Titel: Beschreibung einer englischen Drehebank. Von dem geheimen Ober-Finanzrath Beuth.
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XLIII., S. 214
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XLIII. Beschreibung einer englischen Drehebank. Von dem geheimen Ober-Finanzrath Beuth. Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen. Fuͤnfter Jahrgang S. 271. Mit Abbildungen auf Tab. V. Beuth's, Beschreibung einer englischen Drehebank. Bei einiger Bekanntschaft mit England findet man, daß jeder Mechaniker seinen Arbeiten eine Eigenthuͤmlichkeit zu geben sucht, von welcher sich nicht gerade immer behaupten laͤßt, daß sie zugleich eine Verbesserung sei. So sieht man z. V. einer Drehebank gleich an, ob sie von den bekanntesten Mechanikern in Manchester, Glasgow, Leeds, Derby, oder in London gebaut worden ist. Maudslay, in London, bedient sich eines Prismas statt der gewoͤhnlichen zwei Wangen, selbst bei den groͤßten und schwersten Arbeiten, und hat eine Menge sehr sinnreicher Vorrichtungen daran angebracht, um, ohne eine lange Schraubenspindel zur Bewegung der mechanischen Vorlage, an jedem beliebigen Punkte der Drehebank Schrauben, schneiden zu koͤnnen, oder um Raͤder auf der Drehebank zu theilen und zu schneiden. Die kleine Drehebank, deren Beschreibung wir hier liefern, ist in London nach Maudslay'scher Art von Rich gebaut, und seit fuͤnf Jahren in der Werkstaͤtte der Koͤniglich technischen Deputation fuͤr Gewerbe in Berlin in taͤglichem Gange. Sie ist fuͤr den gewoͤhnlichen Gebrauch mit einer mechanischen Vorlage versehen, und hat die oben erwaͤhnten besonderen Vorrichtungen nicht, welche sich an einem aͤhnlichen kleinen Drehestuhle der Werkstaͤtte angebracht finden. Fig. 1. zeigt die vordere Ansicht; Fig. 2. den Grundriß; Fig. 3. die Seitenansicht; Fig. 4. die Seitenansicht der Vorlage; Fig. 5. den Durchschnitt der Vorlage nach der Linie A' B'; Fig. 6. die Seitenansicht der Spindeldoke, 1; Fig. 7. den Durchschnitt derselben nach der Linie, C'D'; Fig. 8. den Durchschnitt des Staͤnders, O, nach der Linie, E'F'; Fig. 9. die Seitenansicht der mechanischen Vorlage; Fig. 10. den Durchschnitt derselben nach der Linie, G'H'; Fig. 11. einen Zeiger zur Vorlage gehoͤrig; Fig. 12. eine Stahlfeder und Stift zum Gebrauche bei Kreiseintheilungen. Endlich liefert Fig. 13. zur Engaͤnzung einen Langendurchschnitt der Spindel und ihrer Doken. Dieselben Theile sind auf der Kupfertafel uͤberall mit denselben Buchstaben bezeichnet. Die ganze Drehebank besteht aus Gußeisen, Schmiedeeisen, Stahl, Rothguß und Messing, mit Ausnahme des Tritts und der Tischplatte, worauf sie steht; wo das Metall in der Beschreibung nicht genannt ist, besteht es aus Gußeisen. Durch den hoͤlzernen Tritt, A, wird die Welle, R, von Schmiede-Eisen, das darauf befestigte Schwungrad, C, und vermoͤge einer Schnur die messingene Spindelscheibe, D, so wie die Stahlspindel, B, mit dem Spindelkopfe, a, in Bewegung gesezt. Der Spindelkopf hat verschiedene, nicht abgebildete, Futter, und will man zwischen zwei Spizen drehen, so wird ein Futter von Rothguß, mit einer konisch eingeschobenen Stahlspize, aufgeschraubt. Durch das Futter geht ein Haken, welcher willkuͤhrlich durch eine Schraube festgestellt werden kann, und dazu dient, das auf dem abzudrehenden Stuͤke festgespannte Herz herumzuwerfen und so das Stuͤk zu drehen. Das Schwungrad, C, ist sehr duͤnn gegossen, und so eingerichtet, daß die Gaͤnge (Nuthen) desselben zu denen der Spindelscheibe in umgekehrtem Verhaͤltnisse stehen, so daß dieselbe Schnur auf alle Gaͤnge paßt, mithin die groͤßte und die geringste Geschwindigkeit hervorgebracht werden kann, ohne sie zu verlaͤngern, oder zu verkuͤrzen, je nachdem die Schnur auf den kleinsten Durchmesser der Spindelscheibe, und den groͤßten des Schwungrades gebracht wird, oder umgekehrt. Dieses ist indeß nur von dem in Fig. 3. mit, C, bezeichneten Kranze zu verstehen, indem der innere kleine, mit keinem Buchstaben bezeichnete, Schwungring fuͤr den langsamsten Gang einer eigenen kuͤrzeren Schnur bedarf. Die Spindelscheibe ist zwar hohl ausgedreht (r, Fig. 13), hat aber nach dem Spindelkopfe zu eine eingesprengte Messingscheibe mit koncentrischen Kreisen und verschiedenen Eintheilungen derselben, nach den Grundsaͤzen, welche bei Theilscheiben Anwendung finden; die Theilung ist, wie bei diesen, mit Punkten versehen. Bei dem Gebrauche der Theilung, sei es nun zum Raͤderschneiden, Kanelliren etc. wird in dem Einschnitte, f, eines kleinen hervorstehenden eisernen Kopfes die Feder, Fig. 12., vertikal eingestekt, und mit einem Bolzen befestigt; der Stift, g, Fig. 12. paßt in die Punkte der Theilung der Scheibe, und bringt so die Spindel mit dem daran befestigten Stuͤke zum Feststehen. Die glasharte Stahlspindel, B, laͤuft in einem gleichfalls glasharten in die Spindeldoke, β, eingesprengten staͤhlernen Ringe, der an beiden Seiten der Doke etwas hervortritt. Die Spindel hat einen geringen Anlauf gegen den Ring, der ihren Gang erleichtert, da bloß konische Spindeln sich in den Ring einklemmen und schwer gehen wuͤrden. Der Durchschnitt, Fig. 13., zeigt das in der Ansicht, Fig. 2., mit, h, bezeichnete gebohrte Loch, wodurch Oehl eingegossen, und welches mit einem Metallstoͤpsel verschlossen wird. Das Spindelgestell besteht aus drei Hauptstuͤken, naͤmlich aus zwei Unterlagen, E, F, Fig. 1. und 13., welche die Spindeldoken tragen, und drittens aus einem Obertheile aus Einem Stuͤke, den beiden Spindeldoken, α, β, und ihrer Verbindung, γ. Zwei große Schrauben ziehen die beiden Unterlagen, E, F, an die starke Bohle von Mahagony, H, welche die Drehebrank traͤgt. Das Prisma, G, welches die Wangen einer gewoͤhnlichen Drehebank vertritt, laͤuft durch die beiden Spindeldoken und ihre Verbindung; es ist genau eingeschliffen, und, um das Einschleifen zu erleichtern, beruͤhrt das Spindelgestell das Dreiek nicht in einer zusammenhaͤngenden Flaͤche, sondern nur an den in Fig. 13. mit, M, M, bezeichneten Stellen, welche an den beiden inneren aufrechtstehenden Waͤnden hervortreten. Die kleinen Schrauben, b, c, Fig. 1., dienen dazu, das Spindelgestell auf den Unterlagen zu befestigen. Die große Schraube, m', Fig. 3., welche der Durchschnitt gleichfalls darstellt, dient dazu, das Prisma gegen die Waͤnde des Spindelgestells zu schrauben. Sie druͤkt nicht unmittelbar gegen das Prisma, sondern gegen eine kleine Eisenscheibe, welche lose in einer Versenkung des Untergestells, E, eingelassen ist. – Die Spize, worin die Spindel, B, hinten laͤuft, befindet sich am Ende eines, in der Spindeldoke eingeschliffenen, Cylinders, δ, der an beiden Enden, wo er vor der Doke vorsteht, Gewinde hat, und mit der Mutter und Gegenmutter, ε, und, ζ, gestellt wird. Das Prisma, G, wird, außer den bereits erwaͤhnten Unterlagen, E, und, F, noch von den Staͤndern, O, und, P, getragen, und auf der Bohle, H, so befestigt, wie es der Durchschnitt Fig. 8. angibt. Das Loch in der Bohle ist nicht rund, sondern laͤnglich, um noͤthigenfalls die Staͤnder etwas verruͤken zu koͤnnen. Unmittelbar unter der Bohle liegt eine große starke Scheibe von Gußeisen, welche den Durchmesser der Staͤnder hat und abgedreht ist, so daß sie mit einer vollkommenen Flaͤche gegen die Bohle anliegt. Die Schraube, k', welche ihre Mutter in dem Staͤnder hat, zieht diesen gegen die Bohle, H, an. Die Schraube, n', geht durch die Schraube, k', und druͤkt eine Zwischenscheibe gegen das Prisma und lezteres gegen die Waͤnde des Standers, womit das Dreiek genau eingeschliffen ist. Dieselbe Einrichtung ist Fig. 1. an dem Staͤnder, P', mit l', und, o' bezeichnet. Die Doke, I, fuͤr die Gegenspize ist auf folgende Weise eingerichtet, um mit Leichtigkeit von dem Prisma abgehoben und versezt, auch befestigt zu werden. Der Schieber, e, Fig. 6. und 7., welcher so lang, als die Doke breit ist, wird unter der Grundlinie des Prismas in zwei spizwinkliche Nuthen der Doken geschoben, worin er eingeschliffen ist, und dann durch die Schraube, k, angezogen, welche gegen eine kleine, in den Schieber eingesenkte, Scheibe druͤkt. Man darf daher nur die Schraube luͤften und den Schieber herausziehen, um die Doke leicht abheben zu koͤnnen; aber so laͤßt sie sich leicht auf dem Prisma hin und her schieben, nachdem die Schraube geluͤftet worden. Die Gegenspize befindet sich am Ende des staͤhlernen Cylinders, i, i, welcher durch die Doke geht und luftdicht darin eingeschliffen ist. Die Schraube, n, welche das Verschieben des Cylinders verhindert, beruͤhrt denselben nicht unmittelbar, sondern das Stuͤk Eisen, m, welches, wie Fig. 1. zeigt, von vorne eingeschoben wird, und worauf der Cylinder mit eingeschliffen worden, so daß es genau darauf paßt. (Fig. 7.) Das Vorschieben der Spize und deren Stellung geschieht durch die Schraube, o, (mit flachem Gewinde), deren Mutter, q, von der Unterlage p, getragen wird, und mit ihr aus einem Stuͤke Rothguß besteht, welches an die Doke, I, angepaßt und mit Schrauben befestigt ist. Die gewoͤhnliche Vorlage zum Drehen aus freier Hand, N, M, hat eine sinnreiche Vorrichtung, die es moͤglich macht, sie durch dieselbe Umdrehung einer unten befindlichen Schraube nicht bloß auf dem Prisma in derselben Art zu befestigen, welche vorher bei der Doke erlaͤutert worden, sondern auch die Vorlage in jeder Entfernung von dem Prisma festzustellen, worin sie vor- oder zuruͤkgeschoben worden. Die beiden Bahnen von Rothguß, worin der Schieber (Schlitten) der Vorlage von beiden Seiten laͤuft, sind naͤmlich nicht auf gewoͤhnliche Weise, mit Schrauben und laͤnglich runden Loͤchern zum Nachstellen, auf der Unterlage, N, Fig. 5. befestigt, sondern es gehen vielmehr zwei Bolzen senkrecht durch jede Bahn, und durch die Unterlage, welche oben einen versenkten konischen Schraubenkopf haben, unten aber im Stuͤke eingeschraubt werden, welches an beiden Seiten neben, N, laͤuft. Diese beiden Bolzen an jeder Seite werden so angezogen, daß der Schieber oder Schlitten, der Vorlage sich darin willig und gleichfoͤrmig zwischen den spizwinklichen Bahnen bewegt. Aus der Fig. 5. ist ferner zu ersehen, daß die Bahnen, worin der kleine Einsazschieber mit der Schraube laͤuft, welcher die Vorlage auf dem Prisma befestigt, nicht in dem Hauptstuͤke, N, (von Rothguß) liegen, sondern in den vorhergedachten Stuͤken, worin die Bolzen-Enden eingeschraubt sind. Wird daher die untere Schraube angezogen und druͤkt gegen das Prisma, so entsteht gleichzeitig ein Druk der unteren Flaͤche des Schiebers, welcher die Mutter dieser Schraube enthaͤlt, gegen die beiden Bahnen, in denen er laͤuft; die beiden Bolzen an jeder Seite werden heruntergezogen, ebenso die beiden oberen Bahnen der Vorlage, vermoͤge des versenkten Kopfes der Bolzen, so daß der Schlitten der Vorlage, der sich zwischen ihnen bewegt, in jeder Lage festgehalten wird, welche man ihm gegeben hat. M, ist ein Cylinder von Rothguß, der eine gewoͤhnliche englische Vorlage, h', enthaͤlt, eingeschliffen ist, und durch die Schraube, i', in der gewoͤhnlichen Lage erhalten wird. Die mechanische Vorlage ist ein nothwendiges Erforderniß einer guten Dreherei, und leider bei uns zu wenig gekannt und verbreitet. Das Drehwerkzeug wird hier nicht mit der freien Hand, sondern durch eine Schraube (Leitspindel) parallel, oder in dem erforderlichen Winkel gefuͤhrt, sowohl laͤngs dem abzudrehenden Stuͤke, als gegen dasselbe. Gleichen Nuzen gewaͤhrt eine solche Vorrichtung bei dem Ausdrehen, Bohren, Ineinanderpassen von Gegenstaͤnden etc. Es ist einleuchtend, daß, wenn man z.B. einen Kegel mit einer solchen Vorlage abdreht, derselbe genau in einen zweiten passen muß, der unter demselben Winkel und bei gleicher Entfernung des Werkzeuges von der Achse des abzudrehenden Stuͤkes ausgedreht worden. Eben so kann bei Kanellirungen, beim Bohren von einer solchen Vorlage zwekmaͤßiger Gebrauch gemacht werden, wenn man damit die oben beschriebene Theilungs-Vorrichtung verbindet, indem man, nachdem das Stuͤk durch die Theilung der Spindelscheibe eingetheilt und durch die Feder Fig. 12. festgehalten worden, entweder mit einem feststehenden Werkzeuge laͤngs demselben hinfaͤhrt, oder aber einen Bohrer statt des Dreheisens anbringt, der sich um seine Achse bewegt. Hieruͤber, so wie uͤber das Raderschneiden auf der Drehebank, bei einer anderen Gelegenheit mehr. L, ist die Unterlage der Vorlage von Rothguß, welche sich auf dem Prisma verschieben und ebenso befestigen laͤßt, wie bei der Doke beschrieben ist. Die Leitspindel, W, welche vorne kreuzweise eingeschnitten ist, um eine Kurbel darauf zu steken, welche in der Zeichnung weggelassen worden, sezt den Schlitten von Gußeisen, ς, vermoͤge der Mutter in Bewegung, welche damit verbunden ist, und der zwischen zwei Bahnen von Rothguß laͤuft, welche mit Schrauben auf der Unterlage befestigt sind, die durch laͤnglichrunde Oeffnungen gehen, um das Nachstellen der Bahnen moͤglich zu machen. (Fig. 2.) Ein Hin- oder Herdrehen der Leitspindel entfernt den Schlitten von dem Prisma, oder dem abzudrehenden Stuͤke. Auf dem Schlitten ist ein Aufsaz, K, befestigt, der aus zwei Haupttheilen besteht, deren oberer eine Vorlage, wie die untere ist,Die oberen Bahnen haben jede nicht nur drei senkrechte Schrauben, wie die unteren, mit versenkten flachen Koͤpfen in laͤnglichrunden Loͤchern, sondern ausserdem an jeder Seite drei Schrauben mit versenkten Koͤpfen, welche zum Theil in die Unterlage, zum Theil in die Bahnen eingelassen sind. auf deren Schlitten das Werkzeug befestigt, und hin und her bewegt werden kann, der andere untere Haupttheil aber dazu dient, der Vorlage die noͤthige Hoͤhe zu geben, und sie in einem Winkel gegen das abzudrehende Stuͤk zu stellen. Dieser untere Haupttheil, oder Sattel, bewegt sich um die Schraube, b', Fig. 10., als um seine Achse, und ruht, wie Fig. 2. ergibt, mit zwei Kreisstuͤken, auf dem Schlitten, ς, und seinen Bahnen. Die Schrauben, c', d', Fig. 9. und 10. (in Fig. 2. von oben) dienen dazu, den Sattel auf den Schlitten fest anzuziehen, nachdem ihm die erforderliche Richtung gegeben worden. Um leztere genau zu bestimmen, befindet sich auf dem Schlitten ein Gradbogen von 20 Graden, g'. (Fig. 2. und 10.) Ein Zeiger von Eisenblech, Fig. 11., wird auf den Schlitten gelegt, mit den beiden Spizen, e', e', in zwei korrespondirende Loͤcher des Oberstuͤks, K, eingeschoben; die Spize des Zeigers, in welcher sich ein gerissener Radius befindet, trifft mit diesem auf den Gradbogen, und bestimmt den Winkel, unter welchem gedreht werden soll. Oben auf dem gußeisernen Schlitten, r, sind die zwei kreuzweise durchschnittenen Stuͤke, x, und y, von Rothguß befindlich, durch welche die Drehestaͤhle in die Laͤnge oder in die Quere durchgestekt werden koͤnnen, je nachdem man Cylinder oder Flaͤchen abdrehen will, und sich durch die Schrauben, t, u, befestigen lassen. Die Platte, H, wird von dem gußeisernen Gestelle, Q, getragen. Die Pfannenlager der Welle, R, koͤnnen durch die Schraube, p', und eine andere an der entgegengesezten Wand des Gestelles gehoben und gesenkt werden.

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