Titel: Ueber die Seiden-Manufacturen in Frankreich, den gegenwärtigen Zustand derselben, und über die Mittel, dem Verfalle derselben vorzubeugen,
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XXI., S. 72
Download: XML
XXI. Ueber die Seiden-Manufacturen in Frankreich, den gegenwaͤrtigen Zustand derselben, und uͤber die Mittel, dem Verfalle derselben vorzubeugen, Ueber die Seiden-Manufacturen in Frankreich und uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand derselben. befindet sich ein langer und interessanter Aufsaz eines Hrn. J. A. F. O., ehemaligen Professors der Chemie, in den Annales mensuelles de l'Industrie, Jan. Febr. 1827. S. 74, 191, woraus wir hier einige Notizen entlehnen wollen. Der Hr. Verfasser findet die franzoͤsischen Seiden-Fabriken in doppelter Hinsicht gefaͤhrdet, ein Mahl durch die Anstrengungen der benachbarten Laͤnder, vorzuͤglich Englands, und dann durch die Fehler in der Zubereitung und Verarbeitung der Seide, die er auf eine sehr lehrreiche Weise aufdekt, aber eben dadurch auch den Rivalen der franzoͤsischen Seiden-Manufacturen neue Waffen gegen dieselbe in die Hand gibt. Sehr richtig bemerkt er, daß Fabrik-Industrie nie auf den errungenen Lorbern schlummern duͤrfe, wenn sie fortbestehen will, und zeigt, wie aus diesem Grunde Indien und China seinen Seidenzeug-Handel, den es bis in das 13. Jahrhundert ausschließlich hatte, durch die Bemuͤhungen der Italiaͤner, und wie Italien denselben durch die Bemuͤhungen der Sully und Colbert verlor. Lezteres litt noch uͤberdieß durch seine inneren Zwistigkeiten und die Buͤrgerkriege unter den kleinen Fuͤrsten und Paͤpsten, waͤhrend welcher sich die groͤßeren italiaͤnischen Seiden-Fabrikanten, die Guadayne, Garigliano, Pazzi, Adamoli, Pinoncelli, Paganucci, Reveroni, Boscari und viele andere nach Lyon zogen, und noch selbst in ihren Urenkeln die Seiden-Fabrication dieser Stadt so beruͤhmt machten. Die Pest selbst, die im J. 1720 das polizeilose paͤpstliche Avignon verheerte, vermehrte die Seiden-Fabriken zu Lyon und brachte einigen Ersaz fuͤr den ungluͤkseligen Widerruf des bekannten Edictes von Nantes, der fruͤher noch weit mehr pestartig auf die Industrie Frankreichs wirkte, und die franzoͤsischen Seiden-Fabrikanten nach der Schweiz, nach Preußen, nach England und sogar bis Moskau trieb. Die Revolution zerstoͤrte die noch uͤbrigen Seiden-Fabriken Lyons beinahe vollkommen, und ein großer Theil der Fabrikanten wanderte neuerdings nach der Schweiz, nach Italien und vorzuͤglich nach England aus. Der Hr. Verfasser zeigt, welche Vortheile England vor Frankreich bei seinen Seiden-Fabriken nicht bloß durch seine Maschinen, sondern auch darin voraus hat, daß es das rohe Material und die noͤthigen Farben-Materialien durch seinen Welthandel sich leichter zu verschaffen und den Absaz der Fabrikate durch seine strenge eingreifende Politik sich uͤberall zu sichern weiß. Er bemerkt ferner, wie geschikt die Englaͤnder die besten Arbeiter aus Lyon (die Gebruͤder Gonin und Pons) an sich zu ziehen wußten, und wie schlau sie die besten italiaͤnischen Seidenspinner nach Indien zu verpflanzen wußten, um daselbst die Zurichtung der rohen Seide auf die beste europaͤische Weise (die italiaͤnische) zu vervollkommnen. Er laͤßt auch uns Deutschen volle Gerechtigkeit wiederfahren, und sagt S. 78: „Wien und Berlin wetteifern mit Lyon in Hinsicht auf die Pracht der Farbe ihrer Seidenzeuge, und es waͤre zu wuͤnschen, daß man in Frankreich die Resultate der Arbeiten des beruͤhmten Chemikers Beireis zu Helmstaͤdt kennte, den noch kein Franzose in der Faͤrbekunst erreichte.“ „Wollt ihr Beweise der Fortschritte der englischen Seiden-Fabriken, (auch als Folge des englischen Einfuhr-Verboth-Systems auslaͤndischer Seiden-Fabrikate)? Im J. 1810, 11, 12 zaͤhlte England nur 20,000 Seidenstuͤhle, und verarbeitete nur fuͤr 11 bis 12 Millionen Seide.In dem preußischen Staate waren im Jahre 1825 8,363 Webestuͤhle fuͤr seidene und halbseidene Zeuge im Gange gewesen, wovon auf den Regierungsbezirk Duͤsseldorf 5,564 Stuͤhle kommen. Bandstuͤhle waren 45,406 Gaͤnge, deren jeder ein einzelnes Band erzeugt, in Bewegung. Der jaͤhrliche Verbrauch an Seidenfaͤden berechnete sich im Durchschnitte auf 617,689 Pfund, der sich nach allen Anzeichen in den naͤchsten Jahren noch bedeutend vermehren wird. A. d. R. Im J. 1824 zaͤhlte es deren 70,000, wovon der fuͤnfte Theil beilaͤufig durch Dampfmaschinen getrieben wird. England bezog in diesem Jahre fuͤr 36 Millionen Franken Rohseide aus Indien und China, und fuͤr 51 Millionen gesponnene Seide aus Italien.“ „Frankreich erzeugt fuͤr 25 Millionen Seide, den Arbeitslohn mit begriffen. Es fuͤhrte im Jahre 1824 fuͤr 30 Millionen aus dem Auslande ein, also zwei Drittel mehr, als es brauchte, und ein Drittel weniger, als England verarbeitete. Wir bezahlen 2 Fr. 40 Cent. Einfuhr-Zoll fuͤr auslaͤndische gesponnene, und 1 Fr. 20 Cent. fuͤr auslaͤndische rohe Seide; also ungefaͤhr 4 1/2 p. C. des mittleren Werthes derselben. England fuͤhrt seine Rohseide ohne Zoll ein, und gewinnt daran den Arbeitslohn; seine Seiden-Spinnmuͤhlen, namentlich die des Hrn. Shenton zu Winchester besizen einen Grad von Vollkommenheit, wie man keine aͤhnliche in Frankreich aufzuweisen vermag. Der Einfuhr-Zoll fuͤr gesponnene auslaͤndische Seide ist in England zwar 7 Shill.; allein die Regierung zahlt dieselben zuruͤk, wenn die Seide zu Seidenzeugen verwebt wieder ausgefuͤhrt wird. Unsere Rivalen haben also hierin einen bedeutenden Vorsprung vor uns voraus.“ „Man zaͤhlte im J. 1786 zu Lyon und in den Vorstaͤdten dieser Stadt 15,000 Seidenstuͤhle. Im J. 1789 nur mehr 7500. Im J. 1800 nur 3500. Vom J. 1801 bis 1812 stiegen sie (mitten im Kriege, durch Napoleons weises Einfuhr-Verboth) auf 10,702. Gegenwaͤrtig hat Lyon mit seinen Vorstaͤdten 25000 Seidenstuͤhle, und das ganze Rhone-Departement 30,000 derselben. St. Etienne, St. Chamond, Nimes, Avignon, Tours besizen nur 25,000 Stuͤhle. Wir stehen also den Englaͤndern weit nach. Selbst Wien und Berlin hat, jedes, an 8000 Seiden-Stuͤhle. Wir uͤbergehen die Seiden-Fabriken zu Mayland, Genua, Neapel, Talaveyra, Friburg, Utrecht, Crevelt, Moskau, und die zu Boulach in Aegypten von Lyoner Zoͤglingen geleitet.“ „Es sollte bei uns verbothen seyn, Auslaͤnder in unseren Seiden-Fabriken lernen zu lassen, wie dieß auch die Englaͤnder thun“(!!) Was nun die Fehler bei der Fabrikation selbst betrifft, so findet Hr. O. dieselben in allen Zweigen der Zurichtung der Seide, von der Seiden-Spinnmuͤhle angefangen bis zum Faͤrben und Verarbeiten im Stuhle. Seidenspinn-Muͤhlen. Es gibt zwar einige sehr gute, wie die zu Ganges, zu St. Jean du Gard, zu Alard, die des HHrn. Bonnard und Poidebard zu Lyon; allein viele verfaͤlschen das Gewicht der Seide durch allerlei Zusaͤze, z.B. durch den Saft der Puppe selbst, die im Abwindebeken zerdruͤkt wird, durch Gyps, Thon, Salz, Kirschgummi, Alaun, die man im Abwindewasser aufloͤst oder einruͤhrt; durch Beimengung von etwas Schwefelsaͤure; durch Benezung des Fadens bei seinem Austritte aus dem Beken mit Oehl, Harn, Wachs, das in Pottasche aufgeloͤst wurde, und dann einen Ueberzug auf dem Seidenfaden bildet; durch Ueberreiben der Straͤhne mit trokener weißer Seife, weißem oder gelbem Wachse etc. Vergebens macht man an solcher Seide die gewoͤhnliche Bedingungs-Probe: die Waͤrme verjagt nur die Feuchtigkeit, und man sieht mit Erstaunen nach dem sogenannten Entschaͤlen der Seide (Degreusage) aus 100 Pf. derselben nur 72 bis 70 Pf. statt 75, die man erhalten sollte, hervorgehen. Vergebens beschuldigt man den Faͤrber eines Betruges, der, weil er den Ruͤkstand bei dem Abschaͤlen nicht analysirt, nicht weiß, woher ein Abgang von 28 bis 30 p. C. entsteht, statt von 25, und dafuͤr wieder den Fabrikanten einer Uebervortheilung im Gewichte anklagt. Ich sah sehr feine Organsin-Seide aus dem Vivarais, die 30 p. C. bei dem Entschaͤlen verlor, und eine Tramseide, die nach demselben nur 72 p. C. gab.“ Entschaͤlen. „Die Faͤrber befolgen bei dem Entschaͤlen eine Methode, die eben so verderblich als altherkoͤmmlich ist, und die sie um keinen Preis gegen eine vernuͤnftigere Methode vertauschen wollen, obschon es erwiesen ist, daß, je mehr eine Seide gekocht wird, desto schlechter sie wird, und desto mehr an sogenannter Nervenkraft und an Glanz verliert; sie wird dadurch wollig und verwikelt sich, wird schwer abzuwinden und erzeugt starke Abfaͤlle.“ „Es ist ein Irrthum, wenn man glaubt, daß Seife die einzige Substanz ist, die zum Entschaͤlen dient; im Gegentheile, sie verstopft oͤfters die Poren der Seide, und macht, daß die Farben weniger glaͤnzend und weniger haltbar werden; sie macht sie abstehen oder schießen, wie die HHrn. Macquer, Rigaut, Geneve, Roard und wir selbst laͤngst erwiesen haben. Die Chinesen und Perser kennen die Seife nicht, und sie entschaͤlen ihre Seide doch sehr vollkommen, erlangen glaͤnzende und haltbare Farben, die man waschen kann, ohne daß sie ausgehen.“ „Je mehr der Faͤrber Seife braucht, desto weniger wird ihm seine Farbe gelingen. Die Seife nimmt der Seide so sehr den Glanz, daß man dieselbe schwefeln muß, um ihr ihn wieder zu geben. Allein, die Seide gewinnt dadurch an Gewicht! Schwefeln. „Nichts fehlerhafter, nichts verderblicher, als das heute zu Tage uͤbliche Schwefeln der Seide. In die sogenannten Schwefel-Kammern, wo diese Arbeit geschieht, dringt die aͤußere atmosphaͤrische Luft ein, tritt ihren Sauerstoff der gebildeten schwefeligen Saͤure ab, und verwandelt diese in Schwefelsaͤure, die sich dann auf die Seide wirft, und diese verdirbt und verbrennt. (?) Daher das Brechen solcher Seidenzeuge, das Einfallen der Loͤcher in solche geschwefelte Zeuge. Entfaͤrben der Seide. „Es ist eine verderbliche Entdekung um das Entfaͤrben der Seide (assouplisage). Diese Operation besteht darin, daß man die Seide in ein Bad von warmem Wasser taucht, dem man Salpetersaͤure oder Scheidewasser zusezte, und dann in ein anderes Bad von vermeintlicher schwefeliger Saͤure, dem man noch Weinstein zusezt, und in diesem Bade die Straͤhne auf Stangen hin und herfuͤhrt, damit die Saͤure auf die Faden gleichfoͤrmig wirkt (lisage), und zulezt in der Schwefelkammer schwefelt. Auf diese ziemlich allgemein gebraͤuchliche Weise erhaͤlt man nur unvollkommen entfaͤrbte, grauliche oder schmuzige Seide, die wie gehaͤchelter Hanf aussieht, und die durch die wiederhohlten Einwirkungen dieser Saͤuren ihren Firnißglanz und die Haͤlfte ihrer Nervenkraft verloren hat. Solche Seide bricht bei dem Abwinden und unter den Wuͤrfen der Schuͤze in tausend Stuͤke. Man verbindet sie vergebens mit gekochter Leide; denn diese, als die staͤrkere und biegsamere, zerschneidet sie nur noch weit schneller. Solche entfaͤrbte Seide (soie souple) nimmt die Farben nur sehr schlecht an, und haͤlt sie auch nicht lang, weil sie ihren Gummi an der Oberflaͤche verloren hat, und fuͤr den Faͤrbestoff undurchdringlich wird. Die Farben fallen matt aus, haben einen falschen Ton, und stehen ab, wenn sie mit der Luft in Beruͤhrung kommen. Seidenzeuge, die eine auf diese Weise entfaͤrbte Tramseide unter gekochter Tram- oder Organsin-Seide eingewebt haben, haben auf lezterer eine gesaͤttigte glaͤnzende Farbe, die dann von der entfaͤrbten Tramseide garstig absticht. Seidenzeuge aus solcher entfaͤrbten Seide stehen leicht ab, es fallen Loͤcher in dieselben, sie brechen; mit einem Worte, sie taugen nichts. Das Ausland klagt mit Recht uͤber unsere Fabrikate, und es wird aufhoͤren, uns dieselben abzunehmen. Die franzoͤsischen Kaufleute zu Rio Janeiro schrieben am 6. October 1824 an den Koͤnig: „wenn unsere franzoͤsischen Seidenwaaren eben den Credit erhalten sollen, den die indischen und chinesischen hier genießen, so muͤssen unsere Fabrikanten suchen ein Mittel zu finden, dem Brechen und Schießen derselben abzuhelfen. Dieser Fehler zeigt sich an unseren Fabrikaten nur zu bald nach ihrer Ankunft in Brasilien. Die indischen, chinesischen, italiaͤnischen und englischenZum Troste des Hrn. O. koͤnnen wir ihm sagen, daß die englischen Seidenzeuge denselben Fehler besizen. Siehe Polyt. Journ. B. XXI. S. 276 die Bemerkung des Hrn. Alsop zu Modrus. A. d. U. Seidenzeuge haben diesen Fehler nicht. Hieruͤber klagt man auch in Nord-America, in Rußland, in der Levante und in Spanien, und zwar mit Recht. Wir sahen neulich fuͤr Spanien bestellte schwarze gros de Naples, wo Kette und Eintrag solche entfaͤrbte Seide war. Der Zeug wird schon abgestanden ankommen, und der Kaufmann wird rothbraune Hadern haben, die an den Kanten brechen.“ Abfaͤlle oder Abgang. „Die Fabrikanten klagen taͤglich mehr uͤber die ungeheueren Abfaͤlle, in Folge deren sie aus einem Ballen Rohseide von 100 Pf. oft kaum 60 bis 62 Pf. verarbeitete Waare erhalten. Außer dem Betruge in den Spinnereien, dessen wir oben erwaͤhnten, gibt es noch eine Menge anderer, denen man nicht leicht abhelfen kann, wenn die Seide durch untreue Haͤnde laͤuft.“ „Den Faͤrbern werden 8 Loth Abgang auf 30 Loth in Folge des Entschaͤlens bewilligt, d.i. beinahe 27 p. C. Man war zu dieser Annahme gezwungen, weil man diesen Abgang auf keine andere Weise genauer bestimmen konnte. Wenn aber die Seide mehr als 8 Loth im Gewichte verliert, so muͤssen sie sich durch allerlei Mittel heraushelfen. Wo die Seide weniger verliert, sind sie im Vortheile, denn sie koͤnnen den Ueberschuß behalten, ohne daß der Fabrikant darauf Anspruch machen darf. Der Fabrikant ist also hier fuͤr jeden Fall am Uebelsten daran, und der Faͤrber verliert nie.“ Denn „lichte Farben, wie Rosen-Lilafarben, blaß Gruͤn, Himmelblau nimmt wenigstens um 1 1/2 bis 2 p. C. an Gewicht uͤber den erlaubten Abgang bei dem Entschaͤlen zu, selbst wenn die Seide gehoͤrig ausgewunden und getroknet wurde. Weiß nimmt leicht um 3 bis 4 p. C. zu, wenn die Seide vollkommen entseift und mit gypshaltigem Wasser behandelt wurde.“ „Bei dunklen Farben huͤthet der Faͤrber sich wohl, die Seide gaͤnzlich zu entschaͤlen. Er entgummt sie (degomme) und gibt ihr einen leichten Sud. Die Seide erleidet dann statt 25 p. C. nur 15 bis 18 p. C. Abgang, und es bleiben dem Faͤrber 7 bis 10 p. C. reinen Ueberschusses, den er noch mehr vergroͤßern kann, wenn er die Seide mit Faͤrbestoff uͤberladet. Schwarz, Souci, Gruͤn, Nankin und ihre Schattirungen lassen sich leicht mit 5 bis 10, Schwarz mit 15 bis 20 p. C. uͤberladen. Diese Ueberladung hat auch bei dunkel Carmesin und Ponceaux und bei allen Farben mit Gallung (engallage) Statt, wodurch das Gewicht, zumahl wenn man istrianische oder spanische Gallaͤpfel nimmt, um 4–6 p. C. vermehrt wird. Staͤrkeres oder schwaͤcheres Ausringen, Troknen laͤßt der Seide, die an sich sehr hygroskopisch ist, auch mehr Gewicht annehmen.“ „Ein Faͤrber kann also, wenn er nicht sehr ehrlich und genau seyn will, sehr leicht, nach den verschiedenen Farben, 5 bis 15 p. C. Ueberschuß an dem Gewichte der Seide sich machen. Wenn er sich zuweilen in seiner Rechnung betruͤgt, so haͤngt dieß von dem fruͤheren Betruge an der Seide ab, der, wie wir oben bemerkten, zuweilen 28 bis 30 p. C. betraͤgt.“ „Fabrikanten, die diese Rechnungen noch nicht angestellt haben, werden erstaunen, wenn sie hoͤren, daß man weiße Seide um 10 p. C. schwerer machen kann, und zwar auf eine leichte und einfache Weise, die wir uns aber wohl huͤthen werden, bekannt zu machen, indem wir wohl wissen, daß die Faͤrber sie noch nicht kennen.“ „Von dem Faͤrber kommt die Seide zur Abwinderinn. Wenn diese untreu mit der Seide umgeht, ergibt sich leicht ein Abfall von 2 bis 4 p. C. am Straͤhne, wenn sie die Seide mit Bier, Harn, Salzwasser befeuchtet, oder mit weißem Wachse, weißer Seife, Wallrath, die dunkleren Farben mit Baum- oder Mohnoͤhl, mit einer Aufloͤsung von essigsaurem Bleie und mit der sogenannten Pommade, die aus Oehl und Seife besteht, uͤberstreicht. Wir sprechen hier nicht von dem Eintauchen der Spulen in siedendes Wasser. Ein Fabrikant wollte durch Anwendung blechener Spulen diesem Uebel abhelfen: die Abwinderinn goß Blei in dieselben.“ „Wenn die Schweiferinn untreu seyn will, kann auch sie auf aͤhnliche Weise Zehend nehmen.“ „Endlich kommt auch der Weber an die Reihe, an der ihm anvertrauten Seide zu gewinnen. Er richtet die Kette mit Bier, Harn, Oehl, weißer Seife, Reiß-Wasser, Wachsseife, Staͤrke, gummi- oder gallertartigen Aufloͤsungen zu, je nachdem die Farben verschieden sind. Außer dem Abgange von 1 bis 3 p. C., den der Fabrikant ihm zugeben muß, kann er wenigstens 2 p. C. an dem Eintrage (Trame) gewinnen, der seine Zubereitung fuͤr die Schuͤze erhaͤlt.“ „Man verliert also an einem Ballen roher Seide von 100 Pf. Bei dem Faͤrber, erlaubt– – – uͤbervortheilt von ihm oder fruͤherBei der Abwinderinn u. SchweiferinnBei dem Weber, nebst erlaubtem Abgange 27  8  3  4   42 Pf. im Durchschnitte. Bleiben von 100 Pf.   58 Pf.“ „Die Folgen dieser Abgaͤnge sind noch weit empfindlicher, als diese selbst. Aus der gestohlenen, um 25 bis 30 p. C. wohlfeiler an gewisse Hehler (die man Unzen-Schneider, piqueurs d'once) nennt, verkaufte Seide werden Zeuge wohlfeiler verfertigt, als der rechtliche Fabrikant sie liefern kann, und zugleich auch schlechter, indem die zusammengestohlene Seide von sehr verschiedener Guͤte ist. Ein anderer Nachtheil fuͤr den Fabrikanten entsteht dadurch, daß man ihm aus einem Ballen Seide von erster Guͤte ein Viertel oder Drittel herausnimmt, und dafuͤr eben so viel schlechte oder ungleiche zusammengestohlene Seide hineinfielt, so daß er jezt nur schlechte Waare daraus verfertigen kann.“ Wie diesen Uebeln abzuhelfen ist, versucht der Hr. Verfasser im 2ten Theile seiner Abhandlung. Die Fortsezung folgt im naͤchsten Hefte.