Titel: Ueber Balancir-Maste oder verbesserte schwebende Maste bei Segel-Bothen und anderen leichten Fahrzeugen. Von Hrn. Raph. Clint, Siegelstecher zu London.
Fundstelle: Band 17, Jahrgang 1825, Nr. XCII., S. 439
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XCII. Ueber Balancir-Maste oder verbesserte schwebende Maste bei Segel-Bothen und anderen leichten Fahrzeugen. Von Hrn. Raph. Clint, Siegelstecher zu London. Aus den XLII. B. der Transactions of the Society for the Encouragement of Art's in Gill's technical Repository. April. 1825. S. 217. (Im Auszuge.) Mit Abbildungen auf Tab. IX. Clint, über Balancir-Maste oder verbesserte schwebende Maste bei Segel-Bothen und anderen leichten Fahrzeugen. Hr. Clint hat vor mehreren Jahren mit nautischen Arbeiten sich beschaͤftigt, und zwar bloß aus Liebhaberei und groͤßten Theils an der stuͤrmischen West-Kuͤste von Schottland. Er ist also mit dem Schiffs-Manoeuvre vollkommen bekannt. Die gegenwaͤrtige Verbesserung, fuͤr welche die Gesellschaft ihm 20 Guineen mittheilte, war urspruͤnglich bloß fuͤr offene Bothe bestimmt; es zeigte sich aber bald, daß sie, unter gewissen Veraͤnderungen, sich auch fuͤr Fahrzeuge mit einem Verdeke sehr vortheilhaft benuͤzen ließ, vorzuͤglich fuͤr solche, die bloß zum Schnellsegeln, ohne Ruͤksicht auf Ladung bestimmt sind, wie Mauth-Cutter (Revenue-Cutters), Paket-Bothe, Pilot-Bothe, Bothe zu Spazierfahrten u. d. gl. Wenn die durch diese Erfindung entstehenden Vortheile einmahl allgemein bekannt seyn werden, wird keines derselben es verschmaͤhen, den kleinen Raum fuͤr die Wiege aufzuopfern, der nicht viel groͤßer zu seyn braucht, als jener fuͤr eine Dampf-Maschine. Der Zwek dieser Verbesserung ist ein Fahrzeug unter dem Druke des gespannten Segels (close hauled), auf dem Wasser aufrecht zu erhalten. Die Vortheile dieser Haltung des Schiffes sind erstens: Schnelleres Segeln desselben, indem das Wasser an den Bogen sich besser theilt, und weniger todtes Wasser am Hintertheile nachgeschleppt wird. Zweitens, wird das Schiff dem Steuerruder besser folgen. Drittens, laͤuft das Schiff in dieser Lage besser windwaͤrts, als in der ungeschikten Stellung, in welcher es auf der Seite liegt. Ein anderer Zwek hierbei ist noch die Sicherung des Lebens und der Guͤter, die durch das Umschlagen der Schiffe bei Windstoͤßen so oft verloren gehen, und wohl auch durch Unaufmerksamkeit und Tollkuͤhnheit: ein Schiff auf diese Art gebaut, bleibt, wie durch Versuche erwiesen wurde, auch bei dem heftigsten Winde, in vollkommen aufrechter Lage. Das, bei der Gesellschaft niedergelegte, Modell ist das eines 6 Fuß langen und nur 9 Zoll breiten Schiffes. In dem Schiffsraume ist eine halbkreisfoͤrmige Wiege zwischen zwei Balken an ihren Mittelpuncten aufgehaͤngt, und in dieser Wiege befindet sich der Ballast oder ein Theil der Ladung. In dieser Wiege wird der Mast aufgestellt, und an den Seiten derselben ist alles Takelwerk mit den Zugstangen angebracht: das Ganze ist eingedekt, und uͤber dem Verdeke hat zwischen diesem Fahrzeuge und den gewoͤhnlichen kein wesentlicher Statt. Ein auf diese Weise gebautes Both kann beinahe 3 Mahl soviel Segel hinter einander fuͤhren, und, bei seiner viel groͤßeren Laͤnge, segelt es auch verhaͤltnißmaͤßig schneller. Der Druk des Windes mag noch so heftig seyn, der Koͤrper des Schiffes bleibt immer aufrecht. Obige Bemerkungen beziehen sich vorzuͤglich auf die Anwendung dieser Vorrichtung auf Schiffe von der gewoͤhnlichen Form; ein weit wichtigerer Vortheil in Hinsicht auf Schnellsegeln entsteht aber bei dieser Bau-Art dadurch, daß die Breite des Schiffes dabei vermindert werden kann. In dem Modelle bei der Gesellschaft verhaͤlt sich die Laͤnge zur Breite, wie 7 zu 1; das gewoͤhnliche Verhaͤltniß ist 3 : 1; es ist demnach 4/7 weniger Widerstand bei dem Fortschreiten dieses Fahrzeuges im Wasser, und 4/7 groͤßere Schnelligkeit bei dem Segeln. Wo man immer eine groͤßere Laͤnge anbringen kann, ist dieß hoͤchst wuͤnschenswerth: das Schiff geht leichter und schneller uͤber ein stark bewegtes Meer, wenn es lange ist, weil die Erhebungs- und Senkungs-Winkel spiziger ausfallen; es segelt mehr in einer und derselben Richtung fort, und haͤlt den Wind besser; es liegt sicherer vor Anker, und reitet sicherer auf diesem bei einem schweren Winde, weil es das Ankertau weniger spannt. Ueberdieß ist dieser Plan hoͤchst einfach. Jedes Seil, jede Stange, jedes Segel, alles am Takelwerke ist an derselben Stelle, wie bei den gewoͤhnlichen Schiffen, so daß, bei der Bemannung desselben, der Seemann nichts Neues mehr zu lernen hat. Endlich scheint es noch am Schlusse nicht uͤberfluͤßig, die Gesellschaft auf die Art aufmerksam zu machen, wie die Bewohner der Kuͤsten am stillen und am indischen Ocean ihre langen Bothe mit Segeln ausstatten. Dort ist das Doppel-Both, das Catamaran, das Both aus Bambus-Roͤhren auf Quer-Stangen hinaus gehaͤngt; das auf einer Seite flache Both mit dem Bothsmanne windwaͤrts auf einer Sparre: doch dieß beweist bloß den Nuzen der Laͤnge, taugt nur fuͤr ein Volk von Amphibien, und ist nur im Kleinen anwendbar. Siehe Lord Anson's description of the Flying Proas of the Ladrone Irlands. R.Clint. Im lezten Mai wurde ein Wallfisch-Both von Hrn. Clint nach obigem Plane ausgeruͤstet, und mehrere Experimente wurden mit demselben auf der Themse angestellt. Es segelte einmahl mit vollem Segel und beinahe flachem Kiele nach Erith bei einem so ungestuͤmmen Winde hinab, daß das Gravesend-Both und andere Bothe ihre Segel einziehen mußten, und beinahe bis auf das halbe Verdek im Wasser liefen. Ueber die Neuheit, so wie uͤber die Ausfuͤhrlichkeit des Planes des Hrn. Clint kann kein Zweifel mehr Statt haben: indessen will die Gesellschaft, die denselben dem Publicum mittheilt, die volle Sicherheit desselben auf der See, so wie die Sache gegenwaͤrtig noch steht, nicht verbuͤrgt haben. Erklaͤrung der Figuren. a. Fig. 13. Die aͤußere Huͤlle des Schiffes. b. Der auf der Wiege, c, befestigte Mast: der untere Theil der Wiege ist durch eine Scheidewand zur Aufnahme des Ballast abgeschieden. d. Einer der Pfeiler, an welchen der Mast und die Wiege aufgehaͤngt sind, so daß sie nach den Seiten hinschweben koͤnnen, waͤhrend die Huͤlle des Schiffes aufrecht bleibt.

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