Titel: | Historische Notiz über das neue Schifffahrts-System unter Wasser mit Bothen, deren Boden man nach Belieben öffnen kann, und über eine neue Art zu tauchen und eine beliebige Zeit unter Wasser zu bleiben, ohne alle Verbindung mit der äußeren Atmosphäre. |
Autor: | Joseph August Schultes [GND] |
Fundstelle: | Band 27, Jahrgang 1828, Nr. XXX., S. 104 |
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XXX.
Historische Notiz uͤber das neue
Schifffahrts-System unter Wasser mit Bothen, deren Boden man nach Belieben
oͤffnen kann, und uͤber eine neue Art zu tauchen und eine beliebige Zeit
unter Wasser zu bleiben, ohne alle Verbindung mit der aͤußeren
Atmosphaͤre.
Schreiben des Hrn. M. Dr. u. Profs. Jos. Aug. Schultes an den
Herausgeber; dd. Landshuth den 1. Jaͤner
1827.
Schultes's historische Notiz uͤber das neue
Schifffahrts-System unter Wasser.
Ich habe Ew. Wohlgeboren vor zwei Jahren mit einem Aufsaze
uͤber meinen neuen Taucher-Apparat behelligt, den Sie in Ihrem
Journale aufzunehmen die Guͤte hatten.Polytechn, Journ. B. XVIII. 2. H. S.
176.
Ich war in dem Wahne, dadurch die Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand zu erregen, der
Beherzigung in jedem Staate verdient, oder am Meere gelegen ist, und ich wollte
dadurch zugleich mein Eigenthum, meine Erfindung, vor fremden Eingriffen
sichern.
Mein Schreiben an die Redaction des Mechanics' Magazine,
in welchem ich meine Anspruͤche auf eine Vorrichtung zum Tauchen unter Wasser
ohne Verbindung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft, welche ein Hr.
T. B. in N. 96, 1825, S. 185 einruͤken ließ, geltend machte, und welches Sie
in Ihrem Journale aufnahmen, wurde in demselben nicht aufgenommen. Da Ihr Journal in
England gekannt ist, und Aufsaͤze und Zeichnungen aus Ihrem Journale in
englische Journale aufgenommen werden, so wuͤrde man es wenigstens der
Muͤhe werth gefunden haben, mich zu widerlegen, wenn man es vermocht
haͤtte, da man unbillig genug war, mein Schreiben nicht einzuruͤken.
Ich konnte mich indessen mit dem alten: qui tacet, consentire
videtur, troͤsten.
Bis dahin war Alles nur auf dem Papiere.
Nun finde ich aber meinen Tauch-Apparat, mein Both, um mit demselben unter Wasser zu fahren,
ausgefuͤhrt, ausgefuͤhrt so, wie ich es beschrieben habe, und
derjenige, der es ausfuͤhrt, der verschert, Alles
gelesen zu haben, was uͤber Taucherkunst geschrieben ist, auch die auslaͤndischen Journale, mit einem Worte Alles, schreibt die Erfindung sich zu, und
erwaͤhnt meiner Wenigkeit mit keinem Worte. Er hat allerdings die Ehre, der
Erste gewesen zu seyn, der meine Maschine ausfuͤhrte, und die Richtigkeit
meiner Theorie durch Versuche und Erfahrungen erprobte, und bei einem solchen
Verdienste, das ihm Niemand rauben wird, haͤtte er auch dem wahren Erfinder
seine Ehre lassen und ihn wenigstens nennen sollen. Allein, wenn er dieß gethan
haͤtte, wuͤrde er sein Patent-Recht verloren haben, indem man
kein Erfindungs-Patent auf das geben kann, was bereits fruͤher
erfunden wurde, meine Erfindung aber in Frankreich seit dem Jahre 1796 in dem Haufe
des Grafen v. Fourcroy bekannt war, und nun seit 1825
oͤffentlich in der Welt bekannt ist.
Der gute Mann fuͤrchtete vergebens, daß ich ihm sein Patent streitig machen
wuͤrde, denn ich wuͤrde auf meine Erfindung nie und nimmermehr ein
Patent genommen haben; 1) weil ich, nach meinen naturrechtlichen Grundsaͤzen,
mit Kaiser Joseph dem Unsterblichen, jedes Patent und jedes Privilegium als crimen laesae humanitatis betrachte, und fest
uͤberzeugt bin, daß kein Mensch auf Erden das Recht hat, den anderen zu
hindern, dasjenige zu thun, was er selbst thut, vorausgesezt, daß dieses etwas Gutes
ist und der Gesellschaft Nuzen bringt: denn alle Menschen haben gleiche Rechte auf
alles Gute. Es ist die Pflicht weiser Staatsverwaltungen, auf demselben Wege, den
Kaiser Joseph ihnen vorzeichnete, das Gute zu foͤrdern, im Volke, in der Welt
zum Dienste der Menschheit zu verbreiten, nicht aber dadurch zu hindern und zu
beschraͤnken, daß sie einem einzelnen Individuum fuͤr einige Stuͤke Geldes das
ausschließliche Recht ertheilen Gutes zu thun, und Hunderttausende daran hindern und
in Fesseln schlagen. „Kein Monopol! Keine Privilegien! Keine
Patente!“ rief Kaiser Joseph, und kuͤnftige Jahrhunderte
werden seinen Ruf erhoͤren, wenn man in dem unsrigen taub gegen die Stimme
der Menschheit bleiben will. 2) Weil ich aus Erfahrung weiß, und weil jeder, der es
nicht weiß, sich durch die Geschichte der zahllosen Processe uͤber
Patent-Rechte in England und Frankreich sich hiervon uͤberzeugen kann,
daß kein Patent das Eigenthum einer Erfindung zu sichern vermag. Wenn Einer einen
Nagel an einer Maschine, den der Erfinder links an derselben eingeschlagen hat,
rechts einschlaͤgt, und dieß eine Verbesserung zu nennen beliebt, so hat er
das Recht, auf diese Verbesserung ein Patent zu nehmen, und der Erfinder ist um
seine Erfindung und um das Geld, das er fuͤr Patentisirung derselben bezahlt
hat, geprellt. Daher jezt der allgemeine, laute Wunsch aller Gewerbsleute in England
um Aufhebung des alten Patent-Wesens, oder vielmehr Unwesens; daher die in
beiden Kammern Frankreichs so oft schon vorgekommenen Antraͤge um Reform der
Patent-Geseze, die so wie Alles, was in seiner Grundidee schlecht und
fehlerhaft ist, keiner Reform faͤhig sind, sondern aufgehoben werden
muͤssen. Man erfindet nicht immer etwas, um davon unmittelbar Nuzen zu
ziehen; man erfindet auch etwas, um Wissenschaften und Kuͤnste zu
foͤrdern, und der Menschheit zu nuͤzen. Solche Erfinder, denen ihr
Bauch nicht ihr Gott ist, und die nicht, wie gemeine Thiere, aus jedes Menschen Hand
Brod fressen, lassen sich das, was ihnen angehoͤrt, durch kein
Patent-Recht rauben; sie theilen jedem von dem Ihrigen mit, wenn man etwas
davon von ihnen verlangt; man darf sie nicht fuͤrchten; man darf sie
kuͤhn bei ihrem Namen rufen.
Ich haͤtte Ihnen eine lange tragisch-komische Geschichte zu
erzaͤhlen, wenn ich Ihnen alle die Ergebnisse, alle die Aeußerungen und
Urtheile, die ich im Verlaufe von 30 Jahren bei Mittheilung meiner Ideen an Freunde
sowohl, als an Maͤnner, die ich fuͤr besser unterrichtet hielt, als
mich selbst, erfuhr, hier aufzaͤhlen wollte. Dem war die Sache so einfach,
daß sie, wenn sie ausgefuͤhrt werden koͤnnte, schon seit Erfindung der
Windbuͤchsen haͤtte angewendet und benuͤzt werden
muͤssenEs ist in der That sonderbar, daß, je einfacher und klarer eine Idee ist,
durch welche man einer Sache so zu sagen auf den Grund sehen kann, desto
mehr die meisten Menschen vor derselben zuruͤkbeben. „Nein!
Das ist gar zu einfach! Das kann nicht seyn!“ Dieß ist der
Ausruf, mit dem so oft das Siegel der Wahrheit, das Simplex veri sigillum, zerbrochen, statt geloͤset wird. Ich
habe jezt seit ungefaͤhr viertehalb Jahren in einem
oͤffentlichen Krankenhause oͤffentlich an 600 Kranke
behandelt, unter welchen viele sehr schwer und gefaͤhrlich darnieder
lagen.
Es starb nur, die sterbend uͤberbrachten und Lungensuͤchtigen
mit eingerechnet, der vierzigste, und ich
brauchte an Arzeneien fuͤr jeden Kranken nur 3 kr. taͤglich.
Nein, das ist zu einfach! rufen die Aerzte, in deren Spitaͤlern jeder
zwoͤlfte Kranke stirbt, und jeder
Kranke an Arzeneien taͤglich 24 kr. kostet!; jenem war eine Windbuͤchsen-Flasche eine zu complicirte Vorrichtung an einer
Tauchergloke; ein Dritter – ein Mann, den ich hoͤher als Alles
achtete, und noch achte – wies mein Ansuchen um seine Huͤlfe zur
Ausfuͤhrung mit der Frage zuruͤk: ob ich Frosch oder Fisch werden
wolle? Ein anderer fuͤrchtete, daß, wenn diese Maschine ausgefuͤhrt
wird, der Seekrieg noch menschenfressender werden wuͤrde. Ein anderer
bemerkte, daß die Regierungen der See-Staaten die Einfuͤhrung dieser
Maschine nie zugeben wuͤrden, indem dadurch das Schmugeln nur noch mehr
betrieben wuͤrde, und so koͤnnte ich Ihnen eine Iliade von
Einwuͤrfen und Zuruͤckweisungen anfuͤhren. Ich fand
uͤberall, selbst bei denjenigen, die ich fuͤr meine Freunde hielt,
statt Unterstuͤzung nur Gleichguͤltigkeit, Verachtung und sogar Hohn.
Nur Fourcroy und Baron v. Cotta, der alles Gute foͤrdert, nahmen, aber mit gleichem Erfolge
wie ich, einigen Antheil an meiner Erfindung.
Indessen ist diese meine Maschine jezt ausgefuͤhrt. Es ist durch Versuche
erwiesen, daß man mittelst eines Vorrathes von zusammengedruͤkter Luft in
Windbuͤchsen Stunden lang ohne alle Verbindung mit der aͤußeren
atmosphaͤrischen Luft unter Wasser leben und arbeiten kann. Das
Seeministerium in Frankreich hat die Sache von einer eigenen Commission
pruͤfen lassen und gut gefunden. Das Ministerium des Inneren hat sogar ein
Gratis-Patent!!! daruͤber ausgefertigt. Es hat sich bereits eine
Gesellschaft gebildet, um von diesem Patente alle Vortheile zu ziehen. Soviel kann
ich denjenigen, die, statt eine gute Sache zu foͤrdern, dieselbe mit
Verachtung und Hohn zuruͤkweisen, zu ihrem Troste eroͤffnen:
moͤchten sie darin dieselbe Beruhigung finden, die ich endlich auch ohne ihre
Beihuͤlfe gefunden habe: „daß ich der Thor nicht war, fuͤr
den man mich gehalten.“
Ich sende Ihnen hier eine woͤrtliche Uebersezung der oben
erwaͤhnten
Notice historique sur le nouveau Systême de navigation
sous-marine, avec des bateaux à fonds ouverts à
volonté, par Mr.Beaudouin des Andelys, communiquée par un de nos correspondans im Recueil industriel, N.
10, S. 41,
mit einigen Anmerkungen, damit Sie, und wenn Sie davon
oͤffentlichen Gebrauch machen wollen, das Publicum diese Notiz mit meinem
fruͤheren Schreiben vom J. 1825 vergleichen koͤnnen.
Wer die Geschichte der Erfindungen kennt, weiß auch, daß man bloß eine Erfindung bekannt
machen darf, um alsogleich eine Menge Anspruͤche auf dieselbe dadurch zu
weken. Eine Erfindung, ein Verfahren, das Jahre lang vergraben lag, findet sich, in
dem Augenblike, als sie an das Tageslicht tritt, in dem Kreise einer zahlreichen
Familie von Bruͤdern und Schwestern. Jeder Erfinder will, um seinem Kinde
Legitimitaͤt zu geben, der Erste gewesen seyn, und fuͤhrt die Zeit an,
wo er die erste Idee zu derselben empfing, wo der erste Keim derselben sich
entwikelte, und nicht selten zankt man sich und fuͤhrt Processe, ehe man sich
uͤberzeugte, ob die Erfindungen, uͤber welche man streitet, auch nur
die mindeste Aehnlichkeit unter einander haben. Wir sind weit entfernt, uns
hieruͤber zu wundern: bei den einen ist es ein edles Gefuͤhl, die
Furcht fuͤr einen Plagiarius zu gelten, die sie hierzu treibt; bei den
anderen ist es das hoͤchste Interesse, Erhaltung seines EigenthumesSie werden vielleicht ohne meine Bemerkung bemerken, daß dieser Eingang zur
Beschreibung einer Erfindung einer Excusatio non
petita gleich steht. Es ist nicht die Sprache, nicht die Sicherheit
des Ausdrukes eines Erfinders. Wer die Geschickte der Erfindungen kennt,
weiß nicht bloß das, was der Korrespondent des Industriel oben anfuͤhrt, sondern auch das, daß die
wenigsten Erfinder einer im Großen wahrhaft nuͤzlichen Sache irgend
einen Lohn fuͤr ihre Erfindung hatten. Die meisten starben im Elende.
Es geht ihnen, wie dem armen Bergmanne, der das Gold aus dem Schoße der Erde
foͤrdert, wie dem armen Neger, der in Brasilien Demanten graben muß,
und kaum Brod dabei gewinnt; fuͤr ihn hat Gold und Demant keinen
Werth; was er ausgrub, erhaͤlt erst in jenen Haͤnden Werth,
und bringt erst denen Genuß, die nie gegraben haben. Der wahre Erfinder kann
nie daran denken, daß es moͤglich ist, ihn fuͤr einen
Plagiarius zu halten; denn er weiß nur zu wohl, daß das Ding selbst aus ihm
hervorgegangen ist, und daß kein Gott ihm das Nehmen kann, was er erfunden
hat. Ich fordere jeden auf, mir nachzuweisen, daß vor dem Jahre 1792 ein
Mensch daran dachte, Windbuͤchsen zum Tauchen zu verwenden. Daß ich
damahls aber mich damit beschaͤftigte, dafuͤr kann ich
stuͤndlich zwei Zeugen stellen: Hrn. Dr.
J. U. Handschky zu Wien, und Hrn. Dr. Gegenbauer, Badearzt zu Toͤplitz. Hr.
Beaudouin hat zu erweisen, daß er Ao. 1792
diese Idee hatte, und sich mit ihrer Ausfuͤhrung
beschaͤftigte.. Aus dem einen wie aus dem anderen Grunde theilen wir hier diese Noriz mit.
Ihr Zwek ist, das Publicum, und vorzuͤglich die Seeleute und Capitalisten
aufmerksam zu machen:
1) Auf die Vorarbeiten des Hrn. Beaudouin von dem
Augenblike, wo seine Ideen sich fest stellten bis zu dem Augenblike, wo er
unentgeltlich ein Patent (Brevet) erhielt.
2) Auf sein Schifffahrts-System unter Wasser; nur in einer summarischen
Beschreibung und in so weit sie nothwendig ist, um die Moͤglichkeit der
Ausfuͤhrung desselben zu zeigen.
3) Auf die Vortheile, die dieses System der Regierung, dem Handel, der Industrie
gewaͤhrt, und die Anwendung, die man hiervon machen kann.
4) Auf die Reclamationen, die man in den Journalen uͤber die Erfindung des Hrn. Beaudouin machte, und auf die Antworten, die er seinen
Gegnern geben kann.
5) Auf die Anstalten, die bereits von einer Gesellschaft getroffen wurden, um alle
moͤglichen Vortheile von den vielen Anwendungen zu ziehen, die man von diesem
neuen Systeme, nach dem guͤnstigen Urtheile der von der Regierung hierzu
abgeordneten Special-Commissaͤre, mit Recht erwarten kann.
1. Vorarbeiten.
Seit langer ZeitSeit wie viel Jahren? Ein ordentlicher Kuͤnstler schreibt unter seine
Werke die Jahrzahl wenigstens, wenn nicht den Tag. hat Hr. Beaudouin, Landsmann des Hrn. Brunel, eines franzoͤsischen Baumeisters, auf
dessen Besiz England zu unserem Verderben stolz ist, und des Aeronauten Blanchard sich Untersuchungen hingegeben, die ihn zur
Ausfuͤhrung seines Lieblings-Projectes leiten konnten. Fremde
Journale, Schriftsteller, Mechaniker, Alles wurde von ihm gelesen und zu Rathe
gezogen, um sich zu uͤberzeugen, daß seine Mittel zu tauchen noch nicht
bekannt warenWenn Hr. Beaudouin „fremde Journale und
Alles“
(journaux étrangers-
tout) zu Rathe gezogen hat, so mußte ihm
auch das Mechanics' Magazine, in welchem man
meine Idee zuerst auffuͤhrte, und Dingler's Journal nicht fremd geblieben seyn, in welchem seine
Erfindung schon im J. 1825 deutlich beschrieben ist. Es ist also entweder
unrichtig, daß er Alles gelesen hat, oder daß Er
diese Erfindung gemacht hat; eines von beiden ist unwahr.; denn in den sogenannten nuͤzlichen Kuͤnsten muß man vor Allem
dafuͤr sorgen, daß man dem Publicum nicht etwas auftischt, uͤber
welches die oͤffentliche Meinung oder die Erfahrung bereits entschieden hat.
Man besiegt selten die eine, und wird die andere nie widerlegen koͤnnen.
Unter den Mechanikern, welche Hr. Beaudouin zu Paris
besuchte, befand sich Hr. Castéra. Er wußte, daß
lezterer sich mit aͤhnlichen Untersuchungen beschaͤftigte, und schlug
ihm daher vor, die Erfindung gemeinschaftlich zu benuͤzen, und mit vereinten
Kraͤften zu arbeiten, um davon Vortheil zu ziehen. Hr. Beaudouin hat Zeichnungen, Plane und Mittel zur Ausfuͤhrung Hrn.
Castéra mit vollem Vertrauen geliefert.
Die gemeinschaftliche Benuͤzung sollte nur in dem Falle Statt haben, wenn Hr.
Beaudouin unentgeldlich ein Patent erhielte. Dieser
glaubte ein Recht hierauf zu haben, und da der Minister des Innern diese Bitte
abschlugEs muß sehr troͤstlich fuͤr gewisse Minister seyn, Ihren Hrn.
Collegen in Frankreich in demselben Falle zu sehen, in welchem sie sich
selbst oft befinden, naͤmlich das Gute, der Majestaͤt des
Koͤniges und den Kammern zum Troze, mit aller ministeriellen Gewalt
zu hindern., so hatte diese Verbindung keine weitere Folge.
Diese Thatsachen, aus welchen wir noch mehr folgern koͤnnten, sind durch den Briefwechsel des
Hrn. Castéra erwiesen. Von diesem Augenblike an
glaubte Hr. Beaudouin seinen Muth nicht verlieren zu
duͤrfen, und entscheidende VersucheDieß wird Hrn. Beaudouin zu ewiger Ehre gereichen,
und nichts wird ihm den Ruhm streitig machen, dasjenige gluͤklich
ausgefuͤhrt zu haben, was andere nur als ausfuͤhrbar vorlegen
konnten, indem es ihnen unmoͤglich war, Versuche anzustellen. Als ich
noch zu Wien lebte, wo ich Kuͤnstler zu Gebothe hatte, wollte ich,
solang der Krieg waͤhrte, keinen Versuch anstellen, theils weil ich
erwartete, Fourcroy oder seine Freunde
wuͤrden Versuche anstellen lassen, theils weil ich besorgte, daß bei
der Einfachheit meiner Vorrichtung, die jeder Pontonnier beim ersten Blike
begreifen muß, Mißbrauch davon gegen die Alliirten meines
urspruͤnglichen Vaterlandes gemacht werden koͤnnte. Als ich
spaͤter in mein Vaterland zuruͤk kehrte, fand ich in der
Stadt, in der ich 18 Jahre lang lebte, nicht einen Klempner, der eine
luftdichte Kugel, viel weniger eine, die einen Druk von 80 bis 100
Atmosphaͤren auszuhalten vermag, verfertigen konnte; in der
Hauptstadt selbst keinen Kuͤnstler, der einen tragbaren Gasapparat
verfertigen konnte. Ich war an meine Theorie geschmiedet, wie Prometheus an
den Fels am Kaukasus, und die Maͤnner, die ich zur Pruͤfung
meiner Theorie durch Versuche aufforderte, die ihnen nichts gekostet
haͤtten, wuͤrdigten mich nicht ein Mahl einer Antwort. Hr. Beaudouin hat durch Versuche die Richtigkeit
meiner Theorie erwiesen, und dafuͤr bin ich ihm den herzlichsten Dank
schuldig, den ich ihm mit Vergnuͤgen auch dann zollen wuͤrde,
wenn ich wuͤßte, daß er meine Ideen fuͤr die seinigen ausgibt.
Es ist moͤglich, daß er dieselben Ideen hatte, ohne von den meinigen
etwas zu wissen; (les beaux esprits se rencontrent
toujours, sagen seine Landsleute) aber dann hat er sie nicht
fruͤher gehabt, und hat nicht, wie sein Advocat sagt „Alles“ gelesen. seinen fruͤheren Mittheilungen an das Ministerium beifuͤgen zu
muͤssen, indem er dadurch neue Anspruͤche zu gewinnen hoffte, um
spaͤter von diesem Minister eine ehrenvolle Ausnahme zu erhalten.
Entbunden von jedem Versprechen, und Herr und Meister seiner Erfindung, von der er
nun jeden Vortheil ziehen konnte, reiste Hr. Beaudouin
nach Andelys, wo er am 8. und 9. Mai seine Versuche anstellte. Alle Journale haben
davon gesprochen, und das von den Ortsbehoͤrden hieruͤber aufgenommene
Protokoll ist zu genuͤgend, als daß wir es hier nicht mittheilen sollten.
13. Mai 1827.
„Wir, Maire und Adjunct der Stadt des Andelys, Hauptort des Bezirkes,
Dept. de l'Eure, bezeugen und beurkunden fuͤr Alle, denen daran liegt,
die Wahrheit und Richtigkeit folgender Thatsachen.“
„Hr. Beaudouin, der aͤlteste Sohn, aus
Andelys, Erfinder des Taucherbothes, le Dauphin
genannt, hat uns eingeladen bei dem entscheidenden Versuche, den er in der
Seine, unter dem Schloße Gaillard am 9. des laufenden Monates um 7 Uhr Abends
anstellen wollte, gegenwaͤrtig zu seyn, und wir haben seinem Ansuchen
willfahren.“
„Punct sieben Uhr bestieg Hr. Beaudouin sein
Both le Dauphin durch eine oben angebrachte Oeffnung.
Alle Verbindung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft wurde ihm
auf der Stelle abgeschnitten. Das Untertauchen fing an. Es geschah
regelmaͤßig und mit kluger Langsamkeit, und dauerte 17 Minuten. Um 7
Uhr 14 Minuten war das Both vor den Augen der Behoͤrde und den
zahlreichen Zuschauern an den Ufern und auf den Schiffen verschwunden. Der Dauphin blieb 44 1/2 Minuten lang in einer Tiefe von
18 Fuß versenkt. Schon fruͤher und lang hatte sich die aͤußerste
Unruhe der Zuschauer auf die lebhafteste Weise zu erkennen gegeben: wir befahlen
demnach den Bothsknechten, den Dauphin schnell wieder
herauf zu foͤrdern, der auch bald wieder erschien. Hr. Beaudouin antwortete, eingesperrt in seinem Bothe,
mit lauter Stimme auf den Zuruf, der an ihn erging, und die allgemeine Angst
hatte nun ein Ende. Als er aus dem Bothe ausstieg, beklagte er sich lebhaft, daß
man ihn sobald zuruͤkrief, da sein Luftvorrath noch lang nicht
erschoͤpft war.“
„Hr. Beaudouin blieb also 61 1/2 Minuten lang
ohne alle Verbindung mit der aͤußeren atmosphaͤrischen Luft, von
welchen er
13 1/2
Minuten zum Untertauchen brauchte,
44 1/4
Minuten vollkommen untergetaucht blieb,
3 3/4
Minuten zum Aufsteigen, Oeffnen der oberen Klappe
etc. brauchte. In Allem
–––––
61 1/2
Minuten.“
„Das Both le Dauphin faͤhrt mit offenem
Boden und ist in staͤter Verbindung mit dem Flußbette. Der zur Erhaltung
des Lebens seines Erfinders und Leiters (inventeur-directeur) noͤthige Apparat ist in dem Inneren
desselben angebracht.“
„Urkunde dessen haben wir Gegenwaͤrtiges ausgefertiget.“
„Andelys, d. 13. Mai 1827.
Labour, Maire.
A. L. Michel, Adjoint.“
„Gesehen zur Legalisirung der Unterschriften Labour und Michel, Maire und Adjoint der
Stadt d'Andelys.“
„Aux Andelys, d. 16. Mai 1827.
Der Unter-Praͤfect.
Der Graf De Boury.
„Aus dieser legalen und officiellen Urkunde erhellen demnach 5
merkwuͤrdige Thatsachen: 1) daß Hr. Beaudouin
mehr dann eine Stunde lang unter Wasser blieb; 2) daß er noch laͤnger
haͤtte unter Wasser bleiben koͤnnen; 3) daß das Both, welches 160
Ztr. (16 Milliers) wog,Das ist viel zu schwer! Das Both koͤnnte fuͤglich zehn Mahl
leichter seyn. 18 Fuß tief tauchte; 4) daß Hr. Beaudouin
auch in dieser Tiefe nicht aufhoͤrte mit aͤußeren
Gegenstaͤnden in Verbindung zu bleiben, weil er mit lauter Stimme den an
ihn gerichteten Ruf
beantwortete; 5) endlich, daß kein Hinderniß, kein Unfall Hrn. Beaudouin hinderte, alle seine Bewegungen und
Manoeuvers auszufuͤhren; daß er, nach Belieben, wieder uͤber dem
Wasser erschien, d.h. auf das wegen der Aengstlichkeit der Zuschauer gegebene
Zeichen.“
Mit dieser Urkunde versehen kam Hr. Beaudouin wieder nach
Paris, um vor den Behoͤrden, die bei der Anwendung seines Systemes
interessirt sind, zu erscheinen.
Er widmete seine Entdekung dem Großadmirale Frankreichs unter den Auspicien des
Seeministers, des Hrn. Grafen de Chabrol, welcher die
Ernennung einer Commission befahl. Am 30. Mai antwortete ihm Sr. Exc., daß sie zu
dieser Commission den Hrn. Rolland,
General-Inspector des See-Geniewesens, Hrn. Boucher, Unterdirector der Hafen, und Hrn. Marestier, See-Ingenieur ernannt habe.
Man erkennt an dieser Wahl den aufgeklaͤrten Schuz, welchen S. K. Hoh.,
Monseigneur le Dauphin, und Sr. Exc. der Graf Chabrol allem Nuͤzlichen ertheilen, und den Wunsch
Sr. Exc., eine gruͤndliche und helle Pruͤfung von diesen
ausgezeichneten Officieren vornehmen zu lassen, um uͤber die Vortheile dieses
Systemes entscheiden zu koͤnnen.
Den 18. Junius ließ dieser Minister Hrn. Beaudouin wissen,
daß die Commission in ihrer Pruͤfung
hinlaͤngliche Anzeigen gefunden habe, um uͤber den
guͤnstigen Erfolg dieses Apparates ein guͤnstiges Urtheil
vorlaͤufig aussprechen zu koͤnnen, daß sie jedoch, indem sie
bisher ihre Meinung nur auf die Plane stuͤzen koͤnne, die Ansicht
habe, daß, um die Mittel zur Ausfuͤhrung besser wuͤrdigen zu
koͤnnen, es gut waͤre, wenn sie das Both selbst in allen seinen
Theilen untersuchen und dasselbe arbeiten sehen koͤnnte.
Der Minister fuͤgte bei, daß er diese Ansicht theile und beschlossen habe, daß
die Commission sich nach Andelys begeben und dort den neuen Versuchen beiwohnen
solle, welche Hr. Beaudouin in ihrer Gegenwart zu
wiederholen hat; daß er einstweilen dem Minister des Inneren geschrieben habe, um
denselben zu vermoͤgen, dem Erfinder ein Gratis-Patent (Brevet gratuit) zu ertheilen.
In Erwaͤgung, daß die Commission die Wirklichkeit der
vorteilhaften Resultate der ersten Versuche anerkannte; daß die Oeffentlichkeit,
welche bei solchen Versuchen unvermeidlich ist, es dem Erfinder
wuͤnschenswerth machen muß, daß ihm das Eigenthum seiner Erfindung zum
Voraus gesichert bleibe; daß dieses Both, welches unter Wasser faͤhrt,
sowohl der Regierung als dem Publicum große Vortheile gewaͤhren kann, stimmte endlich
am 29. Junius 1827 der Hr. Graf Corbière dem
gegruͤndeten Ansuchen seines Collegen bei, und so hatte Hr. Beaudouin sein Eigenthum definitiv durch ein Patent
gesichert, das er sich noch ehe verschaffen wollte, als er nach Andelys
zuruͤkkehrte, was naͤchstens geschehen wird, um durch neue Versuche
vor der Commission den an ihn gemachten Forderungen schnell zu entsprechen.
Wir wollen jezt eine summarische Beschreibung seines Patentes mittheilen.
2. Summarische Beschreibung des Bothes, das unter Wasser
faͤhrt (bateau
sous-marin).
Dieses Both hat die Form der gewoͤhnlichen Bothe. Oben an demselben ist eine
große Klappe, die sich nach außen oͤffnet, mit einer Drukschraube schließt,
und als Thuͤre zum Eingange dient.
Unten sind Klappen, die nach Belieben sich oͤffnen und schließen lassen, und
mit dem Grunde des Wassers communiciren.
An beiden Enden rechts und links am Koͤrper des Bothes sind zwei Arten von
Kammern, die ein Magazin bilden. Sie fuͤllen sich nach Belieben mit Wasser,
und zwar mittelst Luftroͤhren, die die zusammengedruͤkte Luft, welche
in diesen Kammern enthalten ist, entweichen und den fluͤßigen Ballast oder
das Wasser dafuͤr nach und nach eintreten lassen. Man begreift, daß man
mittelst dieses Ballastes mit dem Bothe untertauchen kann.Diese Vorrichtung ist uͤberfluͤßig. Sobald die specifische
Schwere des Bothes einmal bestimmt ist, kann man ohne alle diese kostbaren
und muͤheseligen Umstaͤndlichkeiten das Both sinken und
steigen machen. Diese von dem Nautilus entlehnte Einrichtung ließe sich nur
dann mit Vortheil anbringen, wenn der Taucher mittelst meines Apparates frei
und weit herumschwimmen und sich unter feindliche Schiffe legen wollte, um
sie anzubohren.
Wenn man in diesen Magazinen oder Behaͤltern einen leeren Raum erzeugen will,
bedient man sich einer Saug- und Drukpumpe mit zwei Roͤhren, die einen
Theil dieses Systemes ausmacht; indem das Both auf diese Weise leichter gemacht
wird, erhaͤlt man dadurch ein Mittel, es wieder in die Hoͤhe steigen
zu lassen.wie
52.
Diese Pumpe steht mit den beiden Magazinen mittelst zweier krummen Roͤhren in
Verbindung.
Am Bothe sind Windbuͤchsen oder Behaͤlter mit zusammengedruͤkter
Luft angebrachtDieß ist die Hauptsache, und darin besteht meine Erfindung, wie Sie und jeder
Ihrer Leser sich aus meinem Schreiben an Sie dd.
23. Sept. 1825 in Ihrem polytechn. Journ. B. XVIII. S. 181, Zeile 17 von unten, uͤberzeugen
kann., die sowohl zur Unterhaltung des Lebens des Schiffenden, als zur Bildung des
leeren Raumes in den beiden Magazinen dienen, wenn man desselben bedarf.
Jeder dieser Behaͤlter enthaͤlt eine hinlaͤngliche Menge Luft,
um einen Menschen wenigstens 6 Stunden lang in demselben athmen zu lassen. Sie sind
mit Drukklappen versehen, durch welche sie mittelst Wasser und einer
Queksilber-Basis geladen werden.Wir wissen nicht in wiefern diese Weise, die Windbuͤchsen oder
Luftbehaͤlter zu laden, bequemer ist, als die gewoͤhnliche
gemeine.
Die Luft kann in denselben auf einen Druk von 80 bis 100 Atmosphaͤren
zusammengedruͤkt werden.
Ein Zahnstok und ein Raͤderwerk erzeugt eine hin- und herlaufende
Bewegung, wodurch das Steuerruder regiert wird.Die gewoͤhnliche Nuß-Vorrichtung und eine Schlußbuͤchse
thut dasselbe.
Ueberdieß sind mehrere sogenannte Ochsenaugen (oeils de
boeuf, sehr convexe Glaͤser) angebracht, um Licht in das Both zu
lassen, in welchem man lesen, und sogar schreiben kann.Dieß ist die uralte, eben so notwendige als treffliche, Vorrichtung, mittelst
welcher Halley schon seinen Horaz in seiner
Tauchergloke las.
Wir uͤbergehen das uͤbrige Detail, indem man, um dasselbe
gehoͤrig zu verstehen, den Plan des Bothes vor Augen haben muͤßte.
Diese Bothe sind mit Matrosen bemannt, die mit Allem, was zu ihrem Dienste unter
Wasser nothwendig ist, gehoͤrig ausgeruͤstet sind. Sie haben Helme von
einer besonderen Form, an welcher sich zwei metallne Buͤchsen befinden, die
mit zusammengedruͤkter Luft gefuͤllt sind, welche auf eine Stunde zum
Athemhohlen hinreicht.Ich sagte a. a. O. beinahe mit denselben Worten S. 182: „so wird
ein Heim aus verzinntem Eisenbleche oder Kupfer, in welche der
Taucher-Kopf und Hals stekt, die mit einer hinlaͤnglichen
Menge von Luftmagazinen etc.“
Diese Matrosen verlassen, mit diesen Helmen bewaffnet, das Both,
koͤnnen um dasselbe herumgehen, und sich von demselben entfernen. Wenn sie
wieder zu demselben zuruͤkkehren wollen, befestigen sie sich an einer an dem
Bothe angebrachten Schnur, die sie bei ihrer Ruͤkkehr leitet.
Dasselbe System, welches wir hier beschrieben haben, laͤßt sich auch
vollkommen an dem Gloken-Bothe anwenden, welches
die Taucher-Gloke ersezen soll.
Es duͤrfen nur einige Theile in ihrem Baue etwas geaͤndert werden; so
erhebt sich z.B. oben ein mit einem Hute oder Dekel versehener Schornstein, in
dessen Mitte sich die Eingangs-Klappe befindet.Dieses ist ganz uͤberfluͤßig. Durch diese Klappe werden die zum Wasserbaue noͤthigen Materialien in
dasselbe gebracht, ohne daß die Arbeiter, die im Grunde des Wassers arbeiten,
dadurch gestoͤrt wuͤrden. Wenn es noͤthig ist, daß einige
Arbeiter sich wegen besonderer Arbeiten entfernen, so erleichtert ihnen Hr. Beaudouin dieselbe dadurch, daß er
sie mit einem metallnen Helme versieht.Wie oben Note 58. Dieser Helm besteht aus Buͤchsen, welche durch eine horizontale
Roͤhre vereinigt sind. Sie enthalten so viel zusammengedruͤkte Luft,
als nothwendig ist, den Arbeiter eine Stunde lang athmen zu lassen. Diese
Roͤhre laͤuft aus den Buͤchsen in den obersten Theil des oben
erwaͤhnten Helmes mittelst einer mit einem Hahne versehenen Roͤhre.
Dem Munde gegenuͤber befindet sich ein Mundstuͤk, welches mit einer
Ausathmungs-Roͤhre in Verbindung steht, die mit einer kleinen Klappe
versehen ist.Ist ganz uͤberfluͤßig. Vor den Augen ist in der Maske ein Stuͤk Glas angebracht, wodurch der
Arbeiter sehen, und seine Bewegungen leiten kann.
Dieser Helm wird mittelst Riemen, die zwischen den Fuͤssen durchlaufen, und
vorne geschnallt werden, befestigt.„Dieser Helm wird mittelst Riemen etc. gehoͤrig
befestigt,“ schrieb ich a. a. O. S. 132, Zeile 5 von
unten.
Als Ballast dienen fuͤr den Arbeiter theils Gewichte, theils metallne Sohlen,
die er leicht abwerfen kann.Das ist eine allen Tauchern bekannte, und in alten Taucherbuͤchern
abgebildete Vorrichtung.“ –Hr. Beaudouin hat, wie
er sich und die Commission spaͤter gewiß selbst uͤberzeugen
wird, seine Vorrichtung uͤberladen. Er wird sich uͤberzeugen,
daß die Hauptsache in der zusammengedruͤkten Luft in den
Windbuͤchsen und in den damit versehenen Helmen besteht. Die Sache
ist so einfach, daß sich nicht begreifen laͤßt, wie man sie
compliciren kann.
3. Vortheile und Anwendungen des Taucher-Bothes und der
Taucher-Gloke.
Mehrere Ministerien koͤnnen, mit Recht, auf die verschiedenen Anwendungen der
Entdekungen des Hrn. Beaudouin
Anspruch machen.
Der See-Minister zur Untersuchung unserer Seekuͤsten, zur Sondirung der
Fluͤsse, zur Korallen- und Perlen-Fischerei etc.Es ist doch sonderbar, daß Hr. Beaudouin des Seekrieges hier mit keiner Sylbe
erwaͤhnt: in diesem werden die Bateaux
sous-marins (die Untersee-Bothe, wenn man sie so
nennen darf), ehe noch zehn Jahre herum seyn werden, eine eben so wichtige
Rolle spielen, als jezt die Brander. Vielleicht sprach er absichtlich nicht
davon, indem er wohl eingesehen haben wird, wie leicht und bequem es ist,
mit einem Untersee-Bothe, das sich am Kiele anlegt, ein
Linien-Schiff in die Luft zu sprengen.
Der Minister des Inneren zum Aufsuchen verschiedener Gegenstaͤnde der Kunst,
verschiedener Alterthuͤmer, die im Grunde unserer Fluͤsse und
Stroͤme begraben liegen; zur Auffuͤhrung von Wasserbauten ohne die
sogenannten Kosten, wodurch der Wasserbau um vieles wohlfeiler wuͤrde.
Die unmittelbarste Anwendung aber, die die wichtigsten Resultate geben muß, ist das gaͤnzliche oder theilweise Bergen der untergangenen
Schiffe. Eine große Menge von Schiffen, die Kostbarkeiten und große
Schaͤze enthalten, liegt im Grunde des Meeres begraben. Es laͤßt sich
mit Grunde vermuthen, daß, durch das Verfahren des Hrn. Beaudouin, diese vergrabenen Schaͤze
eines Tages noch werden gehoben werden koͤnnen, und es laͤßt sich
leicht begreifen, wie sehr Handel und Industrie dabei betheiligt sind, daß solche
Ausbeuten haͤufig und allgemein werden.
4. Pruͤfung der Reclamationen, die in den Journalen
gegen diese Erfindung gemacht wurden.
Die erste, die in einem Journale bekannt gemacht wurde, ist vom 20. Junius 1827. Der
Courrier français theilte dieses anonyme
Schreiben mit, welches uͤbrigens nichts Feindseliges gegen Hrn. Beaudouin enthaͤlt. Hr. A. C.
nimmt gerichtlichen Beweis uͤber die Untersuchungen, die er von seiner Seite
anstellte. Wir wollen hier nur bemerken, daß Hr. A. C. die Erfindung des Hrn.
Castèra
anfuͤhrt, und die seinige als eine Erfindung von hoͤherem Interesse
und weiterem Umfange, als jene, aufstellt, die noch neue Anwendungen darbiethet.
Hier ist also schon ein Gegner, der die Verfahrungs-Weise des Hrn. Castèra vervollkommnete.
Die zweite Reclamation vom 24. Junius, mit der Unterschrift Castèra, findet sich im Constitutionnel
vom 26. Junius 1827. Ueber dieses Schreiben muͤssen hier zwei wesentliche
Bemerkungen vorgetragen werden; die erste betrifft die Prioritaͤt der Erfindung; die zweite die Aehnlichkeit der beiden Systeme.
Die erste Frage, die Prioritaͤt betreffend, haben wir bereits in dem ersten
Abschnitte dieses Aufsazes geloͤset. Wir haben gesagt, daß wir wußten, daß
Hr. Castèra sich seit
langer Zeit mit Taucher-Bothen beschaͤftigte.
Es koͤnnen aber tausend Erfindungen auf denselben Gegenstand Bezug haben. Eine
Menge von Systemen koͤnnen auf denselben Gegenstand angewendet werden. Die
einzige und wahre Frage bleibt also nur diese: sind die beiden
Systeme aͤhnlich?
Um diese Frage zu loͤsen wird es genuͤgen, ein Schreiben von der Hand
des Hrn. Castèra selbst
au Hrn. Beaudouin
dd. 25. September 1826 anzufuͤhren. Es dient als
Antwort auf jenes vom 24. Jun. 23. Sept. 1826.Oben hieß es im Originale 25ten, hier heißt es eben daselbst: 23sten.
„Mein Herr.“
„Ich nehme die Uebereinkunft an, die sie mir vorgeschlagen haben, ihre
Entdekung auf halben Theil zu benuͤzen, d.h., unsere Kraͤfte zu
vereinigen, um daraus Vortheil zu ziehen. Fuͤr den Fall, daß sie kein
unentgeldliches Patent (Brevet gratuit) erhalten, wo
dann die Unternehmung nicht Statt haben koͤnnte, koͤnnen Sie uͤberzeugt seyn, daß ich mit aller
Bescheidenheit von dem Zutrauen Gebrauch machen werde, das sie mir
schenkten, hinsichtlich der Art, wie sie sich mit Luft versehen, indem
sie dieselbe in Windbuͤchsen aufbewahren, so wie von der
gluͤklichen Idee, die Sie hatten, ihr Both unten offen zu halten, und in
staͤter Verbindung mit dem Grunde des Wassers: Verfahrungs-Weisen, die nicht in meinem Systeme unter dem Wasser zu
schiffen gelegen waren,Hr. Castèra
erklaͤrt sehr maͤnnlich und schoͤn, daß ihm die
Weise, die Luft in Windbuͤchsen zusammengedruͤkt
aufzubewahren, neu war; wie er aber die Idee, das Both unten offen zu
halten, gluͤklich nennen kann, sehen wir nicht ein, da es ja nur
eine anders gestaltete Tauchergloke ist, die unten immer offen seyn
mußte. Sollte es jedoch im Seedienste Faͤlle geben, in welchen
das Both Stunden weit und schnell mit der Fluth unter Wasser zu schiffen
haͤtte, so wuͤrde der offene Boden hoͤchst
nachtheilig und uͤberfluͤßig seyn. Ein tragbares
luftdichtes Eskimo-Both mit einigen Duzenden
Windbuͤchsen-Flaschen reicht hin. obschon ich darauf Bedacht nahm, den Leuten in meinem.
Taucher-Bothe Mittel zu verschaffen, noͤthigen Falles aus
demselben herauszugehen, was aber auf eine andere Weise
und nicht zu demselben Zweke geschah.
Ich habe die Ehre, Sie, mein Herr, mit Hochachtung zu gruͤßen.
Unterzeichnet, Castèra.
Es ist also durch diesen Brief erwiesen, 1) daß, nach getroffener
obenerwaͤhnter Uebereinkunft zwischen Hrn. Castèra und Hrn. Beaudouin, dieser jenen mehrere
Verfahrungs-Weisen lehrte, an welche Hr. Castèra
durchaus nicht dachte.Naͤmlich meine Erfindung. 2) daß das System des Hrn. Castèra in mehreren
Puncten von jenem des Hrn. Beaudouin abweicht.
Dieß wird jedem Unparteyischen genuͤgen, um ihn zu uͤberzeugen, daß Hr.
Castèra so wie Hr.
Beaudouin, jeder
fuͤr sich das Recht hat, ein Patent auf seine Erfindung zu nehmen. Es ist
kein Verrath des geschenkten Zutrauens, kein Plagiat, wenn Hr. Castèra, nachdem er sein Patent in
Anspruch nimmt, sich, wie Hr. Beaudouin es gethan hat, in
seine, ihm angehoͤrige Vorrichtung einschließt, wie Hr. Beaudouin dieß in seiner Vorrichtung that, die
er wirklich selbst ausgedacht hat.
Industrie ist ein fruchtbares Feld, wo jeder eine mehr oder minder reichliche Ernte
machen kann; die einzige Vorsicht, die hierbei noͤthig ist, ist diese, daß
man nicht des Nachbars Garbe einfuͤhrt.Im Felde der Industrie ist aber der Kamtschadale so gut Nachbar des Parisers,
als die heiligen Vaͤter in Montrouge. Wo es sich um nuͤzliche
Erfindungen handelt, mischt sich nicht bloß Privat-Interesse, sondern
National-Ehre mit in's Spiel. Man lese nur Beckmann's und White's Geschichte der Erfindungen.
Die dritte Reklamation endlich, im Courrier
français vom 6ten Julius, und im Constitutionnel
vom 13ten ist nichts anderes, als ein Vorbehalt, eine Verwahrung von Seite des
Unterzeichneten M. Dr. Fournier de Lampdes,
aͤhnlich dem Acten-Stuͤke des Hrn. A. C., welche der Erfindung
des Hrn. Beaudouin keinen
Eintrag bringt.Hiervon haben Sie in Ihrem Journale Bd. 26.
S. 173. Nachricht gegeben.
5. Anstalten, welche bereits von einer Gesellschaft getroffen
wurde, um das Patent des Hrn. Beaudouin zu benuͤzen.
Bei dieser Lage der Sache und dem gegenwaͤrtigen Stande der Dinge hielten
mehrere Personen es fuͤr raͤthlich eine Gesellschaft en commandite zu errichten, um die großen Vortheile des
Patentes des Hrn. Beaudouin zu
benuͤzen. Die Verwaltung derselben, an deren Spize sich der Erfinder
befindet, ist organisirt. Die Errichtungs-Urkunde ist bei dem Notarius, Hrn.
Clairet, niedergelegt, und
ein im Publicum vertheilter General-Prospectus
zeigt die Statuten und die Vortheile der Gesellschaft.
Es ist nicht in unserem Zweke gelegen, hier weiter zu gehen. Wir wollten das Publicum
durch diese historische Notiz uͤber das, was dem Prospectus vorausgegangen ist, aufklaͤren, und wenn der Leser uns
einige Aufmerksamkeit schenkte, wird er mit uns folgende Thatsachen, als erwiesen,
annehmen.
1) Die Versuche des Hrn. Beaudouin zu Andelys, die von der Behoͤrde bezeugt wurden,
lassen keinen Zweifel uͤber die Moͤglichkeit der Ausfuͤhrung
des Systemes des Hrn. Beaudouin, unter dem Wasser zu schiffen.
2) Der See-Minister ließ, durch eine Special-Commission, die Erfindung
des Hrn. Beaudouin
pruͤfen, und beschloß, nach dem vortheilhaften Berichte derselben, daß neue
Versuche vor der Commission angestellt werden, einstweilen es aber raͤthlich
ist, bei Sr. Exc. dem Minister des Inneren zu veranlassen, ein Gratis-Patent
auszufertigen.
3) Der Minister des Innern hat, nachdem ihm der Bericht der Commission mitgetheilt
wurde, in Erwaͤgung, daß, auf der einen Seite, die Commission die
Wirklichkeit der vortheilhaften Resultate des Versuches anerkannte, auf der anderen,
das Both des Hrn. Beaudouin
der Regierung und dem Publicum nuͤzlich werden kann, ein Gratis-Patent
ertheilt.
4) Die Vortheile und die Anwendungen dieses Systemes sind sehr mannichfaltig; die
vorzuͤglichsten sind: das gaͤnzliche oder theilweise Bergen der zu
Grunde gegangenen Schiffe; das Aufsuchen der Gegenstaͤnde der Kunst und des
Alterthumes im Grunde der Fluͤsse; die Korallen- und
Perlen-Fischerei; die Untersuchung der Seekuͤsten; die Sondirung der
Fluͤsse; die Wasserbauten etc.
5) Die verschiedenen Reclamationen in den Journalen haben mit der Erfindung des Hrn.
Beaudouin nichts zu
schaffen; sie koͤnnen auf keine Weise ihn hindern, ein Recht
auszuuͤben, wozu sein Patent ihn privilegirt.
6) Die Anwendungen und Vortheile dieses neuen Systemes, unter Wasser zu schiffen,
waren dem Publicum ziemlich einleuchtend, um eine Commanditen-Gesellschaft zu
errichten, die ihre Statuten hat, und Capitalisten, Handelsleute und Freunde der
Industrie einlud, um an den Ertraͤgnissen Theil zu nehmen, welche die bereits
angestellten Versuche zu sichern scheinen.
Man wendet sich um weitere Berichte
à Mr.Clairet, Notaire, boulevard
des Italiens, N. 18.Wahrscheinlich ist Hr. Clairet der Verfasser dieser Notiz, die, so scheint es mir
wenigstens, das Ungluͤk hat, einen Advocaten-Zuschnitt zu
haben. Es ist nicht der Mann, der spricht, sagten die alten Franzosen von
solcher Arbeit, es ist die Perruke. Das Ende scheint uns, wie der Anfang,
mehr Mißtrauen als Zutrauen fuͤr das schoͤne Resultat zu
erweken, das Hr. Beaudouin am 23. Mai zu Andelys erhalten hat. Man wird
indessen in Italien, wo man Borelli's, in dem ehrwuͤrdigen Schweden, wo man
Teichmeyer's
Verdienste um die Taucherkunst nicht vergessen haben wird; in Holland, wo
man des alten, so oft verschrieenen, Drebbel's Ehre gerettet sehen wird; in
Nord-America, wo man, wie Hr. Church sagte, bereits
Untersee-Bothe besizt; vielleicht auch in dem stolzen England der
Anwendung der Windbuͤchsen in der Taucherkunst endlich seine
Aufmerksamkeit schenken, und wenn man den Franzosen die Ehre der Erfindung
der Aeronautik, der Luft-Ballons, ewig mit Dank zugestehen wird, so
wird man auch den Deutschen die Ehre nicht rauben, die Kunst in die Tiefe zu
tauchen vervollkommnet zu haben.
und, in industrieller Hinsicht
au bureau du Recueil industriel, chez Mr.de Moléon, rue
Tait-bout, N. 6.“
––––––––––
„Wir theilen diese Notiz mit einer Art von Vertrauen mit, weil
aͤußerst gluͤkliche Umstaͤnde, die man beinahe dem Zufalle
verdankt, und woruͤber man den Mitgliedern der Gesellschaft Bericht
erstatten wird, Urkunden an das Tageslicht brachten, in welchen genau die Orte
in der Seine bezeichnet sind, an welchen sich Schaͤze von sehr großem
Werthe befinden, und deren Foͤrderung der Gegenstand der ersten Versuche
seyn wird. Es kommt viel darauf an, bei den ersten Versuchen nichts dem Zufalle
zu uͤberlassen, und das Taucherboth nur an solchen Orten zu verwenden,
die man aus fruͤheren Untersuchungen genau kennt, die nicht ohne Erfolg
geblieben sind. Das Interesse der Unternehmung macht es zu unserer Pflicht, die
kuͤnftigen Ergebnisse anzuzeigen; die Klugheit gebiethet uns aber, uns
nicht mehr in's Detail einzulassen.“