Titel: II. Notiz über die natürlichen und künstlichen Puzzolanen von Hrn. Girard, Ing. d. Ponts et Chauss.
Fundstelle: Band 25, Jahrgang 1827, Nr. CXXI., S. 410
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CXXI. II. Notiz uͤber die natuͤrlichen und kuͤnstlichen Puzzolanen von Hrn. Girard, Ing. d. Ponts et Chauss. Aus den Annales de Chimie et de Physique. Jul. 1827. S. 140. Girard's, Notiz uͤber die natuͤrlichen und kuͤnstlichen Puzzolanen. Die chemischen Untersuchungen, welche viele ausgezeichnete Gelehrte anstellten, um die Ursache der Eigenschaften der vulkanischen und kuͤnstlichen Puzzolanen kennen zu lernen, haben bis auf diesen Tag noch auf keine annehmbare Theorie einer in den Kuͤnsten so haͤufigen Erscheinung gefuͤhrt; vielleicht ruͤhrt dieses daher, daß nicht alle Umstaͤnde bei dieser Erscheinung gehoͤrig gewuͤrdigt worden sind. Die Puzzolanen unterscheiden sich von anderen erdigen Substanzen einzig und allein durch ihre Eigenschaft, einen gewißen Grad von Haͤrte zu erhalten, wenn man sie innig mit fettem Kalk-Hydrate (fetten, geloͤschten Kalke) mengt, und diese Verbindung mehr oder weniger lang unter Wasser haͤlt. Schlechte Puzzolanen nennt man diejenigen, welche unter diesen Umstaͤnden ein Product geben, das nur eine mittelmaͤßige Haͤrte erlangen kann, oder vielmehr diejenigen, welche einen Monat und laͤnger brauchen, um zu erhaͤrten. Die ganze Erscheinung, um deren Erklaͤrung es sich handelt, besteht also, wie man sieht, in dem Grade von Haͤrte, der nach Verlauf einer gegebenen Zeit erlangt wird. Nun gehoͤrt bekanntlich die Haͤrte nicht unter die Anzahl der Eigenschaften, welche in der Natur eine Substanz als Genus unterscheiden koͤnnen, denn dieselben Elemente in demselben Verhaͤltnisse verbunden, geben eine Menge Koͤrper, deren Haͤrte in's Unendliche varirt. So kann man von der Kreide bis zum Marmor im Widerstande mehr als 20 Modificationen des fast reinen, kohlensauren Kalkes unterscheiden. Darnach sollte man glauben, daß die Analysen, wenn sie bloß die Quantitaͤten von Kieselerde, Thonerde und Eisenoxyd bestimmen, welche in dem Thone enthalten sind, uns nichts, oder doch nur sehr wenig uͤber den Werth desselben als Puzzolane lehren. Dieses hat auch die Erfahrung bestaͤtigt, und man muß jezt in weniger wesentlichen Umstaͤnden die Ursachen dieser Eigenschaften suchen. Die HHrn. John und Berthier scheinen nun, da die chemischen Thatsachen die Frage nicht aufgeklaͤrt haben, beide uͤbereinzukommen, daß die Eigenschaften der Puzzolanen bloß der Cohaͤsion und dem Absorbtions-Vermoͤgen, das die Substanz durch die Einwirkung des Feuers erlangt, zugeschrieben werden muͤssen. Die Eigenschaften der Sandsteine (Arênes), oder des fossilen, thonhaltigen Sandes, die ich zuerst bezeichnete, und diejenigen, welche die HHrn. Meril und Payen zu derselben Zeit, obgleich in schwaͤcherem Grade, an den Granwaken und dem zersezten Granite von Bretagne entdekten, erlauben uns nicht, wenigstens nicht ohne Beschraͤnkung, die Meinung der HHrn. John und Berthier anzunehmen. Ich glaube sogar jezt behaupten zu duͤrfen, daß in der That die Cohaͤsion und das Absorbtions-Vermoͤgen ganz und gar nicht Ursache der characteristischen Eigenschaft der Puzzolanen sind. Hr. Vicat hat untersucht (Annales de Chim. et de Phys. Juni 1826. Polytechn. Journ. Bd. XXI. S. 432), welchen Einfluß das Calciniren auf jeden Bestandtheil eines Thones hat, der fuͤr sich calcinirt, eine gute Puzzolane gab. Man haͤtte glauben sollen, daß diese Untersuchung viel Licht auf die Theorie werfen wuͤrde; sie gab jedoch kein anderes Resultat, als daß sie bewies, daß die durch Saͤuren aus einem rohen Thone abgeschiedene Kieselerde, eine vortreffliche Puzzolane ist, und diese Eigenschaft zum Theile durch die Calcination verliert, waͤhrend die Thonerde, welche nur eine schlechte Puzzolane ist, durch das Calciniren diese Eigenschaft in geringem Grade erhaͤlt, aber in zu geringem, um das zu ersezen, was die Kieselerde verliert; so daß Hr. Vicat aus dieser Erfahrung schloß, daß man dasjenige, was bei schwachem Calciniren eines innigen Gemenges von Kieselerde, Thonerde und Eisenoxyd vorgeht, nicht genau demjenigen gleichstellen kann, was Statt findet, wenn dieselben Oxyde fuͤr sich calcinirt werden. Die Frage bleibt also noch ganz und gar dieselbe, und ich will nun in Kuͤrze das Resultat meiner Versuche angeben, die ich anstellte, um sie zu loͤsen, und die von der Art sind, daß sie Jedermann leicht wird wiederhohlen koͤnnen. Wenn man durch Auswaschen den Thon aus den Sandsteinen entfernt, dem sie ihre Brauchbarkeit als Puzzolanen verdanken, und wenn man dazu sowohl sehr wirksame waͤhlt, als auch solche, die es weniger sind; wenn man dasselbe mit gewissen Arten von thonhaltigem Sande thut, die eine dunkle Weinhefen-Farbe haben, und denen die Eigenschaften der Puzzolanen fehlen; wenn man diese Proben mit reinem Thone versezt, das heißt solchem, der frei von Sande, und mehr oder weniger ocherig ist, so wie man ihn uͤberall in Ueberfluß findet; wenn man jeden dieser Thone, nachdem sie an der Luft getroknet und gepulvert worden sind, mit der Haͤlfte seines Raumes fetten Kalkhydrates verbindet, und die verschiedenen dadurch erhaltenen Moͤrtel in der Consistenz eines festen Teiges eintaucht; so muß man natuͤrlich die angewandten Thone in 3 Classen eintheilen, und wird dann: Guten Puzzolanen-Thon (Argiles bonnes pouzzolanes) denjenigen nennen, der einen Moͤrtel gegeben hat, welcher nach Verlauf von 10, oder hoͤchstens 15 Tagen dem staͤrksten Druk des Fingers widerstehen wird, ohne einen Eindruk zu erhalten, oder welcher auf einer Oberflaͤche von 5/100,000 Meter mit einem Gewichte von 2 Kilogramm belastet, keine merkliche Zusammendruͤkung erleiden wird. Mittelmaͤßigen Puzzolanen-Thon (Argiles moyennes pouzzolanes) denjenigen, welcher erst nach einem oder anderthalb Monaten ein aͤhnliches Resultat geben wird. Endlich wird man fuͤr einen Nicht-Puzzolanen-Thon (Argiles pouzzolanes nulles) denjenigen halten muͤssen, welcher einen Moͤrtel gibt, der immer weich bleibt, und welchen der Finger leicht durchdringt. Thon dieser Art habe ich, wie schon oben bemerkt wurde, nur unter sehr ocheriger Erde von Weinhefen-Farbe angetroffen; er kann aber auch außerdem vorkommen. Ich muß vor allem bemerken, daß in die erste Classe nicht nur die aus den wirksamen Sandsteinen, wovon ich in meiner ersten Abhandlung gesprochen habe, ausgezogenen Thone gehoͤren, sondern auch die gelblich braunen Thone und andere, die man in der Natur frei von beigemengtem Sande antrifft. Von der zweiten Classe kann man dasselbe sagen, und muß aus diesem schließen, daß der aus Sandsteinen ausgezogene Thon keine specielle Eigenschaften hat, sondern daß ihm diese Eigenschaften in gleichem Grade mit vielen anderen Arten von Thon von verschiedener Farbe gemein sind; daß ferner die Eigenschaften der Sandsteine nur deßwegen besondere Aufmerksamkeit erregt haben, weil ihnen Kieselstuͤke schon natuͤrlich beigemengt sind, die diese Eigenschaften viel hervorstechender machen, was ich in der Folge auseinandersezen werde. Nachdem ich durch diese vorlaͤufigen Versuche die Substanzen, welche ich untersuchen wollte, classificirt hatte, sezte ich sie im Zustande eines staubigen Pulvers in einem offenen Tiegel bloß fuͤnfzehn Minuten lang einer Hize aus, welche der Dunkelroth-Gluͤhhize nahe kam. Hierbei zeigten sich folgende Erscheinungen: die Thone der beiden ersten Classen erlitten schnell eine Art von Aufwallen; zugleich veraͤnderte sich ihre Farbe schnell von dem gelblichrothen, gelben, gelblichbraunen u.s.w., in das Dunkelbraunrothe, Lebhaftrothe, oder Schwaͤrzlichrothe u.s.w.; indem ich die Substanz vor und nach der Operation sorgfaͤltig wog, fand ich, daß diese calcinirten Thone einen sehr verschiedenen Gewichtsverlust erlitten hatten, welcher bei einigen bis auf ein Fuͤnftel ihres anfaͤnglichen Gewichtes stieg. Die Thone der lezten Classe hingegen hatten ihre Farbe nicht bedeutend veraͤndert, und hatten im Allgemeinen nur zwei oder drei Procent von ihrem Gewichte verloren. Als ich mit den so zubereiteten Thonen Moͤrtel bildete, und zwar in denselben Verhaͤltnissen und mit demselben Kalke, womit ich die natuͤrlichen Thone gepruͤft hatte, fand ich 1) daß die Thone der ersten Classe alle ohne Ausnahme vortreffliche Puzzolanen geworden waren, das heißt, daß die Moͤrtel, die ich auf die eben angegebene Weise erhielt, und eingetaucht hatte, nach 2 Tagen Consistenz genug erlangt hatten, um dem Eindruke des Fingers ganz und gar zu widerstehen; daß eben diese Moͤrtel, als sie nach fuͤnfzehn Tagen mittelst der Durchdringung einer Spize gepruͤft wurden, eine Haͤrte zeigten, welche derjenigen der Moͤrtel aus denselben rohen Thonen gleich kam, die leztere nach Verlauf von vier Monaten erlangt hatten: und daß endlich, wenn man diese Vergleiche noch laͤngere Zeit fortsezte, die Fortschritte der Moͤrtel aus calcinirtem Thone dann zwar viel langsamer sind, als diejenigen der Moͤrtel aus rohen Thone, nach Verlauf eines Jahres aber zwischen beiden keine merkliche Verschiedenheit mehr ist, wobei ich jedoch vorausseze, daß man vorher die mit dem Wasser in Beruͤhrung gewesenen Oberflaͤchen bis auf 1 oder 2 Centimeter Tiefe weggeschafft bat. Ich habe den Grund, welcher diese Operation noͤthig macht, in meiner ersten Abhandlung auseinander gesezt. (Vergl. S. 408.) 2) Daß die Thone der zweiten Classe ungefaͤhr dieselben Erscheinungen gaben, mit dem Unterschiede, daß die durch das Calciniren erhaltenen Puzzolanen im Allgemeinen weniger wirksam waren, und weniger harte Moͤrtel gaben, als die vorherigen. Uebrigens fand zwischen diesen Moͤrteln und denen aus rohem Thone ein viel groͤßerer Unterschied Statt, als bei den Thonen der ersten Classe. Leztere brauchten mehr als acht Monate, um den Grad von Haͤrte zu erlangen, welchen die anderen nach 15 Tagen erhielten. 3) Endlich, daß die Thone der dritten Classe durch das Calciniren nichts, oder doch nur wenig gewonnen zu haben scheinen, und nur Moͤrtel gaben, die unter dem Wasser immer weich wie vorher blieben. Obgleich es mir sehr wahrscheinlich schien, daß die Wirkung eines so schwachen Calcinirens von so kurzer Dauer, dem ich die verschiedenen Thone ausgesezt hatte, nur die Zersezung eines Hydrates zur Folge haben konnte, und daß die betraͤchtliche Gewichts-Verminderung der Substanz, das Aufwallen und die merkwuͤrdige Farbenveraͤnderung der Ausscheidung des in Verbindung gewesenen Wassers zugeschrieben werden muß; so hielt ich es doch fuͤr noͤthig, mich direct zu uͤberzeugen, daß bei dieser Operation kein Gas absorbirt und auch keines entbunden wird. Zu diesem Ende destillirte ich eine bestimmte Quantitaͤt von Thon der ersten Classe im Zustande eines staubigen Pulvers in einer Retorte, welche durch eine Verlaͤngerung (allonge) mit einem Ballon verbunden war; ich brauchte die Retorte nur 15–20 Minuten in einer der Dunkelroth-Gluͤhhize nahen Hize zu halten. Die Farbenveraͤnderung fand Statt wie in freier Luft, und in dem Ballon verdichtete sich Wasser in kleinen Tropfen. Als nach dem Erkalten des Apparates das Wasser gesammelt wurde, zeigte sie das Gewicht des calcinirten Thones mit dem des Wassers fast genau gleich dem Gewichte des angewandten Thones.Wenn der Thon kohlensauren Kalk oder vegetabilische Substanzen enthaͤlt, entwikelt sich wohl Gas, aber immer in geringer Menge. Diese Gasentbindung steht uͤbrigens in keiner Beziehung mit dem Calciniren der rein thonigen Puzzolanen. A. d. O. Man kann es daher als erwiesen ansehen, wenigstens fuͤr alle mehr oder weniger ocherigen Thone, die einzigen, die mir zu Gebothe standen, und die gewiß in der Natur in sehr großer Menge verbreitet sind, daß das schwache Calciniren, welches hinreicht, sie in vortreffliche Puzzolanen umzuaͤndern, nichts anderes bewirkt, als daß es, wenigstens groͤßtentheils, das von den verschiedenen Oxyden, aus welchen der natuͤrliche Thon beisteht, gebildete Hydrat zersezt. Dieser Schluß stimmte, ich gestehe es, ganz und gar mit der Meinung der HHrn. John und Berthier uͤberein, weil die Zersezung des Hydrates das Absorbtions-Vermoͤgen des Productes offenbar betraͤchtlich vermehren muß. Nun blieb aber noch zu erklaͤren uͤbrig, warum gewisse Thone nur mittelmaͤßige Puzzolanen waren, und andere gar keine; gerade so, wie nach dem Calciniren. Ich glaubte die Loͤsung dieser Frage in der chemischen Analyse zu finden; aber erhielt keine genuͤgende Resultate. Fuͤr's erste, findet man unter den Thonen der ersten und zweiten Classe solche, die so zu sagen dieselben Bestandtheile haben. Dann enthalten die Thone, welche ich Nicht-Puzzolanen (pouzzolanes nulles) genannt habe, im Allgemeinen mehr als 80 Procent Kieselerde, sehr wenig Thonerde, und viel Eisenoxyd. Konnte man es also einzig und allein der Gegenwart der Thonerde und dem Calciniren zuschreiben, daß die Eigenschaften der Puzzolanen hervortraten? Dieß waͤre mit den oben angefuͤhrten Versuchen des Hrn. Vicat ganz und gar in Widerspruch gewesen. So befand ich mich also in derselben Ungewißheit wie diejenigen, welche vor mir Versuche uͤber diesen Gegenstand anstellten. Endlich kam ich auf den Gedanken mit den Bestandtheilen eines jeden Thones einzeln Moͤrtel zu bilden, und die Resultate zu vergleichen. Zu diesem Ende zerlegte ich die verschiedenen natuͤrlichen Thone, welche ich gepruͤft hatte, in Kieselerde einerseits, und Thonerde und Eisenoxyd andererseits durch Salzsaͤure und Ammoniak. Die Ruͤkstaͤnde auf dem Filter suͤßte ich sorgfaͤltig aus, und nachdem ich sie langsam an der Sonne oder bei gelindem Feuer getroknet hatte, so daß dabei alles vermieden wurde, was fuͤr eine Calcination haͤtte gelten koͤnnen, vermengte ich sie zu gleichen Theilen mit geloͤschtem fetten Kalke, und tauchte die Moͤrtel unter. Ich haͤtte eigentlich die Haͤlfte des Kalkhydrates anwenden sollen, wie bei den vorhergehenden Versuchen, zog aber das andere Verhaͤltniß vor, weil ich bei jedem Stoffe mit sehr geringen Quantitaͤten arbeitete. Ich konnte nun bald folgende Resultate beobachten: 1) alle Moͤrtel, welche mit Kieselerde aus Thonen der ersten Classe gebildet waren, waren nach 36 Stunden erhaͤrtet, so daß der staͤrkste Eindruk des Fingers auch die geringsten Unebenheiten der Oberflaͤche nicht mehr verschwinden machte. Nach acht Tagen hatten diese Moͤrtel eine große Consistenz erlangt, und als ich sie vermittelst des Durchdringens einer Spize pruͤfte, fand ich diese Consistenz groͤßer, als die von Moͤrteln aus calcinirtem Thone, welche fuͤnfzehn Tage untergetaucht waren. 2) Die Moͤrtel, welche mittelst aus Thonen der zweiten Classe ausgezogener Kieselerde gebildet waren, erlangten eine weniger betraͤchtliche Haͤrte, als die vorhergehenden. 3) Endlich diejenigen, welche aus Kieselerde erhalten wurden, die aus Thonen der dritten Classe ausgezogen war, blieben immer weich. 4) Die Moͤrtel, welche in jeder Classe mit der Verbindung der Thonerde und des Eisenoxydes gebildet waren, welche Verbindung ich schwach getroknet hatte, daher sie noch betraͤchtlich viel Wasser enthielt, erhaͤrteten, nachdem sie hoͤchstens 15 oder 20 Stunden eingetaucht waren. Ich glaube nicht, daß es eine schneller wirksame Puzzolane gibt, und habe dabei keinen merklichen Unterschied beobachten koͤnnen, obgleich die Verbindung der Thonerde und des Oxydes in ihren Verhaͤltnissen sehr varirte. Man muß jedoch wohl bemerken, daß auf diese schnelle Erhaͤrtung die entsprechenden Fortschritte nicht folgen, und daß nach Verlauf von acht und fuͤnfzehn Tagen die Moͤrtel aus Kieselerde der beiden ersten Classen noch haͤrter als diese sind. 5) Endlich die Moͤrtel, welche durch alle Elemente des Thones zugleich gebildet werden, zeigen beilaͤufig dieselben Resultate, wie die der Kieselerde, fuͤr die beiden ersten Classen. Indessen enthalten diese Elemente sodann, und darauf bestehe ich, wenigstens so viel Wasser, als der rohe Thon, und absorbiren nicht mehr; sie bilden jedoch vortreffliche Puzzolanen. Man kann, wie ich glaube, mehrere wichtige Folgerungen aus diesen Thatsachen ziehen; sie beweisen 1) daß die Thone sich generisch unter einander durch den Zustand unterscheiden, in welchem die Kieselerde vorhanden ist; 2) daß die Gegenwart des mehr oder weniger mit den Elementen des Thones verbundenen Wassers die puzzolanischen Eigenschaften nicht beeintraͤchtigt, welche besonders die Folge des isolirten Zustandes zu seyn scheinen, in welchen man diese Elemente versezt hat. Uebrigens bin ich weit entfernt zu behaupten, daß die Kieselerde sehr viele verschiedene Zustaͤnde annehmen kann, sondern glaube vielmehr, daß sie sich auf zwei reduciren, naͤmlich: denjenigen, wo sie mit den anderen Koͤrpern verbunden ist, und denjenigen, wo sie urspruͤnglich frei war, und wo ihre Atome der Cohaͤsion nachgeben, und sich zusammenhaͤufen konnten. Man braucht sodann bloß anzunehmen, daß in den Thonen erster Classe die Kieselerde schon urspruͤnglich fast ganz im ersteren, ihrer Vereinigung mit dem Kalke guͤnstigen Zustande ist; daß in den Thonen zweiter Classe ein weniger betraͤchtlicher Antheil Kieselerde sich im ersten Zustande befindet; daß endlich in den Thonen der lezten Classe sich die Kieselerde gar nicht, oder doch nur ein sehr geringer Theil derselben im freien Zustande befindet. Ich bemerke hier, daß, da die Thone der beiden ersten Classen, stark hydratisch sind (viel chemisch gebundenes Wasser enthalten), man es fast fuͤr gewiß halten kann, daß der Theil der Kieselerde, welcher mit Thonerde und Eisenoxyd in den Thonen verbunden ist, mit diesen Koͤrpern im Zustande eines Hydrates vereinigt ist. Nun habe ich weiter oben bewiesen, daß durch das schwache Calciniren der hydratischen Thone bloß das Hydrat zersezt wird: und die Thatsachen, welche ich so eben auseinander gesezt habe, beweisen, daß bloß die Kieselerde und die Verbindung der Thonerde mit dem Eisenoxyde außer Vereinigung zu treten brauchen, damit der Koͤrper eine vortreffliche Puzzolane werde. Ich glaube daher alle Ursache zu haben, die Entwikelung der puzzolanischen Eigenschaften in den Thonen vermittelst schwachen Calcinirens, einzig und allein durch die einfache Hypothese zu erklaͤren, daß, da das Hydrat durch die Hize zersezt wird, die Kieselerde eben dadurch aus ihrer Verbindung getrennt wird, und daß bei dem Moͤrtel aus calcinirtem Thone dasselbe vorgeht, was bei jenem geschieht, den man aus den Bestandtheilen des rohen Thones zusammensezte, nachdem man sie zuvor durch die chemische Analyse getrennt hatte. Eine mir sehr unerwartete Beobachtung begruͤndet diese durch das Vorhergehende hinreichend erwiesene Theorie noch vollends. Ich habe gesagt, daß ein schwaches Calciniren nicht hinreicht, die Thone der dritten Classe in Puzzolanen auch nur in mittelmaͤßige umzuaͤndern, und glaubte, daß eben deßwegen das Calciniren keine oder gar keine Wirkung auf die Bestandtheile dieser Thone haben wuͤrde. Um jedoch nichts dem Zufalle zu uͤberlassen, analysirte ich einen solchen Thon, der wie weiter oben angegeben wurde, zusammengesezt war, und als ich mit der dadurch erhaltenen Kieselerde einen Moͤrtel bildete, war ich nicht wenig erstaunt, zu sehen, daß er schneller und vollstaͤndiger nach dem Eintauchen erhaͤrtete, als die Moͤrtel, welche ich mit der Kieselerde der rohen Thone erster Classe dargestellt hatte. Diese sehr merkwuͤrdige chemische Thatsache kann nur auf Eine Art erklaͤrt werden, naͤmlich durch die Annahme, daß mittelst der Waͤrme das Eisenoxyd in Vereinigung mit der Kieselerde getreten ist, und dadurch die Zertheilung der aufgehaͤuften Theilchen des leztern Koͤrpers bewirkt hat. Diese Thatsache ist uͤbrigens ganz derjenigen analog, welche Hr. Desfosses an der Kieselerde und dem Kalke beobachtete. Man muß aber wohl beachten, daß der so veraͤnderte Thon, dessen Elemente auf troknem Wege verbunden sind, und einzeln vortreffliche Puzzolanen bilden koͤnnen, doch nur eine Nicht-Puzzolane ist. Es bleibt also ausgemacht, daß die Existenz einer guten thonigen Puzzolane nothwendig dadurch bedingt wird, daß die Kieselerde darin von den anderen Oxyden isolirt, und dennoch in einem zum Eingehen neuer Verbindungen geeigneten Zustande ist. Es scheint diesem zufolge sogar evident, daß gewiße Thone, die sehr hydratisch sind, im natuͤrlichen Zustande nur deßwegen gute Puzzolanen sind, weil die Verbindungen der Oxyde im Zustande des Hydrates sich leicht in neue Verbindungen aufloͤsen koͤnnen, welche die Gegenwart des Kalkhydrats bestimmt: es ist sodann wahrscheinlich, daß die Kieselerde fuͤr sich mit einem Theile des Kalkes in Verbindung tritt, waͤhrend der noch uͤbrige Kalk sich mir der Thonerde und dem Eisenoxyde vereinigt. Uebrigens ist es eine allgemein angenommene Meinung, daß, wenn mehrere Koͤrper, so wie die Kieselerde, die Thonerde, das Eisenoxyd, der Kalk und das Wasser mit einander zusammentreffen, sie sich nicht alle mit einander verbinden, sondern vielmehr zwei mit zwei, oder drei mit drei. Dieses vorausgesezt, darf man sich, da die Zersezung des natuͤrlichen Hydrates der Erhaͤrtung des Moͤrtels vorangehen muß, nicht mehr wundern, daß diese Erhaͤrtung in dem rohen Thone weniger rasche Fortschritte macht, als in dem calcinirten Thone, worin die Zersezung des Hydrates schon geschehen ist. Man kann fragen, welche Rolle das Eisenoxyd in den Puzzolanen spielt, und ob seine Gegenwart noͤthig ist. Ich glaube, daß folgende beide Thatsachen diese Frage beantworten. Hr. Vicat hat beobachtet, daß die reine Thonerde, sie mag calcinirt seyn oder nicht, nur eine sehr mittelmaͤßige Puzzolane ist, und ich habe gefunden, daß die Verbindung der Thonerde und des Eisenoxydes, die man aus den verschiedenen Thonen durch die Analyse abscheidet, im Gegentheile eine sehr schnell wirksame Puzzolane ist, und gerade dieses sonderbare Verhalten laͤßt mich glauben, daß die Gegenwart des Eisenoxydes die Zersezung der natuͤrlichen Hydrate erleichtert. Vergleichende Versuche, die man sowohl mit weißen, als auch mit gefaͤrbten Thonen anstellen wuͤrde, wuͤrden diese Sache bald aufklaͤren. Wir haben noch keine gute Monographie der Thone, die doch fuͤr die zahlreichen Kuͤnste, welche sie anwenden, nuͤzlich waͤre. Die erdigen Verbindungen, welchen man diesen Namen beilegt, sind anscheinlich auf eine sehr verschiedene Art gebildet. Durch Zufall habe ich gelernt, daß zwei sehr wichtige Modificationen unter ihnen Statt finden; es gibt naͤmlich hydratische Thone, die doch reich an Kieselerde sind; und Thone, welche nicht hydratisch sind. Die lezteren habe ich nur in geringer Menge gefunden, kenne aber ihre Lagerung, und besize Proben davon. Die in den vorhergehenden Betrachtungen enthaltene rationelle Theorie der thonigen Puzzolanen laͤßt sich ganz allgemein folgendermaßen ausbruͤten. Das Erhaͤrten der eingetauchten Puzzolanen-Moͤrtel haͤngt von der Verbindung ab, welche zwischen dem Kalke und der Kieselerde einerseits, und zwischen dem Kalke, der Thonerde und dem Eisenoxyde andererseits Statt findet. Uebrigens lehren directe Versuche, daß diese beiden Verbindungen die Eigenschaft haben, sehr schnell unter dem Wasser zu erhaͤrten, oder, was dasselbe ist, sehr schnell ein festes Hydrat in bestimmten Verhaͤltnissen zu bilden. Von den Erfahrungen, wovon ich oben gesprochen habe, laͤßt sich im Großen mehr als Eine nuͤzliche Anwendung machen. Da die hydratischen Thone im Zustande eines staubigen Pulvers, nur 15 Minuten lang einer Hize, welche die Dunkelroth-Gluͤhhize nicht uͤberschreitet, ausgesezt zu werden brauchen, damit sie in vortreffliche Puzzolanen umgeaͤndert werden, so glaube ich, haß man allgemein mit außerordentlicher Ersparung die kuͤnstlichen Puzzolanen auf diese Art bereiten koͤnnte, und zwar beim Zutritte der Luft, wie dieses der Hr. General Treussart mit Grunde empfohlen hat; man wuͤrde dadurch das Pulvern derselben vermeiden, und die Zeit und Kosten der Calcination wenigstens um 9/10 verkuͤrzen; mit einem Worte, man wuͤrde auf diese Art alle Thone eben so leicht calciniren, als man die Sandsteine selbst calcinirt.Ich habe dieses Calciniren im Großen auf eine eben so bequeme als schnelle Weise in kleinen Oefen vorgenommen, auf welchen eine Art Abdampfschale aufgesezt war, deren Boden, welcher von starkem Eisenbleche war, auf einer Temperatur, die der Dunkelroth-Gluͤhhize nahe kam, durch die Reverberir-Flamme eines passend angebrachten Herdes, erhalten wurde. Ich werde diesen Apparat bei einer anderen Gelegenheit im Detail beschreiben. A. d. O. Sollte man nicht auch die Ruͤkstaͤnde der Alaun-Fabriken,Der Verfasser meint hier die in Frankreich ziemlich haͤufigen Fabriken, welche sogenannten kuͤnstlichen Alaun durch Ausziehen des Thones mit Schwefelsaͤure bereiten. A. d. R. welche reich an vorzuͤglicher, schon ganz zubereiteter Kieselerde sind, welche fast nichts kostet, als Puzzolanen benuzen koͤnnen? Ich mache meine Ansichten zum Besten derjenigen bekannt, die, wie ich, oͤfters Gelegenheit haben koͤnnen, nuͤzlichen Gebrauch davon zu machen. Mucidan den 5. Mai 1827.