Titel: | Ueber Klima, in Hinsicht auf Garten-Cultur. Von Hrn. Joh. Fried. Daniell, Esqu., F. R. S. |
Fundstelle: | Band 21, Jahrgang 1826, Nr. XIV., S. 60 |
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XIV.
Ueber Klima, in Hinsicht auf Garten-Cultur. Von
Hrn. Joh. Fried. Daniell,
Esqu., F. R. S.
Aus den Transactions of the Horticultural
Society in den Annales of Philosophy, N. 62 S. 114.
(Auch in Gill's technical
Repository, Maͤrz. S. 166. April S. 216. und Mai. S.
277.)Obschon man in mehreren Gegenden Deutschlands Garten-Cultur auf alle erdenkliche
Weise zu unterdruͤken suchte, und man bei uns (wo nach der officiellen
Anzeige des Finanz-Ministers jaͤhrlich fuͤr Flachs und Hanf
226,515 fl., fuͤr Feldfruͤchte 308,351 fl., fuͤr Hopfen
158,130 fl., fuͤr Oehle 217,892 fl., fuͤr Hanf-, Klee- und
Reps-Saamen 61,584 fl., also jaͤhrlich beinahe Eine Million fuͤr
Dinge in's Ausland geht, die man beinahe umsonst im Lande erzeugen
koͤnnte), also auf Cultur der Gewaͤchse weniger aufmerksam ist,
als in den benachbarten oͤstlichen und westlichen Laͤndern, so
glauben wir doch nicht, daß diese Abhandlung, die jezt in allen englischen
Journalen aufgenommen ist, in Deutschland nicht auch einige Leser finden sollte,
die sie ihrer Aufmerksamkeit werth faͤnden, und dadurch wenigstens
theilweise das Gute foͤrdern, das im Ganzen vernachlaͤßigt wird.
A. d. Ueb.
(Im
Auszuge.)
Daniell, über Klima, in Hinsicht auf Garten-Cultur.
„Gartenbau unterscheidet sich vom Akerbaue in einer sehr wesentlichen
Hinsicht. Lezterer hat den Zwek, den Boden durch Duͤnger und durch die
verschiedenen Arten, denselben zu bestellen, zu verbessern, und zwar nach jener
Weise, welche fuͤr irgend ein gegebenes Klima die beste ist; er
beschaͤftigt sich bloß mit der Erziehung und mit dem Wachsthume
derjenigen Pflanzen, die in diesem Klima einheimisch sind, oder durch lange
Wartung und Pflege
mit dem Wechsel der Witterung unter einer bestimmten Breite“ (und
auch unter einer bestimmten Seehoͤhe, glaubt der Uebersezer beifuͤgen
zu muͤssen) „vertraut wurden. Ersterer hingegen biethet der
Beobachtung ein weit groͤßeres Feld dar. Er sucht nicht bloß mit der
Beschaffenheit des Bodens vertraut zu werden, sondern, da er
auslaͤndische Gewaͤchse erhalten und fortpflanzen will, muß er
nothwendig auch die verschiedenen Klimate, unter welchen dieselben gedeihen, in
Betrachtung ziehen; er muß sich bemuͤhen durch Kunst dem engen Raume, auf
welchen er beschraͤnkt ist, jene Beschaffenheit der Atmosphaͤre,
die denselben wohlthaͤtig und angemessen ist, so viel moͤglich zu
verschaffen, oder wenigstens sie in gewissen Perioden ihres Wachsthumes gegen
ploͤzliche Veraͤnderungen der Witterung, die ihrem Wachsthume und
ihrem Gedeihen schaͤdlich seyn koͤnnten, zu schuͤzen.
Erfahrung ist hier der Theorie vorausgeeilt, und hat verschiedene
kuͤnstliche Mittel ersonnen, durch welche diese Zweke erreicht werden
koͤnnen; man hat nie, wie ich glaube, eine systematische Zusammenstellung
derselben versucht, die indessen nicht ohne Nuzen und ohne Interesse seyn kann.
Die Daten der Erfahrung koͤnnen wahrscheinlich die Schluͤsse der
Theorie bekraͤftigen, und es ist vielleicht nicht unmoͤglich, daß
der verbesserte Zustand der lezteren der ersteren einige Beihuͤlfe
gewaͤhren kann.“
„Gartenbau zerfaͤllt in Hinsicht auf Klima in zwei Abtheilungen:
die erstere begreift die Methoden, die Extreme des natuͤrlichen Klimas in
freier Luft zu mildern oder die Kraft desselben zu erhoͤhen; die zweite
umfaßt die schwierigeren Mittel, eine eingeschlossene Atmosphaͤre zu
bilden und zu unterhalten, deren Eigenschaften der natuͤrlichen
Atmosphaͤre in Tropen-Laͤndern aͤhnlich kommen. Zuerst von
der ersteren.“
„Die Basis der Atmosphaͤre ist in chemischer Hinsicht in allen
Regionen der Erde dieselbe. Die Unterschiede im Klima beruhen daher auf jenen
Abaͤnderungen, welche vom Lichte, von der Waͤrme, und von der
Feuchtigkeit abhaͤngen, und uͤber diese hat die Kunst, selbst in
freier Luft, einen groͤßeren Einfluß erhalten, als beim ersten Anblike
moͤglich scheinen sollte. Durch wohlberchnete Behandlung ist das Klima
unserer Gaͤrten selbst den koͤstlichsten Gewaͤchsen
gluͤklicherer Himmelsstriche angepaßt worden, und Blumen und
Fruͤchte aus der Naͤhe der Tropen-Laͤnder wetteifern
taͤglich durch ihr Bluͤhen und Reifen in freier Luft, den Sieg der
Kenntnisse und des Fleißes zu beurkunden.“
„Um diesen wichtigen Gegenstand in allen seinen Beziehungen
gehoͤrig zu verstehen, und aus dieser vollkommenen Einsicht alle jene
praktischen Vortheile abzuleiten, die sie gewaͤhren muß, wird es
nothwendig, eine genaue Kenntniß der Eigenheiten eines jeden Klimas der Erde zu
besizen; so weit wir uͤbrigens von dem Besize einer solchen Kenntniß
entfernt sind, so rasche Fortschritte machen wir indessen taͤglich, um zu
demselben zu gelangen. Vor allem ist es aber nothwendig, daß wir die Wechsel in
der Atmosphaͤre unter jener Lage, in welcher wir uns befinden, genau
kennen. Obschon dieser Wechsel nicht der groͤßte ist, mit welchem wir
bekannt geworden sind, so ist er doch groß, und oͤfters ploͤzlich.
Das Thermometer spielt bei uns im Schatten zwischen 0 und 90°
F.“ (– 14°, 22 R. bis + 32°, 22 R.);
„unter guͤnstigen Umstaͤnden erreicht die Waͤrme
der Sonnen-Strahlen eine Hoͤhe von 135° F.“ (+
45°, 78 R.) „und das Hygrometer wechselt zwischen dem
Saͤttigungs-Puncte oder 1,000 und 0,389.Der sogenannte Thau-Punct ist jener Grad der
Temperatur, bei welchem die Feuchtigkeit der Atmosphaͤre
anfaͤngt sich niederzuschlagen, und welcher zu jeder Jahreszeit
sich leicht durch das Hygrometer bestimmen laͤßt. Der
natuͤrliche Maßstab des Hygrometers liegt zwischen vollkommener
Trokenheit und vollkommener Feuchtigkeit; leztere ist folglich jener
Zustand der Atmosphaͤre, in welchem der Thaupunct mit der Temperatur der Atmosphaͤre
zusammentrifft. Die Zwischengrade lassen sich dadurch bestimmen, daß man
die Elasticitaͤt des Dampfes bei der Temperatur des Thaupunctes
durch die Elasticitaͤt bei der Temperatur der Luft theilt; der
Quotient wird das Verhaͤltniß der wirklich vorhandenen
Feuchtigkeit zu der zur Saͤttigung erforderlichen Menge
ausdruͤken; denn, wenn der Saͤttigungspunct = 1,000 ist,
so ist die Elasticitaͤt des Dampfes bei der Temperatur der Luft
zu der Elasticitaͤt des Dampfes bei der Temperatur des
Thaupunctes, wie der Saͤttigungspunct zu dem wirklichen Grade der
Feuchtigkeit. Die Tafeln zur Erleichterung dieser Berechnung mit
ausfuͤhrlichen Erlaͤuterungen sind, sammt dem Hygrometer,
bei Hrn. Newmann, Lisle-street, zu Kaufe, und
finden sich auch in des Verfassers Meteorological
Essays. A. d. O. Der Hauptzwek des Gartenbauers ist, sein Klima nach dem Suͤden
hin auszustreken, wo solche Extreme von Trokenheit und Kaͤlte nie
vorkommen, und nicht nur sich gegen die verderblichen Wirkungen der aͤußersten
Strenge der Witterung zu sichern, sondern auch den ploͤzlichen Wechsel
derselben in den verschiedenen Jahreszeiten abzuhalten. Um die Mittel
einzusehen, wie man zu diesem Zweke gelangen kann, wird es nothwendig seyn, die
Art zu betrachten, wie diese Wechsel in dem allgemeinen Laufe der Natur
entstehen. Man wird bald einsehen, daß die Hauptsache im Winde und in der
strahlenden Waͤrme gelegen ist.“
„Die Summe der Ausduͤnstung des Bodens und der Blaͤtter der
Gewaͤchse haͤngt von zwei Bedingungen ab: von der
Saͤttigung der Luft mit Feuchtigkeit, und von der Schnelligkeit der
Bewegung derselben. Sie verhaͤlt sich umgekehrt, wie die erstere, und
gerade wie die leztere.“
„Wenn die Luft troken ist, steigt Dampf mit großer Schnelligkeit aus jeder
Oberflaͤche in die Hoͤhe, die denselben zu liefern vermag; die
Staͤrke dieser Wirkung wird durch den Wind gar sehr vermehrt, welcher die
Feuchtigkeit von dem ausduͤnstenden Koͤrper wegnimmt, sobald sie
sich auf demselben gebildet hat, und hindert jene Anhaͤufung, welche
sonst die Verduͤnstung aufhalten wuͤrde.“
„Ueber den Stand der Saͤttigung hat der Gartenbauer wenig oder gar
keinen Einfluß in der freien Luft; allein, uͤber die Schnelligkeit der
Bewegung derselben kann er einiger Maßen gebiethen. Er kann die Gewalt der
Windstoͤße durch kuͤnstliche Mittel, wie Mauern, Planken, Heken
oder andere Schirme brechen, oder er kann natuͤrlichen Schuz an den
Abhaͤngen von Huͤgeln finden. Uebermaͤßige
Ausduͤnstung ist fuͤr mehrere Vegetations-Processe hoͤchst
verderblich, und verschiedene Arten des sogenannten Mehlthaues (blight) koͤnnen dieser Ursache zugeschrieben
werden. Verduͤnstung nimmt in einem außerordentlich raschen
Verhaͤltnisse mit der Schnelligkeit des Windes zu, und alles, was diese
leztere vermindert, vermindert auch auf eine kraͤftige Weise die
Ausduͤnstung. Dieselbe Flaͤche, die in Windstille 100 Theile
Feuchtigkeit ausduͤnstet, gibt in einem maͤßigen Winde 125, und
bei starkem Winde 150. Trokenheit der Atmosphaͤre im Fruͤhjahre
erzeugt die verderblichsten Wirkungen an den zarten Trieben der Gewaͤchse
in dieser Jahreszeit; vorzuͤglich muß man sie gegen die Ost-Winde zu
schuͤzen suchen. Die Feuchtigkeit der Atmosphaͤre, die aus jedem
Puncte zwischen NO und SO herstroͤmt, ist zu jener der Luft aus dem
anderen Viertel der Windrose im Jahres-Durchschnitte wie 814 zu 907. Es ist
nichts Ungewoͤhnliches, im Fruͤhjahre den Thaupunct tiefer als 20
Grad“ (F.) „unter der Temperatur der Luft im Schatten zu
finden; ich habe ihn selbst in einer Differenz von 30 Graden gefunden. Die
Wirkung eines solchen Grades von Trokenheit ist außerordentlich sengend, und
wenn zugleich ein Wind weht, so verdirbt sie alle Bluͤthen
zaͤrtlicher Gewaͤchse. Die Wirkung hoher Waͤnde,
vorzuͤglich an der Nord- und Ost-Seite eines Gartens, kann also, als
kraͤftiges Mittel gegen diesen Nachtheil, nicht bezweifelt werden, und wo
man zaͤrtliche Obstbaͤume zieht, duͤrfen solche Schirme nie
weit entfernt stehen.“
„Die Theorie biethet hier noch ein anderes, wie ich glaube noch
unversuchtes, eines Versuches aber allerdings werthes Mittel dar. Wenn
Baͤume an einer Wand gegen Suͤden gekehrt gezogen werden, so haben
sie allerdings den Vortheil einer groͤßeren Waͤrme; allein diese
Temperatur unterscheidet sich im Fruͤhlinge von der gleich hohen
Waͤrme einer mehr vorgeruͤkten Jahres-Zeit, oder eines
suͤdlicheren Klimas dadurch, daß sie nicht so viele Feuchtigkeit mit sich
fuͤhrt. Bei dem außerordentlich trokenen Zustande der Atmosphaͤre,
der dann Statt hat, muß die ungeheuere Verduͤnstung aus den Blumen eines
zaͤrtlichen Obstbaumes, die dadurch veranlaßt wird, nothwendig
hoͤchst nachtheilig werden. Man sollte demnach suchen die Wirkung einer
Beschattung oder Beschuͤzung der Pflanzen gegen die unmittelbar
auffallenden Sonnen-Strahlen zu bestimmen. Dieser Zustand der Atmosphaͤre
hat im April, Mai, Junius, oͤfters Statt, dauert aber nur selten mehrere
Stunden uͤber; indessen kann derselbe auch in wenigen Stunden großes
Unheil veranlassen, und der Nachtheil eines theilweisen Verlustes an Licht kann
durchaus nicht mit der hoͤchst wahrscheinlichen Wirkung, die wir so eben
angedeutet haben, in Vergleichung kommen.“
„Waͤhrend der Zeit, als ich die Witterung aufzeichnete, sah ich das
Thermometer in der Sonne auf 101°“ (F. + 38°,33 R.)
„im Mayen, waͤhrend der Thaupunct nur 34° war. Der Stand
der Saͤttigung an der gegen Mittag gekehrten Wand muß also 120 gewesen
seyn; ein Zustand von Trokenheit, den sicher kein afrikanischer Harmattan
uͤbertreffen wird. Eine Matte als Schuz gegen die Sonne wuͤrde in
einem solchen Falle
oͤfters alle Nachtheile beseitigen, welche auf eine aͤhnliche
Weise oft so ploͤzlich entstehen.“
„Einige Methoden, deren man sich gegenwaͤrtig in der
Gaͤrtnerei bedient, scheinen auf der Erfahrung aͤhnlicher
Wirkungen zu beruhen. Man weiß jezt, daß Steklinge am besten auf einem gegen
Norden gelegenen, und gegen den Wind geschuͤzten Beete gedeihen, oder daß
man sie, wenn sie anders gelegen sind, gegen die Gewalt der Mittags-Sonne
mittelst eines Schirmes schuͤzen muß. Denn man auf diese Umstaͤnde
nicht achtet, so welken sie schnell dahin und sterben. Aus eben diesem Grunde
waͤhlt man auch den Herbst zu ihrer Verpflanzung, so wie zum Versezen der
Baͤume; die Atmosphaͤre ist in dieser Jahreszeit mit Feuchtigkeit
gesaͤttigt, und erschoͤpft die Pflanze nicht, ehe sie in dem Boden
gehoͤrig eingewurzelt hat.“
„Ueber den absoluten Zustand des Dampfes in der Atmosphaͤre
vermoͤgen wir nichts, und durch kein Waͤsserungs-System
vermoͤgen wir den Thaupunct in der freien Atmosphaͤre zu bewirken.
Dieser wird in den oberen Regionen bestimmt, und es wird bloß durch indirectes
Verfahren, durch Auswahl der gehoͤrigen Jahreszeiten, moͤglich,
die zaͤrtlicheren Pflanzen-Schoͤßlinge gegen die verderblichen
Wirkungen einer zu starken Ausduͤnstung zu schuͤzen.“
„Das Ausstrahlen der Waͤrme, die zweite Ursache, welche einen
ploͤzlichen und nachtheiligen Einfluß auf die zarten Garten-Producte
aͤußert, wurde, bis auf die lezteren Jahre her, von den Physikern nicht
gehoͤrig beachtet und verstanden, und selbst jezt noch ist sie dem
praktischen Gaͤrtner nicht gehoͤrig gelaͤufig, der zwar
durch Erfahrung auf einige Mittel gegen die nachtheiligen Wirkungen derselben
geleitet wurde, mit der Theorie seines Verfahrens aber gaͤnzlich
unbekannt ist. Dr. Wells, dessen vortrefflichem
Werke uͤber den Thau (Essay upon Dew) wir
soviel uͤber diesen wichtigen Gegenstand verdanken, gesteht so
offenherzig: „im Stolze auf Halbwisserei habe ich oͤfters
uͤber die Mittel gelaͤchelt, deren sich haͤufig die
Gaͤrtner bedienen, im zaͤrtliche Gewaͤchse gegen die
Kaͤlte zu schuͤzen, da es mir unmoͤglich schien, daß
eine duͤnne Matte, oder irgend eine so leichte Bedekung sie hindern
koͤnne, die Temperatur der Atmosphaͤre anzunehmen, durch
welche ich sie allein fuͤr verlezbar hielt. Alt ich aber lernte, daß
Koͤrper auf der Oberflaͤche der Erde waͤhrend einer
stillen heitern Nacht kaͤlter werden, als die Atmospaͤre,
indem sie ihre Hize gegen dieselbe ausstrahlen, sah ich alsogleich den guten
Grund eines Verfahrens ein, welches ich bisher fuͤr unnuͤz
hielt.“
„Die Kraft, Waͤrme in geraden Linien in allen Richtungen, ohne alle
Beruͤhrung, auszustrahlen, kann als eine der Materie uͤberhaupt
inwohnende Kraft betrachtet werden, die jedoch in verschiedenen Stoffen in
verschiedenem Grade vorkommt. Als gleichzeitig mit derselben, und in demselben
Grade vorhanden, kann man die Kraft betrachten, diese von anderen
Koͤrpern ausgestroͤmte Hize einzusaugen. Polirte Metalle und
Pflanzenfasern kann man als die beiden Koͤrper betrachten, welche sich
auf den aͤußersten Endpuncten des Maßstabes befinden, mit welchem man
diese Eigenschaften an verschiedenen Substanzen messen kann. Wenn ein
Koͤrper so gelagert ist, daß er gerade so viel strahlende Hize aufnimmt,
als er ausstrahlt, so bleibt seine Temperatur dieselbe: wenn die umherstehenden
Koͤrper Waͤrme in hoͤherem Grade ausstrahlen, als der
eingeschlossene, so steigt die Temperatur desselben, bis die Menge
Waͤrmestoffes, welche er aufnimmt, in genauem Gleichgewichte mit
derjenigen ist, welche er ausstrahlt, auf welchem Puncte sie dann wieder
unveraͤndert bleibt; wenn endlich die Kraft der Ausstrahlung unter
Umstaͤnden wirkt, unter welchen keine Ruͤkkehr zu erwarten ist, so
nimmt die Temperatur des Koͤrpers ab. So wird ein in dem Brennpuncte
eines Metall-Hohlspiegels angebrachtes Thermometer gegen irgend einen
wolkenlosen Theil des Himmels gekehrt, zu jeder Stunde des Tages um einige Grade
unter die Temperatur eines Thermometers fallen, welches außer dem Spiegel in der
Naͤhe des vorigen sich befindet; beide Thermometer strahle aus, an dem
ersteren wird aber alle Ruͤkkehr der ausgestrahlten Waͤrme
unmoͤglich, waͤhrend das leztere von den ihm zunaͤchst
befindlichen Koͤrpern eben so viel Waͤrme erhaͤlt, als es
ausstrahlt. Dieser Austausch unter Koͤrpern hat sowohl in
durchscheinenden Mitteln als im leeren Raume Statt, im ersten Falle wird aber
die Wirkung durch die ausgleichende Kraft des Mittels
abgeaͤndert.“
„Jeder Theil der Oberflaͤche der Kugel, welcher frei gegen die
Sonne gekehrt ist, erhaͤlt mehr strahlende Waͤrme, als er
ausstrahlt, und wird erwaͤrmt; wenn man aber durch Umdrehung der Achse
des Thermometers diesen Theil von der Quelle seiner Waͤrme wegkehrt,
dauert das Ausstrahlen in dem umgebenden Raum fort, und, da die ausgestrahlte Waͤrme
jezt nicht ersezt wird, wird die Temperatur sinken. In Folge der verschiedenen
Grade, in welchen verschiedene Koͤrper die Waͤrme auszustrahlen
vermoͤgen, werden zwei an einander stoßende Theile des Erdsystemes
verschiedene Temperaturen erhalten, und wenn man in einer hellen Nacht ein
Thermometer auf einen Rasenplaz, und ein anderes auf nakte Erde, oder einen mit
Schutt bestreuten Gang legt, wird man das erstere um mehrere Grade niedriger
stehen finden, als das leztere. Der faserige Bau des Grases beguͤnstigt
die Ausstrahlung der Waͤrme, welche die dichteren Oberflaͤchen des
Schuttes in sich zu halten und zu fixiren scheinen. Diese ungleiche Wirkung hat
aber nur bei unumwoͤlkter Atmosphaͤre Statt, und wenn freier Abzug
in den Raum moͤglich ist: denn selbst ein leichter Nebel wird den
ausgestrahlten Stoff in seinem Laufe aufzuhalten vermoͤgen, und dem
ausstrahlenden Koͤrper eben so viel zuruͤcksenden, als er
ausstrahlt. Wenn noch koͤrperlichere Hindernisse dazwischen kommen, wird
der Erfolg noch mehr gehindert werden, und das Gleichgewicht in der Temperatur
wird in keinem Koͤrper gestoͤrt werden, der sich nicht unter einem
klaren Himmel befindet. Ein Stuͤk Rasenplaz unter dem Schuze eines
Baumes, oder einer Heke wird in einer hellen Nacht, um 8 bis 10 Grade
„(F.)“ waͤrmer seyn, als der dieses Stuͤk
umgebende unbeschuͤzte Rasenplaz, und alle Gaͤrtner wissen, daß an
solchen geschuͤzten Stellen weniger Thau und Reif sich zeigt, als an frei
liegenden Plaͤzen.“
„Es gibt indessen mehrere hiervon unabhaͤngige Umstaͤnde,
welche die Wirkung dieser Kraft abaͤndern, wie z.B. der Zustand des
strahlenden Koͤrpers, seine waͤrmeleitende Kraft etc. Wenn, z.B.,
der Koͤrper sich in einem fluͤßigen oder luftfoͤrmigen
Zustande befindet, so wird, obschon der Proceß, wie bei dem Wasser, fortgeht,
die dadurch erzeugte Kaͤlte sich nicht auf der Oberflaͤche
anhaͤufen, sondern, nach bekannten Gesezen, sich durch die ganze Masse
verbreiten, und wenn ein fester Koͤrper ein guter Waͤrmestrahler,
aber ein schlechter Leiter ist, so wird die abkuͤhlende Wirkung auf der
bloßgestellten Oberflaͤche sich verdichten. So ist auf der
Oberflaͤche der Erde vollkommene Stille der Atmosphaͤre
nothwendig, wenn sich Kaͤlte auf dem strahlenden Koͤrper
anhaͤufen soll: denn, wenn die Luft in Bewegung ist, so zerstreut sie die
Wirkung, und gleicht sie mit einer Schnelligkeit aus, die mit der Geschwindigkeit jener
Bewegung in Verhaͤltniß steht.“
„Nach diesen Grundsaͤzen hat Doctor Wells alle mit dem Thaue und Reife in Verbindung stehenden
Phaͤnomene auf eine genuͤgende Weise erklaͤrt. Diese
Ablagerung von Feuchtigkeit ist der Kaͤlte zuzuschreiben, welche in den
Koͤrpern durch Ausstrahlung entsteht, und wodurch der Dampf der
Atmosphaͤre auf ihren Oberflaͤchen verdichtet wird. Er zeigt sich
nur auf Pflanzen, nicht auf dem nakten Boden. Die Fasern des kurzen Grases
beguͤnstigen die Bildung desselben vorzuͤglich. Er entsteht nie
bei nebeligem oder windigem Wetter, oder in Lagen, die nicht gegen den Himmel
vollkommen frei oder offen sind. Er bildet sich nie auf den gut leitenden
Oberflaͤchen der Metalle, lagert sich aber schnell auf den schlecht
leitenden Oberflaͤchen faseriger Koͤrper, wie der Baumwolle, Wolle
etc.“
„Hinsichtlich der Bemerkung, daß sich der Thau nie auf Metallen bildet,
muß man nothwendig eine zweite Wirkung unterscheiden, welche oͤfters eine
Ablagerung von Feuchtigkeit auf jeder Art von Oberflaͤche ohne
Unterschied veranlaßt. Die Kaͤlte, welche auf her Oberflaͤche
eines strahlenden Koͤrpers entsteht, wird nach und nach der rings umher
befindlichen Atmosphaͤre mitgetheilt, und wenn die Wirkung stark genug
und hinlaͤnglich anhaltend ist, lagert sich nicht nur Feuchtigkeit auf
dem festen Koͤrper ab, sondern wird in der Luft selbst niedergeschlagen,
aus welcher sie nach und nach niedersinkt, und sich auf allen Koͤrpern in
ihrem Bereiche ansezt.“
„Die Bildung des Thaues ist einer derjenigen Umstaͤnde, welche die
abkuͤhlende Wirkung der Ausstrahlung veraͤndern und aufhalten;
denn, so wie der Dampf sich verdichtet, laͤßt er die gebundene
Waͤrme fahren, mit welcher er in seiner elastischen Form verbunden war,
und dadurch beugt er, ohne Zweifel, einer zu großen Erniedrigung der Temperatur
vor, welche in vielen Faͤllen der Vegetation nachtheilig werden
koͤnnte, die indessen dadurch alle Vortheile einer sanften Verbreitung
von Feuchtigkeit erhaͤlt.“
„Die Wirkungen der Ausstrahlung der Waͤrme biethen sich dem
Gartenbauer unter zwei Gesichtspunkten dar: ein Mahl unter dem
urspruͤnglichen Einfluße auf die derselben ausgesezten Pflanzen, und dann
in Hinsicht auf die Veraͤnderungen, welche dadurch auf die
Atmosphaͤre verschiedener Lagen erzeugt werden. Fuͤr Pflanzen, welche
in einem ihnen urspruͤnglich von der Natur angewiesenen Klima wachsen,
kann die Einwirkung der strahlenden Waͤrme nicht anders als
hoͤchst wohlthaͤtig seyn, indem dadurch Ablagerung von
Feuchtigkeit auf ihren Blaͤttern veranlaßt wird: fuͤr
zaͤrtliche Gewaͤchse hingegen, die man kuͤnstlich
aufziehen, und an die Strenge einer ihnen unnatuͤrlichen Lage
gewoͤhnen muß, muß dieser Grad von Kaͤlte, welcher noch besonders
hinzukommt, hoͤchst gefaͤhrlich werden koͤnnen. Es ist auch
wahrscheinlich, daß, nach angestellten Beobachtungen, die Staͤrke dieser
Wirkung mit der Entfernung von dem Aequator gegen die Pole hin zunimmt. Der
tiefste Stand am Thermometer, den man zwischen den Tropen, als Folge dieser
Wirkung, aufzeichnete, war 12° „(F.)“,
waͤhrend das Thermometer zu London aus demselben Grunde nicht selten um
17° „(F.)“ faͤllt. Es ist gewiß, daß die
Vegetation in England des Nachts in Folge der Ausstrahlung zehn Monate im Jahre
uͤber, der Gefahr einer Erniedrigung der Temperatur unter den Frierpunct
ausgesezt ist, und selbst in den beiden Monaten, Julius und August, welche die
einzigen Ausnahmen sind, wird ein mit Wolle bekleidetes Thermometer
oͤfters auf 35° „(F.)“ (+ 1,67 R.) fallen.
Indessen sind es nur niedrige, auf dem Boden liegende Gewaͤchse, die der
ganzen Strenge dieser Wirkung ausgesezt sind. In einer solchen Lage liegt die
durch diesen Proceß abgekuͤhlte Luft auf der Oberflaͤche der
Gewaͤchse, und kann, ihrer Schwere wegen, nicht daruͤber weg,
waͤhrend sie von den Blaͤttern der Baͤume und
Straͤucher herabgleitet, und sich auf der Erde lagert.“
„Alles, was den Anblik des reinen Himmels entzieht, haͤlt in
demselben Verhaͤltnisse das Fortschreiten dieser Abkuͤhlung ab,
und die leichteste Bedekung mit einem Tuche, oder einer Matte hebt sie
gaͤnzlich auf. Baͤume, die an einer Wand oder Planke aufgezogen
sind, oder Pflanzen, die im Schuze derselben gezogen werden, sind dadurch allein
gegen den groͤßten Theil dieses Unheiles geschuͤzt, und sie werden
noch mehr geschuͤzt seyn, wenn ein anderer Schirm in einer
maͤßigen Entfernung angebracht ist. Die bestberechnete Anlage fuͤr
auslaͤndische Fruchtbaͤume in freier Luft wuͤrde eine
Anzahl paralleler, und nach Suͤd-Ost gekehrter Waͤnde in geringer
Entfernung von einander seyn: die Zwischenraͤume muͤßten bis auf
ein schmales Beet zu jeder Seite, mit Schutt aufgefahren seyn, und von allem Unkraute und
niedrigem Gewaͤchse frei gehalten werden. An der Suͤd-Seite dieser
Waͤnde koͤnnten Pfirsiche, Aprikosen, Feigen etc. mit Vortheil
gezogen werden, und an der Nordseite haͤrtere Fruchtsorten. Zarte
auslaͤndische Gewaͤchse gewaͤnnen so alle Vortheile einer
fruͤhen Morgen-Sonne, die sobald moͤglich die groͤßte
Anhaͤufung der Kaͤlte, die dem Sonnen-Aufgange unmittelbar
vorausgeht, zerstreute, und dem nachtheiligen Einfluße der naͤchtlichen
Ausstrahlung vollkommen vorbeugt. Auf Baͤume, die auf diese Weise gezogen
werden, koͤnnte der unmittelbare senkrechte Eindruk nur wenig Wirkung
aͤußern, und selbst dieses Wenige koͤnnte durch maͤßige
Bedekung beseitigt werden.“
„Matten oder Tuͤcher auf Walzen vor den Baͤumen, so daß man
sie gelegentlich herablassen kann, in der Entfernung von Einem Fuße, oder von
zwei Fuß von denselben angebracht, wuͤrden ohne Zweifel in den oben
angefuͤhrten Faͤllen von Trokenheit der Atmosphaͤre sehr
gute Dienste leisten, und wenn keine gegenuͤber stehenden Waͤnde
vorhanden sind, wuͤrden sie als Stellvertreter derselben dienen
koͤnnen.“
„Erfahrung lehrte die Gaͤrtner die zaͤrtlichen
Gewaͤchse dadurch gegen die Wirkungen des Frostes zu schuͤzen, daß
sie dieselben mit Stroh oder Streue bedeken: das Deken mit Matten ist aber noch
nicht so allgemein verbreitet, wie es seiner Einfachheit und guten Wirkung nach
verbreitet seyn sollte. Selbst dort, wo man Matten anwendet, scheint die Weise,
wie man sich derselben bedient, nicht von der mindesten Einsicht des Grundsazes,
worauf diese Anwendung beruht, zu zeugen: gewoͤhnlich bindet man sie
dicht an dem Baume an, den sie schuͤzen sollen, oder nagelt sie in enger
Beruͤhrung der Blaͤtter desselben auf.“
„Nun darf man aber nicht vergessen, daß die Ausstrahlung bloß von dem
Baume auf die Matte uͤbertragen wird, und die Kaͤlte der lezteren
auf jeden Punct des ersteren geleitet wird, in welchem sie denselben
beruͤhrt. Die Beruͤhrung sollte also durch Reifen, oder auf irgend
eine andere zwekmaͤßige Weise vermieden werden, indem die von der Matte
eingeschlossene Luftschichte durch ihre schlecht leitende Kraft die Pflanze
hinlaͤnglich sichert. Wenn die Blaͤtter so geschuͤzt, und
die Wurzeln hinlaͤnglich mit Streu bedekt sind, wird man ohne Zweifel
eine Menge immer gruͤnender Gewaͤchse die Strenge unseres Winters ertragen
machen koͤnnen, die jezt zu einem verkruͤppelten Wachsthume in
unseren Orangerien und Conservatorien verdammt sind.“
„Die zweite Wirkung, welche die Ausstrahlung der Waͤrme auf das
Klima irgend einer besonderen Lage hat, wird gewoͤhnlich weniger
beachtet, als die erste, verdient aber dessen ungeachtet noch mehr
Aufmerksamkeit. Die aͤußerste Kaͤlte kann nur bei einer
vollkommenen Stille der Atmosphaͤre Statt haben: eine geringe Bewegung
der lezteren reicht hin, um sie zu zerstreuen. Es bildet sich oͤfters in
besonderen Lagen ein niedriger Nebel auf Wiesen, in Folge der langsamen
Ausdehnung der oben erwaͤhnten Bildung der Kaͤlte in der Luft: die
bloße Bewegung, die dadurch in diesem Nebel entsteht, daß man uͤber die
Wiese hingeht, reicht meistens hin, um denselben zu zerstreuen und zu schmelzen.
Ein Thal, das von niedrigen Huͤgeln umgeben ist, unterliegt den Wirkungen
der Ausstrahlung mehr, als die Gipfel und Abhaͤnge dieser Huͤgel:
denn es ist bekannte Thatsache, daß Thau und Reif immer haͤufiger im
Thale, als auf den Abhaͤngen dieser Huͤgel ist. Dieß gilt jedoch
nicht von Thaͤlern, die mir hohen und steilen Huͤgeln umgeben
sind, welche die Aussicht auf den Himmel versperren; denn hier hat der
entgegengesezte Fall Statt. Sanfte Abhaͤnge, die die
wellenfoͤrmige Bewegung der Luft brechen, ohne die Aussicht nach dem
Himmel abzuhalten, bringen am meisten jene Wirkung der Ausstrahlung hervor, und
es verdient bemerkt zu werden, daß Waͤnde oder Heken auf eine
kuͤnstliche Weise dieselben Nachtheile hervorzubringen
vermoͤgen.“
„Der Einfluß der Huͤgel auf die naͤchtliche Temperatur der
Thaͤler, welche sie umgeben, beschraͤnkt sich aber nicht bloß auf
diese Insulirung; die Ausstrahlung geht auf ihren Abhaͤngen fort, und die
durch Kaͤlte verdichtete Luft rollt von denselben herab, und lagert sich
an ihrem Fuße.“
„Auf diese Weise werden ihre Abhaͤnge gegen den Frost gesichert,
und eine doppelte Ladung desselben faͤllt auf jene Stelle hinab, die sehr
viele fuͤr eine hoͤchst geschuͤzte Lage erklaͤren.
Die Erfahrung bestaͤtigt diese theoretischen Ansichten vollkommen. Es ist
eine alte Bemerkung, daß die boͤsen Wirkungen der Kaͤlte
vorzuͤglich sich in hohlen Lagen zeigen, und daß der Frost auf den
Huͤgeln minder streng ist, als in benachbarten Thaͤlern. Ich weiß
aus meinen eigenen Beobachtungen, daß die Blaͤtter der Rebe, des
Wallnuß-Baumes, die saftigen Triebe der Dahlien und der Erdaͤpfel, oft
durch den Frost in geschuͤzten Thaͤlern waͤhrend
Naͤchten zerstoͤrt werden, in welchen dieselben Gewaͤchse
auf den umgebenden Huͤgeln unverlezt bleiben. Ich habe, einen Unterschied
von 30° „(F.)“ an zwei Thermometern in diesen beiden
verschiedenen Lagen zu Gunsten desjenigen gesehen, welches sich auf den
Huͤgeln befand.“
„Der Vortheil eines auf einem sanften Abhange gelegenen Gartens muß daher
einleuchtend seyn: ein Strom am Fuße desselben wuͤrde noch den Vortheil
einer anstoßenden Flaͤche gewaͤhren, die der Erkaͤltung
nicht so sehr unterworfen ist, und zugleich jedes verderbliche Stillstehen der
Luft unmoͤglich macht. Es giebt nur wenige Lagen, welche alle Bedingungen
erfuͤllen, die die Theorie zur vollkommensten Milderung des Klima in
freier Luft vorschlagen kann; obige Bemerkungen werden indessen nicht ohne Nuzen
zur Bezeichnung solcher Lagen seyn, welche, in dieser Hinsicht, vermieden werden
muͤssen.“
„Der Gartenbauer vermag wenig, um die Wirkung des Klimas in freier Luft zu
erhoͤhen, außer daß er die Lage des Gartens gegen die Sonne, und nach der
Concentrirung ihrer Strahlen auf Waͤnden und Schirmen waͤhlen
kann. Die natuͤrliche Zuruͤkprallung der Strahlen von diesen, und
von dem dazwischen liegenden Boden, ist indessen sehr stark, und es gibt nur
wenige Pflanzen in den tropischen Regionen, die einer groͤßeren Hize
ausgesezt sind, als ein gut ausgebundener Baum an einer Wand in unseren Sommern.
Es scheint wirklich, nach Versuchen, daß die strahlende Kraft der Sonne, wie die
Ausstrahlung der Waͤrme aus der Erde, mit der Entfernung von dem Aequator
zunimmt: es ist ein groͤßerer Unterschied zwischen einem Thermometer im
Schatten und in der Sonne in unserem Klima, als in der Sierra Leone, oder auf
Jamaica. Die Bemerkungen des Praͤsidenten der Gesellschaft
„(Sir Knight)“
uͤber den Wachsthum der Ananasse stimmen genau mit dieser Idee; denn er
hat bemerkt, daß diese Pflanze, ob schon sie sehr gut eine hoͤhere
Temperatur ertragen kann, durchaus nicht so leicht ein anhaltend starkes Licht
ertraͤgt, wie viele andere Gewaͤchse, und noch weit weniger, als
die Feige und der Pomeranzenbaum; er ist daher geneigt zu glauben, daß sie, in
dieser Hinsicht, ihre Fruͤchte weit besser im Fruͤhjahre, als in
der Mitte des Sommers, zur Reife bringen wuͤrde. (Horticultural Transactions IV. p. 546.). Die
Staͤrke des Sonnen-Lichtes ist zuweilen so groß, daß es oft
noͤthig wird, zarte Blumen gegen den Einfluß desselben zu
beschuͤzen, und ich habe bereits einen Fall angedeutet, in welchem es
wuͤnschenswerth ist, dieselbe Vorsicht bei den Bluͤthen gewißer
Obstbaͤume zu gebrauchen. Die groͤßte Staͤrke hat das Licht
bei uns im Junius, waͤhrend die groͤßte Hize erst im Julius
eintritt. In gehoͤrig geschuͤzten Lagen kann man daher die
Temperatur Einen Monat voraus gewinnen.“
„Der groͤßte Nachtheil, welchem die Garten-Cultur bei uns
„(in England)“ unterliegt, ist die Unsicherheit eines
klaren Himmels, wogegen die Kunst nichts vermag. Keine kuͤnstliche
Waͤrme kann diesen Nachtheil ersezen, und ohne die Strahlen der Sonne
verlieren die Fruͤchte ihren Geschmak, und die Bluͤthen den Glanz
ihrer Farbe. Man hat versucht, die Waͤnde durch Oefen und Zuͤge zu
heizen; allein, ohne Glas wollte keiner dieser Versuche gehoͤrig
gelingen.“
„Es ist bekannt, daß verschiedene Koͤrper die Sonnenhize mehr oder
minder leicht, und zwar nach ihren verschiedenen Farben, verschlingen, und daß
die schwarze Farbe in dieser Hinsicht die kraͤftigste ist. Man hat daher
vorgeschlagen, die Waͤnde in den Gaͤrten schwarz anzustreichen;
allein, der Vortheil, der hierdurch entstehen kann, scheint nicht besonders groß
zu seyn. Es ist wahrscheinlich, daß dadurch die Baͤume im
Fruͤhlinge, noch ehe sie Blaͤtter haben, gereizt werden, ihre
Bluͤthen fruͤher zu entfalten, als sonst: doch dieß ist ehe ein
Nachtheil, indem die Bluͤthe dadurch allen Zufaͤlligkeiten eines
fruͤhen Fruͤhlinges ausgesezt wird. Wenn der Baum aber einmahl
Blaͤtter getrieben hat, so kann die Farbe der Wand keinen Einfluß mehr
auf denselben aͤußern, indem die Blaͤtter dieselbe bedeken, und
nach ihrer Farbe wirken. Der einzige wirkliche Vortheil von dunkler Farbe zu
diesem Zweke ist, wenn man die Fruͤchte bedekt, um dieselben gegen die
Verheerungen der Insekten zu schuͤzen: Trauben in Saͤken von
schwarzem Flor reifen besser, als in weißen; allein doch in keinem von beiden,
wie es mir scheint, so gut, als in freier Luft.“
––––––––––
Der Hr. Verfasser geht nun zur Betrachtung einer eingeschlossenen
Atmosphaͤre uͤber, die zwar gaͤnzlich unter der Gewalt der
Kunst steht, dafuͤr aber auch umfassendere Kenntnisse der Geseze der Natur in
Hinsicht auf die Klimate, und groͤßere Geschiklichkeit und Erfahrung in
Anwendung der dabei noͤthigen Mittel fordert. Die Pflanzen, welche den
Schuz einer geschlossenen Atmosphaͤre fordern, befinden sich in dem
moͤglich kuͤnstlichsten Zustande, nicht bloß in Hinsicht auf ihre
Staͤngel und Blaͤtter, die dieser Atmosphaͤre ausgesezt
sind, sondern auch in Hinsicht auf ihre Wurzeln. Die Erde, in welcher sie leben,
ist gewoͤhnlich in poroͤsen irdenen Toͤpfen, an deren
innere Oberflaͤche die zarten Wuͤrzelchen schnell durchdringen,
und sich daselbst in jeder Lage verbreiten. Diese Wuͤrzelchen sind
dadurch gleichfalls jedem Wechsel der Temperatur und der Feuchtigkeit, und
großer Gefahr einer Verkaͤltung ausgesezt, sobald die Ausduͤnstung
ploͤzlich vermehrt wird.“
Er betrachtet die Behandlung der Gewaͤchse in geschlossener
Atmosphaͤre unter zwei Gesichtspuncten: 1) Behandlung solcher
auslaͤndischer Gewaͤchse, welche gaͤnzlich von der
kuͤnstlichen Atmosphaͤre eines Treibhauses abhaͤngen; 2)
Behandlung der mehr abgehaͤrteten Gewaͤchse, welche nur im Winter
in einer Orangerie aufbewahrt werden duͤrfen, im Sommer aber in freier
Luft dem Wechsel der Witterung ausgesezt werden koͤnnen.“
Was die erstere betrifft, so bemerkt er, daß die Gaͤrtner in dieser
delicaten Angelegenheit vorzuͤglich nur auf die Temperatur
Ruͤksicht nehmen, da doch die Feuchtigkeit von eben so hoher Wichtigkeit
ist. Die Gewaͤchse der Tropen-Laͤnder, die ein Treibhaus fordern,
haben in ihrem heimathlichen Klima nicht bloß einen unwandelbaren hohen Grad von
Hize, sondern zugleich auch eine sehr feuchte, dampfvolle Atmosphaͤre.
Capitaͤn Sabine fand bei seinen
meteorologischen Untersuchungen zwischen den Wendekreisen in den heißesten
Stunden des Tages selten einen groͤßeren Unterschied zwischen dem
Thaupuncte und der Temperatur der Luft, als ungefaͤhr 10°, was
beilaͤufig 730° Saͤttigung gibt; am haͤufigsten aber
betrug dieser Unterschied nur 5° oder 850° fuͤr die
Saͤttigung: die Saͤttigung der Luft konnte im Durchschnitte nicht
uͤber 910° betragen. Nun glaube ich, daß, wenn man das Hygrometer
zu Rathe ziehen wollte, man haͤufig in den Treibhaͤusern, so wie
sie gegenwaͤrtig geleitet werden,Hr. Hofrath Schultes hat schon vor vier Jahren
in unserem polytechnischen Journale Bd. IX. S. 491.) die Nothwendigkeit der Feuchtigkeit in den
Glashaͤusern, das Nachtheilige der trokenen Heizung und die
Vortheile der Heizung derselben mit Dampf oder feuchter Luft gezeigt,
und uͤber die Trokenstuben, die man zu Muͤnchen als
Glashaͤuser erbaute, gegruͤndete Bemerkungen gemacht.
Ueber das Heizen der Gewaͤchshaͤuser mit
Wasserdaͤmpfen, so wie das Verfahren, die Pflanzen mittelst
Wasserdaͤmpfen zu befeuchten, findet man in Dingler's Anleitung zur Benuͤzung von
Wasserdaͤmpfen (Augsburg und Leipzig
1818) genuͤgende Belehrung. A. d. R.
eine Differenz von
20° zwischen dem Verdichtungs-Puncte und der Luft, oder einen Grad von
Feuchtigkeit unter 500 finden wuͤrde. Die Gefahr des zu starken Begießens
der Gewaͤchse, vorzuͤglich in gewissen Perioden ihres Lebens, ist
im Allgemeinen hinlaͤnglich bekannt, weßwegen man auch die Erde an den
Wurzeln immer etwas troken haͤlt: die einzige Feuchtigkeit wird also hier
gewoͤhnlich aus den Toͤpfen und aus den Ausduͤnstungen der
Blaͤtter erhalten, und diese reicht nicht zu, die Luft zu
saͤttigen: die Folge hiervon muß also nothwendig eine ungeheure
Ausduͤnstung aus der Pflanze selbst seyn. Dieß ist aber den Pflanzen auf
doppelte Weise schaͤdlich: wenn die Toͤpfe naͤmlich ganz
feucht, und nicht durch Lohe oder Mist geschuͤzt sind, so werden die
zarten Wurzelfasern, mit welchen sie innenwendig ausgekleidet sind, sich
verkaͤlten. Wie sehr man aber die Gefahr dieser Verkaͤltung kennt,
die so schnell die traurigsten Folgen erzeugt, erhellt aus der allgemein
gebrauchten Vorsicht, kein anderes Wasser zum Begießen anzuwenden, als solches,
welches bereits die Temperatur des Glashauses erlangt hat; und die Gefahr der
Erkaͤltung fuͤr eine Pflanze in einem feuchten Topfe, der in einer
sehr troknen Atmospaͤre steht, ist doch um nichts geringer.“
„Bekanntlich kuͤhlt man in heißen Laͤndern
Fluͤßigkeiten dadurch, daß man sie in sehr poroͤse irdene
Gefaͤße gießt: und ein Gartentopf ist ein eben so guter Kuͤhler,
als irgend einer. Bei dem gewoͤhnlichen Zustande der Atmosphaͤre
eines Treibhauses kann dadurch eine Verminderung der Temperatur von 15 bis 20
Graden auf einer solchen ausduͤnstenden Oberflaͤche entstehen. Das
groͤßte Ungluͤk entsteht aber durch die vermehrte
Ausduͤnstung der Pflanzen unter solchen Umstaͤnden, und durch die
dadurch nothwendig entstehende Erschoͤpfung der Vegetations-Kraft. Die
Bluͤthen der Tropen-Gewaͤchse sind haͤufig sehr saftiger
Textur, und reichlich mit Haut-Poren versehen; ihre zarten Knospen haben jene
Huͤllen nicht, und nichts von den wunderbaren Schuzmitteln, womit die Natur in
unstaͤteren Klimaten ihre zarten Embryonen zu schuͤzen pflegt. Sie
treten, so zu sagen, nakt in die Welt, und sind bloß fuͤr jene
bezaubernde Mildheit der Atmosphaͤre berechnet, welcher ihr ganzer
Organismus angepaßt ist. In den Tropen-Laͤndern hoͤrt der Saft der
Gewaͤchse nie auf zu fließen, und ploͤzliches Stillstehen
desselben, so wie zu große Beschleunigung seines Laufes, ist diesen
Gewaͤchsen eben so nachtheilig, als fuͤr Pflanzen unter
veraͤnderlicheren Klimaten zur Bildung jenes Winterkleides nothwendig,
welches zur Erhaltung der Schoͤßlinge waͤhrend des Winters
unentbehrlich ist. Man wird sich einen Begriff von dem ungeheuer vermehrten
Abzuge, der durch zunehmende Trokenheit der Atmosphaͤre an den
Lebensverrichtungen einer Pflanze Statt hat, machen koͤnnen, wenn man
bedenkt, daß, wenn die Menge der Ausduͤnstung derselben waͤhrend
einer gewissen Zeit bei einer Temperatur der Luft von 76°
„(F.)“ (+ 19°,11 R.), und 70° Thaupunct,
oder bei einer Saͤttigung der Luft von 849,57 Grane betraͤgt,
dieselbe in derselben Zeit 120 Grane betragen wird, wenn der Thaupunct derselbe
bleibt, die Temperatur aber auf 80° „(F.)“ (+ 21,33
R.) steigt, d.h., wenn die Saͤttigung der Atmosphaͤre auf 726
faͤllt.“
„Außer dem, daß die Pflanzen ausduͤnsten, saugen die
Blaͤtter derselben zugleich auch ein, und auch diese Verrichtung wird
durch Mangel an Feuchtigkeit bedeutend gestoͤrt. Einige Pflanzen ziehen
den groͤßten Theil ihrer Nahrung aus einer feuchten Luft, und alle
haͤngen mehr oder minder von derselben ab. Der Wasservorrath, den die Nepenthes
destillatoria in dem am Ende ihrer Blaͤtter
gebildeten Becher sammelt, wird wahrscheinlich aus der Luft eingezogen, und
fuͤr die Beduͤrfnisse der Pflanze bei ihrer Ausduͤnstung
verwendet; da die Menge dieses Wassers im Glashause so sehr wechselt, so
haͤngt dieß ohne Zweifel von dem Zustande der Feuchtigkeit in der
Atmosphaͤre ab.“
„Diese Beobachtungen moͤgen hinreichen, um die Nothwendigkeit einer
besonderen Aufmerksamkeit auf die Menge der Daͤmpfe in der
Atmosphaͤre unserer kuͤnstlichen Klimate zu beweisen, und uns zur
genauesten Nachahmung der Natur in dieser Hinsicht zu leiten.“
„Pflanzen aus den Wendekreisen duͤrfen nur mit großer Vorsicht an
der Wurzel begossen werden, und es ist unmoͤglich von dieser Quelle
allein aus, eine hinlaͤngliche Menge von Dampf in die Atmosphaͤre zu
bringen. Es unterliegt aber keiner besonderen Schwierigkeit, den Fußboden und
die Zuͤge eines Treibhauses immer feucht zu erhalten, und man kann auf
diese Weise auf eine der Natur vollkommen analoge Art eine sehr elastische
Atmosphaͤre erhalten. Wo man Dampf als Heizungs-Mittel braucht, kann man
auch diesen gelegentlich in das Haus lassen; allein, dieß darf nur mit vieler
Vorsicht geschehen, waͤhrend bei der oben empfohlenen Methode nicht
leicht zu viele Feuchtigkeit erzeugt werden kann.“
„Es ist allerdings richtig, daß eine sehr nasse Luft, oder eine in der
Luft schwebende Feuchtigkeit, wenn sie zu lange anhaͤlt, den Pflanzen
nachtheilig wird: denn es ist durchaus nothwendig, daß die Ausduͤnstung
ununterbrochen fortgeht; es ist aber nie zu fuͤrchten, daß die hohe
Temperatur eines Treibhauses jemahls den Saͤttigungs-Punct durch bloße
Ausduͤnstung erreichen koͤnnte. Die Temperatur der aͤußeren
Luft wird immer die Kraft des Dampfes niederhalten, denn so, wie in der
natuͤrlichen Atmosphaͤre der Thaupunct auf der Oberflaͤche
der Erde durch die Kaͤlte der oberen Regionen regulirt wird, so wird die
Ablagerung in einem Treibhause durch die Temperatur des Glases regulirt, welches
damit in Beruͤhrung ist. In einem gut geluͤfteten Glashause kann
man durch Besprizen des Bodens den Thaupunct innerhalb 4 bis 5 Graden der
Temperatur der Luft bringen, ohne daß die Fenster feucht seyn werden: wenn man
den Ventilator schließt, wird man die Waͤrme wahrscheinlich um 10 bis 15
Grad erhoͤhen; der Saͤttigungs-Punct wird jedoch beinahe derselbe
bleiben, und es wird sich schnell ein Thau an den Fenstern bilden, der in
Stroͤmen herablaufen wird. Auf diese Weise erhaͤlt man einen
Destillations-Proceß, welcher den Dampf hindert, die volle Elasticitaͤt
der Temperatur zu erlangen.“
„Diese Wirkung ist, innerhalb gewisser Graͤnzen und zu gewissen
Jahreszeiten wohlthaͤtig; wenn aber die aͤußere Luft sehr kalt
ist, oder die Ausstrahlung sehr schnell vor sich geht, kann sie
uͤbermaͤßig stark und nachtheilig werden. Es ist eine wohlbekannte
Thatsache, die aber, wie ich glaube, noch niemahls gehoͤrig
erklaͤrt wurde, daß, wenn man in einem Treibhause bei der Nacht dieselbe
Hize unterhalten will, wie bei Tage, die Pflanzen gesengt werden. Aus dem, was
so eben bemerkt wurde, erhellt, daß dieß von der niedrigen Temperatur des Glases
abhaͤngt, und von dem dadurch tief herabgesezten Thaupuncte in dem Hause, wodurch ein
Grad von Trokenheit entsteht, welcher die Saͤfte schnell
erschoͤpft.“
„Ein guter Theil dieses Nachtheiles koͤnnte durch die einfache und
wohlfeile Weise, die Glaͤser außen des Nachts mit Matten oder
Tuͤchern zu bedeken, beseitigt werden.“
„Die Waͤrme des Glases eines Treibhauses kann bei der Nacht nicht
die mittlere Temperatur zwischen der aͤußeren und inneren Luft
uͤbersteigen: nimmt man diese zu 80° und 40°
„(F.)“ (+ 21,33 und + 3,56 R.), so entstehen 20°
Trokenheit fuͤr die innere Luft, oder ein Grad von Saͤttigung, der
nicht 528 uͤbersteigt. Hierzu koͤnnen wir bei einer hellen Nacht
fuͤr Ausstrahlung wenigstens 6° rechnen, indem das Glas dieselbe
vorzuͤglich beguͤnstigt, und dadurch wird die Saͤttigung
auf 434° herabgebracht, und dieß ist ein Grad von Trokenheit, der beinahe
zerstoͤrend wirken muß. Man wird gestehen, daß das Beispiel, welches ich
waͤhlte, durchaus nicht von Extremen hergenommen ist, und daß es selbst
in Sommer-Monaten vorkommen kann. Durch eine aͤußere Bedekung mittelst
Matten etc. koͤnnten die Wirkungen der Ausstrahlung mit einem Mahle
beseitigt werden, und eine duͤnne Lage von Luft wuͤrde, mit dem
Glase in Beruͤhrung gehalten, dadurch erwaͤrmt werden, und so der
Zerstreuung der Hize vorbeugen. Indessen waͤre kein Mittel dagegen
besser, als Doppel-Fenster. Und diese Doppel-Fenster scheinen wirklich bei
Glashaͤusern wesentlich nothwendig, wenn dieser Zweig der Garten-Cultur
zur Vollkommenheit kommen soll. Wenn man bedenkt, daß eine Temperatur von
20° bei der Nacht „(– 5°,33 R.)“ kein
so gar seltenes Ereigniß in unserem Lande ist, so kann die Saͤttigung der
Luft in diesem Falle bis auf 120° fallen, und ein solcher Nachtheil kann
gegenwaͤrtig nur durch verhaͤltnißmaͤßige Verminderung der
Temperatur in dem Treibhause vermieden werden: eine Wahl zwischen Scylla und
Charybdis.“
„Wenn wir die Temperatur vermindern, so erzeugen wir in der Bewegung der
Saͤfte der Gewaͤchse einen Aufenthalt, welchen die Gesundheit der
Tropen-Gewaͤchse durchaus nicht vertraͤgt. Die Kaͤlte,
welche dem Glase durch Regen oder Schnee augenbliklich mitgetheilt wird, und die
dadurch entstehende Verduͤnstung auf seiner Oberflaͤche, muß auch
die Daͤmpfe im Inneren des Hauses niederschlagen, und die daselbst
eingeschlossene Luft bedeutend austroknen: eine Wirkung, die genau beachtet werden muß. Die
Verminderung des Lichtes durch Doppel-Fenster kann keinen bedeutenden Nachtheil
erzeugen. Der Unterschied wird kaum so viel betragen, als zwischen
Treibhaͤusern mit hoͤlzernen Glasrahmen und mit krummlinigen
Eisenstangen. Wahrscheinlich wuͤrden dadurch auch die Blaͤtter
sich weiter entwikeln, denn es ist bekannt, daß in Haͤusern, die gegen
Norden gekehrt sind,Leider haben wir auch bei uns so gestellte Glashaͤuser. A. d.
Ueb. die Blaͤtter groͤßer werden, als in den gegen
Suͤden gelegenen. Auf diese Weise sucht die Natur der Wirkung entgegen zu
arbeiten, die durch den Abgang des Lichtes entsteht, indem sie die
Flaͤche vergroͤßert, auf welche das Licht wirken soll.“
„Auch die gegenwaͤrtige Methode, die Haͤuser zu
luͤften, ist, nach den hier aufgestellten Grundsaͤzen, fehlerhaft.
Man oͤffnet auf ein Mahl die Fenster, und laͤßt die heiße und
dampfvolle Atmosphaͤre des Glashauses in die atmosphaͤrische Luft;
die Folge hiervon ist, daß die trokene aͤußere Luft mit Gewalt herein
stuͤrzt, und da sie sich schnell im Hause erwaͤrmt, so entzieht
sie auch schnell den Blaͤttern und den Toͤpfen alle Feuchtigkeit.
Dieß ist um so gefaͤhrlicher, als sie mit einer Schnelligkeit wirkt, die
in einem hohen Grade mit der Geschwindigkeit ihrer Bewegung im
Verhaͤltnisse steht. Man sollte die Luft ehe erwaͤrmen, und
uͤber eine nasse Flaͤche streichen lassen, ehe man sie in das Haus
laͤßt.“
„Eine von den Gaͤrtnern allgemein angewendete Verfahrungs-Weise
bestaͤtiget diese theoretischen Ansichten: naͤmlich das Bedeken
der zarten Steklinge, die sie in ein warmes Beet stellen, mit einem doppelten
Glase. Die Erfahrung hat gelehrt, daß viele Steklinge durchaus nicht anders
anschlagen wollen, als in einer auf diese Weise mit Feuchtigkeit
gesaͤttigten Atmosphaͤre.“
„Man hat in dem Garten der Horticultural
Society auf meinen Rath in dem dortigen Treibhause Versuche
uͤber die Wirkung angestellt, die ein bestaͤndig nasser Boden
hervorbringen wuͤrde, und man hat gefunden, daß die Pflanzen mit einer
bisher noch nie gesehenen Kraft auf dieses Mittel gewachsen sind: die Ueppigkeit
ihres Wuchses muß auch dem oberflaͤchlichsten Beobachter
auffallen.“
„Selbst der Mensch fuͤhlt den Eindruk einer auf diese Weise mit
Feuchtigkeit erfuͤllten Atmosphaͤre gegen eine andere eben so
warme, aber trokene, Luft, zumahl wenn er aus einem auf die gewoͤhnliche Weise
geheizten Hause in ein mit feuchter warmer Luft erfuͤlltes Haus
ploͤzlich uͤbertritt. Wer in heißen Klimaten gelebt hat, der
fuͤhlt und riecht sogar die Aehnlichkeit zwischen der Luft in solchen
Haͤusern, und in den Regionen der Wendekreise.“
„Allein, es ist mit diesem Verfahren eine Gefahr verbunden, gegen welche
man nicht genug auf der Huth seyn kann. Obiger Versuch wurde im Sommer
angestellt, wo die Temperatur der aͤußeren Luft nicht sehr niedrig war,
und der Unterschied in der Temperatur zwischen Tag und Nacht nicht sehr groß
ist. Je uͤppiger der Wachsthum, desto groͤßer ist die Gefahr, wenn
der Umlauf der Saͤfte ploͤzlich aufgehalten wird, und es steht
sehr zu besorgen, daß, wenn nicht die gehoͤrige Vorsicht getroffen wird.
Kaͤlte und lange Winternaͤchte einen unersezlichen Schaden
bringen.“
„Man wird gegen meine vorgeschlagenen Doppel-Fenster einwenden, daß sie zu
theuer zu stehen kommen; es scheint mir aber, daß sie in der Anwendung weit
wohlfeiler zu stehen kommen, als es bei dem ersten Anblike scheint. Erfahrungen,
die die Horticultural Society anstellen
koͤnnte, koͤnnten entscheiden. Man koͤnnte mehrere Fenster,
die man im Fruͤhjahre und im Sommer zu anderen Zweken im Garten
verwendet, so einrichten, daß sie im Winter auf den Glashaͤusern
aufgesezt werden koͤnnten: im naͤchsten Fruͤhjahre
koͤnnte man dieselben wieder zu ihren vorigen, gewoͤhnlichen
Zweken verwenden, und bei der Nacht koͤnnten Matten und Tuͤcher
die Stelle derselben vertreten.“
Es ist sonderbar, daß der Hr. Verfasser nicht die Ersparung an Brenn-Material
zur Heizung, die bei Doppel-Fenstern Statt haben muß, mit in Anschlag
bringt. A. d. Ueb.
„Die hier aufgestellten Grundsaͤze lassen sich auch auf Ananas- und
Melonen-Beete anwenden, in welchen lezteren weite, flache Geschirre mit Wasser
die Luft in der gehoͤrigen Feuchtigkeit zu erhalten hinreichend sind. Die
Fruͤchte werden dadurch groͤßer, und sie verlieren nicht so viel
am Geschmake, als durch das haͤufige Begießen ihrer Wurzeln.“
„Die Bemerkungen uͤber das kuͤnstliche Klima eines
Treibhauses lassen sich auch auf das kuͤnstliche Klima einer Orangerie,
ob schon nicht in demselben Maße, ausdehnen. Die Gewaͤchse einer Orangerie fordern
selten mehr, als 45 bis 50° „(F.)“ (+ 5,78 bis +
8° R.), und nur wenige derselben wuͤrden bei einer Temperatur von
35° „(F.)“, (+ 1,33 R.) leiden. Im Hause sind sie
gegen die unmittelbare Wirkung des Ausstrahlens gesichert, die durch das Glas
nicht Statt finden kann; das Glas selbst strahlt sehr stark aus, und
erkaͤltet auf diese Weise die Luft: diesem Nachtheile laͤßt sich
aber durch Matten abhelfen. Bei dieser Bedekung wuͤrde man, in guten
Lagen, oͤfters sogar alle Feuerung ersparen koͤnnen, die jedoch in
unserem dumpfigen Klima die uͤbermaͤßige Naͤsse zerstreut.
In Hinsicht auf leztere muß der Zustand der Luft hier eben so genau beachtet
werden, als in Hinsicht auf Trokenheit bei warmer Luft, um das entgegengesezte
Extrem zu vermeiden. Freie Ausduͤnstung ist, wie wir bemerkten,
fuͤr die Gesundheit der Pflanzen unerlaͤßlich; und wann
Naͤsse und Feuchtigkeit an den Pflanzen sich zeigt, muß die Temperatur
allmaͤhlich erhoͤht und das Haus geluͤftet werden. Wenn die
Toͤpfe zu ihrer Zeit in die freie Luft gebracht werden, wird es
fuͤr die Pflanzen sehr zutraͤglich seyn, wenn man die ersteren in
Moos oder Streu einbettet, um die Pflanzen vor zu großer Ausduͤnstung zu
verwahren. Man stellt in dieser Hinsicht, die Toͤpfe gewoͤhnlich
gegen Norden, wo sie von der Sonne nicht so sehr leiden; allein, die Sonne
wuͤrde ihnen zutraͤglicher seyn, wenn die Wurzeln gehoͤrig
geschuͤzt werden. Man sieht die Vortheile dieses Verfahrens daran, wenn
man die Topfe in die Erde senkt, wodurch die Pflanzen sehr uͤppig
wachsen, allein im folgenden Winter eben deßwegen schwerer uͤberwintert
werden.“
„Wenn man Orangerien, wie es oͤfters geschieht, nachdem die
Toͤpfe in freie Luft gebracht wurden, zum Treiben der Reben braucht, so
muͤssen diese in denselben eben so, wie die Pflanzen in den
Treibhaͤusern behandelt werden, und die Elasticitaͤt des Dampfes
muß durch Besprizen des Bodens unterhalten werden: nach einiger Zeit aber muß
ein großer Grad von Trokenheit in dem Hause vorherrschend bleiben, damit das
Holz ausreifen, und den Winterschuz fuͤr die Knospen bilden kann. Und
hierin unterscheidet sich die Behandlung der Rebe von jener der Gewaͤchse
der Wendekreise, welche keiner solcher Abwechselung beduͤrfen, die ihnen,
im Gegentheile, sogar hoͤchst schaͤdlich seyn wuͤrde. Eben
dieß gilt auch in Hinsicht auf das Treiben der Pfirsiche, und die Behandlung
aͤhnlicher Baͤume in Treibhaͤusern uͤberhaupt. Sobald die
Frucht ganz reif ist, muß man dieselbe dem Wechsel der Witterung frei bloß
stellen.“
„Hygrometer sind also im Gartenbaue eben so nothwendig, als Thermometer,
und Beobachtungen uͤber das kuͤnstliche Klima in den
Glashaͤusern eben so noͤthig, als meteorologische Beobachtungen
uͤber die Witterung außer denselben.“