Titel: Ueber die Bereitung der Tuche in Wasserdämpfen, oder das sogenannte Dekatiren derselben.
Fundstelle: Band 18, Jahrgang 1825, Nr. XVII., S. 98
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XVII. Ueber die Bereitung der Tuche in Wasserdaͤmpfen, oder das sogenannte Dekatiren derselben. Von Herrn Weber. Aus den Verhandl. des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen. August 1825. S. 139. Weber, uͤber die Bereitung der Tuche in Wasserdaͤmpfen. Die erst vor Kurzem gemachte Erfindung, die Tuche in Wasserdampfen zu behandeln, und dadurch zu krumpen, so daß sie nicht allein stehen, das heißt eine bestimmte Ausdehnung in der Lange und Breite annehmen, die unveraͤnderlich bleibt, sondern auch den gewoͤhnlich heiß aufgesezten Preßglanz verlieren, welcher leicht vergaͤnglich ist, und verursacht, daß das Tuch gleich stetig erscheint, sobald Wassertropfen darauf fallen, ist als eine wesentliche Verbesserung der Tuchbereitung anzusehen, durch welche dieser Zweig der Tuchfabrikation wirklich sehr gewonnen hat. Das Dekatiren, oder die Dampfkrumpe verdient der altern Art, das Tuch zu krumpen, in vieler Hinsicht vorgezogen gen zu werden, da sie Vortheile gewaͤhrt, daß sie alles dasjenige leistet, was diese thut, um das Tuch fuͤr den Gebrauch geeignet zu machen, uͤberdieß aber demselben nicht, wie jene, das schoͤne Ansehen benimmt, sondern ihm einen sanften Glanz mittheilt, der weit angenehmer ist, als der blendende, spekartige Preßglanz, und sich beim Tragen der Kleidungsstuͤke lange Zeit hindurch erhaͤlt. Der Regen und der Staub dringen in das dekatirte Tuch nicht so leicht ein, wie in das nach der alten Art gekrumpte, sie haften nicht darauf, bringen keine Fleken hervor, das Tuch kann leichter gereinigt werden, und die Folge davon ist, daß die Kleider laͤnger ein schoͤnes Ansehen behalten und brauchbar bleiben. Es ist daher sehr zu wuͤnschen, daß der Gebrauch der dekatirten Tuche ganz allgemein werde, und daß die Tuchbereiter im Lande das dabei anzuwendende Verfahren kennen lernen und in Ausfuͤhrung bringen, um so mehr, da der Tuchhandel dadurch auch auf einen bessern Fuß kommen wird, indem der Kaͤufer an dem dekatirten Tuche gleich sieht, was er kauft, da es bleibt, wie es ist, was bei dem Tuche nicht der Fall ist, dem man einen starken kuͤnstlichen Preßglanz aufgesezt hat. Die Dampfkrumpe ist an sich selbst gar keine schwierige Operation. Wird mit Vorsicht und Sachkenntniß dabei zu Werke gegangen, so kann das Fabrikat nie leiden, oder dabei Schaden gemacht werden. Hiemit muß ja uͤberhaupt immer jede Arbeit ausgefuͤhrt werden, wobei die Einwirkungen mechanischer Kraͤfte, oder chemischer Mittel, Statt findet, die von dem Arbeiter geregelt und abgemessen werden muͤssen, damit der Erfolg gesichert werde. – Die Gefahr, das Tuch zu verderben, ist also nicht von der Art, daß sie einen Grund abgeben kann, die vorteilhafte Behandlung zu verwerfen. Ich will demnach versuchen, hier eine kurze Beschreibung des Verfahrens im Allgemeinen zu geben, die hinreichen wird, den Fabrikanten in den Stand zu sezen, die Sache auszufuͤhren. Die Maschinerie, deren man sich in den hiesigen Tuchbereiter-Werkstaͤtten zum Dekatiren bedient, besteht in einem etwa 2 Fuß hohen, und 3 Fuß tiefen und breiten Ofen aus Mauersteinen. Die Waͤnde desselben tragen eine gußeiserne Platte, die hohl liegt, und bloß in der Mitte auf einem konischen Granitstein ruht. Der Ofen hat an der vorderen Seite 2 Oeffnungen mit Thuͤren zur Feuerung. Der Herd ist etwa 1 Fuß hoch. Die Flamme trifft die eiserne Platte unmittelbar. An der hintern Seite des Ofens befindet sich die Rauchroͤhre, ohne weitere Zuͤge, denn das Feuer muß ruhig unter der Platte brennen, und diese auf allen Puncten gleichmaͤßig erhizen. Die Platte hat einen erhabenen Rand, in welche ein Rahmen paßt. Sie wird zuerst mit groben leinenen Tuͤchern belegt, die man stark mit Wasser benezt. Auf diese kommt der Rahmen mit dem Tuche zu liegen, das stark zusammengepreßt wird, um von den Daͤmpfen durchzogen zu werden. Ein quer uͤber den Ofen gehender Balken traͤgt die dazu noͤthige Preßspindel. Mittelst dieser Maschinerie wird die Arbeit in folgender Art ausgefuͤhrt. Die in mehreren Lagen auf der gußeisernen Platte befindliche Leinwand wird zuerst stark mit Wasser begossen; dann wird angefeuert und die Platte so erhizt, daß sie gluͤht. Das zu dekatirende Tuch wird getafelt und in den Rahmen gebracht, in diesem aber noch in eine dike Tuchdeke geschlagen, welche dazu dient, die Farben zu conserviren. Zu schwarzem Tuche nimmt man eine schwarze Tuchdeke, zu den hellfarbigen Tuchen aber eine weiße oder gleichfarbige. Damit das so eingeschlagene Tuch nicht unmittelbar auf die nassen Leinentuͤcher zu liegen kommt, bedekt man diese noch mit drei Lagen trokener Leinwand. Auf diese wird der Rahmen mit dem Tuche gelegt, und auf diesen dann das Preßbrett. Man faͤhrt hierauf die Preßspindel, welche gerade uͤber der Mitte des Ofens, wo der Stein die Platte traͤgt, sich befindet, wie bei dem gewoͤhnlichen Pressen, zu, und druͤkt es beliebig zusammen. Je staͤrker man hierbei einfahrt, um so groͤßer ist die Wirkung, um so hoͤher wird der Glanz des Tuches, aber um so mehr nimmt es auch etwas an Harte zu. Daher kommt es sehr darauf an, die Erhizung der gußeisernen Platte, und das Zusammenpressen des Tuches nach dessen Beschaffenheit zu reguliren, wozu Erfahrung gehoͤrt. Ist alles so vorgerichtet, dann durchdringen die aus den angefeuchteten leinenen Tuͤchern aufsteigenden Wasserdaͤmpfe das Tuch, und bewirken das Dekatiren. Die Dauer der Durchdampfung richtet sich nach der Beschaffenheit der Waare, ist aber uͤberhaupt nur kurz; bei hellfarbigen Tuchen etwa eine Viertelstunde, bei schwarzfaͤrbigen gegen eine halbe Stunde. Hat das Durchdampfen gehoͤrig Statt gehabt, dann wird der Rahmen mit dem Tuche abgenommen, und auf dem Vorrichtetisch gebracht. Man entfaltet es, 2 Arbeiter ergreifen es an den Enden, und schuͤtteln es tuͤchtig aus, wodurch es von den Dampfen, die es enthaͤlt, befreit wird. Die weitere Behandlung ist die gewoͤhnliche. – Noch ist zu bemerken, daß das zu dekatirende Tuch vorher eine recht starke Presse erhalten haben muß. Die hier beschriebene Methode ist franzoͤsischen Ursprungs. Der hiesige Tuchbereiter Hr. Kruͤckmann hat sie sehr verbessert, und bedient sich besonders eines von ihm erdachten Rahmens, der Vorzuͤge vor dem gewoͤhnlichen hat, dessen Beschreibung aber hier unterbleiben muß. In England dekatirt man nicht uͤber dem Ofen, sondern in verschlossenen Raͤumen, in welche die Wasserdampfe gelassen werden. Im London Journal of Arts and Sciences, Vol. IX. Pag. 77. findet sich unter anderm die Anzeige eines Patents auf eine verbesserte Methode, wollenen Zeugen eine Glanzkrumpe zu geben, welche John Fussel, zu Mells, in der Grafschaft Sommersett, am 11. August 1824 entnommen hat.Polyt. Journal Bd. XV. S. 121. Sie besteht darin, daß er das Tuch auf Walzen wikelt, welche Vertiefungen haben, wo die Leisten hineinfallen, damit es dicht auf einander liege. Auf diese Walzen wird das nasse Tuch recht fest gewikelt, dann werden dieselben aufrecht gestellt, um auszutroͤpfeln, und 3 Stunden hindurch durchgedampft, entweder uͤber einem offenen Kessel, oder in einem verschlossenen Behaͤlter, in welchem die Dampfe aus einem Generator treten; oder man bedient sich hohler Walzen, durch welche die Dampfe streichen. Der Tuchappreteur Herr Engel in Berlin, hat bekanntlich einen Dampfungsapparat ausgefuͤhrt, der mit der englischen Aehnlichkeit hat. Man schreibt jedoch dem oben beschriebenen Verfahren nach franzoͤsischer Art eine bessere Wirkung zu, besonders mit den hier damit vorgenommenen Verbesserungen.