Titel: | Ueber Reinigung des Wassers, Brunnengraben, und den Einfluß des Bleies auf Wasser. |
Fundstelle: | Band 16, Jahrgang 1825, Nr. XXIII., S. 65 |
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XXIII.
Ueber Reinigung des Wassers, Brunnengraben, und
den Einfluß des Bleies auf Wasser.
Ueber Reinigung des Wassers.
Hr. G. D.
Yeates, M. D. F. R. S. erzaͤhlt im Quarterly Journal of Science Literature
and the Arts (aus welchem sein Aufsaz auch im Repertory of Arts,
Manufactures and Agriculture, October. 1824. S. 280
aufgenommen wurde), daß, als er zu Tunbridge-Wells sich einen Brunnen grub, er, wie
es vorauszusehen war, das Wasser, welches in der ganzen Gegend daselbst, wegen
seines Eisengehaltes nicht zu brauchen ist, nicht einmahl zum Thee und zum Barbieren
(zwei Hauptbeduͤrfnisse in England), brauchen konnte.
Es handelte sich nun darum, dieses Wasser brauchbar zu machen. Durch Kochen die
Kohlensaͤure zu vertreiben und dadurch das mittelst der Kohlensaͤure
in demselben aufgeloͤste, Eisen nieder zu schlagen, wuͤrde zu kostbar
geworden seyn, und zugleich ein fades Trinkwasser gegeben haben. Hr. Yeates baute also eine offene Cisterne, und ließ in
derselben, wie man sagt, das Wasser abstehen, seine Kohlensaͤure verlieren,
und das Eisenoxid zu Boden fallen. Das in der Cisterne abgestandene Wasser filtrirte
er in einem Filtrirkruge durch einen Schwamm, der in dem Kruge auf einer Scheidewand
lag, die mit Loͤchern von der Dike einer Steknadel durchloͤchert war.
Dieses filtrirte Cisternen-Wasser zeigte sich mit Seife als weiches, und selbst nach
Faradey's Versuchen, als vollkommen eisenfreies
Wasser.
Hr. Yeates ließ nun das Wasser aus dem gegrabenen Brunnen
durch eine Pumpe in die Cisterne leiten, daselbst einige Zeit uͤber
verweilen, und aus der Cisterne durch einen am Boden derselben angebrachte
Roͤhre mittelst einer mit einem Hahne gesperrten Roͤhre zum Gebrauche
ablaufen. Da aber das Eisenoxid am Boden der Cisterne endlich anfing, durch die
Roͤhre mit abzulaufen, wurde ein kegelfoͤrmiger, mit Loͤchern versehener,
ungefaͤhr 3 Zoll langer Seiher in die Roͤhre eingezapft, und dadurch,
und spaͤter durch, einen auf den Seiher aufgelegten Schwamm, das Wasser rein
erhalten. Zur groͤberen Haus-Arbeit konnte das Wasser aus einer anderen
Roͤhre abgelassen werden.
Dr. Yeates hatte nebenher Gelegenheit sich zu
uͤberzeugen, wie nachtheilig dieses eisenhaltige Wasser auf mehrere Invaliden
wirkte, die dasselbe in der Absicht brauchten, sich damit zu staͤrken: ein
Vorurtheil, das auch in Deutschland ziemlich allgemein ist.
Waͤhrend des Grabens dieses Brunnens kam er, zunaͤchst unter der
Dammerde, durch eine 2–3 Fuß dike Lage von Thon, dann auf harten Sandstein,
und hierauf auf harten blaͤulichen Kalkstein, der, nach mehreren Tagen, an
der Luft weiß wurde, und sich puͤlverte. Dieser Kalkstein wechselte mit
fettem blauen Mergel, der offenbar derselbe Stein, nur weicher, war. Mitten in dem
harten Kalksteine kamen fibroͤse, offenbar holzige, Reste vor, die im Feuer
brannten, auch fand man darin Abdruͤke von Blaͤttern. So oft aber die
Brunnengraͤber auf den weichen Mergel kammen, konnten sie vor kohlensaurem
Gas nicht weiter arbeiten, und mußten in einer Wetterlute Feuer anbringen, um
Luftzug herzustellen, und oͤfter loͤschte das kohlensaure Gas das
Feuer aus, so daß viele Zeit verloren ging, und selbst das Leben der Arbeiter
gefaͤhrdet war, die sich nicht schnell genug retten konnten, wann das Gas sie
uͤberraschte. Hr. Yeates nahm daher zu einem
anderen einfachen und wohlfeilen Mittel seine Zuflucht, durch welches auch das Feuer
selbst uͤberfluͤßig wurde. Er ließ einen laͤnglichen Kasten von
Einem Fuß im Gevierte, oben offen und am Boden mit einem vierekigen Loche versehen,
aus Brettern verfertigen, und eine luftdichte hohle Spindel in demselben befestigen,
die bis in den Brunnen hinabreichte. Ein vierekiges flaches Stuͤk Holz wurde
so in den Kasten eingepaßt, daß es leicht auf- und niedersteigen konnte. Dieses Holz
war in zwei Stuͤke gespalten, die mittelst Leders, wie durch einen Angel, in
zwei Stuͤke gespalten waren, so daß sie auf- und niederfallen konnten In dem
Mittelpuncte dieses Faͤchers, wie wir die beiden Holzfluͤgel nennen
wollen, war eine Kurbel angebracht, so daß die Fluͤge durch eine Bewegung, wie die an
einem Butterfaße, auf- und niedergehoben werden konnten, wodurch die
atmosphaͤrische Luft durch die Spindel niedergepumpt, und das kohlensaure Gas
ausgetrieben werden konnte: alles, waͤhrend der Nacht angehaͤufte,
kohlensaure Gas wurde in 15–20 Minuten am Morgen ausgepumpt, und wo es immer
waͤhrend des Tages dem Arbeiter im Brunnen heiß und aͤngstlich wurde,
ließ er sich von dem Arbeiter oben am Brunnen faͤcheln. Die Arbeiter suchten
sich ehevor, durch fein gepuͤlverten Kalk, den sie in den Brunnen fallen
ließen, oder dadurch, daß sie das Gas in Eimern ausschoͤpften, davon zu
befreien.
Ueberhaupt von dem nachtheiligen Einflusse der freien Kohlensaͤure auf Blei,
scheute Dr. Yeates alle bleierne Roͤhren, und
nahm bloß Gußeisen. Im Sommer des Jahres 1815 hatten mehrere Personen zu Tunbridge Wells Bleikolik, selbst bis zur
Laͤhmung, weil sie Wasser in Bleiroͤhren geleitet, tranken. Seit man
eiserne Roͤhren statt der bleiernen waͤhlte, hoͤrte man keine
Klage mehrVon der Wirkung der Kohlensaͤure auf Blei kann man sich an mehreren
bleiernen Wasterleitungsroͤhren uͤberzeugen. Wir haben oft
Bleiroͤhren von Wasserleitungen in Handen gehabt, die im innern nicht
nur stark oxydirt waren, sondern auch von ihrer urspruͤnglichen Dike
etwas verloren hatten. Hoffentlich wird man auch hier bei kuͤnftigen
Ersparnissen, wo nicht auf ein Mahl, doch nach und nach die bleierne und
hoͤlzerne Wasserleitungsroͤhren durch eiserne ersezen. D..