Melville
ab, dasselbe auch fuͤr Schiffbaukunst geschehen zu lassen, und diesen
vernachlaͤßigten Zweig des menschlichen Wissens auf jene Hoͤhe zu
stellen, auf welche er bei einem seefahrenden Volke gebracht werden muß, wenn das
Wohl desselben nicht gefaͤhrdet seyn sollWenn ein Englaͤnder mit seinem See-Minister so sprechen darf, wie
sollen wir mir unseren Akerbau- und Industrie-Ministern sprechen? Sie recht
unterthaͤnigst bitten, daß sie nicht uns zugleich mit unseren
Fuͤrsten zu Grunde gehen lassen. A. d. Ueb..