Titel: Bemerkung über künstliche Puzzolanen. Von Hrn. Vicat.
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XXXIX., S. 175
Download: XML
XXXIX. Bemerkung uͤber kuͤnstliche Puzzolanen. Von Hrn. Vicat. Aus den Annales de Physique et de Chimie T. 1. S. 102. Vicat, uͤber kuͤnstliche Puzzolanen. Hr. Raucourt de Charleville, Ingénieur des Ponts et Chausées, welchen ich einige Tage vor seiner Abreise nach Rußland das Resultat meiner Versuche uͤber die bindenden Eigenschaften (propriétés ferrumentaires) mittheilte, die der Thon erhaͤlt, wenn man denselben im gepulverten Zustande leicht calcinirt, beeilte sich diese Versuche zu Petersburg zu wiederholen. Er glaubte jedoch, daß der schwache Grad von Brennung, den der Thon erhaͤlt, nicht die einzige Ursache dieser Erscheinung ist; der Zutritt der Luft schien ihm einen bedeutenden Einfluß aͤußern zu muͤssen, und diese Vermuthung ward zur Gewißheit, nachdem er eine Reihe von Versuchen anstellte, welche ihn auch auf Untersuchung der Wirkung des Zutrittes der Luft bei dem Brennen kuͤnstlicher hydraulischer Kalke fuͤhrten. (Vergl. S. 130 und 131 seines Traité des mortiers). Der Schluß, den er aus allen seinen Beobachtungen zog, (S. 136. des obigen Traité) ist: „daß Einsaugung von Sauerstoff Statt hat.“ Er druͤkt sich hieruͤber noch deutlicher in einer Note unten auf Seite 136. derselben Abhandlung aus. Allein, obschon auch der Hr. General Treussart dieser Meinung beistimmt, so scheint sie mir doch bloße Vermuthung; denn Einsaugung des Sauerstoffes ist offenbar nicht die nothwendige Folge des guͤnstigen Einflußes des Zutrittes der Luft zur Verwandlung des Thones in gute Puzzolane. Um diese Zweifel zu loͤsen, versah ich mich mit guten, weißen, plastischen Thone von Loupiac (Dép. du Lot), der in 100 Theilen 61,00 Kieselerde, 31,00 Thonerde, Eisen-Oxyd in unwaͤgbaren Spuren, und 8,00 Wasser erhaͤlt. Dieser Thon wurde, gepuͤlvert und durchgesiebt, in drei verschiedenen aber gleichen Theilen in drei hessische Tiegel gethan, welche eingefuͤgte Dekel hatten, und in denselben eine halbe Stunde lang in der Mitte eines Kuppel-Ofens gut gegluͤht, dann in den geschlossenen Tiegeln abgekuͤhlt und gewogen. Er gab bei dem erstenzweitendritten Versuche   –   – 88,7188,3288,60 im Durchschnitte: 88,543. Ein anderer Theil desselben, eben so gepulverten und durchgesiebten, Thones gab, auf einer Metallplatte 5 Minuten lang rothgegluͤht, in 100 Theilen bei dem   I.II. Versuche   – 89,8589,80 im Durchschnitte: 89,825. Ein zweiter, auf aͤhnliche Weise behandelter, aber 15 Minuten lang gegluͤhter, Theil dieses Thones gab in 100 Theilen bei dem   I.II. Versuche   – 88,5088,65 im Durchschnitte: 88,500. Der hoͤchst unbedeutende Unterschied zwischen dem Gewichte des in verschlossenen Gefaͤßen, und in freier Luft gegluͤhten Thones beweiset offenbar, daß keine Einsaugung von Sauerstoff Statt hat. Diese Unterschiede erklaͤren sich aus der Dauer des Gluͤhens, und aus der Staͤrke des Feuers, so wie auch aus dem kleinen, bei aͤhnlichen Operationen unvermeidlichen Verluste. Indessen ist es immer richtig, daß in verschlossenen Gefaͤßen gebrannter Thon als Puzzolane nicht dieselbe Staͤrke hat, wie wenn er auf eine andere Weise gegluͤht wird. Hydraulische Moͤrtel mit sehr fettem Kalke und obigem Thone in den beiden oben angegebenen verschiedenen Zustanden von Gluͤhung verhielten sich auf folgende Weise.   Zeit derErhaͤrtung Eindruk durch eine herabfallende  Spize nach sechs-monatlicher             Einsenkung. Thonmoͤrtel aus Thon in verschlossenen Gefaͤßen gegluͤht 7,00 Tage     4,00 Millim Derselbe aus Thon in freier Luft gegluͤht 2,50   –     3,00   – In freier Luft gegluͤhter Thon gab, nach fuͤnftaͤgiger Digestion in Kochsalzsaͤure, von 100 Theilen 12,40 Thonerde ab, waͤhrend dieselbe Menge desselben in freier Luft gegluͤhten Thones nur 5,48 verlor. Derselbe Thon verliert in seinem rohen Zustande unter denselben Umstaͤnden 2,85. Es bestaͤtigt sich demnach meine Ansicht, die ich in der am 1. Hornung 1819 bei dem Institute vorgelesenen Denkschrift aufstellte, daß naͤmlich die hydraulischen oder bindenden Eigenschaften der kuͤnstlichen wie der natuͤrlichen Puzzolanen sich nach dem Grade der Einwirkung chemischer Reagentien auf denselben bemessen. Aus einer Menge anderer Versuche, die ich hier nicht aufzahlen will, erhellt noch ferner, daß maͤßiges Gluͤhen des vorlaͤufig gepulverten Thones denselben geneigt macht, wenigstens die Haͤlfte der reinen Thonerde, die er besizt, der Salzsaͤure mitzutheilen, waͤhrend derselbe Thon in rohem Zustande kaum Ein Fuͤnftel fahren laͤßt.