Titel: Bericht des Hrn. Mérimée über das in der Bütte geleimte Papier der HHrn. Canson, Papiermacher zu Annonay, Depart. de l'Ardêche.
Fundstelle: Band 25, Jahrgang 1827, Nr. CXII., S. 385
Download: XML
CXII. Bericht des Hrn. Mérimée uͤber das in der Buͤtte geleimte Papier der HHrn. Canson, Papiermacher zu Annonay, Depart. de l'Ardêche. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement. N. 274. 1827. S. 127. Mérimée, uͤber das in der Buͤtte geleimte Papier. Wenn die HHrn. Canson auch nicht die Ersten sind, die Papier in der Buͤtte leimten, so haben sie doch dieses Verfahren sehr vervollkommnet. Sie sind, so viel wir wissen, die einzigen, die eine bedeutende Menge in der Buͤtte geleimten Papieres in den Handel bringen, und ihr geleimtes Papier scheint uns besser, als das geleimte Papier der besten Papier-Muͤhlen. Wir vermuthen, daß der Aufsaz des Hrn. Braconnot in den Annales de Chimie die HHrn. Canson zu der Erklaͤrung vermochte, daß ihr Papier schon in der Buͤtte geleimt ist; sie wuͤrden es sonst in ihrem Interesse gefunden haben, ihr Verfahren geheim zu halten, um die Aufmerksamkeit der Papier-Fabrikanten nicht auf ein vortheilhafteres Verfahren in der Papiermacherei zu lenken, als dasjenige ist, welches man bisher in den Papiermuͤhlen befolgte. Wenn sie auch ihren Arbeitern die Materialien verheimlichen konnten, mit welchem sie ihr Papier leimten, so war es doch unmoͤglich denselben das Kunststuͤk zu verbergen, daß das Papier bei ihnen schon vollkommen geleimt ist, wenn es aus der Buͤtte kommt. Dieß mußte nothwendig bald in allen Papiermuͤhlen bekannt werden, und betriebsame Papiermacher mußten der Sache endlich auf die Spur kommen. Sobald man weiß, daß irgend eine Sache wirklich vorhanden ist, wird man, mit gehoͤriger Beharrlichkeit im Suchen, sie auch jedes Wahl finden. Die HHrn. Canson koͤnnen sicher seyn, daß man sich ihrer Methode, das Papier in der Buͤtte zu leimen, bald in allen Papiermuͤhlen mit dem besten Erfolge bedienen wird, wo man so klug ist, die Lumpen nicht faulen zu lassen. Da sie indessen ihren Nebenbuhlern um zwei Jahre voraus sind, haben sie einen großen Vorsprung gewonnen. Endlich wird man auch noch, wenn man so gut in der Buͤtte leimt, wie sie, eben so schoͤnes Papier machen muͤssen, wie sie; was vielleicht sehr schwer werden durfte. Wir haben ihr Velin, wie ihr anderes, Papier genau gepruͤft, und gefunden, daß es im Kerne so gut, als auf seiner Oberflaͤche geleimt ist. Man kann auf ihrem Papiere, wenn es radirt ist, so gut schreiben, als auf der reinsten Flaͤche desselben. Man fabricirt in England ein mit Schmalte geblaͤutes Brief-Papier von sehr schoͤner Farbe, das aber eine Kehrseite hat, die weit dunkler ist. Dieser Fehler findet sich an dem Papiere der HHrn. Canson nicht: es ist auf jeder Seite gleichfarbig. Dadurch allein haͤtte man die Staͤrke errathen koͤnnen, die, nach Art der Waͤscherinnen, mit Kobalt geblaͤut ist. Das Leimen des Papieres, welches zur Mahlerei mit Wasserfarben bestimmt ist, biethet mehr Schwierigkeiten dar, als das einer jeden anderen Papier-Sorte. Die Farbe darf nicht bloß nicht durchschlagen, sondern das Papier muß auch vollkommen gleichfoͤrmig geleimt seyn; denn sonst wird es unmoͤglich, irgend eine Farbe gleichfoͤrmig, und ohne Fleken aufzutragen. In dieser Hinsicht lassen auch die Papiere der HHrn. Canson noch Einiges zu wuͤnschen uͤbrig. Indessen muͤssen wir auch gestehen, daß in den besten Hollaͤnder-Papieren nur wenige Bogen vollkommen gut geleimt sind, und sorgfaͤltige Kuͤnstler versuchen immer vorher den Bogen, dessen sie sich bedienen wollen, mit einem Schwamme. Ein Papier kann fuͤr die Schrift sehr gut, vortrefflich geleimt seyn, ohne daß die zum Leimen nothwendigen Materialien gehoͤrig gemengt sind; zum Mahlen mit Wasserfarben wird ein solches Papier aber nicht taugen, weil es die Farbe nicht gleichfoͤrmig annimmt. Es ist hier derselbe Fall, wie in der Faͤrberei mit den sogenannten Beizen, wenn diese nicht gleichfoͤrmig aufgetragen sind; die Farbe wird dann nie gleichfoͤrmig, sondern immer schekig (bringée). In dieser Hinsicht stehen die Papiere der HHrn. Canson allein noch den englischen und hollaͤndischen Papieren nach. Es fragt sich aber auch: ob es wirklich moͤglich ist, durch Leimen in der Buͤtte gutes Papier zur Mahlerei in Wasserfarben zu erzeugen? Ich glaube es nicht. Auf die sogenannten grandaigle-Papiere der HHrn. Canson lassen sich, mit einiger Vorsicht, die Farben indessen noch gleichfoͤrmig auftragen, und diese Papiere besizen den Vortheil, die Striche des Bleistiftes, und das Reiben des Kautschuk ohne Veraͤnderung ihrer Oberflaͤche besser zu ertragen, als anderes Papier. Zum Leimen des Papieres fuͤr Mahlerei mit Wasserfarben sind noch in der Mischung der hierzu noͤthigen Materialien einige Verbesserungen nothwendig. Die HHrn. Canson werden sie uns lehren, und wir werden sie dann fuͤr einen der wichtigsten Dienste, den man der Papiermacherei leisten kann, mit der goldenen Medaille belohnen: denn, durch das Leimen in der Buͤtte kann man, mittelst der neuen Maschinen, dem Kaͤufer so zu sagen, unter seinen Augen einen Ballen Papier liefern.Verglichen mit dem fruͤheren Stande der Kunst (man sehe nur unsere deutschen Incunabeln), und mit den Fortschritten derselben im Auslande (wo wir aber zum Troste nur Holland und England nennen duͤrfen), scheint vielleicht keine Kunst in Deutschland soweit zuruͤkgeblieben, oder vielmehr zuruͤkgesunken zu seyn, als die Papier-Macherei. Man sehe nur unsere deutschen National-Zeitungen, unsere Classiker-Ausgaben. Welches Papier! Hollaͤnder und Englaͤnder beneiden uns um unser gutes Material, und sie wissen auch die Wege, uns dasselbe vor der Nase wegzustehlen; selbst in denjenigen Laͤndern, wo die Geseze-Fabrikanten sich wunderweise duͤnken, wenn sie die Ausfuhr der Lumpen verbiethen, und die der Pappendekel erlauben. Englaͤnder und Hollaͤnder ließen in diesen Laͤndern Pappendekel aus den feinen Lumpen verfertigen, und fuͤhrten diese aus, um sie als Brief-Postpapier mit 80 p. C. Gewinn uns wieder zu verkaufen. Aus der Masse Zeuges, aus welcher ein deutscher Papier-Muͤller Ein Buch Papier macht, verfertigt ein englischer drei Buͤcher, ein hollaͤndischer vier. Wir verwuͤsten in Deutschland den Stoff zu unserem Papiere, und haben nie ein Blatt auf die Welt gebracht, das mit dem Hollaͤnder Honig und Zoon, und mit dem Englaͤnder Whatman wetteifern koͤnnte. Unser Wasser in Deutschland, unsere Sonne ist zehn Mahl, vielleicht dreißig Mahl, besser zur Papier-Fabrication, als in Holand und England, und unser Papier ist dreißig Mahl schlechter. Die Englaͤnder muͤssen ihr gutes Material durch kuͤnstliche Bleichen verderben, was bei uns in Deutschland nicht noͤthig waͤre. Der Fehler bei unseren deutschen Papieren liegt 1) in dem schlechten Sortieren der Lumpen, die das Ausland, das dieselben bei uns aufkauft, uns noch uͤbrig laͤßt. 2) In dem Faulenlassen der Lumpen und in Vernachlaͤßigung der gehoͤrigen Bleiche derselben. 3) In den schlechten Maschinen. Was fuͤr elende Stampfen, und, wo man Cylinder hat, was fuͤr erbaͤrmliche Cylinder sieht man nicht bei uns! Sind unsere Formen nicht wahre Sandgitter; mehr zum Durchwerfen des Sandes, als zum Schoͤpfen von Papier berechnet! Und erst unsere Pressen, wo die Schraubengaͤnge an der Spindel Bratwuͤrste sind! Der Haͤngezeug! Die Glaͤttmaschinen! 4) Die große Unreinlichkeit bei der Arbeit, vorzuͤglich in einigen Laͤndern, wo die Buͤtte oͤfters Karmelit, und das Leimwasser Capucin ist. Die hochehrenwerthe Société d'Encouragement wird noch manche goldene Medaille spenden muͤssen, bis Frankreich ein Briefpapier fabricirt, das man einem hollaͤndischen oder englischen zur Seite legen koͤnnte, und wir in Deutschland, wo man bis jezt nicht ein Mahl eine bleierne Medaille einem Papiermuͤller spendet, werden im Allgemeinen noch lange hinter Frankreich bleiben. A. d. Ueb.