Titel: | Verbesserungen an Mikroskopen, und Vortheile Achromatischer- und Demantner Linsen. |
Fundstelle: | Band 17, Jahrgang 1825, Nr. LXXI., S. 327 |
Download: | XML |
LXXI.
Verbesserungen an Mikroskopen, und Vortheile
Achromatischer- und Demantner Linsen.
Aus dem Quarterly Journal of Science, Literature and the
Arts, by the Roy. Institution of great Britain, in Gill's technical
Repository. Mai. 1825. S. 299.
Verbesserungen an Mikroskopen, und Vortheile Achromatischer-
und Demantner Linsen.
Dr. Goring ließ bei Hrn. W. Tulley zu Islington eine dreifache achromatische Linse von 0,333 Zoll
Sideral-Focus, und 0,2 Zoll Oeffnung verfertigen, und eine andere, die nur
0,2 Zoll Focus und 0,11 Oeffnung hat. Als einzelne Linsen gebraucht, sind sie von
der hoͤchsten Vollendung, zu welcher man Vergroͤßerungs-Glaͤser durch
kuͤnstliche Combination bringen kann; sie sind aber zu schwach, um extensiv
wirksam zu seyn. Als Objectiv-Glaͤser an einem zusammengesezten
Mikroskope mit verschiedenen Oeffnungen und Ocular-Glaͤsern, nach
Verschiedenheit naͤmlich der zu untersuchenden Koͤrper, bringen sie
hingegen das Instrument einfachen Linsen von derselben
Vergroͤßerungs-Kraft gleich, in Hinsicht der
Faͤhigkeit die schwierigsten Probe-Gegenstaͤnde zu zeigen: ein
Grad von Vollkommenheit, welchen kein zusammengeseztes Instrument, in welchem ein
vergroͤßertes Bild eines Gegenstandes, statt des Gegenstandes selbst, gesehen
wird, bisher noch erreicht hat. Weil es bisher, ungeachtet aller luxurioͤsen
Vorrichtung eines weiten Sehefeldes, und der Leichtigkeit, mit welcher dunkle
Gegenstaͤnde beleuchtet werden, an solchen Instrumenten gefehlt hat, haben
die ausgezeichnetesten Naturforscher dieselben der einfachen einzelnen Linse
vorgezogen. Man ist es Hrn. Troughton, dem die
Wissenschaften in so vielen Hinsichten zu großem Danke verpflichtet sind, schuldig
zu bemerken, daß er der Erste war, der Hrn. Tulley
veranlaßte, die ersten achromatischen Linsen zu verfertigen, die als
Objectiv-Glaͤser bei den Mikroskopen des Kreises zu Greenwich dienen
sollten. Diese Linsen hatten etwas mehr als 1 Zoll Focus, und 1/4 Zoll Oeffnung,
wurden aber von Hrn. Troughton zuruͤkgewiesen,
weil sie nicht besser waren, als die gewoͤhnlichen, wenigstens in Hinsicht
auf den Zwek, zu welchem sie sehr richtig bestimmt waren. Denn, obschon die
chromatische Aberration an denselben großen Theils beseitigt wurde, blieb doch die
sphaͤrische unveraͤndert: die Deutlichkeit war also nicht
groͤßer, als die einer gemeinen Linse unter demselben
Oeffnungs-Winkel. Eine unendliche Schwierigkeit blieb noch zu
uͤberwinden: naͤmlich die Undeutlichkeit, die durch die Aberration der
Figur zugleich mit jener, die durch die Zerstreuung der Lichtstrahlen hervorgeht,
entstand: und diese ward jezt uͤberwunden. Es war nur wenig daran gewonnen,
daß man diese Linsen von allem Farben-Spiele befreite; denn sie wurden,
dessen ungeachtet, nicht besser,
sondern noch großen Theiles schlechter in Hinsicht auf
Deutlichkeit, als die gemeinsten Linsen, wie dieß auch bei den
achromatischen Objectiv-Glaͤsern der Teleskope der Fall ist.Hr. Herschel hat in einem hoͤchst
originellen und meisterhaften Aufsaze in den Transactions of the Royal Society fuͤr das Jahr 1821. Th.
II. die echte theoretische Krumme bestimmt, durch welche man die
moͤglich kleinste centralsphaͤrische Aberration an einem
Vergroͤßerungs-Glase aus zwei Linsen erhaͤlt. Hr. Goring ließ von Hrn. Cornel Varley (dem Neffen des beruͤhmten sel. Sam. Varley, dessen Erfindungen wir schon
oͤfters mittheilten, und noch mittheilen werden), jene Vorrichtung
verfertigen, die daselbst Fig. 5. auf der zu
obigem Aufsaze gehoͤrigen Platte abgebildet ist, und zwar in einem
Maßstabe von nur 1/6 Zoll Focus, und 1/15 Oeffnung. Diese Form ist die beste
fuͤr ein Objectiv-Glas eines zusammengesezten Mikroskopes, die
man sich denken kann, außer dem Achromatus,
welchem es uͤbrigens in Hinsicht auf Deutlichkeit sehr nahe kommt;
sie verwirrt indessen noch immer die Umrisse zarter und kleiner
durchscheinender Gegenstaͤnde mit einem Farbenrande, der dem Sehen
sehr hinderlich ist. Als einfaches Mikroskop dient sie praͤchtig, und
wird sich wahrscheinlich noch in einem viel kleineren Maßstabe, als dem
eines Sechstel Zoll fuͤr den Focus ausfuͤhren lassen, so daß
sie sehr stark werden kann. So wie dieses Instrument ist, zeigt es das
Gefuͤge der Perlmutter, die feinen Linien oder Vertiefungen an den
Federn der Fluͤgel, der Motten und Schmetterlinge und andere
Probe-Gegenstaͤnde; ist also 3 oder 4 Mahl staͤrker,
als die im Handel vorkommenden gemeinen
zusammengesezten Mikroskope. A. d. O.
Hr. J. Cuthbert
Erfinder des verbesserten hydropneumatischen Loͤthrohres und
pneumatischen Apparates. Techn. Repos. V. p.
326. Polytechn. Journ. B. XIV. S.
289.) hat auch, unter der Leitung des Dr. Goring, ein
Reflexions-Mikroskop nach der Theorie des Prof. Amici zu Modena verfertigt, welches, seinen
urspruͤnglichen Bedingungen und Dimensionen nach, naͤmlich, mit
einem Metall-Objectiv von 2 1/2 Zoll Sideral-Focus,
ungeachtet der pompoͤsen Lobreden, die man demselben hielt, nichts
taugte; indem es nichts anderes, als die gemeinsten und leichtesten
Gegenstaͤnde zeigen kann, wie man durch ein solches Instrument, das Hr. Cuthbert selbst verfertigte, und in welchem das
Objectiv-Metall eine genau elliptische Figur hat, beweisen kann. Dr. Goring meint, daß die Theorie dieses Instrumentes
gut war, daß aber der Fehler bei der Ausfuͤhrung daher entstand, daß das
Objectiv-Metall 2 Zoll Focus bei einer Roͤhre von 12 Zoll hatte:
dadurch entstand ein Bild, das nur ungefaͤhr 3 Mahl groͤßer war, als
das Object, und alles Uebrige zur noͤthigen Staͤrke mußte durch tiefe
Ocular-Glaͤser erhalten werden. Er entwarf darnach den optischen und
mechanischen Plan zu einem anderen Instrumente mit einem Metall-Objective von
nur 0,6 Zoll Sideral-Focus, und 0,3 Oeffnung, und einer nur 5 Zoll langen
Roͤhre. Hr. Cuthbert verfertigte dasselbe mit dem
besten Erfolge: es war in jeder Hinsicht eben so stark, und zeigte jeden Gegenstand,
eben so gut, als ein einfaches Mikroskop.
Dr. Goring ließ auch eine demantne
Linse von 1/20 Zoll Focus von Hrn. Pritchard,
(Gehuͤlfen des Hrn. Corn. Varley, 52. Upper
Thornhaugh-street, unter dessen Leitung sie gearbeitet wurde), verfertigen.
Man kann nicht leicht einen Koͤrper finden, dem es schwerer waͤre, die
Figur einer Kugel zu ertheilen; indessen war es moͤglich, diesem
haͤrtesten Dinge in der Natur die Form einer Linse zu geben, und, abgesehen
von den Schwierigkeiten bei der Bearbeitung, ist der Demant
gerade derjenige Koͤrper, der am meisten geeignet ist, kleine Mikroskope
zu bilden: denn seine Brechkraft ist beinahe doppelt so groß, als jene des
Glases, waͤhrend die Zerstreuungskraft desselben nicht groͤßer als
jene des Wassers ist. Die außerordentliche Haͤrte desselben macht ihn auch
endlich geeignet, die ausgezeichneteste Figur und Politur anzunehmen. Eine Linse aus
Demant wird also immer beinahe zwei Mahl so viel Vergroͤßerung geben, als
eine aus dieselbe Art geschliffene Glaslinse, waͤhrend ihre
sphaͤrische und chromatische Aberration unter gleicher Oeffnung nicht
groͤßer ist. Die
Demant-Linse, von welcher hier die Rede ist, ist plan-convex, und ward
in einer Vorrichtung geschliffen, die eine Glas-Linse von 1/10 Zoll Focus
gegeben haben wuͤrde, und welcher sie auch vollkommen in Figur und
Groͤße aͤhnlich ist. Sie fuͤhrt auch eben so gut dieselbe
Oeffnung, nur mit dem Unterschiede, daß sie zwei Mahl so stark
vergroͤßert, beinahe wie unter 1/20 Zoll Focus. Ungluͤklicher
Weise zeigten sich einige Risse in dem Steine: dessen ungeachtet, und obschon er
noch nicht vollkommen polirt ist, dient er sehr gut, und zeigt die schwierigsten
Gegenstaͤnde, sowohl als einfaches Vergroͤßerungsglas, wie als
Objectivglas eines zusammengesezten Mikroskopes. Man hat diese Demant-Linse
selbst unter 1/20 Zoll Oeffnung gebraucht. Hr. Varley
wird eine Demant-Linse von 1/100 Zoll Focus verfertigen.