Titel: Ueber einige Punkte der atomistischen Theorie, und über einige Apparate zur Bestimmung der Schwere der Dämpfe. Von Hrn. Dumas.
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. LVI., S. 289
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LVI. Ueber einige Punkte der atomistischen Theorie, und uͤber einige Apparate zur Bestimmung der Schwere der Daͤmpfe. Von Hrn. Dumas. Aus den Annales de Chimie. Decbr. 1826. Januar 1827. Mit Abbildungen auf Tab. IV. (Im Auszuge). Dumas, uͤber einige Punkte der atomistischen Theorie. Wir wollen aus dieser aͤußerst wichtigen, in das Gebieth der hoͤheren Chemie gehoͤrigen, Abhandlung des Herrn Dumas, die wir wohl bald in deutschen Journalen fuͤr Chemie in einer Uebersezung erhalten werden, nur die Beschreibung der Apparate ausheben, deren Hr. Dumas sich bediente, um die Dichtigkeit und Schwere der Gasarten zu bestimmen. „Ich war“ sagt er „gezwungen, ein anderes Verfahren, als jenes der HHrn. Gay-Lussac und Despretz einzuschlagen, indem ich den Dampf gewisser Koͤrper waͤgen mußte, die das Queksilber angriffen. Nach einigen Versuchen blieb ich bei folgender Methode stehen, die, wegen ihrer Einfachheit, bald in allen Laboratorien Eingang finden wird. Sie laͤßt sich bei allen Koͤrpern anwenden, die bei einem geringeren Waͤrme-Grade, als bei jenem, wo das Glas sich erweicht, sieden.“ „Diese Methode besteht im Allgemeinen darin, daß man einen Ballon aus Glas von gegebener Weite mit dem zu untersuchenden Dampfe bei bestimmtem Grade der Waͤrme uͤber der Siedehize des Koͤrpers, und bei bestimmtem Grade des Drukes der Luft fuͤllt. Dieß geschieht, indem man den zu untersuchenden Koͤrper in Ueberschuß in eine Retorte mit sehr duͤnn gezogenem Halse bringt, und die Temperatur bis auf den gehoͤrigen Grad erhoͤht. Wenn man den Versuch beenden will, schließt man den Schnabel der Retorte mittelst des Loͤthrohres. Man bemerkt die Temperatur des Ballons und den Druk der Atmosphaͤre, bestimmt hierauf das Gewicht des in dem Ballon befindlichen Ruͤckstandes und den koͤrperlichen Inhalt des Ballons. Dieß ist genug, um zu dem Resultate zu gelangen.“ „Die einzige Schwierigkeit hat bei genauer Bestimmung der Temperatur und bei Unterhaltung derselben in vollkommener Gleichfoͤrmigkeit Statt. Indessen laͤßt sich auch diese erreichen, wenn man den Ballon in siedendes Wasser, oder in ein Bad von mehr oder minder concentrirter Schwefelsaͤure, oder endlich in ein Bad von einer leicht fluͤßigen Metall-Composition taucht. Im ersten Falle ist die Temperatur bestimmt; im zweiten kann man ein Queksilber-Thermometer anwenden; im dritten Falle aber muß man sich des Luft-Thermometers bedienen.“ „Ueberzeugt, daß dieses Verfahren bald haͤufige Anwendung finden wird, glaube ich mich in Beschreibung des Detailes desselben und der Art, wie die Resultate zu berechnen sind, einlassen zu muͤssen.“ „Ich bediene mich drei verschiedener Apparate. Der erste dient fuͤr Temperaturen von 150 bis 300° am hundertgradigen Thermometer; der zweite fuͤr Temperaturen, die 150° nicht uͤbersteigen. Der dritte kann bis zur anfangenden Rothgluͤhehize dienen.“ „Im ersten Falle (Fig. 11.) befestigt man eine Masse Blei, P, an dem unteren Theile des Ballons mittelst der Bleiplatte (L, L), die man an dem Halse der Retorte entweder mittelst Platinna-Drahtes oder mittelst einer Bleiplatte befestigt. Den auf diese Weise beschwerten Ballon bringt man in eine glaͤserne Gloke, welche in dem Sandbade, S, S, in einer eisernen Pfanne eingesezt ist. In die glaͤserne Gloke wird concentrirte Schwefelsaͤure bis zur Entfernung von zwei Zoll vom Rande, R, R, gegossen, und dieser mit einer Kupferplatte, I, I, belegt, die in der Mitte mit einer Oeffnung versehen ist, durch welche der Schnabel der Retorte laͤuft, und noch zwei andere groͤßere Loͤcher zur Einsenkung der Thermometer hat. Um die Spize des Ballons legt man zwei gluͤhende Kohlen, C, C, um die Verdichtung des Ueberschusses des in den Ballon eingetragenen Stoffes an diesem Puncte zu verhuͤthen. Nachdem dieß geschehen ist, zuͤndet man das Feuer im Ofen an, und erhoͤht die Temperatur ziemlich schnell bis auf 10 oder 12 Grad unter dem Siedepuncte des eingetragenen Stoffes. Dann muß man aber das Feuer maͤßigen, um das Ausstroͤmen des Dampfes, welches von dem Ueberschusse des angewendeten Koͤrpers herruͤhrt, nicht zu schnell zu machen. Man erhoͤht so nach und nach die Temperatur bis auf 30 oder 40° uͤber den Siedepunct des Koͤrpers, und nachdem man bis auf den Punct gekommen ist, wo man stehen bleiben will, schließt man die Ausgaͤnge des Ofens, laͤßt die Temperatur in's Gleichgewicht kommen, und schließt die Spize des Ballons mit dem Loͤthrohre schnell. Man zeichnet die Temperatur des Bades auf, so wie den Druk der Atmosphaͤre. Nach dem Erkalten des Apparates wiegt man den Ballon, wodurch man das Gewicht des Dampfes erhaͤlt. Man bricht hierauf die Spize desselben unter Wasser ab, oder unter Queksilber, und mißt die Luft, wenn einige zuruͤkgeblieben ist, um sie in Rechnung zu bringen. Man fuͤllt den Ballon mit destillirtem Wasser, und wiegt den Ballon neuerdings, um dessen Raum-Inhalt zu finden. Man wiegt ihn endlich zum dritten Mahle, wenn er mit trokener Luft gefuͤllt ist, und der Versuch ist geendet: denn man hat Alles, was zur Bestimmung des Volumens und des Gewichtes des Dampfes bei einer gegebenen Temperatur nothwendig ist.“ „Wo nur eine Temperatur unter 150° am hundertgradigen Thermometer nothwendig ist, kann man diesen Apparat so abaͤndern, daß man denselben noch schneller und bequemer anwenden kann. In dieser Hinsicht ersezt man in Fig. 12. die Schwerung mit Blei durch einen mit Queksilber gefuͤllten Becher (M'). Zwei oder drei Bleiplatten, L, L, die mit Platinna-Draht am Halse des Ballons und an dem umgebogenen Rande des Bechers befestigt sind, dienen zur Befestigung des Apparates an seiner Stelle. Um die Temperatur desselben zu erhoͤhen, sezt man ihn in ein eisernes Beken, welches Queksilber, M, M, enthaͤlt, und umhuͤllt ihn mit einem Sturze, den man bis auf, E, E, zwei Zoll von seinem Rande, entweder mit reinem Wasser, oder mit einer mit hinlaͤnglicher Menge Wassers verduͤnnten Schwefelsaure, je nachdem man eine verschiedene Temperatur erhalten will, fuͤllt. Damit der Sturz nicht schwankt, bringt man oben auf demselben ein Brett, P, P, an, welches mit einer Oeffnung versehen ist, deren Durchmesser dem inneren Theile des Sturzes gleich ist. Das Brett ruht folglich auf der Dike des Glases. Es ist ferner mit einigen Eisenstangen, B, B, versehen, oder mit Blei, wodurch das Gewicht desselben vermehrt und der ganze Apparat gehoͤrig befestigt wird. Auf dem Brette wird an der Oeffnung desselben eine Bleiplatte angebracht, die bei, I, I, wie in Fig. 11., durchloͤchert ist, und wie dort zur Anbringung der Kohlen, C, C, dient. Der Versuch wird uͤbrigens auf obige Weise fortgefuͤhrt.“ „Dieser Apparat erhizt sich schneller. Man sieht besser in das Innere des Ballons; der Glas-Cylinder ist nicht so sehr der Gefahr ausgesezt zu brechen; allein man darf wegen des Queksilbers kaum uͤber eine Temperatur von 150° steigen. Da das Bad dieses Metalles immer eine hoͤhere. Temperatur hat, als die Fluͤßigkeit, so verfluͤchtigt sich bei, O, O, eine bedeutende Menge desselben, und die nachtheiligen Wirkungen hiervon lassen sich schwer vermeiden. Ueberdieß wuͤrde das Queksilber von einer Saͤure stark angegriffen werden, die, ohne zu sieden, eine, hoͤhere Temperatur ertragen kann.“ „Ueber 150° muß man also zu dem ersten Apparate seine Zuflucht nehmen. Der Versuch geht langsamer; er fordert mehr Vorsicht beim Hizen, ist jedoch mit keiner Gefahr verbunden; denn, wenn die Gloke auch braͤche, so wuͤrde man, da sie von allen Seiten gestuͤzt ist, immer Zeit haben sich zu entfernen, ehe die Saͤure in das Sandbad fließt.“ „Ich habe den Gebrauch des Oehles bei diesen Versuchen gaͤnzlich aufgegeben. Bei einer hoͤheren Temperatur wird das Oehl schwarz, wenn es mit Queksilber in Beruͤhrung kommt, und man sieht nicht mehr in das Innere des Ballons. Ueberdieß werden die Daͤmpfe, die es ausstoͤßt, sowohl der Gesundheit nachtheilig, als auch dadurch gefaͤhrlich, daß sie sich leicht entzuͤnden. Endlich werden auch, nach einigen Versuchen, alle Apparate so schmuzig, daß man nur mit Muͤhe und Ekel mit denselben arbeiten kann.“ „Obige Apparate und Methoden sind offenbar bei allen Koͤrpern anwendbar, die unter einer Temperatur zu sieden anfangen, bei welcher das Glas weich wird. Man muß nur, um einen gleichfoͤrmigen Grad von Waͤrme zu erhalten, der zugleich hoͤher ist, als der Siedepunct der Schwefelsaͤure und des Oehles, sich eines Metall-Bades hierzu bedienen. Und dieses Bad gewahrt das leicht fluͤßige Metall-Gemenge des Hrn. Darcet. Ich habe mich desselben unter mehreren Umstaͤnden mit mehr Vortheil und Leichtigkeit bedient, als ich erwarten konnte.“ „Der Apparat, den ich hierbei anwendete, Fig. 13., besteht aus einem Beken aus Gußeisen, in welches das Metall und der Ballon kommt. Eine in Form eines U gekruͤmmte Eisenstange, a, a, die unten in der Mitte ihrer Kruͤmmung einen kleinen Kreis hat, dient dem Ballone und dem Thermometer zur Stuͤze. Die Stange wird an den Griffen des Bekens mittelst umgewundenen Eisendrahtes befestigt, so wie der Ballon, b, selbst mittelst einiger Drahtwindungen unten auf der Stange befestigt ist. Die Luftthermometer, t, t, sind, auf aͤhnliche Weise, an den aufsteigenden Armen dieser Stangen befestigt. Das Beken selbst wird auf dem Ofen entweder mittelst einer eisernen durchloͤcherten Platte, oder mittelst zweier Eisenstangen, die durch die Griffe laufen, befestigt.“ „Man arbeitet hiermit auf folgende Weise. Nachdem der Apparat auf obige Weise aufgestellt ist, legt man Bruchstuͤke des schmelzbaren Metalles in das Beken, und hizt den Ofen so lang, bis das Metall in Fluß geraͤth. Dann kann man ohne alle Gefahr, daß dasjenige, was an dem Apparate von Glas ist, bricht, das geschmolzene Metall nachgießen, zumahl wenn dieß nach und nach geschieht. Wenn der Kessel hinlaͤnglich gefuͤllt ist, erhoͤht man die Temperatur. Die in dem Ballone befindliche Masse wird bald anfangen zu kochen, und ein mehr oder minder starker Dampfstrom wird aus demselben aufsteigen. Man erkennt daran, daß Alles Ueberfluͤßige bereits entwichen ist, wann der Dampf, der Anfangs drei bis vier Fuß hoch aus dem Apparate mit starkem Pfeifen aufsteigt, nur mehr zwei bis drei Linien hoch aufsteigt, und sich ohne alles Geraͤusch entwikelt, obschon die Hize immer staͤrker wird. Ich lasse die Temperatur gewoͤhnlich 15 bis 20 Minuten lang steigen, schließe den Ballon und die Thermometer mit dem Loͤthrohre, und hebe denselben aus dem Feuer. Man kann die Temperatur bis zum anfangenden Rothgluͤhen erhoͤhen; der Apparat leidet dadurch nicht im Mindesten.“ „Nachdem bei dem Erkalten die Temperatur des Bades bis auf 100 und 120° gekommen ist, gieße ich das Metall in ein anderes Beken. Eine duͤnne Schichte desselben bleibt auf den Glaͤsern haͤngen, die dadurch gleichfoͤrmiger erkalten, und zugleich vor dem Zerbrechen geschuͤzt werden. Nachdem dieselben so abgekuͤhlt sind, daß man sie anruͤhren kann, kann man diese Rinde leicht durch Abschaben wegschaffen, und mittelst angeriebenen Queksilbers, welches die kleinsten Metall-Theilchen aufloͤst, die bei dem Schaben noch haͤngen geblieben seyn koͤnnten, die Glaͤser vollkommen reinigen.“ „Die Bestimmung der Gewichte und die Rechnung geschieht wie bei den oben angegebenen Versuchen, nur daß man hier zuerst die durch die Luftthermometer angezeigte Temperatur bestimmen muß. Hierzu dient folgende Formel: Textabbildung Bd. 24, S. 294 wodurch man eine erste Annaͤherung fuͤr die Temperatur, t, erhaͤlt, indem, V, das ganze Volumen des Thermometers, V', das Volumen bei 0° Luft im Thermometer im Augenblike der Schließung ausdruͤkt. Um die Temperatur noch genauer zu finden, muß man den gefundenen Werth von, t, zur Correction des Volumens, V, fuͤr die Ausdehnung des Glases finden, und den neuen Werth, V'', in die Formel bringen, wodurch man Textabbildung Bd. 24, S. 294 Die Temperatur, t', ist dann eine hinlaͤngliche Annaͤherung.“ Folgende Tabelle Liefert eine Uebersicht der auf obige Weise gefundenen Dichtigkeit der Daͤmpfe und der Gase, welche Hr. Dumas in obiger Abhandlung bei 0° am hundertgradigen Thermometer und 0,76 Meter Barometerstand pruͤfte, und das Gewicht eines Liters. Beobachtete Dichtigkeit. BerechneteDichtigkeit.     BeobachtetesGewicht eines Liters. Jod-Dampf   8,716   8,6118     11,323 Queksilber-Dampf   6,976   6,9783       9,0625 Phosphor-Protochloruͤr   4,875   4,8076       6,3532 Arsenik-Wasserstoffgas   2,695   2,695       3,5023 Arsenik-Protochloruͤr   6,3006   6,2969       8,1852 Silicium-Chloruͤr   5,9390   5,9599       7,7154 Kieselflußsaͤure   3,600   3,5973 Bor-Chloruͤr   3,942   4,0793       5,1212 Fluo-Borsaͤure   2,3124   2,3075 Zinn-Perchloruͤr   9,1997   8,993     11,9514 Titan-Perchloruͤr   6,836   7,047       8,881 Phosphor-Dampf   2,2052 Arsenik   5,1839 Silicium   1,0197 Bor   0,7487 Zinn   4,053 Titan   2,107

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