Titel: | Vorrichtung bei der Herabnahme der Statue des Kaisers Napoleon. Von Hrn. Launay. |
Fundstelle: | Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XII., S. 32 |
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XII.
Vorrichtung bei der Herabnahme der Statue des
Kaisers Napoleon. Von Hrn. Launay.
Aus den Annales de l'Industrie nationale et
étrangére. N. 81. S. 300.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Launay's, Vorrichtung bei der Herabnahme der Statue
etc.
Die Annales de l'Industrie liefern
a. a. O. S. 292. einige Notizen uͤber die Errichtung der Saͤule aus
Erz auf dem Plaze Vendôme, und eine Rechtfertigung gegen die
Vorwuͤrfe, die man dem Gießer und dem Baumeister so oft machte. Wir
uͤbergehen hier dieselben, und beschraͤnken uns bloß auf die
Beschreibung der Vorrichtung, die man bei der Herabnahme der Statue des Kaisers
Napoleon anwendete, indem sie, wie die Annales sehr
richtig bemerken, „aͤußerst sinnreich, und bei dem engen Plaze, auf
welchem gearbeitet werden mußte, aͤußerst einfach und sicher ist, und
schnell zum Zweke fuͤhrt, daher auch in einer Menge aͤhnlicher
Faͤlle sowohl im Fabrik-Wesen, als in der Baukunst mit Vortheil
angewendet werden kann.“
„Es war am 4. April,“ sagt Hr. Launay, daß ich den Auftrag erhielt, die Statue herabzunehmen. Zwei
Tage wurden mir zu dieser Arbeit vergoͤnnt. Sie konnten nicht hinreichen;
ich verlangte noch zwei Tage dazu, die mir bewilligt wurden. Ich entwarf nun die
Mittel, die ich anzuwenden hatte. Ein Geruͤst an einer der Seiten der
Saͤule aufzufuͤhren ging nicht an, theils wegen der Kuͤrze
der Zeit, theils wegen der Groͤße der Kosten. Ich konnte also bloß auf
der Platte auf dem Capitale der Saͤule ein Geruͤst
auffuͤhren, wobei ich aber fuͤrchten mußte, der Festigkeit der
Saͤule zu schaden, wenn ich auf einem Hohlgeruͤste eine Maschine
anbringe, die das doppelte Gewicht der Statue, (30,000 K.) zu tragen hat. Ich fand mich
hieran um so mehr gehindert, als ich das Gewicht der Zierrathen und
Vorspruͤnge von Bronze an dem Capitale der Saͤule kannte, und ich
auf einem engen Plaze zu arbeiten hatte, wo die Arbeit desto schwieriger und
gefaͤhrlicher wurde, als die Saͤule selbst hoch war, und nur wenig
Menschen zur Arbeit verwendet werden konnten. Um daher alle Hohlgeruͤste
und alle Last, die dem Denkmahle gefaͤhrlich werden konnte, zu vermeiden,
entschloß ich mich in das Fußgestell rechts von der Thuͤre ein Loch von
Einem Fuß im Gevierte eintreiben zu lassen, um darin ein Stuͤk Holz von
gleichem Umfange und von der Laͤnge der Platte auf dem Capitale der
Saͤule einzuschieben. Dieses Holz ließ ich an den Enden zurunden, um
daselbst als Zapfen fuͤr ein bewegliches Geruͤst zu dienen,
welches 5 Fuß uͤber die Statue emporragen mußte, um dieselbe aus ihrer
Befestigung los zu machen, die man, vor mir, vergebens zu zertruͤmmern
versuchte.“
„Auf diese Weise ruhte die ganze Last auf dem Schafte, und auf der Basis
der Saͤule, durchaus in der senkrechten Achse derselben, und die
Saͤule konnte erhalten werden.“
„Die Vorrichtung bestand nun aus zwei bogenfoͤrmigen
Sohlstuͤken, um das bewegliche Geruͤst desto leichter zu
stuͤrzen, aus zwei senkrechten Pfosten, vier Strebebalken, einem starken
Querbalken mit seinen Stuͤzen, und aus zwei gebolzten Baͤndern.
Uebrigens war alles mit den gehoͤrigen Buͤgeln und eisernen
Baͤndern, Flaschenzuͤgen, Striken und Gegenhaͤltern
versehen.“
„Es schien mir unerlaͤßlich, das Herablassen der Statue an der
Basis der Saͤule selbst vorzunehmen: ich stellte daher auf dem Plaze
Vendôme Winden so auf, daß die Last gleichfoͤrmig unter dieselben
vertheilt wurde, und daß sie sich wechselseitig mit ihren Striken in jeder Lage
der Statue waͤhrend des Herablassens derselben, als Wand und Gegenwand
dienen konnten. Alle Strike waren unter Winkeln von 45° gespannt. Mit
dieser Vorrichtung ward die Statue am 8. April 1814 (am Charfreitage) um 6 Uhr
Abends ohne alle Beschaͤdigung herabgelassen.“
Fig. 15.
stellt die Saͤule, so wie man sie von der rue de
la Paix aus sah, mit allen Vorrichtungen zum Herablassen dar.
Fig. 16 und
17.
stellen die Vorrichtung in vierfach vergroͤßertem Maßstabe gegen Fig. 11. dar.
Dieselben Buchstaben bezeichnen dieselben Gegenstaͤnde.
Die bogenfoͤrmigen Sohlenstuͤke, A, A,
ruhen auf einem Stuͤke Holz, B, das einen Fuß im
Gevierte haͤlt, und durch das Fußgestell, C, in
der Laͤnge der Platte auf dem Capitale der Saͤule laͤuft. Dieß
Holz ist an seinen beiden Enden zugerundet, und diese Enden dienen als Zapfen
fuͤr das bewegliche Geruͤst, das sich um dieselben dreht.
Auf den bogenfoͤrmigen Sohlenstuͤken, A, A,
sind zwei starke senkrechte Pfosten, D, D, eingezapft,
die durch vier Strebebalken, E, E, entgegengehalten
werden; auf den Pfosten ruht ein Querbalken, F, der von
zwei eingezapften Stuͤzen, G, G, gestuͤzt
wird.
Die Seile, H, J, K, sind mit einem ihrer Enden oben an
dem beweglichen Geruͤste, mit dem anderen aber an sechs Pfaͤhlen, H, J, J, K, befestigt, die auf dem Plaze fest
eingerammelt, und hier nur zu vier gezeichnet sind, um die Darstellung desto
deutlicher zu machen.
Die Seile der drei Winden, L, M, N,
Fig. 15.
liefen uͤber die drei Rollen, L, M, N, in Fig. 16., und
umschlangen die Statue auf das Festeste.
Man zog nun zuerst mittelst der Seile, L, M, N, die
Statue senkrecht in die Hoͤhe, nachdem man sie von ihrer Befestigung
losgemacht hatte; dann schwenkte man mittelst der Seilenwaͤnde das
Geruͤst links, und nachdem die Statue hinlaͤnglich uͤber das
Geruͤst hinaus war, um die Saͤule nicht mehr beschaͤdigen zu
koͤnnen, wurde sie langsam bis auf den zu ihrer Aufnahme bestimmten, unten
befindlichen Wagen hinabgelassen.