Titel: Ueber die Weise, wie man im Florentinischen das Stroh zu den Florentiner-Hüten baut und zubereitet.
Fundstelle: Band 24, Jahrgang 1827, Nr. CI., S. 450
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CI. Ueber die Weise, wie man im Florentinischen das Stroh zu den Florentiner-Huͤten baut und zubereitet. Aus dem Edinburgh New Philosophical Journal Maͤrz. 1827. S. 380. (Im Auszuge.) Ueber die Weise, wie man im Florentinischen das Stroh zu den Florentiner-Huͤten baut und zubereitet. Das Edinburgh N. Ph. J. theilt am a. O. aus der List of Premiums of the Highland society for 1827“ folgende der lezteren zugegangene Notizen von Hrn. Hall zu Florenz, und Hrn. Boswell zu Kingcausie uͤber die Weise mit, wie man im Florentinischen Stroh zu den Florentiner-Huͤten baut und zubereitet. Es ist falsch, daß man im Florentinischen Roken-Stroh zu Huͤten baut; man baut daselbst nicht einmahl ein anderes Weizen-Stroh, als das des sogenannten Marzolan-Weizens (grano marzuolo, oder grano marzolano). Dieser Weizen erhielt seinen Namen von dem Umstande, daß man ihn in den ersten Tagen des Maͤrzes baut; seine Koͤrner sind kuͤrzer und runder, als an dem gewoͤhnlichen Weizen, und man baut ihn in der Nahe von Florenz, und auf beiden Abhaͤngen des Arno-Thales vorzuͤglich wegen des Strohes zu Huͤten, obschon er auch sehr gutes Mehl zu Brod, zu Vermicelli und Macaroni gibt. Vor einigen Jahren versuchte der heiligste Vater, in Erwaͤgung des hohen Gewinnes, welchen die Florentiner bei diesem Feldbaue haben, den Marzolan-Bau auch im Kirchenstaate einzufuͤhren: allein Industrie, Oekonomie wird so lange aus dem Kirchenstaate verbannt bleiben, als Naturgeschichte aus diesem Staate verbannt bleiben muß; die angestellten Versuche mißlangen. Der Groß-Herzog von Toscana gestattet freie Ausfuhr dieses Strohes, und Florentinerinnen verfertigen jezt zu Wien und zu Petersburg Florentiner-Huͤte aus Florentiner-Stroh. Der Marzolan-Weizen wird in guten, aber nicht fetten, von einigen sogar lieber in schlechten Boden gebaut. Was vom Flachsbaue gilt, gilt auch vom Marzolan-Baue: man will feine, zaͤhe, feste Halme. Man baut daher diesen Weizen so dik, daß beinahe eine Aehre die andere beruͤhrt. Das Feld wird nie geduͤngt. Das Samenkorn wird auf eine eigene Weise, die man erst lernen muß, flach, wie man sagt, unter der Hand ausgeworfen, und mit einer Roßegge eingeeggt. Die Bauzeit ist so fruͤhe im Maͤrz als moͤglich. In der Mitte Julius ist dieser Weizen ganz in die Aehren geschossen, und wird dann, wo das Stroh 18 Zoll hoch ist, noch ehe die Aehren eingekoͤrnt haben, mit der Hand ausgerauft, nicht geschnitten. Das Stroh wird nicht in Buͤndel gebunden, sondern frei auf Wiesen oder auf Sand ausgebreitet, wo es durch Thau und Sonne so lange gebleicht wird, bis es gleichfoͤrmig schoͤn gelb geworden ist. Man huͤtet sich sehr, es anregnen zu lassen, indem es dadurch flekig wird, und bringt es, sobald Regen droht, unter Dach. Nachdem es gehoͤrig ausgebleicht ist, wird es in Buͤndel gebunden, und Kinder lesen dann denjenigen Theil desselben aus, der allein zum Flechten verwendet werden kann, d.i., den Theil des Halmes zwischen der Aehre und dem ersten Knoten des Halmes. Wenn das Wetter guͤnstig war, ist das Stroh in 14 Tagen nach dem Ausraufen gebleicht. Thau beguͤnstigt das Bleichen sehr. Die Aehren werden mittelst eines schnellen Risses mit der Hand, und eben so die Halme an den Knoten abgerissen. Man wirft die Abfaͤlle auf den Mist, da sie die Hausthiere nicht fressen. Um dem Strohe die gefaͤllige Weiße zu geben, wird es mit Schwefelrauch geraͤuchert, oder, wie man sagt, geschwefelt. Eben dieß geschieht auch mit dem Geflechte, und zulezt noch mit dem fertigen Hute. Zu Siena schwefelt man das Stroh bloß dadurch, daß man in einer großen Kiste oben das Stroh auf quer gelegten Haselnuß-Reisern ausbreitet, unten angezuͤndeten Schwefel hineinstellt, und dann die Kiste mit einem Dekel schließt. An anderen Orten hat man eigene Schwefel-Kammern. Zuweilen muß das Schwefeln wiederholt werden, weil es nicht immer gelingt. Das Stroh wird sortirt, wie bei uns die Wolle. Das groͤbere Stroh verarbeiten die Kinder, das feinere geuͤbtere Haͤnde. Man bedient sich immer derselben Art zu flechten, und flicht immer 13 Halme zusammen. Bei dem feinen Geflechte wird viel Stroh weggeworfen, weil mancher Halm zu dik ist, und ein bedeutendes Stuͤk unter der Aehre weggeschnitten werden muß. Feine Geflechte muͤssen sehr stark zusammengezogen werden, weßwegen man sie auch naß flicht. Man haͤlt daher die Strohbuͤndel in Glaͤsern, die mit kaltem Wasser gefuͤllt sind, neben dem Flechttische. Nachdem die Flechten geschwefelt und gepreßt sind, verfertigen eigene Arbeiterinnen Huͤte aus denselben, indem sie sie an den Kanten zusammenstoßen, nicht uͤberschlagen. Von dem Pressen haͤngt sehr viel ab. Man hat im ganzen Lande nur zwei gute Pressen. Um Samen von Marzolan-Weizen zu erhalten, saͤet man auf besserem Grunde nur den vierten Theil, den man zu Stroh braucht, und laͤßt ihn, wie gewoͤhnlich, vollkommen ausreifen. Die Halme zu Strohgeflechten duͤrfen nie diker seyn, als 1/18 Zoll; groͤberes gibt zu schlechte Waare, und feineres eine viel zu theure.