Titel: | Ueber Gährung. Von Hrn. Colin, Professor an der königlichen Militärschule. Zweiter Theil. |
Fundstelle: | Band 19, Jahrgang 1826, Nr. LXXIV., S. 283 |
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LXXIV.
Ueber Gaͤhrung. Von Hrn. Colin, Professor an der
koͤniglichen Militaͤrschule. Zweiter Theil.Der erste Theil nebst einem Anhange ist in B.
XVIII. S. 239 u. f. des polytechn. Journals enthalten. D.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Sept. 1825.
S. 42.
Colin, uͤber Gaͤhrung.
Da sich die Faͤhigkeit zu gaͤhren
vorzuͤglich in den Bier- und Wein-Hefen zeigt, so mußten dieselben ganz
besonders meine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen, so wie sie auch schon jene des
Hrn. Thenard, die lezteren die des Hrn. Fabroni, auf sich zogen. Ich stellte daher mit beiden
Versuche an, und beginne mit Darstellung derjenigen, welchen ich die Bierhefen
unterwarf.
Versuche mit den Bierhefen.
Die Hefen verwandeln den Sauerstoff der Luft in Kohlensaͤure,Thenard. Abhandlung uͤber die
Gaͤhrung A. d. O. und entwikeln zugleich eine bedeutende Menge dieses lezteren Gases aus ihrer eigenen
Substanz. Dieß ergibt sich aus folgendem Versuche: ich brachte frische Bierhefen in
ein Gefaͤß, welches auf dem Queksilber-Bade schwamm, und bedekte dasselbe mit
einer, mit atmosphaͤrischer Luft gefuͤllten, Gloke. Diese Gloke war
tubulirt, und an der Tubulatur derselben befand sich eine gekruͤmmte
Roͤhre, welche bestimmt war, die Luft dieses Gefaͤßes in jene
Gefaͤße zu leiten, in welchen sie untersucht werden sollte; was sich leicht
durch gradweise Einsenkung der Gloke in das Queksilber-Bad bewirken ließ. Diese Luft
wurde vor ihrer Anwendung untersucht: sie enthielt eine kaum merkliche Menge
Kohlensaͤure. Sieben Tage darauf enthielt sie 28,82 per Cent, und roth nach
Mispeln. Den 15ten Tag enthielt sie 34,94 per Cent, wovon 13,94 ganz vom
Gaͤhrungs-Mittel herruͤhrten, da der Sauerstoff der Luft nur 21
liefern koͤnnte. Die diesem Versuche unterworfene Substanz war zu dieser Zeit
zum Theile fluͤßig, und haͤtte auch eine etwas sauere Eigenschaft
angenommen; allem sie war noch nicht in Faͤulniß uͤbergegangen, und im
Stande, Zuker mit einer gewissen Lebhaftigkeit in Alkohol zu verwandeln.
Laͤßt man die Bierhefen, zu einer Kugel zusammengerollt, drei Wochen lang an
freier Luft liegen, so vermindert sich die Wirksamkeit derselben bedeutend.
Ruͤhrt diese Verminderung von dem fortgesezten Einfluße der Luft, oder von
einer inneren Veraͤnderung dieser Substanz her? Dieß ist noch zu entscheiden.
Wir bemerken jedoch, daß die Hefen, welche wir diesem Versuche unterwarfen, aus der
Mute der Kugel genommen wurden, deren aͤußerer Ueberzug ganz vertroknet war,
und daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß die Luft irgend einen Zutritt zu denselben
haͤtte. Alle Erscheinungen veranlassen mich, im Gegentheile, zu glauben, daß
in den Hefen eine innere Arbeit vorgeht, deren Bewegung sich dem Zuker mittheilt,
und welche nicht ehe aufhoͤrt, als bis sie durch den Zukerstoff, oder durch
die Einwirkung auf sich selbst erschoͤpft ist. Ist denn der bloße Zutritt des
Sauerstoffes nicht hinreichend, um den groͤßten Theil der organischen
Substanzen, wenn sie einen hinlaͤnglichen Grad von Feuchtigkeit besizen, und
sich in der gehoͤrigen Temperatur befinden, in Bewegung zu sezen?Gay-Lussac, Abhandlung uͤber den Einfluß
des Sauerstoffes bei der Gaͤhrung. A. d. O. Allein, wie kommt es, daß, wie wir bis jezt wissen, bloß die
Stikstoffhaltigen unter diesen Substanzen im Stande sind, diese Bewegung dem Zuker mitzutheilen? Hierin
beruht eigentlich die Schwierigkeit, welche verschwindet, wenn man annimmt, daß die
stikstoffhaltigen organischen Substanzen, da sie viel leichter, als die
uͤbrigen, der Zersezung unterliegen, nothwendig auch viel mehr faͤhig
sind, dem Zuker diese moleculaͤre Bewegung mitzutheilen. Dieß ist es, was
auch wirklich vorgeht: die Hefen zersezen sich aͤußerst leicht, und verhalten
sich in dieser Hinsicht beinahe wie der Faͤrbestoff des Blutes; gleich nach
diesen folgen die Gliadine, der Urin, der Kaͤs, das Zymom, der Faserstoff und
das Osmazon, welche immer weniger und weniger einer freiwilligen Zersezung
faͤhig, und daher auch verhaͤltnißmaͤßig weniger tauglich sind,
den Zuker in Alkohol zu verwandeln. Man kann zwar einwenden, daß so viele organische
Substanzen, welche keinen Stikstoff enthalten, am Ende doch eine freiwillige
Zersezung erleiden, und ich seze sogar hinzu, daß ich durch Vermengung des Zukers
mit einer nicht stikstoffhaltigen vegetabilischen Substanz keinen Alkohol erhalten
koͤnnte; da sich jedoch am Ende Saͤure in demselben zeigt; so darf man
glauben, daß sich unter diesen Umstaͤnden auch Alkohol bildet, der sich wegen
der außerordentlichen Langsamkeit seiner Entstehung unmittelbar in Essig
verwandelt.
Vermehrt man mittelst eines Reibsteines und eines Laͤufers die
Beruͤhrungspunkte der Hefen mit der gasartigen, und der von dem Wasser
aufgeloͤsten Luft, so wird die Wirkung derselben auf den Zuker um zwei Tage
verzoͤgert, entsteht aber hierauf mit nicht geringerer Kraft, selbst wenn das
Reiben bei 20 Grammen 48 Stunden lang gedauert haͤtte. Die Ursache dieser
Verspaͤtung liegt mm nicht in der den Hefen mitgetheilten Bewegung, wie sich
erweisen laͤßt, wenn man Bierhefen einige Zeit lang mit Zuker und Wasser
abreibt. Sie liegt auch nicht in der Oxidation, welche das Gaͤhrungs-Mittel
erlitt, denn waͤre der oxidirte Gaͤhrungs-Stoff zur Gaͤhrung
untauglich, so wuͤrde der, von welchem die Rede ist, und welcher so lang in
Beruͤhrung mit der gasartigen, und der vom Wasser aufgeloͤsten, Luft
umgeruͤhrt wurde, keinen Zuker mehr erzeugt haben, waͤhrend doch das
Gegentheil erfolgte. Sie liegt auch nicht in dem Essige, oder in dem verdampften
Alkohole; denn wir werden sehen, daß die Gegenwart derselben ehe schaͤdlich,
als nuͤzlich ist. Sie liegt endlich nicht in der Verdampfung des
Gaͤhrungs-Stoffes; denn dieser ist nicht fluͤchtig: sondern sie liegt
vielmehr darin, daß
jene dieser Theilchen, unter denen eine freiwillige Bewegung vor sich ging, durch
die Einwirkung der Luft zerstoͤrt wurden, und daß ihre gegenseitige Bewegung
dadurch so lange aufgehoben wurde, bis eine neue Zersezung denselben wieder ihre
vorige Thaͤtigkeit verschaffte.
Diese Substanz bewirkt ohne Beihuͤlfe der Luft oder des Sauerstoffes die
Gaͤhrung: die Hize des kochenden Wassers verspaͤtet jedoch diese
Wirkung, vermindert die Heftigkeit derselben, und macht, wenigstens anfangs, die
Beihuͤlfe der einen oder des anderen noͤthig.
Filtrirt man das Gemenge von Wasser, Hefen und Zuker, so wird die Gaͤhrung
dadurch etwas verzoͤgert, und das Product derselben schlechter.
Das Sieden verspaͤtet, verzoͤgert und macht die Gaͤhrung sogar
einige Monathe hindurch hauptsaͤchlich dadurch unvollkommen, daß es die
unaufloͤslichen Theile der Hefen verstaͤrkt, d.h. ihre
Cohaͤsions-Kraft beguͤnstigt, und vorzuͤglich dadurch, daß auf
diese Weise ihre unaufloͤslichen Grundtheilchen aufhoͤren, sich
schwebend zu erhalten. Auf dieselbe Weise wird ein truͤbes Wasser, welches
dadurch, daß man dasselbe sich sezen laͤßt, nur sehr schwer klar geworden
waͤre, nachdem es der Siedehize ausgesezt wurde, leicht klar. Diese
Erscheinung gehoͤrt mit in die Reihe der folgenden: Troͤpfchen benezen
die Oberflaͤche eines Gefaͤßes in dem Maße weniger, und gleiten
leichter uͤber dieselbe ab, als dasselbe mehr erwaͤrmt ist; ein
Wassertropfen behaͤlt seine Kugelform auf einem gluͤhenden Eisen,
nicht aber auf einem minder erhizten; Kalk schlaͤgt sich aus seiner
waͤsserigen Aufloͤsung nieder, wenn man diese der Einwirkung des
Feuers aussezt; auch Thonerde faͤllt bei Erhoͤhung der Temperatur aus
ihrer essigsauren Aufloͤsung großentheils nieder.Diese Eigenschaft der Thonerde wuͤrde von Gay-Lussac beobachtet.A. d. O.
Ich bewies, daß der Sauerstoff zur Wirkung der Hefen nicht noͤthig ist, indem
ich gelochtes Wasser, welches ich ohne Zutritt der Luft abkuͤhlen ließ, auf
Bierhefen goß, und damit vermischte. Dieses Gemenge, welches zu groͤßerer
Sicherheit mit Oehl bedekt wurde, wurde mittelst eines luftleeren Raumes, und unter
50° Centigrad., Eine Stunde hindurch, und laͤnger, kochend erhalten.
Dessen ungeachtet stellte sich die Gaͤhrung ohne Zutritt der Luft sogleich
ein, wenn ich mich
einer siedenden Zukeraufloͤsung bediente, dieselbe beinahe siedend auf die
Hefen-Emulsion goß, und das Gefaͤß, in welchem leztere enthalten war, damit
anfuͤllte. Ich brauche wohl nicht hinzuzufuͤgen, daß ich an diesem
Gefaͤße sogleich eine mit luftleerem Wasser angefuͤllte Roͤhre
anbrachte, welche ich in siedendes Wasser tauchen ließ.
Die Hefen entwikeln, selbst bei einer Temperatur von 100 Graden, keinen Wasserstoff
aus dem Wasser, und liefern nur eine geringe Menge Kohlensaͤure, welche das
Volumen der angewendeten Hefen nicht uͤbersteigt. Sie koͤnnen sogar
noch zur Gaͤhrung dienen, nachdem sie im Marien-Bade bis zur Trokenheit
erhizt wurden. Die Destillation scheidet aus denselben, unvollkommen, zwei
uͤbereinander befindliche Substanzen ab, von welchen die eine wirksamer ist,
als die andere; ich verstehe damit den aufloͤslichen und den
unaufloͤslichen Theil. Das Product, welches auf diese Weise davon
abgeschieden wurde, verspaͤtet, wenn man es der einen, oder der anderen
zusezt, ihre Wirkung, und macht sie unvollkommen.
Hierauf folgt, daß, wenn man vegetabilisches Eiweiß in den Hefen voraussezt, dasselbe
bei dem Abdampfen bis zur Trokenheit vollkommen gerinnen mußte; daß also nicht
dieses dem, bei diesen lezteren Versuchen erhaltenen, Alkohole 19 und selbst
21° Cartier bei einer Temperatur von
20–21° Centesim.Ihre wechselseitige Destillation lieferte Producte, welche, in gleicher Menge
gesammelt, (indem jedoch nicht ehe aufgehoͤrt wurde, als bis nichts
mehr als Wasser uͤberging), bei einer Temperatur von 21° des
hundertgraͤdigen Thermometers o mit Cartier's Araͤometer gepruͤft
wurden.Das Gemenge der unteren Schichte mit Zuker gab einen Alkohol
von21°Jenes des Zukers mit den beiden uͤbereinander befindlichen
Schichten gab einen von21,°4Das Vorhergehende, aufgeloͤst in zwei Glaͤsern des,
durch Destillation der Hefen im Marienbade erhaltenen, Productes,
lieferte einen Alkohol von19°Die Zukeraufloͤsung endlich mit dem Producte der
Destillation der Hefen im Marienbade, gab, nach 6 Monathen, einen
Alkohol von11 schwachen °Die geringe Menge Alkohol, welche sich in einem so waͤsserigen
Producte befindet, mußte schon durch das bei diesem Versuche angewendete
Vehikel erzeugt worden seyn. Diese vergleichenden Versuche wurden mit 100
Grammen Zuker angestellt.A. d. O. geben konnte, weil der, unter denselben Umstaͤnden, durch geronnenen Eiweißstoff
erhaltene Alkohol nie 12° uͤberstieg; daß selbst der klebrige
Eiweißstoff auf diese Weise nie einen Alkohol von 17° geben koͤnnte,
und daß uͤberdieß bei diesen lezteren der Gang der Gaͤhrung ein ganz
anderer gewesen waͤre. Wir sezen nun noch hinzu, daß durch diese Destillation
im Marienbade, nicht nur der in den Hefen enthaltene Alkohol, sondern auch der Essig
dieselben verließ, indem jedes Aufloͤsungsmittel dadurch entfernt wurde; daß
die Gerinnung des Eiweißstoffes, welchen man in denselben vermuthen kann, vollkommen
seyn mußte, und daß, da der Ruͤkstand noch faͤhig ist mit einiger
Lebhaftigkeit die Gaͤhrung des Zukers hervorzurufen, die Hefen nicht aus
Eiweißstoff bestehen; es koͤnnte jedoch seyn, daß sie demselben ihren
Ursprung verdanken, wie wir in dem ersten Theile dieser Abhandlung zeigten.
Das rothe Queksilberoxid laͤhmt oder zerstoͤrt die erregende Kraft
dieser Substanz, welche sie zu faͤllen scheint; wenigstens ist soviel gewiß,
daß, wenn man die Fluͤßigkeit mit Schwefelwasserstoff-Saͤure
untersucht, man keine Spur von Queksilber in derselben findet.
Von den Abwaschwassern der Hefen.
Die Abwaschwasser der Hefen sind im Stande, die Gaͤhrung mit einiger
Lebhaftigkeit zu veranlassen; sie geben beim Eindampfen in der Kaͤlte und in
einem leeren Raume einen gelbbraunen Ruͤkstand, wie Osmazon, welcher riecht,
schmakhaft ist, leicht zerfließt, das Lakmuß-Papier roͤthet, und in Alkohol
und Aether wenig aufloͤslich ist. Sie enthalten weder freie, noch gebundene
Kohlensaͤure, obwohl sie durch Baryt und Chlorin-Baryum (salzsaurer Baryt) in
weißlichen Floken gefaͤllt werden; denn weder ein laͤnger fortgeseztes
Kochen, noch die Wirkung der Saͤuren auf diese Floken entwikeln etwas von
diesem Gase. Nach einigen Tagen, und wenn die abgewaschene Substanz auch nur etwas
wenig dem Zutritte der Luft ausgesezt war, nehmen sie einen fauligen Geruch an,
welcher jenem von solchem Wasser nicht unaͤhnlich ist, in welchem Kohl
gesotten wurde; sie sind jedoch dann noch zur Gaͤhrung tauglich. Sollte der
Kohlsaft etwa Hefen enthalten? Dieß wuͤrde wahrscheinlich gemacht durch das
freiwillige Sieden, welches die Gemuͤse erleiden, wenn sie in den Zustand von
Sauer-Kraut uͤbergehen; allem die Langsamkeit,
mit welchen dieß geschieht, erlaubt nicht, dieses anzunehmen, und doch
erklaͤrt die große Menge vegetabilischen Eiweißstoffes, welche sie enthalten, diese Wirkung
hinlaͤnglich.
Sie schillern selbst noch, wenn sie durch doppeltes Papier geseiht wurden; durch Ruhe
kann man sie jedoch ganz klar erhalten. Durch Sieden bildet sich ein Niederschlag in
denselben. Die Luft erzeugt darin weißliche Haͤutchen. Weder die Luft noch
die Hize sind noͤthig, um sie zu truͤben, wie man bei ihrer
Eindampfung in einem leeren Raume sieht.
Das Wasser reißt bei der Destillation, wenn es etwas mit sich fortnimmt, nur
unaufloͤsliche Theile des Gaͤhrungs-Stoffes mit sich uͤber.
Jenes, welches mit den Hefen gesotten hat, gibt, bei seiner Eindampfung mittelst der
Waͤrme, ein Extract, welches demjenigen analog zu seyn scheint, das man von
den kalten Abwaschwassern erhaͤlt, wenn man sie in Leslie's
Eindampfungs-Apparat bringt. Die lezten Abwaschwasser, so lange die Abwaschung auch
fortgesezt worden seyn mag, geben beim Eindampfen doch immer noch einen schwachen,
bitteren Ruͤkstand, welcher durchscheinend ist, wie von selbst getrokneter
Eiweißstoff. Er betrug beim zwanzigsten Abwaschen 21–26 Centigramme auf das
Liter, und da er in den folgenden Abwaschungen mehrere Mahle hinter einander eben so
viel ausmachte, so schloß ich daraus, daß dieses bleibende Verhaͤltniß eine
geringe Aufloͤslichkeit der ausgewaschenen Substanz anzeige, und daß, so groß
auch meine Ausdauer gewesen waͤre, das Wasser doch nicht mehr davon aufnehmen
wuͤrde. Diese lezten Abwaschwasser, mit Zuker gemischt, werden an der Luft in
zwei bis drei Tagen von selbst sauer, und entwikeln zulezt sehr langsam
Kohlensaͤure und einige Spuren Alkohol.
Dieser Versuch bestaͤtigt die geringe Aufloͤslichkeit des
Ruͤkstandes, welchen die Hefen zuruͤklassen, wenn sie gut
ausgesuͤßt sind. Er zeigt auch, daß dieser Ruͤkstand, selbst wenn er
der Wirkung der Waͤrme und jener des siedenden Wassers ausgesezt wurde, in
sich selbst, obgleich schwach, die Eigenschaft zu gaͤhren besizt.
In dem Maße, als man die Bierhefen auswaͤscht, selbst wenn man den Zutritt der
Luft verhindert, indem man sich eines aller Luft beraubten Wassers bedient,
entwikelt sich aus denselben eine sehr geringe Menge Gas, welche sich bei jedem
wiederholten Abwaschen erneuert. Da die fortgesezte Wirkung des Wassers auf die
Hefen bei einer Temperatur von 100° vorher nur eine sehr geringe Menge Gas geliefert
haͤtte, so schließen wir daraus, daß dieses von dem Reste der Einwirkung der
Hefen auf sich selbst herruͤhrt, um so mehr da, indem diese Substanz immer
feucht ist, das zugesezte Wasser kein neuer Umstand ist, welcher diese Entwikelung
bedingen koͤnnte. Auf eine mehr directe Weise laͤßt sich dieß auch aus
der Art schließen, auf welche die Hefen auf die Luft wirken.
Der, durch Concentration in den Waschwassern gebildete, Ruͤkstand ist ein sehr
langsames Gaͤhrungsmittel. Es scheint dem unaufloͤslichen
Ruͤkstande analog zu seyn, welcher von den Hefen zuruͤkbleibt.
Von dem unaufloͤslichen Ruͤkstande der
Hefen.
Dieser Ruͤkstand roͤthet, obwohl er nicht sauer ist, doch oft das
Lakmuß; durch haͤufiges Abwaschen kann man ihm jedoch diese Eigenschaft
benehmen. Er ist dem Kleber, oder vielmehr dem Zymom, aͤhnlich in der Art,
wie er auf Kohlen brennt, nach dem Geruche von angebranntem Brode naͤmlich,
welchen er dabei verbreitet, und in der Eigenschaft einen kaͤseartigen Geruch
zu entwikeln, wenn man ihn feucht sich selbst uͤberlaͤßt. Er
unterscheidet sich aber davon durch die geringe Kraft seiner Wirkung auf den Zuker.
Er naͤhert sich noch mehr dem geronnenen Eiweißstoffe, weil er, wie dieser,
beim Troknen durchscheinend, und beim Befeuchten wieder undurchsichtig wird; eine
Eigenschaft, durch welche sich beide von den Sehnen, und anderen thierischen
Substanzen unterscheiden, welche, nach Chevreuls
Beobachtung, ihre Durchsichtigkeit dem Wasser verdanken, das sie enthalten. Seine
Unaufloͤslichkeit ist nicht absolut; das Wasser nimmt jedoch, wie wir eben
gesehen haben, nur Spuren davon auf. Befeuchtet, und der Luft uͤberlassen,
verwandelt er nicht bloß den Sauerstoff derselben in Kohlensaͤure, sondern er
liefert sogar aus seiner eigenen Substanz noch eine bestimmte Menge dieses sauren
Gases; zugleich erleidet er dabei eine Veraͤnderung, vermoͤge welcher
er mehr geeignet wird, vom Wasser angegriffen zu werden. Obschon er demselben, ehe
er in Faͤulniß uͤbergegangen ist, so wenig uͤberlaͤßt,
so reicht dieß doch hin, um zu zeigen, daß in ihm eine schwache
Gaͤhrungs-Kraft enthalten ist, welche der reinste Weinstein-Rahm
beguͤnstigt, und eine zu große Faͤulniß vermindert. Dieß erhellt auch
wirklich, wenn man ihn mit Zuker vermischt. Eine maͤßige Faͤulniß
verstaͤrkt in ihm diese Eigenschaft auf eine sehr merkliche Weise, und wenn sie
nicht hinlaͤnglich vorgeruͤkt ist, so ist die dadurch hervorgebrachte
Erhoͤhung auch nicht so merklich; er verhalt sich also auch hierin genau wie
geronnener Eiweißstoff. Vergleicht man die Resultate, die man mit lezterem erhielt,
mit jenen, welche der unaufloͤsliche Theil der Bierhefen gab, so wird man
offenbar finden, daß die lezteren und ersteren identisch sind, und daß eine
maͤßige Faͤulniß sowohl dem einen als dem anderen die Eigenschaft,
Gaͤhrung zu erregen, gibt; was auch mit dem uͤbereinstimmt, was wir
von der Erhoͤhung gesagt haben, die die Faͤulniß der
Gaͤhrungs-Kraft des Klebers mittheilt.20 Gramme Gaͤhrungsstoff, der durch Waͤsser erschoͤpft
und noch feucht war, ferner 100 Gramme Zuker, die in vier Gewicht-Theilen
Wasser aufgeloͤst wurden, bildeten nach 6 Wochen eine kaum merkliche
Menge Alkohol. Nach Verlauf von noch 6 Wochen erhielt ich durch Destillation
ein Produkt, welches bei einer Temperatur von 21° Centesim.,
12°,7 Cartier zeigte. Der geronnene
Eiweißstoff gab unter gleichen Umstaͤnden ein Product von
12°,4 Cartier, das Zymom eines von
15°.20 andere Gramme dieses Ruͤkstandes, welche 3 Wochen hindurch auf sich
selbst gewirkt hatten, wurden mit 100 Grammen Zuker, und mit der
gehoͤrigen Menge Wasser vermischt; sie gaben nach 6 Wochen in
gewoͤhnlicher Menge einen Alkohol, der bei der angegebenen Temperatur
15° Cartier zeigte. Derselbe Versuch mit
einem Ruͤkstande, der, vor seiner Vermengung mit dem Zuker, nur 18
Tage lang sich selbst uͤberlassen war, gab in gewoͤhnlicher
Menge einen Alkohol, welcher bei obiger Temperatur nur 13° Cartier zeigte. A. d. O.
Von dem Bierhefen-Extracte.
Das Hefen-Extract ist ein braunes, schwelendes, aromatisches Praͤparat; und
enthaͤlt Stuͤke von unaufloͤslichen Hautchen. Seine, mit Wasser
verduͤnnte, Aufloͤsung zersezt die gewoͤhnliche Luft nur sehr
schwer; es verhaͤlt sich also hierin sehr verschieden von den Hefen, die
dasselbe lieferten, und von dem unaufloͤslichen Ruͤkstande, von
welchem es getrennt wurde.Bierhefen, Extract von diesen Hefen, und unaufloͤslicher,
ausgewaschener Ruͤkstand, welcher in Verbindung mit dem Extracte die
Hefen ausmacht, wurden einzeln und in beinahe gleichen Mengen, in
Gefaͤßen von gleicher Capacitaͤt, der Luft ausgesezt. Die
Temperatur betrug beilaͤufig 15°. Die Luft des ersten
Gefaͤßes loͤschte ein Zuͤndhoͤlzchen schon am
zweiten Tage aus, jene des Gefaͤßes mit dem unaufloͤslichen
Ruͤkstande loͤschte es am fuͤnften Tage aus; allem mit
dem Extracte war dieses Resultat nach 14 Tagen nicht ehe zu erhalten, als
bis das Hefenextract aufgeloͤst, und dessen Temperatur bis auf
20–30° erhoͤht worden war. A. d. O. Ein Kilogramm Bierhefen gibt beilaͤufig 45 Gramme Extract von
honigartiger Consistenz.
Das Wasser scheidet aus ihm einen weißen, wenig schwelenden, in Wasser und Alkohol
unaufloͤslichen Ruͤkstand ab. Er ist bitter, etwas scharf und
faͤllt jedes Mal nieder, wenn man das Hefen-Extract aufloͤst und
eindampft. Dieser Bodensaz ist ein wenig kraͤftiges und ziemlich langsames
Gaͤhrungsmittel.
Der Alkohol im Gegentheile faͤllt, wenn er mit gleichen Theilen Wasser
verduͤnnt ist, aus der Aufloͤsung dieses Extractes eine
koͤrnige, weiße, schmekende, unter den Zahnen knirschende Substanz, welche
den Zuker nicht gaͤhren macht, allem, mit demselben gemischt, und in
Beruͤhrung mit Wasser, mit der Laͤnge der Zeit eine sehr klebrige
Substanz entwikelt.
Das, was in dem Alkohole aufgeloͤst bleibt, sezt durch Zusaz von diesem, und
bei einer sehr langsamen Eindampfung, einige kleine durchsichtige, koͤrnige
und schmekende Krystalle ab. Zugleich scheidet sich auch eine
roͤthlich-braune Substanz aus. Der Geschmak der Krystalle ist sauer, prikelnd
mit etwas Salzigem. Unter dem Vergroͤßerungs-Glase schienen sie mir
vierseitige, stark gegen ihre Basis geneigte, Prismen: ihre Menge war aber zu
gering, als daß ich einen Versuch mit denselben haͤtte anstellen
koͤnnen.
Die Substanz von rothbrauner Farbe ist klebrig; sie besizt einen Geruch und Geschmack
wie Kaͤlber-Suppe. Wenn diese Substanz und die damit vermengten Krystalle mit
Wasser behandelt wurden, so blieb ein braͤunlicher Ruͤkstand auf dem
Filtrum zuruͤk.
Das, auf diese Weise mit Alkohol gereinigte, Hefen-Extract laͤßt beim
Eindampfen doch noch etwas fallen. Der Bodensaz, welcher sich dann bildet, scheint
dem unaufloͤslichen Theile der Hefen analog zu seyn. Ein Gemische aus Wasser
und Alkohol benimmt diesem Niederschlage einen braunen Faͤrbestoff.
Das Hefen-Extract ist ein aufloͤsliches Gaͤhrungsmittel. Ueber eine
gewisse Dosis dieser Substanz hinaus hat die Zeit mehr Einfluß auf die
Quantitaͤt des gebildeten Alkohols, als die Menge dieses Extracts.54 Grane von diesem, gemengt mit 3 Unzen 3 Quentchen Zuker, d.h.
beilaͤufig 3 Gramme des Einen und 100 Gramme des Anderen, wurden in
zwei Glaser Wasser gethan, und dann nach 48 Tagen destillirt. Das in
gewoͤhnlicher Menge aufgefangene Product maß, bei einer Temperatur
von 20–21° Centim., an Cartier's
Areometer 20 Grade.Dieser Versuch, bei uͤbrigens ganz gleichen Umstaͤnden, mit 100
Gran. Extract und derselben Menge Zuker wiederholt, gab nach 13 Tagen ein
Produkt, welches, in gehoͤriger Menge aufgefangen, bei obiger
Temperatur nur 15,°3 Cartier zeigte. A. d.
O. Waͤhrend der Gaͤhrung, die es erzeugt, bildet sich ein Bodensaz. Der Gang des
Versuches ist derselbe, wie der der freiwilligen Bewegung, welche man in den Obst-
Saͤften beobachtet. Bei meinen Versuchen erzeugte, gewoͤhnlich am
dritten Tage, die auf diese Weise hervorgebrachte Anregung eine rasche Bewegung.
3 Gramme Hefen-Extract ersezen beilaͤufig 20 Gramme Hefen in Bezug auf
Verwandlung des Zukerstoffes in Alkohol.
Dampft man den waͤsserigen Ruͤkstand ein, welchen man bei Destillation
der durch Zuker und Hefen-Extract gelieferten, alkoholischen Fluͤßigkeit
erhaͤlt, so bekommt man ein Extract, dessen Geschmak sauer; dessen
Nachgeschmak suͤßlich, aber nicht gezukert ist, und dessen Geruch und
Geschmak an jenen des Sauerteiges erinnern.
Das ohne Zutritt der Luft bereitete Hefen-Extract ist deßwegen nicht besser, und es
mag auf was immer fuͤr eine Weise bereitet seyn, so wird seine Wirkung durch
das Product aufgehalten, welches man bei Destillation der Hefen im Marien-Bade
erhaͤlt.
Dieses Extract ist auch dann noch ein Gaͤhrungs-Mittel, wenn es mit Alkohol
gereinigt wurde; filtrirt man aber seine Aufloͤsung vor der Vermischung mit
dem Zuker, so ist sie nicht mehr im Stande, diesen in Alcohol zu verwandeln; die
Elektricitaͤt der Saͤule verschafft ihm aber diese Eigenschaft wieder.
Dieß habe ich schon im ersten Theile aufgestellt; der Versuch, den ich machte, wurde
mit Zuker und einem Extracte angestellt, welches durch abwechselnde und wiederholte
Aufloͤsungen in Wasser und in Alkohol bereitet worden war; waͤhrend
der Wirkung der Electricitaͤt sielen am positiven Pole kleine Schuppen oder
Haͤutchen nieder, und an beiden Polen entwikelte sich Gas.
Ueberlaͤßt man ein aͤhnliches Gemenge sich selbst, statt es zu
electrisiren, so verwandelt es sich nach 9–10 Tagen in eine truͤbe und sehr klebrige
Fluͤßigkeit. Sezt man Wasser zu, so erfolgt nichts Merkwuͤrdiges
selbst waͤhrend eines Monates. Electrisirt man aber dann einige Minuten lang
mit der Electrisir-Maschine, oder mit einer Leidner-Flasche, so beginnt die
Gaͤhrung nach wenigen Tagen, obgleich etwas langsam. Sie dauert
ungefaͤhr 3 Wochen, und macht die alkoholische Fluͤßigkeit gasartig
und schleimig; denn man kann auch wirklich durch das Filtrum einen Gummi von
derselben trennen. Die, in einem gewissen Grade aufloͤslichen, Hefen sind
also im Stande den Zukerstoff in Alkohol, oder in Gummi zu verwandeln, je nachdem
man anfangs die Electricitaͤt anwendet, oder nicht. Ist dem so, so
muͤssen die Hefen eine wichtige Rolle in dem Acte der Vegetation spielen;
dahin scheint auch die große Ausdehnung zu weisen, in welcher man sie im
Pflanzenreiche verbreitet findet.
Eine anfangende Faͤulniß hindert endlich das Hefen-Extract nicht, den Zuker in
Alkohol zu verwandeln, obwohl sie die Wirkung verzoͤgert. Je ausgearbeiteter
im Allgemeinen der aufloͤsliche Theil der Hefen ist, um so weniger schnell
bewirkt sie diese Umwandlung.
Man kann, mittelst einer geringen Menge dieses Extractes, und bei Benuͤzung
der Gaͤhrung, in dem unaufloͤslichen Ruͤkstande der Hefen
wieder einige Thaͤtigkeit herstellen. Denn, obschon die, mit oder ohne
Beihuͤlfe der Waͤrme getrokneten, Hefen minder lebhaft auf den Zuker
wirken, als vor ihrem Troknen, und obwohl sie noch mehr Kraft besizen, als ein
Gemische von Hefen-Extract mit dem unaufloͤslichen Ruͤkstande der
Hefen; so ist der Bodensaz, welcher durch die Gaͤhrung entsteht, die durch
dieses Gemisch erzeugt wurde, doch kraͤftiger als die trokenen Hefen. Diese
Operation frischt also den unaufloͤslichen Theil des Gaͤhrungs-Mittels
wieder auf, und gibt ihm, wenigstens großen Theils, seine vorige Kraft wieder.
Versuche mit den Wein-Hefen.
Zwanzig Pfund Gutedel (Chasselas) mit der Hand
ausgedruͤkt, geben 8 Pinten Saft, welcher beilaͤufig 7 Bouteillen Wein
und 6 Unzen (183 Gramm., 54) Hefen gibt.
Diese Hefen verwandeln den Zuker in Alkohol, ohne daß die Luft und der Sauerstoff
dazu noͤthig ist.
Das Leger ist nur ein Gemeng aus dieser Substanz; es bewirkt auch unmittelbar die
Gaͤhrung, allem mit viel weniger Kraft, als die Hefen selbst. Weinstein ist
in Ueberfluß in demselben. Das Leger, welches der Wein beim Altwerden absezt,
verhaͤlt sich eben so, wie ich aus Versuchen weiß.
Eine und dieselbe Quantitaͤt Weinhefen, 20 Gramme, der ich nach und nach zu 6
wiederholten Mahlen, und im Laufe von 4–5 Monaten, 336 Gramme (11 Unzen)
Zuker zusezte, indem ich die Fluͤßigkeit, welche durch die Wirkung
erschoͤpft schien, jedes Mahl abgoß, hoͤrte nicht auf, Gaͤhrung
zu erzeugen, und war noch im Stande neuen Zuker in Gaͤhrung zu versezen. Ihre
groͤßte Thaͤtigkeit haͤtte sie jedoch bei den ersten Versuchen
gezeigt. Diese Thatsache beweist, wie schwer es ist, Hefen ganz zu
erschoͤpfen, was von der Faͤllung der aufloͤslichen Hefen durch
den Alkohol herruͤhrt.
Die Weinhefen gehen aus einander, und entwikeln etwas weniges Gas, wenn man sie
abwaͤscht. Der Versuch damit wurde in einem verschlossenen Gefaͤße mit
ausgekochtem, und außer Beruͤhrung der Luft hinlaͤnglich
abgekuͤhltem, Wasser angestellt; allem man findet bald die Graͤnzen
dieser Gas-Entwiklung, welche sich jedoch bei jedem Abwaschen wiederholt. Beinahe
dasselbe hat auch bei den Bierhefen Statt, wie ich schon zeigte.
Die lezteren zeigen jedoch mehr Schwierigkeit bei ihrer Behandlung mit Wasser. Denn
die, auf die angegebene Weise ausgewaschenen, Weinhefen sezen sich wohl in zwei
Tagen vom Anfange an nieder, und doch nehmen die Abwaschwasser erst sehr
spaͤt einen faulen Geruch an. Ich schreibe diese Haltbarkeit der Gegenwart
der sauren weinsteinsauren Pottasche zu, welche natuͤrlich einen Bestandtheil
dieser Hefen ausmacht. Ich bin um so mehr davon versichert, da die Abwaschwasser vom
4ten oder 5ten Abwaschen zu stinken anfingen; was nicht der Fall ist, so lang sie
einen deutlich ausgesprochenen Weinstein-Geschmak besizen; man muͤßte also,
zu einer gewissen Epoche, der Substanz Weinstein zusezen, oder das Abwaschen nur mit
einem, schon mit Weinstein gesaͤttigten, Wasser vornehmen.
Der Zusaz von diesem Salze waͤre ohne Zweifel sehr gut, um das Verderben der
Bierhefen waͤhrend des Abwaschens, oder einer Versendung zu verhindern.
Diese Abwaschwasser, sie moͤgen so klar seyn, als sie wollen, bedingen die
Alkoholisation des Zukers, und zwar um so mehr, je concentrirter sie sind: sie
beduͤrfen jedoch dazu, wenigstens anfangs, des Zutrittes der Luft und des
Sauerstoffes. Die mit warmem Wasser erzeugten Abwaschwasser geben analoge und
ausgezeichnetere Resultate. Es ist daher zutraͤglich, wenn das Wasser auf den Hefen bleibt,
oder wenn es warmer ist. Ein Brauen bei 50° des hundertgradigen Thermometers
waͤre wahrscheinlich das Beste, wenn nicht ein Abwechseln von kaltem und
siedendem Wasser vielleicht noch besser waͤre.
Weder die Luft, noch eine Temperatur von 100°, noch die gleichzeitige
Einwirkung der einen und der anderen trieben die Aufloͤsung der
aufloͤslichen Theile der Weinhefen. Das Eindampfen kann sogar sehr lange
fortgesezt werden, ehe die Fluͤssigkeit ihre Klarheit verliert.
Ich fand bei meinen Versuchen, daß wenn ich die Hefen durch haͤufiges
Abwaschen erschoͤpft zu haben glaubte, dieselben dann mit Wasser kochte, und
dann alle diese Abwaschwasser oder ihre Extracte vereinigte, ich die Menge von jenem
Extracte erfuhr, welche eine bestimmte Menge Weinhefen zu liefern im Stande war. Ich
habe auf diese Weise gefunden, daß 4 Unzen dieser Substanz nur etwas mehr als drei
Drachmen davon gabelt. Dieses Praͤparat enthaͤlt offenbar
Weinstein-Rahm; man erkennt ihn schon beim Ansehen, und noch besser bei Behandlung
mit kaltem Wasser.
Das Weinhefen-Extract erzeugt im Zuker eine lebhafte Gaͤhrung, auf welche eine
langsame folgt. 60 Grane (3 Gramm., 19) dieses
Gaͤhrungs-Mittels sind beilaͤufig noͤthig, um 100 Gramme (3
Unzen 3 Drachmen) Zuker vollkommen in Alkohol zu verwandeln. – Wenn man
zuerst destillirt, und dann das Resultat dieser Gaͤhrung bis zur Trokenheit
eindampft, so erhaͤlt man guten Alkohol und ein Extract, dessen Geschmak und
Geruch an jenen des Sauerteig-Extractes erinnern. Der auf diese Weise erhaltene
Alkohol ist gutem Weingeiste aͤhnlich, er besizt den Geschmak und Geruch
desselben, woraus erhellt, wie man sich zu verhalten hat, um anderen Arten das Arom
zu geben.
Der Gang der, durch die aufloͤslichen Theile der Bier- und Wein-Hefen
eingeleiteten Gaͤhrung ist also mit jener der Trauben- und Bier Moste, denen
kein Erregungs-Mittel zugesezt wurde, zu vergleichen. Eine Gaͤhrung dieser
Art braucht einen Tag, und manches Mal laͤnger, um sich zu entscheiden; sie
ist anfangs langsam, wird dann schnell, hierauf wieder langsamer, und endet dann,
statt daß sie heftig anfaͤngt, wie es der Fall ist, wenn man die Bier- und
Weinhefen ganz mit dem Zuker mischt.
Der unaufloͤsliche Theil von diesen ist, wenn er gut ausgewaschen ist, kaum faͤhig, selbst
nach 6 Monaten, auch nur etwas davon in Alkohol zu verwandeln. Das Abwaschen
erschoͤpft also den fraglichen Ruͤkstand viel vollkommner, als jenen
des Bieres, was ohne Zweifel dem Weinsteine zugeschrieben werden muß. Ein
hinlaͤnglicher Grad von Faͤulniß vermehrt jedoch diese Eigenschaft in
demselben auf eine sehr merkliche Weise, ohne uͤbrigens denselben je zu Hefen
zu machen.
Allgemeine Betrachtungen.
Die mit den Weinhefen gemachten Erfahrungen bestaͤtigen die uͤber die
Bierhefen gesammelten, und sowohl die einen, als die anderen stimmen mit dem
uͤberein, was wir von anderen Gaͤhrungs-Mitteln gesagt haben.
Die Weinhefen erfordern nicht mehr, als die Bierhefen, die Beihuͤlfe des
Sauerstoffes, um die Verwandlung in Alkohol zu bewirken. Beide bestehen aus
aufloͤslichen und unaufloͤslichen Theilen. In ihren
aufloͤslichen Theilen ist vorzuͤglich ihre Gaͤhrungs-Kraft
enthalten, waͤhrend vorzuͤglich in ihren unaufloͤslichen
Theilen die Eigenschaft beruht, den Sauerstoff der Luft in Kohlensaͤure zu
verwandeln. Wenn diese Theile, sobald sie getrennt sind, nicht mit der Luft oder dem
Sauerstoffe in Beruͤhrung sind, so koͤnnen sie nichts mehr zur
Gaͤhrung beitragen; sie bewirken sie aber mit Beihuͤlfe der einen oder
des anderen, und zwar der aufloͤsliche mit Lebhaftigkeit und nach wenigen
Stunden, der andere hingegen langsam und spaͤt.
Doch leiten die vollkommnen Bier- und Wein-Hefen die Gaͤhrung des Zukers
augenbliklich, ohne irgend eine andere Beihuͤlfe ein, als die einer
gehoͤrigen Temperatur und einer hinlaͤnglichen Menge Wassers. Worauf
kann dieser Unterschied beruhen? Auf der Thaͤtigkeit, welche in den Hefen
nach ihrer Faͤllung aus der Fluͤssigkeit, die dieselben liefert,
fortdauert; eine Thaͤtigkeit, welche in dem Maße nach und nach geringer wird,
als sie die Theile, unter welchen sie vorgeht, auf eine feststehendere Weise ordnet.
Diese Thaͤtigkeit wird sowohl durch die Weise angedeutet, auf welche sich die
Hefen an der Luft verhalten, als durch die geringe Menge Gases, welche sie bei jedem
Abwaschen geben, und welche sie auch wahrscheinlich in einem leeren Raume geben
wuͤrden, weil sie auch in einer Luft fortdauert, deren Sauerstoff ganz in
Kohlensaͤure verwandelt wurde.
Die Gaͤhrung mag durch die Wirkung des siedenden Wassers oder aus irgend einem anderen
Grunde aufgehalten oder unterdruͤkt worden seyn, so kann sie ohne den Einfluß
des Sauerstoffes oder der Luft nicht wieder hergestellt werden; eine Bedingung, die
nicht immer hinreichend ist, und welche in diesem Falle die Dazwischenkunft der
Elektricitaͤt erfordert.
Wenn man die Erscheinung der Gaͤhrung in allen ihren Phasen in den
Saͤften der Fruͤchte, in den zukerhaltigen Pflanzensaͤften, und
in den Gemengen von Zuker und der aufloͤslichen Theile der Bier- und
Wein-Hefen verfolgt, so findet man in allen einen aͤhnlichen Gang. Alle
erfordern anfangs den Zutritt der Luft; alle gelangen erst zur Periode ihrer
Raschheit, nachdem sie mit abnehmender Langsamkeit begonnen haben, um zulezt mit
einer langsamen Gaͤhrung zu enden. Alle sezen Hefen ab, d.h. Substanzen,
welche ohne irgend eine Beihuͤlfe, schnell und vom Anfange an, die Umwandlung
des Zukers in Alkohol mit mehr Kraft bewirken, als die Koͤrper, von denen sie
herkommen.
Alle thierischen Substanzen, welche man unter die langsamen Gaͤhrungsmittel,
und nicht unter die Hefen reihen kann, verfolgen denselben Gang, aber in geringerem
Grade.
Es scheint mir daher, daß die Elektricitaͤt die Thaͤtigkeit beginnt;
daß diese Elektricitaͤt gewoͤhnlich aus der Wirkung der Luft auf das
gaͤhrungsfaͤhige Gemenge entsteht, und daß sie dann von selbst von
Hefen zu Hefen, oder wenn man will von Niederschlag zu Niederschlag, fortgesezt
wird, bis der Zukerstoff oder das Gaͤhrungs-Mittel endlich erschoͤpft
ist.
Die freiwilligen Zersezungen mittelst welcher gewisse Gaͤhrungsmittel mit
weniger Langsamkeit wirken, scheinen mir denselben Grund zu haben.
Wir wollen noch bemerken, daß Hr. Schweiger fand, daß die
elektro-negativen Koͤrper die Gaͤhrung beguͤnstigen. (Dieß ist
die einzige Belehrung, welche man in dieser Hinsicht in Baron Ferussac's Bulletin fuͤr den Juni 1825 findet, aus welchem ich
diese Bemerkung schoͤpfte.Die Saͤulen zeigen, nach Schweiger, so wie
die gaͤhrungsfaͤhigen Gemenge nur durch den gegenseitigen
Einfluß drei verschiedener Koͤrper, eine Wirkung. Die Producte der
galvanischen Wirkung sind zweierlei: ein oxidirter Koͤrper und ein
hydrogenirter Koͤrper. Ebenso verhalt es sich mit den Producten der
Gaͤhrung, welche aus Alkohol und Kohlensaͤure bestehen. A. d.
O.
Die Vermehrung der Cohaͤsions-Kraft, welche durch das Troknen hervorgebracht wird, und
die Aufhebung der freiwilligen Bewegung, von welcher die Hefen urspruͤnglich
einiger Maßen bewegt war, erklaͤren hinlaͤnglich, worin die
getrokneten Hefen den nicht getrokneten nachstehen; und die noch geringere Kraft
eines Gemenges von Hefen-Extract mit dem unaufloͤslichen Ruͤkstande
derselben deutet an, daß die Hefen eine ziemlich schwache Verbindung sind, so daß
das Wasser eine Trennung in denselben hervorbringen kann. Sezt man voraus, daß
dieselben nur ein Gemenge sind, so sieht man wirklich nicht ein, warum sie so sehr
von ihrem Extracte verschieden sind, und warum das Wasser dieselben nur so schwer
erschoͤpft; alles laͤßt daher vermuthen, daß sie eine Verbindung sind.
Diese Ansicht, welche jener mehr entspricht, nach welcher Thenard den
Gaͤhrungs-Stoff betrachtete, schwaͤcht meine Meinung uͤber die
Natur der Kraft, welche die Wirkung der Hefen bedingt, in nichts. Denn diese zeigt,
im Gegentheile, wie eine so wenig aufloͤsliche Substanz, als die Hefen,
kraͤftiger auf den Zuker einwirkt, als eine aͤhnliche und so leicht
aufloͤsliche Substanz, wie das Hefen-Extract; obschon man eine viel geringere
Menge von diesem lezten braucht, um eine gleiche Menge Zuker in Alkohol zu
verwandeln. Man kann sich auch wirklich durch die freiwillige Bewegung, welche in
jener fortwaͤhrt, und welche, im Verhaͤltnisse der
Unbestaͤndigkeit ihrer Zusammensezung, sich leicht wieder herstellt, wenn sie
durchmaͤßiges Troknen unterbrochen wurde, Rechenschaft hiervon geben. Ich
habe diese vergleichenden Versuche oft wiederholt, und da mir die verglichenen
Substanzen immer aͤhnliche Unterschiede gaben, so sind die Schluͤsse,
welche ich aus denselben zog, wie mir scheint, hinreichend durch Gruͤnde
unterstuͤzt.
Ich nehme mir vor, die Untersuchung der verschiedenen Producte, welche ich durch die
Gaͤhrungen erhielt, und womit ich schon die Ehre haͤtte, die Akademie
zu unterhalten, zu verfolgen, u. seze eben jezt das Studium des Hefen-Extractes und
des unaufloͤslichen Ruͤkstandes fort.