Titel: | Ueber Bereitung des Extraktes der Mimosa-Rinde für Gärber. Von Hrn. Kent. |
Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. L., S. 238 |
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L.
Ueber Bereitung des Extraktes der
Mimosa-Rinde für Gärber. Von Hrn. Kent.
Aus dem XLII. B. der Transaction of the Society for the
Encouragement of Arts etc. in Gill's technical Repository. April.
1825. S. 239. (Im Auszuge.)
Kent, über Bereitung des Extraktes der
Mimosa-Rinde.
Die Gesellschaft fand bei einer, auf Ersuchen des Carl
Bathurst, Staats-Secretaͤres fuͤr die Colenien, angestellten
Untersuchung, daß seit der zunehmenden Ausdehnung des Handels mit
Suͤd-America, viele Tausend Haͤute eingefuͤhrt werden,
welche, aus Mangel an inlaͤndischen Gaͤrbe-Materielle, roh nach
dem festen Lande versendet werden muͤssen, und waͤhrend sie in den
Magazinen liegen, von Insecten zernagt werden, so daß fuͤr die Nation aller
Gewinn verloren geht, welcher durch Verwandlung derselben in gutes Leder erlangt
werden koͤnnte.
Einige unternehmende Maͤnner errichteten Anstalten in Dalmatien und anderen
Laͤndern des festen Landes, wo es viele Eichen gibt, um
Eichenrinde-Extract daselbst zu bereiten. Im April 1822 galt die Tonne
desselben zu London, sammt Einfuhrszoll, 90 Pfund.
Im Jahre 1821 sandte Hr. Kent, damahls zu Sydney in
New-South Wales, ein Extract aus Mimosa-Rinde, welches er daselbst
bereitete, und fuͤhrte im Jahre 1822 zwei Tonnen desselben ein: die Tonne
fuͤr 50 Pfund. Das damit gegaͤrbte Leder ist so gut, als jenes,
welches mit Eichenrinde: Extract gegaͤrbt wird, und eine Tonne dieses
Extractes gibt soviel Leder, als eine Tonne Eichenrinde-Extract.
Hrn. Kent's Verfahren bei Bereitung dieses Extractes ist
folgendes:
Man zieht die Rinde im Fruͤhjahre (in South-Wales im August, September,
October) von den Baͤumen, reinigt sie von der aͤußeren rauhen Deke mit
dem Messer, und quetscht sie in einer nach Art der Zukerrohr-Muͤhlen
eingerichteten Muͤhle, nur daß die Walzen aus Kupfer und gefurcht seyn
muͤssen. Die ausgequetschte Rinde wird hierauf in einen kupfernen Kessel
gebracht, und auf 100 Pfund derselben kommen 100 Gallons Wasser, mit welchen man sie
2 Stunden sang sacht siedet. Der Absud wird nun in breite flache kupferne Pfannen
durch einen Seiher oder durch ein Sieb gelassen, und zur gehoͤrigen Dike
abgeraucht.Die Allg. Zeitung vom 14. Jun. l. J. Nr. 165
enthaͤlt in einem Artikel aus Frankfurt folgende Notiz:
„Wie man erfaͤhrt, so werden in den Rheingegenden
bedeutende Quantitaͤten Lohe von den Englaͤndern
aufgekauft. Diese Aufkaͤufe finden zwar alle Jahre zu dieser
Epoche Statt, jedoch will man bemerken, daß sie gegenwaͤrtig in
groͤßerer Menge, als je zuvor geschehen. Man moͤchte daher
geneigt seyn, der schon anderweitig (?) geaͤußerten Vermuthung
Raum zu geben, daß die Britten den ganzen Handel mit dem aus Amerika
nach Europa gehenden Wildhaͤuten an sich zu ziehen Bedacht
nehmen, und so den rheinischen und niederlaͤndischen
Gaͤrbereien den zeither ihnen durch die Bereitung dieses rohen
Stoffes erwachsenen Gewinn moͤglichst zu verkuͤmmern
trachten. Es erhaͤlt diese Vermuthung um so gewisseren Grund
fuͤr sich, da die Preise der rohen Haͤute sich in den
Seeplaͤzen noch immer zu einer bedeutenden Hoͤhe halten,
diese Erscheinung sich aber aus der Concurrenz der Britten vielleicht
natuͤrlicher erklaͤren ließe, wie aus der in jenen
Laͤndern zunehmenden Civilisation. Dem (dessen) ungeachtet halten
Sachverstaͤndige (!!!) es nicht
fuͤr unwahrscheinlich, daß die Britten jene Lohe selbst nach
America verfuͤhren moͤchten (!!!), weil bekanntlich (???)
die Rinde der dortigen Baumgattungen kein zur guten Lederbereitung
geeignetes Material liefert, die Kosten der uͤberseeischen
Verfuͤhrung aber wohl durch den Minderbetrag der Arbeitslohne in
jenen Laͤndern und den Unterschied des Transportes zwischen der
rohen und der zubereiteten Waare aufgewogen werden duͤrften. Es
ist schwer, mehr Wahrheit und mehr technische und commercielle
Unrichtigkeiten zugleich zu sagen, als dieser Artikel enthaͤlt.
Das Factum, daß die Englaͤnder uͤberall Eichenrinde
suchen, ist richtig. Der Uebersezer der obigen Notiz hat selbst zu ihrem
Etablissement in Dalmatien indirect beigetragen; ob sie ihm folgten, und
den Ungarn in Slavonien und Kroatien von ihrer sie erdruͤkenden
Eichenrinde halfen, weiß er nicht. Wenn man sich beklagt, daß die
Englaͤnder die Eichenrinde ausfuͤhren, warum
benuͤzt man sie nicht selbst? Warum verbiethet man nicht die
Ausfuhr der Eichenrinde, wenn unsere Gaͤrbereien daruͤber
zu Grunde gehen muͤssen? Die Englaͤnder verbiethen bei Todes-Strafe die Ausfuhr eines Sakes
roher, und bei Confiscation die Einfuhr verarbeiteter Wolle, damit ihre
Fabriken bestehen koͤnnen; wir sind zu Tode froh, wenn die
Englaͤnder unsere rohe Wolle kaufen, damit ja unsere Fabriken auf
den Hund kommen (denn Schafe hat bei uns nur der Reiche; der Arme aber
spinnt und verarbeitet die Wolle) und lassen dafuͤr englische
Tuͤcher einfuͤhren, damit der Reiche sich Gentlemannisch
kleiden kann, unbekuͤmmert wie der Aermere mit unserem
Lumpentuche gegen Naͤsse und Kaͤlte sich schuͤzen
mag. Wie wir jezt kein gutes Tuch haben, werden wir am Ende keine
Schuhsohlen mehr haben, vor lauter Handelsfreiheit, und um nicht „von dem Fabrikanten-Gesindel
abzuhaͤngen“ wie neulich ein Quidam zu sagen sich nicht entbloͤdete. Die
Britten thun sehr klug, wenn sie den „ganzen Handel mit
Wildhaͤuten“ an sich ziehen; sie nehmen ja nur,
was man ihnen darbiethet. Sie hatten ja vor 10 Jahren den Alleinhandel
mit Menschenhaͤuten auf dem festen Lande! Die Concurrenz der
britischen Gaͤrber ist nicht die einzige Ursache, die die
americanischen Haͤute jezt hoͤher haͤlt, sondern
der Verbrauch dieser Haͤute in America selbst bei den dortigen
Heeren. Ein americanisches Heer braucht bei dem Mangel an Straßen, bei
der dortigen Hize und Thaunaͤsse, wenigstens 5 Mahl soviel Leder,
als ein deutsches. Daß die Britten die Lohe nach America fuͤhren,
um dort Leder zu gaͤrben, ist eine Idee nicht ungleich jener,
nach welcher Jemand heißes Wasser nach China fuͤhren wollte, um
dort Thee zu machen, und diesen warm nach Europa zu bringen, damit man
ihn dort des Abends trinken kann. Die Englaͤnder holen
Gaͤrbestoff vom Suͤdpol, aus Neuseeland, aus Ostindien,
und fahren damit um das Vorgebirge der guten Hoffnung nach
der Themse heim. Die Gewaͤchse der Tropen-Laͤnder
sind 10mahl reicher an Gaͤrbestoff, als die unsrigen: nichts
gleicht der Guͤte des indischen Leders: allein, die Staaten, die
Besizungen in Ost- und West-Indien hatten, Portugal,
Spanien, Frankreich, England, Daͤnemark, Schweden, erlaubten eben
so wenig gegaͤrbte Haͤute aus ihren dortigen Besizungen
einzufuͤhren, damit ihre einheimischen Gaͤrbereien nicht
leiden, als sie noch jezt nicht gestatten, raffinirten Zuker
einzufuͤhren, damit ihre Zuker-Raffinerieen nicht zu
Grunde gehen. Daß der Arbeitslohn in Amerika, und Alles, was man, außer
der Luft, dort noͤthig hat, ohne allen Vergleich theurer ist, als
in Europa, weiß jeder, der daselbst gelebt hat. Der Frankfurter
Correspondent, wie mancher andere Gelehrte in Deutschland, ist so
durchdrungen von der Idee der Nothwendigkeit freier Ausfuhr und Einfuhr,
wie jener Philosoph, als Hausvater, von der Idee des Himmlischen
durchdrungen war, als er seiner Hausfrau und seinen lieben
Toͤchtern, damit sie der goͤttlichen Freiheit der
Entwikelung ihrer Talente genoͤßen, erlaubte alles zu kaufen, was
diese haͤtten selbst arbeiten sollen, und alles zu verkaufen, was
die kluͤgeren Nachbarn besser zu benuͤzen verstanden, als
sie. Die Stadt-Chronik des Ortes, wo dieser Philosoph wohnte,
erzaͤhlt, daß er zum Finanz-Ministerium eines benachbarten
Staates berufen wurde, weil er so himmlische Ideen hatte; allein, die
Geschichte sagt, daß dieser Staat nahe daran kam, zu Grunde gehen, weil
er denselben eben so behandelte, wie seine Familie; alles
einfuͤhren ließ, was die Buͤrger haͤtten selbst
verfertigen, und alles ausfuͤhren, was sie haͤtten
verarbeiten koͤnnen, und was ihre Nachbarn spaͤter gegen
sie benuͤzten. Als die Buͤrger nichts mehr hatten, riefen
sie: „es lebe die Freiheit des Handelns!“
Eine Tonne Rinde gibt 4
Ztr. Extract von der Dike des Theeres, und 3 Ztr., wenn es so hart wie Pech geworden
ist: allein in dieser Consistenz ist das Extract meistens schon theilweise
angebrannt.