Titel: | Ueber rohe oder ungebrannte Ziegel und künstliche Steine. Von Hrn. Hassenfratz. |
Fundstelle: | Band 23, Jahrgang 1827, Nr. LIII., S. 229 |
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LIII.
Ueber rohe oder ungebrannte Ziegel und
kuͤnstliche Steine. Von Hrn. Hassenfratz.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Octbr.
1826. S. 237.
Hassenfratz, uͤber rohe Ziegel und kuͤnstliche
Steine.
Vitruvius, Plinius und alle gleichzeitigen Schriftsteller,
welche uͤber die aͤltesten Gebaͤude schrieben, sagen, daß man
in vielen Faͤllen bei denselben sich sowohl der rohen, als der gebrannten
Ziegel bediente. Viele Ruinen alter Gebaͤude, namentlich jene Babylon's,
biethen noch die Ziegel dar, mit welchen sie erbaut wurden, und wir kennen noch die
alten Geseze, die die Laͤnge, Breite und Tiefe der Ziegel nach der
Hoͤhe der Gebaͤude, zu welchen sie bestimmt waren, festsezten.
Wir fuhren fort, kleine gebrannte Ziegel zu verfertigen, und in einigen
Laͤndern Asiens braucht man die Ziegel noch immer ungebrannt. Warum haben wir
diesen Gebrauch aufgegeben, und vorzuͤglich in Gegenden aufgegeben, wo man
keine Steine hat? Einige Baͤumeister sagen, daß ungebrannte Ziegel keine
festen Gebaͤude geben, und fuͤhren fuͤr ihre Meinung die alten
Geseze an. Es mochte wohl die Leichtigkeit, in einem mit Waͤldern bedekten
Lande, wie Gallien, aus Holz zu bauen, zur Verbannung der ungebrannten Ziegel
beigetragen haben, die man, in Hinsicht auf Dauer, weit hinter die gebrannten Ziegel
sezte.
Man hat zweierlei Meinungen uͤber die ungebrannten Ziegel aufgestellt: die
eine, daß die aus denselben aufgefuͤhrten Gebaͤude wenig Festigkeit
gewahren; die andere, daß sie sehr dauerhaft, und die daraus aufgefuͤhrten
Gebaͤude selbst jenen aus Stein vorzuziehen sind. Die Ruinen alter
Gebaͤude aus ungebrannten Ziegeln, die Laͤnge der Zeit,
waͤhrend welcher man dieselben austroknen ließ (zu Utica waren fuͤnf
Jahre hierzu bestimmt); die Beschreibung und das Detail, welches Vitruvius u.a. uns
uͤber die Materialien gaben, die dazu verwendet wurden, die Nachrichten der
Reisenden uͤber die Gebaͤude aus solchen Ziegeln in verschiedenen
Laͤndern zeigen, daß es zweierlei solche Rohziegel gibt. Die einen sind aus
einer mehr oder minder sandigen Erde; die anderen aus Moͤrtel von Kalk und
Sand und anderen Materialien. Die ersteren werden allerdings viele Zeit, viele Sorgfalt und
Aufmerksamkeit fordern, um gehoͤrig troken zu werden, werden leicht vom
Wasser angegriffen und verdorben werden. Man braucht solche Rohziegel aus Thon und
Sand zuweilen zum Baue der Oefen und Feuerherde, aber sie erhalten eben dadurch
einen Grad von Brennung, der sie fester macht.
In trokenen und heißen Laͤndern kann man sich roher Ziegel aus Thon bedienen,
da sie das Regen-Wasser wenig oder gar nicht angreift, wie in Arabien, wo es
nur selten regnet; allein, in einem Lande, wie England, wo Regen und Nebel sehr
haͤufig sind, wuͤrden rohe Thonziegel, die immerdar in
Beruͤhrung mit dem in der Atmosphaͤre enthaltenen, oder aus derselben
niedergeschlagenen Wasser stehen, sich bald erweichen und zerstoͤren.
Um Thonziegel nach Art der Alten zu verfertigen, brauchte man sehr reinen Thon, dem
weder Sand noch Kalk beigemengt ist; sie muͤßten aͤußerst langsam
getroknet werden, damit sie weder Risse noch Spruͤnge erhielten. Man
koͤnnte ihr Austroknen dadurch beschleunigen, daß man sie in ihren Modeln
mittelst einer Schraube oder einer anderen Preß-Maschine sehr stark
auspreßte, und waͤhrend ihres Troknens zwei oder drei Mahl schluͤge
oder preßte. Auf diese Weise wuͤrden sie Harte und Festigkeit erlangen, und
koͤnnten uͤberall, wo es nicht zu naß ist, mit Vortheil angewendet
werden. Was die Ziegel aus Moͤrtel betrifft, von welchen wir allein sprechen
werden, so koͤnnen dieselben mehr oder minder hart und fest und dauerhaft
verfertigt werden, je nachdem man verschiedenen Kalk und verschiedene Materialien
dazu nimmt: wenn der Moͤrtel aber uͤberhaupt gut ist, so kann man
diese Ziegel, wenn sie gehoͤrig getroknet sind, statt der Steine
gebrauchen.
Hr. Delafaye hat in seinen Untersuchungen uͤber die
Art, wie die Roͤmer ihren Moͤrtel bereiteten, S. 45, mehrere
Moͤrtel-Arten zur Verfertigung roher Ziegel und kuͤnstlicher
Steine angegeben. Er schlaͤgt vor 1) Ein Maßtheil troken geloͤschten
Kalk, und drei Maßtheile zerstoßener durchgesiebter SteineWelcher Art? A. d. U. troken zu mengen, und dieser Mischung soviel Wasser zuzusezen, als
noͤthig ist, um sie gehoͤrig durchzuarbeiten. 2) Ein Maßtheil feinen
trokenen gegrabenen Sand, der keinen Thon enthaͤlt, ebensoviel gepulverten und
durchgesiebten Stein „(siehe vorige Note),“ und ebensoviel
troken geloͤschten Kalk zu mengen, und dieser Mischung nur soviel Wasser
zuzusezen, als zu ihrer Verbindung nothwendig ist, und dann dieselbe gehoͤrig
durchzuarbeiten. 3) Fuͤnf Theile guten, rauh und scharf sich
anfuͤhlenden Sandes, und zwei Theile frisch gebrannten und troken
geloͤschten Kalkes zu mengen, und nur soviel Wasser zuzusezen, als
noͤthig ist, um diese Mischung klebend, aber nicht fluͤßig zu machen.
4) Einen Maßtheil troknen und gepulverten Thon mit Oehl angeknetet: acht Maßtheile
gestoßenen und gesiebten Stein, oder eben soviel gegrabenen Sand, oder Steinpulver
und Sand zusammen, und, zwei Maßtheile frisch gebrannten Kalk zu nehmen. Die acht
Maßtheile Steinpulver oder Sand werden befeuchtet, und zu fluͤßigem
Moͤrtel angeruͤhrt; dann wird der fein zerstoßene Kalk zugesezt, und
so mit dem angeruͤhrten Sande verarbeitet, daß er davon bedekt wird. In dem
Verhaͤltnisse, als der Kalk sich loͤscht und aufloͤst, wird er
mit einer Kelle oder einem Ruͤhrer abgeknetet, und, wenn es nothwendig ist,
wird Wasser zugesezt, jedoch nur soviel, daß der dadurch gebildete Moͤrtel
klebend wird, und, nachdem endlich der Kalk und Sand oder das Steinpulver
gehoͤrig gemengt sind, sezt man dem noch warmen Moͤrtel den mit Oehl
abgekneteten Thon zu, und ruͤhrt alles wohl durcheinander, damit es sich
gehoͤrig verkoͤrpert. Dieser Moͤrtel muß auf der Stelle
gebraucht werden, indem er schnell anzieht, und dem Wasser undurchdringlich ist.
Vitruvius sagt, daß die Alten sehr leichte Ziegel, die auf dem Wasser schwammen, aus
Einem Theile Kalk und zwei Theilen Bimsstein und Stroh verfertigten. Diese
Behauptung ist um so wahrscheinlicher, als Rondelet
Ziegel aus zwei Theilen Kalk von Marly und drei Theilen, weißer Puzzolana aus Neapel
verfertigte, die fuͤr verwitterten Bimsstein gilt, welche Ziegel nur 1024
spec. Schwere hatten, (die des Wassers = 1000 angenommen). Die Dichtigkeit des
Lastrico zu Neapel war 1000, die des Bimssteines 0,900. Wir haben allen Grund zu
glauben, daß Ziegel, nach der Angabe des Vitruvius verfertigt, wirklich
schwimmen.
Zu Alessandria, in Piémont, macht man kuͤnstliche Steine, die man Prismen nennt, weil man sie vorzuͤglich zu Eken
an den Mauern, und
zu hervorstehenden Kanten braucht, und ihnen daher die Form eines dreiseitigen
Prismas gibt.
Zur Verfertigung derselben waͤhlt man einen trefflichen wasserfesten Kalk aus
der Nachbarschaft von Casale, den man auf die gewoͤhnliche Weise
loͤscht, und wenn er 5 bis 6 Tage lang sich geloͤscht hat, in den
Mittelpunct eines Bekens aus ungleichkoͤrnigem Sande gibt, dessen Korn von
jenem des gemeinen Sandes, bis zu jenem des groben Schuttes wechselt, auffallend
quarzig ist, und einigen ausgebissenen Kalkstein enthaͤlt. Dieser Kalk wird
mit dem Sande auf das Sorgfaͤltigste gemengt. Man bereitet zugleich
vorlaͤufig einen dreiekigen Graben von unbestimmter Laͤnge auf einem
ebenen gegen alle Ueberschwemmung gesicherten Boden, und macht die Seiten desselben
mit einer Kelle und mit Wasser vollkommen eben. In diesen Graben traͤgt man
den Moͤrtel lagenweise ein, vertheilt darin Stein-Geroͤlle von
gleicher Groͤße regelmaͤßig, und dekt ihn wenigstens 30 Centimeter
hoch mit der aus dem Graben ausgeworfenen Erde zu. Man rechnet auf ein kubisches
Meter 0,14 Kalk in teigartigem Zustande, 0,90 ungleichkoͤrnigen Sand, 0,20
Stein-Geroͤlle.
Man gibt diesen Prismen 1,40 Meter Hoͤhe, und 0,80 Breite. Gewoͤhnlich
laͤßt man sie drei Jahre unter der Erde begraben liegen; zwei Jahre reichen
aber zu, wenn der Kalk von bester Qualitaͤt ist. Nach dieser Zeit werden sie
ausgegraben, und sie sind dann im Stande, schwere Lasten zu tragen. Sie werden
zuweilen von einer Hoͤhe von 6 bis 7 Meter auf einander herabgeworfen,
wodurch sie allerdings an den Kanten leiden, aber nicht brechen.
Aus obigen Thatsachen sollte man schließen, daß man aus allen Arten von
Moͤrtel kuͤnstliche Steine und Rohziegel verfertigen kann,
vorzuͤglich kleine Ziegel, die bald troknen. Wir haben selbst mit
verschiedenen Arten von Kalk den Versuch gemacht, vorzuͤglich mit reichem
Kalke. Auch Rondelet hat kleine Ziegel mit Kalk von Marly
in Teigform und verschiedenen anderen Materialien verfertigt. Wenn aber große Ziegel
oder Steine aus Moͤrtel verfertigt werden sollen, so muß dieser aus einem
solchen Kalke und aus solchen Materialien bereitet werden, die leicht und schnell
vertroknen. Hieraus laͤßt sich begreifen, wie vorteilhaft Rohziegel und große
kuͤnstliche Steine in mehreren Gegenden Italiens, wo man Bitterkalt
(bittererdigen Kalk),
und Puzzolana dazu braucht, und warum auch solche Ziegel und Steine in der Gegend
von Mez so gut gerathen, wo der Kalk mit dem Moͤrtel so leicht
erhaͤrtet, und die trefflichen sogenannten Betons bildet.
Um Ziegel oder Steine aus dem geeigneten Moͤrtel zu verfertigen, sind Model
noͤthig, deren Seiten mit Angeln oder Haken fest gehalten werden, oder, noch
einfacher, aus vier Brettchen bestehen, die durch einen eisernen Rahmen
zusammengehalten werden, der sich auf Angeln dreht, und mittelst einer Schraube
geschlossen wird. Diese Rahmen werden auf eine Lage Stroh gelegt, und mit dem
Moͤrtel gefuͤllt, der etwas fest seyn und stark eingeschlagen werden
muß, damit alle Hoͤhlungen ausgefuͤllt werden. Nach einem
Durchschnitte von 28 Versuchen, die Rondelet anstellte,
kann, auf diese Weise, die Dichtigkeit um mehr als Ein Sechstel vermehrt werden.
Wenn diese Steine geschlagen worden sind, und anfangen hart zu werden, werden die
Rahmen geoͤffnet, und die Steine bleiben auf dem Strohe liegen, wo sie, nach
der verschiedenen Art des Kalkes und des Moͤrtels, schneller hart werden.
Nach diesem Erhaͤrten koͤnnen sie in den Rahmen entweder mittelst
Schrauben oder langen Hebeln gepreßt werden.
Wenn wir Hrn. Delafaye glauben wollen, so gibt es zahllose
Beweise, daß man Ziegel aus Moͤrtel und große kuͤnstliche Steine aus
demselben zu Gebaͤuden verwendete; er nimmt ohne allen Anstand an, daß die
Steine an den Vorderseiten der großen Pyramiden in Aegypten, die alle gleiche
Dimensionen haben, und die durch keinen Moͤrtel verbunden sind, in deren
Fugen auch nicht die Spize eines Messers eindringen kann, alle kuͤnstliche
Steine sind, und an Ort und Stelle aus Moͤrtel verfertigt wurden. Hr. Melun sandte Hrn. Delafaye ein
Bruchstuͤk, das er selbst von der großen Pyramide abgeschlagen hatte. Dieses
Bruchstuͤk, welches, zersaͤgt und zerbrochen, vollkommen einem
kuͤnstlichen Steine glich, schien eine Mischung aus Kalkspath mit Kalkstein
und sehr feinem SandeWenn man einst die Mineralogie Aegyptens und Arabiens kennen wird, wird es
sich zeigen, ob Steinbruͤche daselbst vorkommen, die den Steinen der
Pyramiden aͤhnliche Steine liefern. A. d. U..
Er brannte einige Splitter dieses Bruchstuͤkes, die, mit Wasser befeuchtet,
wie Kalk dampften; er knetete diese Masse, und sie erhaͤrtete beinahe so schnell, als Gyps; er
polirte sie, wie man eine Mischung aus Gyps und Sand poliren kann. Hr. Melun gab ihm auch ein Stuͤk eines Steines aus
einem alten Gebaͤude zu Alexandrien, das ein Stuͤk eines gebrannten
Ziegels enthielt.
Delafaye betrachtete auch die kleine Pyramide zu Nismes,
die aus einem Stuͤke gemacht ist, als einen kuͤnstlichen Stein, und
fuͤhrt zum Beweise fuͤr seine Ansicht einen 28 Fuß hohen Obelisk an,
welchen er auf diese Weise errichtete, und der ihm vollkommen gelang. Er vermuthet,
daß der Stein, der das Grab des Porsenna bedekt, und der 50 Fuß lang und 30 Fuß
breit ist, gleichfalls ein kuͤnstlicher Stein ist; daß die Steine oben auf
den Mauern von Balbeck, der alten Heliopolis, die 60 bis 65 Fuß lang, und 12 Fuß
breit und hoch sind, auch nur kuͤnstliche Steine sind, und sagt endlich, daß
die Pfeiler der Kirche zu St. Amand in Flandern nur kuͤnstliche Steine sind,
so wie Marschall Vauban die Saͤulen der Kirche zu
Vezelai in Burgund als kuͤnstliche Steine erkannt hat. Rondelet zweifelt indessen an dem Vorkommen dieser kuͤnstlichen
Steine, die jedoch nicht so schwer zu machen sind, als er glaubt. Was ihn an der
Moͤglichkeit der Verfertigung solcher Steine zweifeln ließ, war
hoͤchst wahrscheinlich der Pariser-Kalk, dessen er sich immer bei
seinen Versuchen bediente. Als Beweis, daß es moͤglich ist solche Steine zu
bilden, wollen wir folgende Stelle aus Rondelet
anfuͤhren. „Der Lestrico, ein Moͤrtel aus Kalk und
Puzzolana, wird, wenn er gehoͤrig bereitet ist, so hart, daß man mit den
Resten desselben aus den alten Gebaͤuden Treppen, Stufen und
Fensterstoͤke macht. Wo man keinen alten Lestrico haben kann, macht man
sich denselben frisch, und er wird in drei bis vier Monaten
brauchbar.“
Man hat nun zweierlei Meinungen uͤber die Steine, aus welchen die alten
colossalischen Denkmaͤhler aufgefuͤhrt wurden. Einige, und unter ihnen
Delafaye, behaupten, daß die großen Steine in den
aͤgyptischen Pyramiden, die ungefaͤhr 30 Fuß lang, 4 breit, 3 hoch
sind, kuͤnstlich, und auf derjenigen Stelle, auf welcher sie jezt liegen, aus
Moͤrtel verfertigt wurden; andere, im Gegentheile, behaupten, daß diese
Steine, so ungeheuer sie auch seyn moͤgen, natuͤrliche Steine sind,
und bis an den Fuß dieser Denkmaͤhler hingefahren, und von unten auf
dieselben hinaufgehoben wurden.
Die Vertheidiger der ersten Meinung bemerken:
1) daß weit und breit kein Steinbruch ist, aus welchem diese Steine hatten
herbeigeschafft werden koͤnnen;
2) daß sie zu groß sind, um aus werter Ferne herbeigeschafft und hoch gehoben werden
zu koͤnnen, indem das Gewicht eines jeden solchen Steines auf
ungefaͤhr 65,000 Pfund geschaͤzt werden kann;
3) daß man keine Spur von Stuͤken, die bei dem Behauen abgefallen seyn mußten,
auffindet;
4) daß sie alle die Eigenschaften eines Kalkmoͤrtels besizen.
Die Vertheidiger der entgegengesezten Meinung sagen aber:
1) daß diese Steine aus den Steinbruͤchen von Arabien herbeigeschafft wurden,
und weit von der Stelle entfernt sind, wo die Pyramiden errichtet wurden.
2) hat man versichert, daß, absichtlich fuͤr den Transport dieser Steine
mittelst Pfosten, Walzen und Kugeln aus Holz, Granit und Metall eine ebene Straße
angelegt wurde; daß die Steine mittelst Winden durch Menschenhaͤnde gezogen
wurden; daß die Zahl der Winden 12, die der Menschen 150, fuͤr jeden Stein
gewesen seyn mochte;
3) um diese Steine zu heben und aufzusezen, sagen die Einen, daß man eine Art von
Schlittenberg mittelst Natron errichtete, den man spaͤter, als das Werk
fertig war, mit Wasser wieder zerstoͤrte; die anderen behaupten, daß der Weg
hierzu aus Rohziegeln erbaut wurde, die man spaͤter zu
Privat-Haͤusern verbrauchte; noch Andere sagen endlich, daß man die
Steine von so großen Dimensionen nur zu den Außentheilen des Gebaͤudes
brauchte, und daß sie mittelst Winden und Krahnen, die auf den Stufen aufgestellt
waren, von einer Stufe auf die andere gehoben wurden; daß man also zuerst oben das
Werk vollkommen zu vollenden anfing.
4) Daß die Abfaͤlle bei dem Behauen der Steine zum Ausfuͤllen des
inneren Raumes des Gebaͤudes, oder zum Kalkbrennen verbraucht wurden.
Herodot spricht von einer Straße zum Transporte dieser
großen Steine so, als wenn er dieselbe, oder wenigstens ihre Reste, gesehen
haͤtte; er sagt sogar, daß man zehn Jahre zur Erbauung derselben
brauchte.
Was die Steine von dieser ungeheueren Groͤße betrifft, so kann man noch in den
Steinbruͤchen von Persepolis einen Stein von 69 Fuß Laͤnge und 12
Fuß im Gevierte sehen, der von der Steinwand nicht ganz losgebrochen ist; und,
uͤberdieß, wie viele Obeliske von 50 Fuß Hoͤhe aus Granit, wie aus
Marmor, der auch nur ein bloßer Kalkstein ist, sind nicht aus Einem einzigen
Stuͤke? Um aber noch mehr Licht uͤber diesen Gegenstand zu erhalten,
konnte man ja die Menge Kohlensaͤure, die in diesen Steinen enthalten ist,
bestimmen, und wenn dieselbe in geringerer Menge darin vorkommt, als man sie
gewoͤhnlich in kohlensaurem Kalke findet, so wuͤrde die Vermuthung,
daß diese Steine, kuͤnstlich seyn koͤnnen, um so mehr
Wahrscheinlichkeit erhalten, als das Verhaͤltniß der Kohlensaͤure
allen Falls geringer sich zeigen wuͤrde. Wenn aber, im Gegentheile, das
Verhaͤltniß sich genau, wie 0,43 zu 0,45 ergaͤbe, so wuͤrde
dieß die Meinung beguͤnstigen, daß diese Steine natuͤrlich sind.
Die Meinungen uͤber diesen Gegenstand moͤgen uͤbrigens, wie
immer getheilt seyn, so wissen wir doch gegenwaͤrtig, daß Steine, und selbst
Steine von bedeutender Groͤße, leicht kuͤnstlich verfertigt werden
koͤnnen; daß es hierzu bloß noͤthig ist, einen solchen
natuͤrlichen oder kuͤnstlichen Kalk zu waͤhlen, der fest wird,
leicht und schnell erhaͤrtet, ohne seinen Umfang merklich zu vermindern, und
uͤberhaupt von der Art ist, daß er mit Steinsplittern, gepuͤlvertem
kohlensauren Kalke, Marmor, Baustein, oder selbst mit Sand einen erhaͤrtenden
Moͤrtel liefert. Wenn dieser Moͤrtel etwas zu lange braucht, um hart
zu werden, so kann er, waͤhrend der Zeit, als er sich sezt, durch Schlagen
zusammengedruͤkt, und muß dann in eine solche Lage gebracht werden, daß er
langsam abtroknen kann, was dadurch geschehen kann, daß man ihn, wie die
kuͤnstlichen Steine zu Alessandria, unter die Erde graͤbt, oder, wie
Hr. Minard, (Ingenieur bei dem Bruͤken- und
Wasserbau), mit mehreren Zoll diken Lagen von Sand dekt, oder ihn in einem
verschlossenen, etwas feuchten Orte einsperrt. Wenn der Kalk oder Moͤrtel
schnell hart wird, wie der Boulogner Stein, oder der englische roͤmische
Moͤrtel, darf man ihn weder schlagen noch druͤken, indem er dadurch
gehindert wuͤrde sich zu sezen, und selbst die bereits fest gewordenen Theile
sich loͤsen und brechen wuͤrden. Man sieht hieraus, daß die Natur des
Kalkes und der damit gemengten Materialien das Verfahren bestimmt, welches bei der
Verfertigung derselben befolgt werden muß, und daß es vor der Hand unmoͤglich
ist, irgend eine Methode anzugeben, welche in jedem Lande und unter allen Umstaͤnden
anzuwenden ist.