Titel: Ueber ein flüchtiges Oehl von besonderen Eigenschaften, welches man aus der Seifensieder-Lauge erhält. Von Hrn. M. Scanlan, Esqu.
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XXXVIII., S. 172
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XXXVIII. Ueber ein fluͤchtiges Oehl von besonderen Eigenschaften, welches man aus der Seifensieder-Lauge erhaͤlt. Von Hrn. M. Scanlan, Esqu. Aus dem Dublin Philosophical Journal in den Annals of Philosophy. N. 65. S. 327. Scanlan, uͤber ein fluͤchtiges Oehl von besonderen Eigenschaften, welches man aus der Seifensieder-Lauge erhaͤlt. Als ich, nach Dr. Ure, Jodine aus der Seifensieder-Salz-Lauge bereitete, erhielt ich eine Substanz, deren er nicht erwaͤhnt, und die ihm nicht entgangen seyn wuͤrde, wenn die braune Jod-Fluͤßigkeit, die er anwendete, sie lieferte. Unsere Seifensieder verkaufen ihre Salzlauge Leuten, die sie abrauchen, das salzsaure Kali durch Krystallisation fuͤr die Alaunsieder ausscheiden, und, wenn sie keine Krystalle leicht mehr erhalten koͤnnen, die Mutter-Lauge, welche hydriodsaures Natrum enthaͤlt, zur Trokenheit abdampfen, mit Kohlen-Asche mengen, und in einem Reverberir-Ofen schmelzen. Dieß gibt die schwarze Asche, die in den Seifensiedereien wieder benuͤzt wird. Mit dieser Mutterlauge arbeitete ich; sie ist mit thierischem Stoffe beladen, der durch einen bedeutenden Ueberschuß von Saͤure nicht davon geschieden wird. Waͤhrend man Jodine daraus bereitet, destillirt eine dichte oͤhlige Fluͤßigkeit uͤber, die tief schwarz ist, und mit der sauren Fluͤßigkeit, die gleichzeitig uͤbergeht, sich nicht vermischt, und schwerer ist, als dieselbe. Diese oͤhlige Fluͤßigkeit, die mit Jodine gesaͤttigt ist, wovon ein großer Theil sich aufloͤst, waͤhrend sie uͤbergeht, wollen wir hier betrachten. Ihre specifische Schwere ist, nachdem sie von der leicht anhangenden Jodine befreit, und mit Wasser abgewaschen wurde, 1,39; sie laͤuft unter Wasser, wie Queksilber. Ein Tropfen derselben, auf eine weite Wasserflaͤche gebracht, verbreitet sich schnell uͤber derselben, und verdampft augenbliklich. Auf einem flachen Glase der Luft ausgesezt, verdampft sie langsamer, und die Jodine verschwindet zuerst. Wenn sie destillirt wird, steigt die Jodine zuerst empor, wird aber von der oͤhligen Fluͤßigkeit, so wie diese uͤbergeht, wieder aufgeloͤst. In Alkohol von 0,850 ist sie in jedem Verhaͤltnisse aufloͤsbar, und wird durch Wasser, scheinbar unveraͤndert, aus dieser Aufloͤsung ausgeschieden. Kalilauge scheidet die Jodine, und bildet jod- und hydriodsaures Kali; die Aufloͤsung des lezteren haͤlt einen Theil der oͤhligen Substanz aufgeloͤst. Auch durch haͤufiges Schuͤtteln waͤhrend einiger Stunden, und durch zugesezte Eisenfeile und Wasser scheidet sich die Jodine, und das dadurch entstehende Hydriodat nimmt etwas von der oͤhligen Substanz auf. Auf Eisenfeile ohne Wasser digerirt, verschwindet die Jodine, aber langsamer: es sezen sich Krystalle ab, von welchen ich vermuthe, daß sie Eisen-Jodid sind. In keinem dieser Faͤlle wird Erhoͤhung der Temperatur bemerkbar. Wenn diese oͤhlige Substanz durch Kalilauge von Jodine befreit wird, wird sie gelb, und wenn man sie kostet, schmekt sie anfangs suͤß wie Zimmt, hinterher aber durchdringend reizend. In diesem Zustande ist sie auch in Alkohol aufloͤsbar, und laͤßt sich wieder durch Wasser scheiden; sie verduͤnstet schnell und ganz, und laͤßt keinen Fielen auf dem Papiere. Sie entzuͤndet sich nicht leicht, und sezt waͤhrend des Verbrennens haͤufig Kohlenstoff ab: die Farbe der Flamme ist blaßgruͤn, jener des Chlor-Aethers nicht unaͤhnlich. In kaustischem Ammonium loͤst sie sich auf, und sie loͤst Kampfer auf. Salpeter-Saͤure entstammt sie nicht, erzeugt aber Erhoͤhung der Temperatur, und veraͤnderte die Farbe einmahl in ein schoͤnes Incarnat. Durch Einwirkung der Salpetersaͤure auf dieselbe entsteht Sauerkleesaͤure. Alle Jodine, die ich aus der Seifen-Lauge bereitete, ist mit dieser Substanz verunreinigt, selbst wenn sie genau mit Wasser ausgewaschen, auf Loͤschpapier getroknet, und einige Zeit uͤber der Luft ausgesezt ist. Wenn ich hydriodsaures Eisen mit selbst bereiteter Jodine bildete, um hydriodsaures Kali zu erzeugen, so bemerkte ich immer einen Geruch, der dem frisch uͤber Meerrettig abgezogenen Wasser aͤhnlich war, und etwas Oehlichtes an der Flasche, was bei der von den HHrn. Herrings und Burbige zu London gekauften Jodine nie der Fall war. Um die Ursache dieser Verschiedenheit auszumitteln, destillirte ich acht Unzen Jodine (Troy-Gewicht), die ich selbst bereitet hatte, mit Eisenfeile und Wasser aus einer Retorte, und erhielt ungefaͤhr dreißig bis vierzig Tropfen eines schweren Oehles, welches von dem zuerst erhaltenen an Farbe verschieden war (die Farbe war etwas tiefer), so wie an Geschmak und Geruch, der zwar gleichfalls dem Meerrettige aͤhnlich, aber nicht so durchdringend gewesen ist. Eben so viel Londoner Jodine theilte dem damit destillirten Wasser keinen Geschmak mit. Es scheint also ein großer Unterschied zwischen Englischer und Schottischer, und zwischen unserer Seifensieder-Lauge zu seyn, was zum Theile daher kommen mag, daß unsere Seifensieder viel Fett brauchen, das zum Theile durch das Braten am Fleische zersezt wurde, was denjenigen, die salzsaures Kali aus dieser Seifensieder-Lauge bereiten, sehr laͤstig wird, indem dadurch die Krystallisation des Salzes, nachdem die Lauge einen gewissen Grad von Dichtigkeit erreichte, gehindert wird. Ich kann mir die Bildung dieser oͤhligen Substanz nicht anders erklaͤren, als daß der oben erwaͤhnte, zum Theile zersezte, thierische Stoff in irgend eine besondere Verbindung mit dem Hydriodat der Kelp-Lauge tritt, und in der Folge noch mehr durch die Schwefelsaͤure zersezt wird, die man zur Ausscheidung der Jodine brauchte. Wenn man der siedenden concentrirten Seifensieder-Lauge einen bedeutenden Ueberschuß von Schwefelsaͤure zusezt, so sondert sich eine schwarze Substanz ab, die wie ein Extract in den Apotheken aussieht, und die, wenn man sie allein erhizt, schmilzt und sich aufblaͤht, kalt aber bruͤchig, wie Pech, und jener Substanz nicht unaͤhnlich ist, die durch Zersezung des Alkoholes mittelst Schwefelsaͤure bei der Schwefelaͤlher-Bereitung entsteht, und vielleicht auch denselben Veraͤnderungen zuzuschreiben ist. Durch Einwirkung der Schwefelsaͤure und des Braunsteines scheinen sehr verwikelte Wirkungen auf die Seifensieder-Lauge zu entstehen; denn, außer der Jodine und der hier betrachteten oͤhligen Substanz bilden sich noch andere weiße durchscheinende nadelfoͤrmige Krystalle schon im Anfange des Processes, ehe irgend eine Jodine aufstieg; sie werden aber bald durch das nachfolgende Wasser aufgeloͤst. Gegen das Ende des Protestes bilden sich einige undurchsichtige gelbe baumfoͤrmige Krystalle: erstere konnte ich nie in solcher Menge erhalten, daß ich sie haͤtte untersuchen koͤnnen; leztere sind, wie ich sah, aus Jodine und Kohlenstoff zusammengesezt, und ich habe sie seither (Annals of Philos. n. 55. p. 14.) durch Einwirkung der Jodine und des Kali auf den Alkohol gebildet.