Titel: Neue Methode den Flachs zu bleichen und zuzubereiten, von J. B. Emmett.
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. XLVII., S. 228
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XLVII. Neue Methode den Flachs zu bleichen und zuzubereiten, von J. B. Emmett. Aus dem Philos. Magaz. and Annals of Philosophy new Series. Febr. 1827. S. 119. Emmett's, Methode den Flachs zu bleichen und zuzubereiten. Bei dem großen Mangel, welcher in den meisten Fabrik-Gegenden herrscht, lege ich dem Publicum folgendes einfache, leichte und wohlfeile Verfahren vor, Flachs und Werg zu bleichen und zuzubereiten, wodurch es einen hohen Grad von Weiße mit einem seidenartigen Glanze erlangt und hinreichend sein wird, um zu den feinsten Waaren verarbeitet werden zu koͤnnen; ich hoffe, daß durch dasselbe manche Arbeiter., von reichen Fabrikanten Beschaͤftigung werden erhalten koͤnnen, die jezt vergebens darnach suchen. Dieses Verfahren ist folgendes: Man siedet den Flachs oder das Werg in einer schwachen Aufloͤsung von basisch kohlensaurem Kali oder Natrum (Pottasche oder Soda), um den faͤrbenden Stoff, das Harz u.s.w. auszuziehen. Ich ziehe das basisch kohlensaure Alkali dem reinen oder caustischen vor, weil lezteres, man mag es auch noch so verduͤnnt anwenden, so zerstoͤrend wirkt, daß, wenn es auch den fremdartigen Stoff vollkommen auszieht, die Staͤrke der Faser doch sicher jedesmahl dabei leiden wird; durch ersteres hingegen kann er, wie ich gefunden habe, vollkommen ohne eine solche nachtheilige Wirkung entzogen werden; davon haben mich Versuche mit großen Quantitaͤten uͤberzeugt. Das Alkali muß nun ganz ausgewaschen werden.Dem zufolge verwirft der Verfasser die durch Kalk entkohlensaͤuerte Lauge (Aezlauge), und will nur schwache Holz-Aschenlauge, oder eine schwache Aufloͤsung von Pottasche oder Soda in Wasser (1 Pfd. Pottasche oder Soda auf 100 Pfund Wasser) angewendet wissen, das Buͤken oder Beuchen in einer solchen schwachen Lauge wird wohl einige Mahle wiederholt werden muͤssen. A. d. R. Die Bleichfluͤßigkeit wird auf folgende Art bereitet: Ganz frisch gebrannte Kohle von einem weichen poroͤsen Holze, als von Weiden oder Tannen, wird sehr fein gepulvert; das Pulver bindet man in einen Sak von enggewobener Leinwand; nun taucht man diesen in kaltes weiches Wasser, und bearbeitet ihn durch Druͤken mit den Haͤnden so lange, bis im Wasser eine hinreichende Quantitaͤt verbreitet ist, so daß, wenn man ein wenig Flachs einige Minuten hindurchzieht, derselbe beim Herausnehmen leicht geschwaͤrzt erscheint. In diese Fluͤßigkeit wird der zu bleichende Flachs gebracht, indem man sorgt, daß jede Parthie sie bis in die Mitte einsaugt. Wenn alles in die Fluͤßigkeit gebracht ist, muß das Wasser, wenn es gut bewegt worden ist, von der Kohle getruͤbt erscheinen. Ich kann das genau noͤthige Verhaͤltniß nicht angeben, da ich mich mit seiner Ausmittelung nicht beschaͤftigte, und nur immer dafuͤr sorgte, mehr zu nehmen, als wirklich erforderlich war: wenn ich 6 oder 7 Pfund bleichte, nahm ich nie mehr als eine halbe Unze (1 Loth). Die Fluͤßigkeit wird nun bewegt, und der Flachs einige Mahle waͤhrend des Tages unter sie gedruͤkt, um so viel Kohle als nur immer moͤglich, mit ihm in Beruͤhrung zu bringen. Nach etwa 20 oder 24 Stunden nimmt man ihn aus der Fluͤßigkeit, windet ihn gut aus, und bringt ihn sodann in eine zweite, welche weniger Kohle enthalten kann; man bewegt die Fluͤßigkeit wie vorher, und untersucht, nachdem eben so viel Zeit verflossen ist, eine kleine Parthie, indem man sie mit Seife und heißem Wasser wascht: ist die Farbe gut, so nimmt man den Flachs aus der Kohlen-Fluͤßigkeit; im Gegentheile, laͤßt man ihn noch einen Tag darin liegen, oder vielmehr so lange bis er weiß wird; 2 oder 3 Tage sind mehr als hinreichend, wenn die Operation gut geleitet wird.Die Eigenschaft der Kohle unter diesen Umstaͤnden auch auf die vegetabilische Faser bleichend zu wirken, ist selbst in rein chemischer Hinsicht sehr interessant. Nach den bis jezt bekannt gewesenen Erfahrungen mußte man naͤmlich annehmen, daß gewiße frisch (in verschlossenen Gefaͤßen) ausgegluͤhte Kohlenarten nur in Fluͤßigkeiten aufgeloͤste Materien abscheiden, welche, wie es scheint, nur Verbindungen organischen Ursprungs seyn koͤnnen, und vorzuͤglich, Farb- und Riechstoffe, wie Fernambuk, Cochenille, Lakmus, Indig (in Schwefelsaͤure geloͤst), die rothe Farbe des Weines, die braune Farbe, welche die Aufloͤsungen von Zuker, Salpeter und Bernsteinsaͤure faͤrbt, brenzliche Oehle, Fuseloͤhl (in Fruchtbranntwein), u.s.w. A. d. R. Es ist vorteilhaft ihn duͤnn auf dem Grase auszubreiten, waͤhrend er noch naß ist, und die Kohle in sich hat, indem man ihn einige Tage lang sehr oft wendet: die Kohle verschwindet großentheils, und die Oberflaͤche erhaͤlt ein perlenartiges Ansehen. Der Flachs wird nun in einer großen Quantitaͤt Wasser geschwenkt: hierauf in heißem Wasser, in welchem etwas Seife aufgeloͤst ist, so lange ausgewaschen, bis er ganz rein ist; die Seife muß dann mit kaltem Wasser ausgewaschen, und der Flachs getroknet werden; geschieht dieses auf dem Grase, wo er der Sonne und der Luft ausgesezt ist, desto besser. Der Glanz der Faser wird erhoͤht, wenn man ihn 8 oder 10 Stunden in Wasser taucht, welches mit Schwefelsaͤure gerade gesaͤuert ist, ehe man die Kohle mit Seife auswascht; wenn man dieses Verfahren aber zu lange fortsezte, so wird die Faser geschwaͤcht. Das Eintauchen in Saͤure ist nur dann durchaus noͤthig, wenn der Flachs zu besonderen Zweken bestimmt ist.Auf hundert Pfund Wasser sind 20 Loth Vitrioloͤhl oder concentrirte Schwefelsaͤure hinlaͤnglich. Man muß aber diese Saͤure vorhero mit etlichen Maß Wasser verduͤnnen, und dann erst an die noͤthige Quantitaͤt Wasser gießen, und das Ganze anhaltend untereinander ruͤhren, damit sich die schwere Saͤure nicht unverduͤnnt zu Boden senkt, und so zerstoͤhrend auf die unteren Lagen der Fasern wirken wuͤrde. A. d. R. Die Kohle kann leicht, und zwar vollkommen, mit Seife ausgewaschen werden. Die lezten Fasern werden ganz abgesondert: sie werden viel feiner als Seide, so daß ich sie zu Quadranten, Passage-Instrumenten und Mikrometern brauche: der Glanz ist ganz derjenige der Seide; die Staͤrke der Faser wird ganz und gar nicht vermindert. Sie nimmt die Farben, womit ich es versucht habe – blau, blaßroth und gelb – vollkommen an. Der feinste Faden kann daraus gesponnen werden. Weil ich dieses Verfahren nun bekannt gemacht habe, vorzuͤglich aber in Ruͤksicht auf die Ursache, weßwegen ich es that, hoffe ich auch, daß Fabrikanten und andere, welche die Einfuͤhrung des Stoffes befoͤrdern koͤnnen, dem Gegenstande einige Aufmerksamkeit widmen werden. Jedermann kann ganz fertige Muster erhalten, wenn er sich (franco) an mich nach Great Ouseburn, bei Borougbridge, Yorkshire, wendet. Der Aufmerksamkeit der Irlaͤnder duͤrfte die Sache um so mehr wuͤrdig seyn, da das Verfahren von den Leuten in ihrem eigenen Hause ausgeuͤbt werden kann, und viele Arme in den Arbeits-Haͤusern dadurch Beschaͤftigung erhalten koͤnnen.