Titel: Ueber die Cultur, Eigenschaften, und verhältnißmäßige Stärke des Hanfes und anderer vegetabilischen Fasern, von dem sel. Dr. Wilh. Roxburgh, weil. Oberaufseher des botanischen Gartens der Ost-Indischen Compagnie zu Calcutta.
Fundstelle: Band 15, Jahrgang 1824, Nr. C. XCIX. , S. 426
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C. XCIX. Ueber die Cultur, Eigenschaften, und verhältnißmäßige Stärke des Hanfes und anderer vegetabilischen Fasern, von dem sel. Dr. Wilh. Roxburgh, weil. Oberaufseher des botanischen Gartens der Ost-Indischen Compagnie zu Calcutta. Aus den Transactions of the Society for the Encouragement of Arts, XXII. B. in Gill's technical Repository. Sept. 1824. S. 184. October 1824. S. 243. (Im Auszuge uͤbersezt.) Roxburgh, über die Cultur, Eigenschaften, und Stärke des Hanfes und anderer vegetabilischen Fasern. Der sel. Dr. Roxburgs fand bei seiner Ruͤkkehr nach Bengalen im Jahre 1799 einen Hrn. Sinclair in Auftrag der Direktoren der Compagnie mit der Cultur des Hanfes beschaͤftigt die er selbst schon 10–12 Jahre fruͤher auf der Kuͤste von Coromandel, und spaͤter in Bengalen mit Erfolg versucht hatte. Nach Hrn. Sinclair's Tode sezte das Gubernium die Versuche fort; da aber alles, was Regierungen auf ihre Kosten unternehmen, in Ost-Indien wie in Europa, ungeheuere unnuͤze Auslagen verursacht, so kamen dem Gubernium in Ost-Indien, achtzig Pfund Hanf bald auf 10,000, bald auf 20,000 RupieenD.i. fl. 432091 kr. 32 im 24 fl. Fuß. stehen, und jeder weitere Versuch mußte natuͤrlich aufgegeben werden. Dr. Roxburgh empfahl, statt des Hanfes, indische Gewaͤchse; seinen Bogenschnur-Flachs, (Bowstring-Flax) den er fuͤr die staͤrkste ihm bekannte vegetabilische Faser haͤlt; den Sagurus Rumphii, dessen Fasern aͤußerst biegsam, stark und dauerhaft sind, und von der Natur selbst zubereitet werden; dessen Frucht den Palmenwein gibt, aus welchem Zuker und Wein-Geist gewonnen wird, und dessen Mark, wenn der Stamm dieser Palme alt wird, den Sago liefert: (er hatte in dem ungeheuren botanischen Garten zu Calcutta an 100,000 dieser Palmen gezogen); die Sun der Hindus (Crotalaria pencea L.), die in ganz Indien statt des Hanfes gebaut wird, und wovon die Tonne, (2000 Pfund) 10 Pf. Sterl. (120 fl.) kostet (die Fracht nach Europa wuͤrde auf 16 Pfund zu stehen kommen) etc. Man kennt in Ost-Indien den Hanfbau noch nicht, und er wird hoͤchstens im Inneren von Bengalen und Bahar betrieben werden koͤnnen: die Einwohner muͤssen denselben erst lernen! Das Roͤsten des Hanfes in dem heißen Klima unterliegt vielen Schwierigkeiten, und die Hize Indiens ist den Gewaͤchsen eben so nachtheilig, als der Winterfrost in Europa. Eine Stunde zulang verdirbt dort ebensoviel, als ein Tag. Dr. Roxburgh ließ demnach eine Reihe von Versuchen mit indischen Gewaͤchsen, deren sich die Einwohner als Surrogate unseres Hanfes bedienen, anstellen, und Seile aus denselben verfertigen, so gut dieß indische Seilermeister aus 2 Litten zu thun vermochten. Er sorgte dafuͤr, daß die Seile nicht uͤber, dreht wurden, allein er konnte dieß nicht immer vermeidenRèaumuͤre's, Sir Charles Knowle's und Du Hamel's Versuche beweisen einstimmig, daß, wenn haͤnfene Seile in gewoͤhnlicher Haͤrte gesponnen werden, naͤmlich in jener, in welcher sie sich um zwei Drittel der Laͤnge ihrer Lizen verkuͤrzen, ihre Staͤrke beinahe um ein Viertel vermindert wird, verglichen naͤmlich mit Seilen aus eben so vielen Lizen, die um 3 Viertel verkuͤrzt wurden. Dieß laͤßt sich leicht aus dem Umstande erklaͤren, daß eine Straͤhne Fasern so hart gedreht werden kann, daß sie bricht, sobald man sie haͤrter drehen will, wo dann die Fasern keine Spannung mehr ertragen. A. d. O.. Aus jeder Pflanze ließ er sechs verschiedene Arten von Leinen verfertigen: drei so dik, wie eine Log-Leine, drei so dik, wie eine Peitschen-Schnur, und versuchte, unter welchem Gewichte, im Durchschnitte, sie zerrissen, sowohl gegaͤrbtDie Seile wurden mit den Fruͤchten von Embryopteris glutinifera Roxb. Coromand.i. t. 70, bengalisch Gaub, gegaͤrbt. Die Idee, die Seile zu gaͤrben, ist nichts weniger als neu: die Fischer Asiens gaͤrben, so wie die europaͤischen Fischer, nicht bloß ihre Seile und Neze, sondern auch ihre Segel, um sie staͤrker und dauerhafter zu machen. A. d. O., als getheert, und ohne alle Zubereitung. Die Wirkung des Gaͤrbestoffes auf die Pflanzen-Faser ist nicht so gleichfoͤrmig, als auf die thierische. Dr. Roxburgh meint, daß man in dieser Hinsicht in Indien, wo Gaͤrbe-Materialien so haͤufig sind, interessante Versuche anstellen koͤnnte. „Ein anderer aͤußerst wichtiger Punct, der untersucht werden muß, ist, ob gegaͤrbte Seile auch durch den Gaͤrbestoff, welchen sie eingezogen haben, erhalten werden, wenn sie naß aufgewunden werden, so wie betheerte Seile durch den Theer. Es ist eine bekannte Thatsache, daß neu betheerte Seile schwaͤcher sind, als weiße, und daß sie mit dem Alter staͤrker werden. Theer hilft also bloß die Seile erhalten, ohne daß er dieselben staͤrker macht. Wuͤrde demnach der Gaͤrbestoff die Seile staͤrker machen, oder wenigstens nicht schwaͤchen, und sie zugleich erhalten, so wuͤrde dieß ein nicht zu berechnender Vortheil seynAm besten erreicht man diesen Zwek, wenn die Pflanzenfaser mit Fischthran getraͤnkt, gut getroknet, dann warm in einem starken Loh- oder Gallusauszug durchgenommen wird. So erstarkt die Structur der Pflanzenfaser, und widersteht dem Verderben durch Feuchtigkeit und Naͤsse am laͤngsten. D..“ Vergleichung der angestellten Versuche. Namen der Pflanzen, und kurze Bemerkungen uͤber die verschiedenen, bei den Versuchen angewendeten Materialien Durchschnits-Gewicht, bei welchem jede Art von Leine abgerissen ist weiß: gegaͤrbt: getheert: dikere: duͤnne: dikere: duͤnne: dikere: duͤnne:   1. Englischer Hanf: ein Stuͤk neue Straͤnge, (new tiller-rope) geoͤffnet und zu Leinen, wie die folgenden gemacht 105 63  –  –  –  –   2. Indischer Hanf von diesem Jahre, in der Naͤhe von Calcutta auf dem Hanf-Pachtgute der Compagnie gezogen   74 50 139 60 45 46   3. Coir: Fasern der Huͤlle der Kokos-Nuß, die man in ganz Asien zu Seilen und Leinen verarbeitet   87 60  –  –  –  –   4. Ejoo (Sagurus Rumphii) die schwarzen, Roßhaar aͤhnlichen Fasern, die um den Stamm dieser Art von Sagopalme wachsen   96 79  –  –  –  –   5. Robiniacannabina (bengalisch Danska): die Fasern der Rinde diese Pflanze durch Wasserroͤstung zur Zeit der Samenreisederselben erhalten; sie sind dann schmuzig grau und rauh   88 64 101 55 84 39   6. Fasern der vorigen Pflanze, N. 5, in der Bluͤthe derselben geroͤstet; sie sind dann weiß, weich und glaͤnzend   46 20   61 35 48 30   7. Crotalariajuncea (bengalisch Sun)Eine Leine, etwas staͤrker als eine Log-Leine, aus Segel-Lizen (sail-twine) brach im trokenen Zustande bei 148 ℔; eingeweicht in kaltem Wasser durch 24 Stunden, und naß, trug sie 222 ℔; ein Unterschied, der fernere Untersuchung verdient. A. d. O.: die Fasern der Rinde; in ganz Indien bekannt   68 47   69 55 60 37   8. Corchorusolitorius (bengalisch Bunghi-paat, auch Jute): die Fasern der Rinde   68 47   69 59 61 36   9. Corchorus capsularis (bengalisch Ihimalta-paat, auch Nalta Jute): die Fasern der Rinde   67 47    –  –  –  – 10. Flachs (Linum usitatissimum) ebendaher, woher N. 2.   39 37    –  –  –  – 11. Agaveamericana: die Fasern der Blaͤtter: sie sind grob, rauh und weiß 110 71   79 78 78 38 12. Aletrisnervosa (in Sanskrit: Murva; bengalisch Murga) die Fasern der Blaͤtter zu Leinen gesponnen, nachdem sie ein Jahr lang aufbewahrt wurden 120 52   73 42 48 43 13. Theobromaaugusta L. (AbramaaugustaHort. Kew. AbromaWhecleriKoen). Bengalisch woolleb-comal. Die Fasern der Rinde durch Wasserroͤstung etc., wie Hanf   74 61   58 51 44 29 14. TheobromaGuazuma, Bastard-Ceder; die Fasern der Rinde junger, gerader, geil aufschießender Pflanzen   52 48    – 47 45 30 15. Hibiscustiliaceus; bengalisch Bola; die Fasern der Rinde; von den Einwohnern der Suͤdsee-Inseln zu Tauwerk gebraucht   41  –   62 39 61  – 16. Hibiscusmanihot; eine schlanke weißbluͤhende Abart; die Fasern der Rinde, die wunderschoͤn weiß, glaͤnzend und weich sind   61  –    –  –  –  – 17. Hibiscusmutabilis; die Fasern der Rinde: sie sind rauh und von schlechter Farbe    – 45   53 46  –  – 18. Hibiscus; eine neue Art von Vorgebirge der guten Hoffnung; man sagt aus dem Kafferlande, wo die Fasern ihrer Rinde gesponnen werden    – 22    –  –  –  – 19. Bauhinia; eine große klimmende Art: die Fasern werden ohne Roͤstung gereinigt, und in Nepâl, wo sie gemein ist, zu Striken verbraucht   69 39    –  –  –  – 20. Die vorige N. 19, mittelst Roͤstung zubereitet, damit die Rinde leichter von den Zweigen abging   56 41    –  –  –  – 21. Sterculiavillosa. Die Fasern der Rinde. Die Einwohner an der oͤstlichen Graͤnze Bengalens verfertigen daraus Seile zum Binden der Elephanten, wenn diese zum ersten Mahle gefangen werden   53  –    –  –  –  – Diese Tabelle dient bloß als Versuch zur Bestimmung der Staͤrke, indem die Leinen nicht alle gehoͤrig verfertigt wurden, und einige mehr, die anderen weniger gedreht waren, woher es dann auch kam, daß die duͤnneren keinen zuweilen mehr trugen, als die dikeren. Die Leinen waren alle 6 Monate alt, um die Wirkungen des Theeres und der Lohe abzuwarten: leztere gab jeder Art von Leinen mehr Staͤrke, waͤhrend Theer die entgegengesezte Wirkung hervorbrachte, was an dem Bengalschen Hanfe sich am deutlichsten zeigte. Auf den Ejoo und Coir ist weder Theer noch Lohe anwendbar. Dr. Roxburgh versprach noch Versuche mit der Rajemahl Bogenschnur-Faser (Rajemahl-Bowstring) einer Art von Asclepias, die Wilh. Roxburgh der juͤngere auf den Huͤgeln von Rajemahl entdekte; mit dem neuseelaͤndschen Hanfe; mit Hibiscus cannabinus und einigen anderen aus der natuͤrlichen Ordnung der Columniferaͤ, die uͤberhaupt starke Fasern haben, mit den Blaͤttern einer neuen Art von Andropogon etc. Dr. Roxburgh bemerkt in einem Anhange, daß der Hanf, Cannabis-sativa (Banga in Sanskrit; bei den Hindus Bunga, Bungh oder Bung; persisch Bang; arabisch Kinnut) auch in Indien zu Hause und unserem europaͤischen Hanfe so aͤhnlich ist, daß man nicht den mindesten Unterschied, selbst nicht die leichten Nuͤancen einer Abart daran bemerken kann. Alle indischen Voͤlker des ganzen waͤrmeren Asiens kennen denselben; aber keines benuzte ihn jemahls zu Gespinsten, Seilen etc. Er wird uͤberall, aber nur in geringer Menge, als betaͤubendes Mittel gebaut: man braucht in dieser Hinsicht vorzuͤglich die Blaͤtter der maͤnnlichen, und die Bluͤthen der weiblichen Pflanze. Ejoo (No. 4. d. Tabelle) ist eine sehr schaͤzenswerthe Pflanze. Die Fasern wurden von den Baͤumen genommen, die im botanischen Garten zu Calcutta gezogen werden. Sie sind nicht so elastisch, als jene des Coir, daher weniger gut zu Seilen, aber desto besser zu anderen Zweken. Coir ist das beste Materiale zu Seilen aller Art, sowohl der Staͤrke als der Elasticitaͤt wegen. No. 5 bis 9 hat Dr. Roxburgh in einer durch den Governor-General dem Hrn. Court of Directors im Jahr 1795 uͤberreichten Abhandlung beschrieben und abgebildet. Er erfuhr zeither, daß Sun oder Crotalaria junica beinahe allgemein in allen waͤrmeren Theilen Asiens zu Seilen und Leinen verwendet wird. Auf der Kuͤste von Malabar wird diese Pflanze nach den Provinzen genannt, in welchen sie gezogen wird: man braucht sie vorzuͤglich zum Binden der Baumwollenballen, da die daraus verfertigten Strike sehr stark sind. Dr . Roxburgh erhielt von Dr. Wilh. Hunter dreierlei Sorten: Malwan, Rajapore und Salsette. „Es scheint mir“ sagt Dr. Roxburgh, „daß zur Abloͤsung der Rinde von den Staͤngeln sowohl, als zur Reinigung der Fasern, wenig oder gar keine Maceration gebraucht wird, wodurch die Fasern vielleicht desto staͤrker werden; denn es ist gewiß, daß die Maceration, vorzuͤglich, wenn sie lang fortgesezt wird, frische vegetabilische Fasern sehr schwachen muß.“ In einigen Gegenden Bengalens baut man eine sehr uͤppige Abart unmittelbar nach der Regenzeit, die oͤfters 12 bis 14 Fuß hoch wird, waͤhrend die gemeine, im Anfange der Regenzeit gebaute Art, kaum die Haͤlfte dieser Hoͤhe erreicht. Die Fasern von No. 5 scheinen unter allen Gewaͤchsen Indiens die tauglichsten zu Seilerarbeit. Die Pflanze wird gewoͤhnlich 6 bis 10 Fuß hoch; die Fasern sind lang, aber groͤber als am Hanfe, wenn sie nicht zu fruͤh abgeschnitten wird. Um Calcutta, wo sie allgemein waͤhrend des Regens gebaut wird, liefert ein Acre Landes ungefaͤhr 600 Pfund Faserstoff im halbgereinigten Zustande, und das Mahnd (Maund, = 80 Pfund) wird um 1 1/4 Rupien verkauft. No. 6, d. ist eigentlich No. 5, im Anfange der Bluͤthe abgeschnitten, gibt die schoͤnsten und weitesten Fasern, die man sich denken kann; sie sind aber nach Roxburgh's Versuchen, schwaͤcher, als wenn die Pflanze dann geschnitten wird, wann der Same beinahe reif istEs gilt also auch in Indien dasselbe, was wir in Europa an unserem Hanfe gewahr werden. Das Roͤsten ist, an und fuͤr sich, die nachtheiligste Operation, die man an Pflanzen vornehmen, kann, um ihren Faserstoff zu gewinnen, und jedes andere Verfahren, wodurch man die Faser eben so fein und eben so reichlich erhaͤlt, verdient den Vorzug vor der Roͤstung A. d. Ueb. Es ist in der That ein nie zu verzeihender Gleichmuth, wenn nicht Geringschaͤzung gegen Gewerbe und Manufakturen, daß noch in mehreren Staaten Deutschlands nichts zum besten derselben geschieht. Der Hanf- und Flachsbau und die weitere Veredlung und Verarbeitung ihrer Fasern, wuͤrden noch lange dem deutschen Landbau und Gewerbfleiß die ergiebigste Nahrungsquelle, und eben so dem Staate unversiegbare Finanzquellen darbieten, wenn man sich zur verjuͤngten Emporbringung desselben von Oben herab herbei ließe. Warum aber keine deutsche Regierung fuͤr die wesentliche Vervollkommnung dieses wichtigsten deutschen Erwerbzweiges etwas thut, bleibt uns unbegreiflich, um so mehr, da die Opfer die es erheischte, mit diesem Gegenstand durch Chemiker die durchs Leben, nicht durchs Lesen, damit innig vertraut sind, aufs klare zu kommen, nicht sehr groß seyn duͤrften. Der dadurch hervorgehende Nuzen koͤnnte durch keine, wenn auch noch so große, Geldsumme aufgewogen werden. D.. No. 10. Flachs wird waͤhrend der kalten Jahreszeit im Inneren von Bengalen und Bihar allgemein, aber nur wegen des Oeles gebaut; die Stengel werden weggeworfen, weil man die Fasern nicht kennt, die die Rinde liefert. Wenn der indische Flachs in England Beifall findet, so koͤnnte man ungeheuere Quantitaͤten desselben aus Indien dahin senden, indem in Indien diese Pflanze schon durch ihre Samen allein den Landmann hinlaͤnglich fuͤr die Baukosten entschaͤdigt. No. 11. Diese Agave wichst langsam, und es ist daher zweifelhaft, ob sie mit Vortheil gebaut werden kann; wo sie aber wild im Ueberflusse vorkommt, kann sie mit unbedeutenden Auslagen verarbeitet werden, indem die Staͤrke ihrer Fasern alle Aufmerksamkeit verdient. Die Fasern sind grob, und daher fuͤhlen sich die daraus verfertigten Seile rauh an. No. 12. Aletris nervosa. Dr. Roxburgh hat diese Pflanze abgebildet und beschrieben, dem Court of Governors gesendet, und auch die Methode angegeben, wie man die Faser daraus gewinne. Er hat 1/3 Acre im botanischen Garten zu Calcutta damit bestellen lassen, um Versuche mit derselben etwas im Großen anzustellen. No. 13. Theobroma augusta. Dr. Roxburgh fand nirgendwo eine Notiz, daß man die Fasern dieser in verschiedenen Gegenden Indiens, auf Neu-Suͤd-Wallis und den Philippinen, gemeinen Pflanze jemahls benuzt haͤtte, obschon dieselben sehr schoͤn, fein und stark sind. Sie ist ausdauernd, waͤchst uͤppig in dem botanischen Garten, und wurde waͤhrend 6 bis 7 Monaten zweimal geschnitten, so daß man jaͤhrlich wenigstens 2 bis 3 Erndten an den Schoͤßlingen machen kann. Dr. Roxburgh schaͤzt den Ertrag derselben: eben so hoch, als jenen der Dancha, Jute, Sun, des Hanfes oder Flachses. Um diese Rinde von den halbholzartigen Schoͤßlingen zu loͤsen, welche sie bedekt, um das Oberhaͤutchen derselben und die schwammige Substanz, die die Fasern in ihrem natuͤrlichen Zustande fest zusammen haͤlt, zu erweichen, reicht waͤhrend der warmen Zeit, eine Roͤstung von 4 bis 8 Tagen hin, waͤhrend der kalten Zeit wird man dreimal so viel Zeit brauchen, und dann ist die Roͤstung kaum moͤglich; uͤberdies leiden die Fasern durch langes Roͤsten gar sehr. Sobald die Schoͤßlinge aus dem Wasser, in welchem sie geroͤstet wurden, herausgenommen werden, werden sie noch naß, einzeln in die Hand genommen, und mit irgend einem rauhen Materiale, etwas Heu u. dgl. abgerieben, um das aͤußere fleischige Oberhaͤutchen, das keine Fasern enthaͤlt, abzusondern. Diese Arbeit ist sehr leicht gethan, und nachdem sie geschehen ist, werden die gereinigten Schoͤßlinge in Buͤndel gebunden, und in der Mitte und an dem oberen Ende mit Steinen beschwert, und wieder in das Wasser versenkt; oder außer demselben gehalten. Die faserigen Theile werden dann mittelst der Finger von einem kleinen Theile des unteren Endes des Schoͤßlinges oder Staͤngels abgeloͤset, indem man dieselben mir einem Mahle abzieht. Nach der Abnahme derselben wird das Parenchym, welches die Zwischenraͤume zwischen denselben ausfuͤllt, und in der lebenden Pflanze jenen Theil der Rinde bildet, welchen man die innere Platte derselben nennen kann, unmittelbar in kaltem Wasser gewaschen, und die gereinigten Fasern werden ausgebreitet, und in der Sonne getroknet. Auf diese einfache Weiße wird der indische Hanf bereitet. Roxburgh hat 1/3 Acre im botanischen Garten zu diesen Versuchen bestimmt. Anhang zu No. 7. Sun. Einiges gegaͤrbte Segelgarn aus dieser Pflanze wurde vor vier Jahren zu einem Seile aus drei Lizen gesponnen, deren jede aus 4 Faden Segelgarn bestand. Noch etwas von diesem Segelgarne, daß vor 12 Monathen gegaͤrbt wurde, wurde zu einem aͤhnlichen Seile gesponnen, und ein anderes wurde aus weißem ungegaͤrbten Garne verfertigt. Elfteres brach, troken, mit 110 Pfund, und, nachdem es 24 Stunden in Wasser getaucht war, mit 130 Pfund. Das zweite brach, troken, mit 123 Pfund, und, nachdem es 24 Stunden in Wasser getaucht war, mit 140 Pfund. Das dritte brach troken, mit 143 Pfund, und, nachdem es 24 Stunden in Wasser getaucht war, mit 222 PfundEs waͤre sehr zu wuͤnschen, daß man unsere europaͤischen Spinn-Materialien, die der fleißige Boͤhmer in seiner technischen Geschichte der Pflanzen, J. H. S. 490–606 verzeichnete, aͤhnlichem Versuchen unterzoͤge, wie Dr. Roxburgh mit den indischen vorgenommen hat. Seit Boͤhmer hat die Technik Fortschritte gethan, die jezt dasjenige moͤglich machen, was vor 50 Jahren noch unter die Unmoͤglichkeiten gehoͤrte. A. d. Ueb..