Titel: Ueber Seidenzucht.
Fundstelle: Band 20, Jahrgang 1826, Nr. LXXXI., S. 287
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LXXXI. Ueber Seidenzucht. Ueber Seidenzucht. Da es scheint als fingen wir endlich in Nord-Europa an, eben so gescheidt zu werden, als die Bauern in China, auf Japan und in Ost-Indien, es bereits seit Jahrtausenden gewesen sind, indem sie, statt ihre Weiber und Kinder rauhen Hanf und Flachs zu grober Leinwand verarbeiten zu lassen, die weit fleißigeren und geschikteren kleinen Spinn-Maschinen, genannt Seiden-Raupen, Seide fuͤr sich spinnen lassen, und sich in den leichtesten und feinsten, elegantesten und gesuͤndesten Stoff, in Seide, statt in Sakleinwand, kleiden; da ferner jezt uͤberall auf dem festen Lande, wie auf der großen Insel, die das feste Land und alle Meere beherrscht, Seidenzucht an der Tages-Ordnung ist; so wird man es uns nicht verargen, wenn wir, dem Beispiele des Technikers Gill auf jener Insel folgend. Beitraͤge zur Geschichte der Seidenzucht am Ende des vorigen Jahrhundertes liefern. Die Gesellschaft zur Aufmunterung der Kuͤnste, Manufacturen und des Handels (Society for the Encouragement of Arts, Manufactures and Commerce) hat das Verdienst, durch Preise zuerst in England zur Seidenzucht ermuntert zu haben. Hr. Gill (und nach ihm, polytechn. Journ. Bd. XVI. S. 243. Bd. XVIII. S. 74. und S. 440.), hat die fruͤhesten Versuche der Frau Williams, Jungfrau Rhodes, und des hochw. Hrn. Swayne aus den Transactions dieser Gesellschaft erzaͤhlt. Er liefert nun N. 49. S. 31, aus dem VIII. Bd. der Transactions dieser Gesellschaft die kurze Notiz uͤber Hrn. Salvatore Bertezen's Seidenzucht in England. Dieser Herr lieferte im Jahre 1790 fuͤnf Pfund Seide von 12,000 Raupen, die er in England zog, und erhielt dafuͤr auch die goldene Medaille. Die Cocons, so wie die davon abgehaspelten Seiden-Straͤhne, waren von der schoͤnsten Qualitaͤt, und Hr. Bertezen nahm keinen Anstand zu erklaͤren, daß das Klima von England fuͤr Seidenzucht guͤnstiger ist, als jenes von Italien. Hr. Swayne fand sich durch dieses glaͤnzende Resultat des Hrn. Bertezen im folgenden Jahre zu einem Aufsaze veranlaßt, welcher sich im X. Bande der Transactions of the Society for Encouragement etc. befindet, und welchen Hr. Gill in seinem Repository. N. 49. S. 32. mittheilte, und aus welchem wir hier einen gedraͤngten Auszug liefern. Hr. Swayne bemerkt, daß Hr. Bertezen, welcher, bald nachdem er den Preis erhalten hatte, England verließ, eine ausgezeichnet gute Raçe von Raupen besaß, von welcher er Niemanden um keinen Preis ein Ey zukommen ließ, und daß er seine Weise, die Raupen zu behandeln geheim hielt. Er bemerkt ferner, daß Hrn. Bertezen's Resultat von jenem der Miß Rhodes sehr abweicht, nach deren Rechnung 30,000 Raupen zu 5 Pfund Seide nothwendig sind, und nicht 12,000. Er vermuthet, daß Hr. Bertezen, da die Seide nach Troy-Gewicht verkauft wird, sein Pfund zu 12 Unzen (24 Loth) rechnete, waͤhrend Miß Rhodes nach Avoir-dupois gerechnet hat; so daß also, nach ihrer Rechnung, nur 21,600 Raupen zu 5 Pfund Seide nothwendig waͤren; noch immer ein bedeutender Unterschied. Frau Williams sagt, daß sie von 244 Cocons beinahe anderthalb Unzen (3 Loth) Seide erhielt; sie wuͤrde also zu 5 Pfunde Seide Troy-Gewicht 14,640 Raupen gebraucht haben. „Ich zog“, sagte er, „im vorigen Jahre kaum 100 Raupen (bloß des Versuches wegen, und um die Brut nicht ausgehen zu lassen), und ließ sie alle ihre Cocons durchbohren. Nur 50 konnten abgehaspelt werden, und die von diesen Cocons troken abgehaspelte Seide wog genau 100 Gran. Hiernach wuͤrde man auf 5 Pfund, Seide (Troy-Gewicht), 15,550 Raupen rechnen muͤssen. Die auf diesen 50 Cocons zuruͤckgebliebene Seide wog, nach dem Abhaspeln, noch 33 Gran. Wenn man hiervon nur die Haͤlfte zu der abgehaspelten Seide addirt, so wuͤrde man fuͤr obige 5 Pfund Seide nur 13,405 Raupen brauchen; und dieser Unterschied ist nicht sehr bedeutend.“ „Es ist aber auch moͤglich“, faͤhrt er fort, „daß Hr. Bertezen seine Seide nach Avoirdupois Gewicht rechnete, und die runde Zahl, 12,000, nach einer Regel annahm, die er in einer Broschuͤre uͤber Seidenzucht aufstellte, wo er 150 Cocons, deren jeder im Durchschnitte 5 Gran wiegt, auf Eine Unze (2 Loth), Organsin Seide rechnet, was, das Pfund zu 16 Unzen gerechnet, genau 12,000 Raupen gibt. Bertezen sagt naͤmlich in jener Broschuͤre: „Diese Cocons“ (er meint jene, die er das Jahr vor der Herausgabe dieser Broschuͤre in England zog), „wogen, nach dem Einsammeln, jeder 6 Gran; einige wogen fuͤnf; die schwaͤchsten vier. Um also zwei Loch Organsin-Seide zu erhalten, werden 150 solcher Cocons hinreichen.“ Ich muß gestehen, daß ich den Ausdruk: nach dem Einsammeln, (after gathering) nicht recht verstehe. Beim ersten Lesen sollte man meynen, es waͤre hier das Einsammeln der Cocons von den Zweigen verstanden, auf welchen die Raupen sich einspannen; allein; da die Puppe in diesem Falle noch in denselben eingeschlossen ist, mußten sie schwerer wiegen. Es kann auch nicht heißen, nachdem die Puppen getoͤdtet und getroknet wurden; denn selbst in diesem Falle hatten sie noch mehr wiegen muͤssen, da eine todte Puppe, selbst in Cocons von gemeiner Raçe, im Durchschnitte vier Gran wiegt. Hr. Bertezen mußte also die ganze von der Raupe gesponnene Seide verstehen, ohne alles Insect in derselben, und dann ist dieser Ertrag allerdings außerordentlich, indem ich nur 2 1/4 Gran abgehaspelte Seide von Einem Cocon erhielt, die getroknete Puppe noch Ein Mahl soviel wog, und die Floret-Seide die Haͤlfte der abgehaspelten betrug.“ „Hr. Pullein sagt in seinem Versuche uͤber Seidenzucht (Essay on the culture of silk), der besten Abhandlung, die mir uͤber diesen Gegenstand zu Gesichte kam, daß „3300 Cocons mit den darin enthaltenen (lebendigen) Puppen“, ungefaͤhr 12 Pfund wiegen, welche 12 Pfund ungefaͤhr 16 Unzen abgehaspelte Seide, und 8 Unzen Floret-Seide geben. „Hieraus kommt fuͤr jeden Cocon 2 1/3 Gran abgewundener Seide. In einem Aufsaze uͤber die Behandlung der Seidenraupen im II. B. der American Philosophical Transactions, welche die HHrn. Hare und Skinner zu London aus einem der ersten Haͤuser in Italien erhielten, und Hrn. Dr. Morgan zu Philadelphia mittheilten, heißt es, daß 150 Unzen guter Cocons ungefaͤhr eilf Unzen Seide geben, wenn fuͤnf bis sechs Cocons zu Einem Faden genommen werden. (Hr. Bertezen nahm 7 bis 9); wenn man grober windet, erhaͤlt man etwas mehr. Dieß gibt, nach meiner Rechnung, nicht mehr als zwei und 1/20 Gran auf jeden Cocon, waͤhrend Hrn. Bertezen's Raupen 3 Gran und 1/50 gaben, obschon sie noch nicht von der ersten Classe waren. Leute, die seine Raupen und Cocons sahen, versichern, daß sie erstaunlich groß, leztere kaum etwas kleiner, als gemeine Huͤhnereyer waren.“ Man kann bei Seidenraupen nimmermehr genug auf gute Raçe sehen, deren Guͤte nicht sowohl in der Groͤße, als in der Menge des Gespinnstes, in dem sogenannten Markigen des Cocons, gelegen ist. Es ist unvermeidlich, daß bei den ersten Versuchen, die man unerfahrne Leute auf dem Lande mit Wartung und Pflege der Seidenraupen aus den Eyern, die man ihnen zu diesem Behufe mittheilt, machen laͤßt, die beste Raçe ausarten muß, indem die guten Leute noch nicht wissen, wie man mit diesen Thierchen umzugehen hat, bloß um sie gut zu erhalten, viel weniger um sie zu veredeln. Man wird, daher bei Seidenraupen-Zucht, wie bei der Pferde-Zucht, immer gezwungen seyn, ein sogenanntes Gestuͤte, und auf diesem die edle Raçe zu unterhalten. A. d. Ueb. „Es ist indessen nicht immer die Folge, daß der Cocon, je groͤßer desto besser ist; wir wissen aus guter Quelle (aus dem obigen Aufsaze in den American Philosophical Transactions)“, daß kleine und markige Cocons die besten sind; daß die Cocons in gebirgigen Gegenden besser, als jene in den Ebenen sindDieß gilt bloß vom mittaͤgigen Europa, und beweist, daß die Cocons im noͤrdlichen noch besser werden muͤssen. A. d. Ueb.. Es ist wahr, daß sie nicht so groß sind; die Raupe ist aber auch verhaͤltnißmaͤßig kleiner. „Man soll also nicht auf die Groͤße der Raçe allein sehen, sondern nur auf den Ertrag an Seide. Es ist ferner troͤstlich zu bemerken, daß, je groͤßer die Raupe ist, sie auch desto mehr fressen wird.Was um so viel besser ist, wenn sie verhaͤltnißmaͤßig spinnt. A. d. Ueb. Hr. Pullein sagt in Bezug auf auslaͤndische Brut: daß weder Thiere noch Pflanzen, wenn sie aus einem Klima in ein anderes von verschiedener Temperatur verpflanzt werden, sich alsogleich naturalisiren; daß einige Zeit verstreichen muß, oft mehrere Generationen nothwendig sind, ehe ihre Nerven und Fasern sich an die verschiedenen Einwirkungen der Sonne und der Luft gewoͤhnen koͤnnen.“ Die Folge, die er hieraus zieht, ist diese, daß man nicht erwarten darf, daß Seidenraupen, die aus Eyern gezogen wurden, welche vor wenigen Wochen aus Italien oder Frankreich nach England kamen, alsogleich in England gedeihen werden; daß also diejenigen, welche Seidenraupen in England ziehen wollen, besser thun werden, ihre Eyer von solchen Seidenfaltern zu nehmen, die bereits fruͤher in England gezogen wurden. Dieser Meinung widerspricht, wird man sagen, der gluͤkliche Versuch des Hrn. Bertezen; allein Hrn. Bertezen's Versuch beweist, wenn ich mich nicht irre, nichts dagegen, weil er kuͤnstliche Waͤrme anwendete“ Anwendung kuͤnstlicher Waͤrme, die Hr. Swayne zu: tadeln scheint, ist zum Gedeihen der Seidenraupen bei uns unerlaͤßlich. Hierin besteht das große Gluͤk der noͤrdlichen Seiden-Zieher vor den suͤdlichen, daß sie sich, fuͤr eine Kleinigkeit, die in oͤkonomischer Hinsicht nicht in Anschlag gebracht werden kann, eine immer gleichmaͤßige, der Raupe hoͤchst zutraͤgliche, Temperatur verschaffen koͤnnen. Hierin lag wahrscheinlich das ganze Geheimniß des Hrn. Bertezen + 22° R., aber nicht hoͤher, waͤhrend des ganzen Raupen-Zustandes. A. d. Ueb.. „Als Beispiel, wodurch Hrn. Pullein's obige Ansicht bestaͤtigt wird, will ich anfuͤhren, daß die Raupen, die ich aus den von der Gesellschaft zur Aufmunterung etc. mitgetheilten Eyern erhielt, und die aus Turin kamen, viel zaͤrtlicher waren, als die von derjenigen Brut, die ich fruͤher selbst gezogen hatte; auch war die Seide, die sie spannen, nicht so stark, als die der lezteren. Ich muß indessen billiger Weise gestehen, daß die Turiner Raupen eine ganz besondere Varietaͤt von den anderen zu seyn schienen; ihre Eyer waren kleiner, und blieben auch in der Folge so; die Raupen waren nicht so groß, und hatten einige besondere Merkmahle. Die Cocons, die sie spannen, waren weiß oder fleischfarben, und hatten eine verschiedene und unregelmaͤßige Gestalt; einige derselben waren beinahe kugelig; der Faden des Cocons schien kleiner und zarter, und war von dem natuͤrlichen Leime fester zusammen geleimt, so daß man ihn nur in sehr heißem Wasser abhaspeln konnte. Es war ferner eine Eigenheit an diesen Raupen, daß sie keine Lattich-Blaͤtter fraßen, und lieber starben, als von denselben kosteten.“ Hr. Swayne wollte eine Baumschule von Maulbeerbaͤumen anlegen. Er saͤete den groͤßten und besten Theil seiner Samen im April 1789 auf ein Mistbeet, das er zu einem leichten warmen Beete bestimmt hatte. Der Duͤnger hatte aber bereits vorher ausgegohren, war sehr alt, und hizte kaum merklich. Den uͤbrigen Theil des Samens warf er auf ein Beet an einer gegen Mittag gekehrten Mauer. Der Same auf dem Mistbeete keimte etwas fruͤher, als der andere; die Pflaͤnzchen wuchsen gut, und mehrere derselben erreichten im ersten Sommer sechs Zoll Hoͤhe. Um sie gegen die Nachtheile des Frostes zu schuͤzen, dekte er sie Anfangs Winters mit Moos, das in Wasser abgebruͤht wurde, um die Eyer und Puppen der darin nistenden Insecten, so wie auch die Samen, die darin enthalten seyn mochten, zu tobten. Der Winter war indessen so gelinde, daß diese Sorgfalt uͤberfluͤßig war. Im Fruͤhjahre hatte er mehr als 3000, dem Anscheine nach gesunde, Baͤumchen: allein im Spaͤtjahre des folgenden Sommers befiel sie eine Krankheit, in Folge deren sich faule Fleken auf den Blaͤttern zeigten, welche nach und nach abfaulten. Als er sie im Herbste verpflanzen wollte, zeigte sich bei der Untersuchung, daß sie beinahe alle gerade uͤber dem Boden abgefault waren. Die Ursache dieser Krankheit schreibt er theils der nassen Witterung, theils dem Umstande zu, daß die Wurzeln der Pflanzen in den Duͤnger schlugen, indem die Baͤumchen an der Mauer nicht so sehr davon litten, ob schon auch von diesen einige umkamen. Der Sommer des Jahres 1789 war, so wie jener des darauf folgenden Jahres, dem Ausreifen der Maulbeeren so unguͤnstig, daß er keine reifen Samen davon erhalten konnte. Er hofft noch Mittel zu finden, die Maulbeerbaͤume durch Steklinge zu vermehren, und fuͤhrt folgende allerdings beherzigungswerthe Stelle aus dem vortrefflichen alten Evelyn Evelyn, ein Schriftsteller des 17ten Jahrhundertes, der fuͤr England das ist, was Herrera im 16ten Jahrhunderte fuͤr Spanien, Olivier de Serres fuͤr Frankreich, und im vorigen Jahrhunderte v. Muͤnchhausen fuͤr Deutschland war. Die Vermehrung der Maulbeerbaume durch Steklinge ist allerdings moͤglich, aber unsicher. Die sicherste und leichteste und schnellste ist durch Ableger. A. d. Ueb. an. „Es laͤßt sich erweisen, daß in vier bis fuͤnf Jahren der Maulbeer-Baum uͤber ganz England verbreitet seyn kann, und wenn die armen Fraͤulein stolzer Familien so gern drei bis vier Shillings durch Seiden-Ernte gewinnen, und sich mit dieser angenehmen und leichten Unterhaltung beschaͤftigen wollten, wie andere es bei harter Arbeit mit Hanf und Flachs und Wolle fuͤr vier Pfennige thun muͤssen, so wuͤrde der Maulbeerbaum sich bald uͤber ganz England verbreiten.“ Hr. Swayne haͤlt es fuͤr ein Ungluͤk, daß wir noch nicht wissen, welche Art von Maulbeerbaum eigentlich gezogen werden soll: du Halde, sagt er, „erzaͤhlt, daß man in China vorzuͤglich den weißen Maulbeerbaum braucht; Hr. Swinbuͤrne sagt uns, daß man in Calabrien durchaus nur den rochen, ich glaube er meint den schwarzenHr. Swayne ist es, als hochwuͤrdigem Herren, zu verzeihen, wenn er zu leicht glaubt. Er weiß nicht, daß der weiße Maulbeerbaum zwei Abarten hat, die eine mit rothen, die andere mit weißen Fruͤchten. Erstere ist in trokenen heißen Gegenden haͤufiger, und wird daselbst oͤfters ganz schwarzroth, waͤhrend sie im Norden ganz blaß roͤthlich ist. A. d. Ueb. braucht, obschon er dieß nur fuͤr ein Vorurtheil haͤlt, indem die Chinesen, Piemontesen und die Seiden-Wirthe in Languedoc die weiße Sorte vorziehen. In seinen Reisen durch Spanien (Travels through Spain) bemerkt er, daß in Valencia die Maulbeerbaͤume alle von der weißen Sorte sind, und in Grenada, wo man die beste Seide erzeugt, alle von der schwarzen. Hr. Hanway in seinen Reisen durch Persien (account of his travels in Persia), erwaͤhnt eines strauchartigen Maulbeerbaumes,Ist dieß jene Art, die Hr. Nouailles neulich nach England brachte? A. d. D. Es waͤre sehr der Muͤhe werth, daß man mit den verschiedenen Arten von Maulbeerbaͤumen nicht bloß mit den Abarten, Versuche anstellte, und auch mit Morus constantinopolitana. Poir, indica, latifolia, australis, mauritiana etc. Vielleicht ist der strauchartige Maulbeerbaum in Persien bloß strauchartig gezogen; denn es ist sehr gut, den Maulbeerbaum strauchartig, als Heke zu ziehen. A. d. Ueb. der, jaͤhrlich geschnitten, die besten Blaͤtter fuͤr die Seidenraupen gibt; er sagt nicht, ob die Maulbeerblatter in diesem Lande von der Abart mit weißen oder mit schwarzen Fruͤchten sind, erzaͤhlt uns aber, daß er zu Astrabad am 17. May mit großen weißen Maulbeer-Fruͤchten bewirthet wurde, die koͤstlich schmekten. Wir sind also gewiß, daß man in Persien weiße Maulbeeren hat. Hr. Pullein sagt uns, daß man sich in Persien der Blaͤtter der schwarzen Maulbeerbaͤume zum Aufziehen der Seidenraupen bedient, scheint aber geneigt, die der weißen Maulbeerbaͤume vorzuziehen. Barham und Evelyn sind entschieden fuͤr die weißen. Hr. Young schreibt mir: „es ist sehr sonderbar, daß, so viel ich glaube, die schwarzen Maulbeerbaͤume gar nie gebraucht werden. Ich habe sehr schoͤne Baͤume dieser Art sowohl in der Provence, als in Piemont gesehen; sie werden aber nie gestreift, sondern bloß der Fruͤchte wegen gezogen. Ich habe sehr oft hieruͤber Nachfrage gehalten, und immer gehoͤrt, daß die Seide von denselben nichts taugt. Wenn die Blätter davon zu brauchen waͤren, so wuͤrde ein solcher Baum jaͤhrlich ein Paar Louis d'or tragen; allein man braucht sie ganz und gar nicht.“ Hr. Bertezen gibt zu, „daß man in Italien und Frankreich sich der weißen Maulbeerbaͤume bedient, und die schwarzen so sehr verachtet, daß man sie an einigen Orten als Gift fuͤr die Seidenraupen betrachtet“; allein er versichert uns, „daß er fuͤr jeden Fall die Blaͤtter des schwarzen Maulbeerbaumes vorzieht“, und gibt auch die Gruͤnde dafuͤr an, und sezt noch hinzu: „daß in gut eingerichteten Seidenzucht-Anstalten man der großen Vortheile wegen die Blaͤtter von beiden Arten von Maulbeerbaͤumen mit einander verbindet. Wenn Hr. Bertezen uns nicht dieses gesagt haͤtte, so wuͤrde ich mir nie eingebildet haben, daß man diese beiden verschiedenen Blaͤtter zugleich mit Vortheil bei denselben Raupen brauchen koͤnnte.“ Es ist wirklich merkwuͤrdig, wie gelehrte Herren die einfachste Sache von der Welt verwirren koͤnnen. Es ist allgemein bekannt, daß der weiße Maulbeerbaum, Morus alba, in seinen beiden Abarten, jener mit weißen Fruͤchten, und jener mit mehr oder minder rothen, die reif oft ganz schwarzroth werden, das allgemeine Futter fuͤr unsere Seidenraupen ist, und daß die behaarten scharfen Blaͤtter des schwarzen Maulbeerbaumes, Morus nigra, der die großen schwarzen saͤuerlich Wen Fruͤchte liefert, wenn sie ja von der Seidenraupe anfressen werden, eine sehr grobe Seide geben. A. d. Ueb. „Das Blatt des schwarzen Maulbeerbaumes ist offenbar saftiger, als das des weißen, und daher wuͤrde ich fuͤr jeden Fall behaupten, daß ein Uebergang von dem weißen Blatte zu dem schwarzen die Raupen leicht bersten machen koͤnnte, indem jenes zuviel Nahrungsstoff enthaͤlt. Ich hatte mich einst fuͤr die schwarzen Maulbeerblaͤtter erklaͤrt, habe mich aber zeither uͤberzeugt, daß die Blaͤtter des weißen Maulbeerbaumes den Wuͤrmern viel angenehmer sind, und daß sie bei diesem Futter am besten gedeihen. Um fuͤr diese Raupen ein Futter zu erhalten, welches denselben sowohl angenehm als gesund ist, muͤssen die Baͤume selbst in einem sehr gesunden und frischen Zustande sich befinden: sie muͤssen daher einen ihrer Natur angemessenen Boden finden, und dieser kann fuͤr verschiedene Arten von Maulbeerbaͤumen verschieden seyn. Nach meiner Erfahrung scheint der weiße Maulbeerbaum einen feuchteren und schwereren Boden zu lieben, als der schwarze, so daß man daher fuͤr trokenen oder sandigen und steinigen Boden den schwarzen „(Hr. Swayne meint hier wahrscheinlich den weißen mit rothen Fruͤchten)“ fuͤr nassen thonigen Boden aber den weißen Maulbeerbaum waͤhlen muß. Ein. sehr schwerer und nasser Boden taugt aber weder fuͤr den einen noch fuͤr den anderen.“ Hr. Swayne bemerkt in einem Postscriptum daß ihm ein Mann von Ansehen auf dem festen Lande geschrieben habe: „das kalte, großen Theils sandige Preußen hat im Jahre 1789 nicht weniger, als 4500 Pfund Seide gezogen. Was koͤnnte man nicht in einem milderen und fruchtbareren Lande erwarten, wenn man sich nur sechs Wochen lang mit dieser nuͤzlichen und eintraͤglichen Beschaͤftigung unterhalten wollte.“ Bekanntlich ging nach Friedrich des Einzigen Tode die Seidenzucht in Preußen zu Grunde, so wie sie in jedem Lande zu Grunde ging, und gehen mußte, wo sie auf Kosten der Regierung betrieben, wurde; denn es war, ist und wird stets das Loos aller Regierungen seyn, bei jedem Zweige der Industrie, den sie auf ihre Kosten treiben, um zwei Mahl alterum tantum des Gewinnes betrogen zu werden. Industrie kann nur Sache des Privatfleißes seyn. Hr. Gill hat N. 50. seines Repository S. 125, und so auch das Edinbourgh Philosophical Journal. 27, S. 54, und das lezte Mechanics' Magazin einen Auszug aus Hrn. Joh. Murray's Bemerkungen uͤber Seidenraupen-Zucht (Remarks on the cultivation of the Silk-Worm) mitgetheilt. Dieses Werk ist ein gedraͤngter Auszug aus dem classischen Werke des Hrn. Grafen Dandolo, und verdiente allerdings eine deutsche Uebersezung von einem in der Seidenraupen-Zucht erfahrnen Manne, indem es sehr gut geschrieben und geeignet ist, dem Volke die Augen uͤber sein Interesse zu oͤffnen, was bei uns noch weit mehr Roth thut, als in England.