Titel: Versuche über den Krapp und seine färbenden Theile, von Hrn. Koechlin-Schouch.
Fundstelle: Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LV., S. 219
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LV. Versuche uͤber den Krapp und seine faͤrbenden Theile, von Hrn. Koechlin-Schouch. Aus dem Bulletin de la Société industrielle de Mulhausen. N. 3, S. 175 Koechlin-Schouch's Bericht, uͤber den Krapp und seine faͤrbenden Theile. Unter allen Substanzen, welche man in der Faͤrbekunst anwendet, verdient keine so sehr unsere Aufmerksamkeit wie der Krapp, von welchem jezt eine so allgemeine Anwendung gemacht wird, daß er die Basis von fast allen unseren Faͤrbebaͤdern ausmacht. Es kann nicht bezweifelt werden, daß er schon im grauen Alterthume unter den Faͤrbestoffen den ersten Rang einnahm. Nach Dioscorides und Plinius wurde er von den Egyptiern, Persern und Indiern angewandt. Man findet noch zuweilen Geraͤthschaften, Tapeten und Tuͤcher von sehr altem Ursprunge, deren Farben so schoͤn sind, daß man annehmen muß, daß diese Voͤlker die Tuͤrkischrothfaͤrberei und die Anwendung der Alaunerde- und Eisenoxyd-Beizen vollkommen verstanden haben. Alle gemalten Zeuge kamen bis zum Anfange des achtzehnten Jahrhunderts aus Indien zu uns, aus welchem Lande die Kunst sie zu fabriciren, so zu uns gebracht wurde, wie diese Voͤlker sie damahls ausuͤbten: in dieser Kunst wurden bald große Verbesserungen gemacht, und die erste Vervollkommnung, welche die Europaͤer darin einfuͤhrten, war, daß sie die Malerei durch den Druk ersezten, wodurch die Dauer der Arbeit abgekuͤrzt und der Arbeitslohn vermindert wird. Ueber den Einfluß des Baues. Der Krapp kann mehr oder weniger reich an faͤrbenden Theilen seyn, ohne deßwegen verfaͤlscht zu seyn. Die Natur des Bodens, worin er gewachsen ist, das Alter der Wurzel zur Zeit ihrer Einsammlung, das mehr oder weniger warme Clima, alles dieses hat Einfluß auf feinen Gehalt an rothem Faͤrbestoffe. Die Familie der Rubiaceen ist sehr zahlreich; man cultivirt aber nur eine einzige Species in Europa. Die rothe Avignon-Wurzel, Palus genannt, ist reicher an faͤrbenden Theilen als die gelbe oder rosenrothe, obgleich sie von derselben Pflanze kommt; aber sie ist in einem anderen Erdreiche gebaut. Die Wurzel, welche Palus genannt wird, wird, wie schon ihr Name anzeigt, in einem sandigen und sumpfigen Erdreiche gesammelt. Die gelbe oder rosenrothe kommt aus einem festen und fetten Erdreiche. Man hat bemerkt, daß der in heißen Laͤndern gebaute Krapp eine dauerhaftere Farbe gibt, und es ist durch die Erfahrung erwiesen, daß der rothe Uvignon-Krapp etwas mehr rothes Pigment enthaͤlt, als der Elsaßer, und daß das Roth, welches er gibt, dem Aviviren besser widersteht, obgleich die damit erhaltene Farbe, wann sie aus dem Faͤrbebade kommt, nicht dunkler aussieht. Indessen gibt der Krapp aus dem Elsaß, von den Ufern des Rheins und aus Holland, welcher in einem tauglichen und durch eine warme und trokne Jahreszeit beguͤnstigten Boden gebaut ist, ein eben so schoͤnes Roth, wie der aus Avignon und der Levante, und dieses Roth haͤlt sich beim Aviviren eben so gut. Zu Elberfeld, in Deutschland und in Boͤhmen, wendet man Krappwurzel von den Ufern des Rheins zum Tuͤrkischroth an; aber man waͤhlt diejenige aus, welche die noͤthige Reife erreicht hat. Das Alter der Wurzel hat großen Einfluß auf die Quantitaͤt des rothen Faͤrbestoffes, und die Dauerhaftigkeit der Farben. Die Wurzel muß gegen das Ende des dritten Jahres gesammelt werden. In dem ersten und zweiten sind die gelben oder falben Theile in viel groͤßerer Menge vorhanden, als in dem dritten, und die rothen in viel geringerer; erst am Ende dieses Jahres erreicht sie ihre Reife. Man hat gefunden, daß die Faͤrbestoffe nicht gleichmaͤßig in allen Theilen der Wurzel verbreitet sind. Als man genau die Rinde von dem holzigen Theile trennte, fand man, daß erstere drei Mahl mehr Roth, als dieser gibt, aber ohne merklichen Unterschied in den Nuͤancen. Diese Rinde fuͤhlt sich fett oder harzig an; sie ist diker bei den reifen als bei den jungen Pflanzen; im dritten Jahre betraͤgt ihre Dike ungefaͤhr ein Drittel vom Halbmesser der Wurzel. Sie ist dunkelbraun und schwerer als der holzige Theil. Man wendet in Deutschland eine schlechtere Qualitaͤt Krapp an, die Roethe genannt wird, welche aus den vor ihrer Reife gesammelten Wurzeln besteht. Sie gibt nur wenig dauerhafte Farben, und wird nur zum gewoͤhnlichen Braun- und Rothfaͤrben angewandt. Man findet allgemein, daß der Elsaßer-Krapp mehr schleimige, zukerige und bittere Stoffe enthaͤlt, als der Avignoner. Wahrscheinlich tragen diese Substanzen viel zu der sauren Gaͤhrung bei, welche eintritt, wenn er in Faͤsser verpakt wird. Eine lange Erfahrung beweist, daß der Krapp besser zum Farben taugt, nachdem diese Gaͤhrung beendigt ist, was gewoͤhnlich in Zeit von sechs Monaten der Fall ist: er verwandelt sich dann in eine harte Masse, und nimmt bis zum fuͤnften Jahre durch die Feuchtigkeit, welche er anzieht, an Gewicht zu. Der Avignon-Krapp erleidet nur eine schwache oder gar keine Gaͤhrung in den Faͤssern, was von der Art der Zubereitung herruͤhren kann: auch schrumpft er nicht zu einer Masse zusammen. Ueber das Faͤrben. Ein Zusaz von basisch kohlensaurem Kalke (Kreide) oder einer anderen alkalischen Substanz zum Krappbade traͤgt viel zur Dauerhaftigkeit der Farben bei, indem sie dadurch faͤhig werden, dem Bleichen und der Einwirkung des Lichts besser zu widerstehen. Michel Hausmann, welchem unsere Industrie viele Entdekungen verdankt, hat zuerst der Anwendung desselben erwaͤhnt, und die Erfahrung hat die Nuͤzlichkeit desselben bestaͤtiget. Seine Wirkung besteht darin, daß er 1) die Saͤure des Krapps neutralisirt; 2) den rothen Faͤrbestoff bei einer niederen Temperatur aufloͤslicher macht; und 3) die Beizen neutralisirt.Vergl. die Abhandlung: Ueber die Wirkung der Kreide als Zusaz beim Krappfaͤrben von Dr. Dingler im polytechnischen Journale Bd. XXIV. S. 553. A. d. R. Die neutralen Beizen verbinden sich leichter mit den rothen Faͤrbetheilen, und saͤttigen sich vollkommen damit, was dazu beitrage, daß die Farben dauerhafter werden, waͤhrend die Saͤuerlichkeit der Beizen sie hindert, sich mit dem rothen Faͤrbestoffe zu verbinden und sich ganz damit zu saͤttigen, wo sodann die Farben dem Aviviren und der Einwirkung des Lichts weniger widerstehen; uͤbrigens geht die Faͤrbung bei uͤberschuͤssigem Alkali nur unvollstaͤndig vor sich. Mehrere Versuche haben erwiesen, daß ein schwach gesaͤuertes Wasser den rothen Faͤrbestoff nicht merklich aufloͤst. Er ist in 10° C. (8° R.) warmen Wasser, und darunter fast gar nicht aufloͤslich; bei 25° C. (20° R.) aber loͤst er sich vollkommen auf, wenn man ein Tausendtheil kohlensaures Natron zusezt. Man weiß durch eine lange Erfahrung, daß es noͤthig ist, das Faͤrben im Krappbade 2 1/3 bis 3 Stunden dauern zu lassen, die Temperatur von 30° C. (24° R.) an, mehr oder weniger allmaͤhlich zu erhoͤhen nach der Nuͤance, welche man erhalten will, und in gewissen Faͤllen laͤßt man das Bad sogar eine halbe Stunde lang sieden. Das Faͤrben erfordert deßwegen so lange Zeit, weil das Wasser auf ein Mahl nur wenige rothfaͤrbende Theile aufloͤst; in dem Maße, als die Beizen sie absorbiren, loͤst sich eine neue Quantitaͤt davon auf, und so fort. Zwischen 40 und 60° C. (32 und 48° R.) schreitet das Faͤrben am meisten vorwaͤrts. – Der Elsaßer-Krapp gibt seine faͤrbenden Theile bei einer niedrigeren Temperatur ab, als der Avignoner. Wegen der geringen Aufloͤslichkeit des rothen Faͤrbestoffes in Wasser, glaubten viele, daß er darin ganz unaufloͤslich sey, und daß der Krapp nur durch Beruͤhrung faͤrbe; aber zahlreiche Versuche haben bewiesen, daß man den Krapp durch siedendes Wasser ganz erschoͤpfen kann, und sogar noch schneller, und bei einer niedrigeren Temperatur mit einem schwach alkalischen WasserEin zum Faͤrben angewandter Krapp gab, nachdem er mit Wasser von 50° C. (40° R.) ganz ausgezogen war, nur mehr eine schwache Farbe, und nachdem diese auch noch mit Wasser von 25° C. (20° R.), welches 1/1000 Alkali enthielt, oder mit siedendem Wasser ausgezogen worden war, faͤrbte er ganz und gar nicht mehr.A. d. O., und daß man mit einem filtrirten und durch Abdampfen concentrirten Krappdecoct faͤrben kann ohne daß man Krapppulver hinzu nimmt. Die, welche glaubten, daß der rothe Faͤrbestoff unaufloͤslich sey, haben sich dadurch taͤuschen lassen, daß der Krapp, nachdem er zuvor mit kaltem Wasser ausgewaschen, und hierauf getroknet wurde, noch zum Faͤrben tauglich war. Unter allen in der Faͤrberei angewandten Faͤrbestoffen hat der Krapp allein die Eigenschaft, die Beizen so vollstaͤndig zu saͤttigen, daß man den Stoff in ein anderes Faͤrbebad, z.B. ein gelbes, olivenfarbiges u.s.w. bringen kann, ohne daß durch diese neue Operation das Rosenroth und Lilas des Krapps eine merkliche Veraͤnderung erleidet. 100 Theile Krapp enthalten 55 in kaltem Wasser aufloͤsliche Stoffe, 3 in lochendem Wasser aufloͤsliche, worunter der rothe Faͤrbestoff ist, und 38 Theile Holzstoff. Die in kaltem Wasser aufloͤslichen Theile bestehen besonders aus bitteren, zukerigen, falben u.s.w. Stoffen, welche beim Faͤrben unnuͤz sind, und sich einerseits auf die nicht gebeizten Theile des Zeuges legen, indem sie eine kleine Menge rothes Pigment mit sich reißen, und andererseits auf die gebeizten Theile, deren Farbe sie matt machen; es ist also nach dem Faͤrben nothwendig, die verschiedenen Passagen durch Kleie, Seife vorzunehmen, die Zeuge der Sonne auszusezen u.s.w., um die nicht gebeizten Theile des Zeuges zu bleichen, und die gefaͤrbten Theile durch die Absonderung der Stoffe, welche sich momentan mit dem rothen Faͤrbestoffe vereinigt haben, zu aviviren. Seit mehreren Jahren beschleunigt man diese Operationen vortheilhaft auf die Art, daß man nach der ersten Passage mit Seife, eine Passage in einer sehr verduͤnnten Saͤure bei einer mehr oder weniger erhoͤhten Temperatur, nach Art der Nuͤance gibt. Fuͤr das Rosenroth wendet man statt der Saͤure eine Zinnaufloͤsung und Seife mit vorherrschender Saͤure an. Diese Passagen aͤndern die Farbe in Gelb um, aber durch Passagen mit alkalischer Seife erscheinen die urspruͤnglichen Farben glaͤnzender wieder. Man kann dafuͤr folgende Gruͤnde angeben: 1) die Saͤure loͤst die fremden gelben oder falben Theile auf, sowohl diejenigen, welche sich auf die nicht gebeizten Theile des Zeuges befestigt hatten, als diejenigen, welche in Verbindung mit den Beizen die Farben matt machen: 2) ein Theil Saͤure bleibt in Verbindung mit dem Zeuge und den faͤrbenden Theilen, und bereitet sie dadurch vor, daß sie die Seifenpassage mit mehr Vortheil annehmen; 3) die saͤuerlichen faͤrbenden Theile schlagen wahrscheinlich einen Theil der Seife im Zustande eines unaufloͤslichen margarinsauren Salzes nieder, welches darauf in Verbindung zuruͤkbleibt. Die dreifache Verbindung macht dieselben, indem sie den Glanz der Farbe wieder erhoͤht, geeigneter, dem Aviviren zu widerstehen. Der Holzstoff des Krapps haͤlt den rothen Faͤrbestoff so stark zuruͤk, daß er nach einander mit kaltem Wasser, siedendheißem Wasser, siedendem Alkohol und Aether ausgezogen, doch noch der siedendheißen Alaunaufloͤsung Faͤrbestoff abgibt. Ein anderer Beweis fuͤr die Verwandtschaft des Holzstoffes zum rothen Faͤrbestoffe ist der, daß er ihn zum Theile wieder absorbirt, wenn man das Decoct, ohne es abzugießen, erkalten laͤßt. Viele glauben heute zu Tage noch, daß der rothe Faͤrbestoff des Krapps, wenn er nicht mit Beizen verbunden ist, theils durch Feuchtigkeit, theils durch die saure Gaͤhrung, theils durch einen gewissen Grad von Faͤulniß, sehr veraͤnderlich ist; es ist aber erwiesen, daß er allem diesem widersteht.Der rothe Faͤrbestoff wird jedoch durch eine sehr weit vorgeruͤkte Gaͤhrung zerstoͤrt. A. d. O. Es wurden Faͤrbebaͤder mit gereinigtem und mit kaltem Wasser ausgewaschenem Krapp gemacht, welche ungefaͤhr dasselbe Resultat, wie die mit frischem Krapp angesezten, gaben. Mit gleichem Erfolge wurde auch mit gegohrenem und saurem Krapp gefaͤrbt, nachdem man zuvor mit einem Alkali die Saͤure neutralisirt hatte, welche sich der Wirkung des Faͤrbestoffes auf die Beizen haͤtte widersezen koͤnnen. Ueber die Analyse des Krapps. Unsere Mittel, die organischen Substanzen zu untersuchen, sind so unvollkommen, daß man ungeachtet der schoͤnen Arbeiten, welche uͤber den Krapp angestellt wurden, noch nicht dahin gelangt ist, sein rothes Pigment vollkommen zu isoliren; man hat es aber von dem groͤßten Theile der Stoffe befreit, welche beim Faͤrben unnuͤz sind, und ohne Zweifel muß es in diesem Zustande großen Vortheil gewahren.Hier spielt der Verfasser, wie es scheint, auf Kurrer's Methode, den Krapp durch Gaͤhrung, und Kuhlmann's Verfahren, ihn durch Auswaschen, mit kaltem Wasser zu reinigen, an. A. d. R. Die Resultate, welche man beim Faͤrben, bei Anwendung verschiedener Krapp-Praͤparate erhaͤlt, koͤnnen folgendermaßen geordnet werden: 1) Das geistige Extract der schwefelsauren Kohle gab das beste Resultat; dann kommen 2) das Purpurin; 3) das Alizarin; 4) das ammoniakalische Extract der schwefelsauren Kohle, mit Schwefelsaͤure gefaͤllt; 5) die schwefelsaure Kohle, welche man mit ein wenig kohlensaurem Kalke versezt hat. Die verschiedenen Theile der Wurzel, und der Krapp, welcher verschiedene Zubereitungen erlitten hat, koͤnnen folgendermaßen klassificirt werden: 1) die Rinde des Krapps von Palus; 2) der Krapp, welcher drei oder vier Tage lang gegohren hat, und der dann mit kaltem Wasser ausgewaschen wurde; 3) der mit kaltem Wasser, welches mit ungefaͤhr 1/1000 Weinsteinsaͤure gesaͤuert war, ausgewaschene Krapp; 4) der mittelst unter 10° C. (8° R.) kaltem Wasser ausgewaschene Krapp, welcher auf diese Weise ungefaͤhr 55 Procent von seinem Gewichte verloren hat; 5) der Krapp, welcher einen gewissen Grad von Faͤulniß erlitten hat; 6) der Krapp, welcher nach Verlauf von ungefaͤhr drei Wochen, sein Gewicht durch Anziehen von Feuchtigkeit vervierfacht hat. 7) das Innere des Krapps von Palus. Alle diese Faͤrbeversuche wurden mit Mustern von derselben Groͤße gemacht, die mit verschiedenen Beizen bedrukt waren, und mit gleichem Gewichte von Faͤrbematerial, das zuvor bei der Temperatur des siedenden Wassers ausgetroknet war. Alle diese Krapparten gaben fast eben so schoͤne Resultate, wie der rohe Krapp; und da das Auswaschen mit kaltem Wasser die falben Stoffe entfernt hatte, so kamen die nicht bedrukten Theile des Zeuges fast weiß aus dem Faͤrbebade und die weniger durch fremde Substanzen verunreinigten Nuͤancen schienen schon avivirt zu seyn. Wahrscheinlich werden mehrere dieser Krapp-Praͤparate vortheilhaft beim Druke der seidenen Foulard'stuͤcher und beim Rothfaͤrben der Wolle vortheilhaft angewandt werden. Die Seide und die Wolle haben wie alle Gewebe thierischen Ursprungs, und alle geoͤhlten Stoffe, auch ohne Beize eine große Verwandtschaft zu dem falben Stoffe, welcher ein Hinderniß beim Rothfaͤrben dieser Gewebe war; abgesehen davon, daß sie wegen ihrer thierischen Natur nicht mit Alkalien und Saͤuren, wie die Gewebe vegetabilischen Ursprungs, avivirt werden koͤnnten. Aus allen diesen Farbeversuchen geht hervor, daß der rothe Faͤrbestoff, mehr oder weniger isolirt, fuͤr sich allein roth, violett, braun, schwarz u.s.w. faͤrben kann, ohne dazu die gelben, falben, bitteren, zukerigen und schleimigen Substanzen noͤthig zu haben. Dadurch wird die von Hrn. Kuhlmann geaͤußerte Meinung, daß das Alizarin und das Xanthin, in verschiedenen Verhaͤltnissen mit einander verbunden, verschiedene Varietaͤten von Roth geben, vollkommen widerlegt. Untersuchung des Purpurins und des Alizarins. Purpurin. Mehrere Versuche beweisen, daß diese Substanz bei gleichem Gewichte mehr von dem rothen Faͤrbestoffe enthaͤlt, als das Alizarin. Man erhaͤlt immer Purpurin, wenn man eine Aufloͤsung von ausgewaschenem Krapp in Alaun, abdampft, oder mit Schwefelsaͤure niederschlaͤgt; oder wenn man einen Lak mit dieser concentrirten Saͤure behandelt, und hierauf die Aufloͤsung mit Wasser verduͤnnt, um diesen Faͤrbestoff niederzuschlagen. 90 Theile mit kaltem Wasser ausgewaschener Avignon-Krapp (die aus 200 Theilen rohem Krapp erhalten wurden) gaben 4,5 Theile Purpurin. Als dieser Krapp hierauf mit Alkohol behandelt wurde, gab er noch ein gefaͤrbtes Decoct. 100 Theile schwefelsaure Kohle (die aus 200 Theilen Krapp erhalten wurden) gaben 2,25 Theile Purpurin. Indem man jedesmahl eine gleiche Quantitaͤt dieser Kohle anwandte, erhielt man: 11,66 Theile geistiges Extract, 18,20    – abgedampftes ammoniakalisches Extract,   8    – mit Schwefelsaͤure gefaͤlltes ammoniakalisches Extract. In zwei Versuchen gaben 100 Theile Purpurin beim Sublimiren 10 Theile Alizarin, und 65 Theile Ruͤkstand, welcher 10 Theile Alaunerde enthielt. Dieser Ruͤkstand ertheilte der concentrirten Schwefelsaͤure eine schoͤne rothe Farbe, und enthielt noch viele rothfaͤrbende Theile, die man aber nicht sublimiren konnte; bei einer zu starken Hize verbrannten sie. Das aus dem Purpurin sublimirte Alizarin ist reicher an Farbe, als dasjenige, welches man aus dem geistigen Extract des Gelées erhaͤlt. Alizarin. Das Gelée, welches die HHrn. Colin und Robiquet anwandten, um diese Substanz zu bereiten, kann in seiner Zusammensezung sehr variiren, wie folgende Versuche zeigen, die man mit Elsaßer-Krapp anstellte, weil der Avignon-Krapp fast gar kein Gelée gibt. Einerseits vermengte man 1 Theil Krapp mit 5 Theilen Wasser von 15° C. (12° R.) und preßte das Gemenge stark in einer sehr eng gewobenen Leinewand; die Fluͤßigkeit, welche durch die Leinewand ging, war klar, und schien kein Krapp-Pulver zu enthalten. Andererseits machte man ein Gemenge von Krapp und Wasser in demselben Verhaͤltnisse, und brachte es sogleich auf Filter von Papier. Nachdem sich die beiden Gelées gebildet hatten, rieb man sie mit Wasser ab, und troknete sie, nachdem sie gut ausgesuͤßt worden waren. Das zweite Gelée, von der filtrirten Fluͤßigkeit, zog sich auf einen sehr kleinen Raum zusammen, und vertheilte sich in sehr leichte kleine Blaͤttchen, die auf der einen Seite braun, und auf der anderen gruͤnlichgelb waren. Das erste hingegen, von der durch Leinewand gepreßten Fluͤßigkeit, war nach dem Troknen voluminoͤser, schwerer, außerordentlich hart und roͤthlichbraun. Gleiche Gewichte der getrokneten Gelées wurden mit siedendem Alkohol behandelt, und die Ruͤkstaͤnde noch durch Auskochen mit Wasser erschoͤpft. Auf diese Art erhielt man aus 100 Gewichtstheilen des ersteren:   57,69 Theile geistiges Extract,     8,33    – waͤsseriges Extract,   33,69    – unaufloͤsliche Stoffe. ––––– 100 und aus 100 Theilen des zweiten:   88,88 Theile geistiges Extract,     5,56    – waͤsseriges Extract,     5,56    – unaufloͤsliche Stoffe. ––––– 100 Das waͤsserige Extract wurde beim Troknen braun, und enthielt ein basisch kohlensaures Alkali, aber keinen rothen Faͤrbestoff, obgleich sein Ruͤkstand die concentrirte Schwefelsaͤure noch roth faͤrbte. Der Ruͤkstand von dem ersten Gelée bestand hauptsaͤchlich aus holzigen Theilen, welche durch die Leinewand gegangen waren. Als man 100 Theile von dem ersten Gelée bloß mit siedendem Wasser auszog, erhielt man 58,42 Theile troknes Extract, waͤhrend man, wenn man es zuerst mit Alkohol, und darauf mit Wasser behandelte, und die Extracte zusammengoß, 66,02 Theile erhielt, so daß also die in Alkohol aufloͤslichen, aber in Wasser unaufloͤslichen Stoffe, 7,60 Theile betragen, welche hauptsaͤchlich aus Harz bestehen. Wenn man gleiche Gewichtstheile von dem geistigen Extracte dieser Gelées sublimirt, erhaͤlt man zwei Mahl so viel Alizarin aus dem Extracte des ersten, als aus dem des zweiten. Das Alizarin kann in seinen Eigenschaften nach dem Gelée, woraus es dargestellt wurde, sehr variiren. Wenn man das Gelée mit Wasser von 4° C. (3° R.) bereitet, so gibt sein geistiges Extract ein Alizarin, welches sich schwer in Ammoniak aufloͤst, und dieses Alkali braͤunlichgelb faͤrbt; das Alizarin von dem bei 15° C. (12° R.) bereiteten Gelée nimmt in dem Ammoniak eine mehr oder weniger purpurrothe Farbe an; endlich ist das Alizarin, welches man durch Sublimation aus dem Purpurin erhaͤlt, nicht nur viel dunkler roth, als das Alizarin aus den Gelées, sondern es gibt auch mit dem Ammoniak eine viel intensivere purpurrothe Farbe. Folgende Versuche koͤnnen ein großes Licht uͤber die wahre Natur des Alizarins, oder wenigstens uͤber die Substanz, welche seine Erscheinung verursacht, verbreiten. Ein aus der durch Leinewand gedruͤkten Fluͤßigkeit erhaltenes Gelée wurde mit kochendem Wasser ausgezogen. Diese Operation erforderte eine große Menge Wasser, weil der rothe Faͤrbestoff sich nicht in großer Menge in dieser Fluͤßigkeit aufloͤst, obgleich er sich darin, wie man sich davon durch mehrere Versuche uͤberzeugte, vollstaͤndig aufloͤst. Dieses Extract war braun; durch concentrirte Schwefelsaͤure nahm es eine schoͤne dunkelrothe Farbe an, und diente eben so gut zum Faͤrben, wie das geistige Extract; als man es aber in einer Glasroͤhre sublimirte, erhielt man nur sehr wenige Daͤmpfe von schmuziger, gelblichweißer Farbe, welche sich oben in der Roͤhre verdichteten. Der kohlige Ruͤkstand von der Sublimation war voluminoͤs, und faͤrbte sich mit concentrirter Schwefelsaͤure nicht mehr. Wenn nun das waͤsserige Extract des Gelées keinen Sublimat von Alizarin gab, waͤhrend doch diese Substanz bei der Sublimation des geistigen Extracts von demselben Gelée erscheint, obgleich beide Extracte den rothen Faͤrbestoff enthalten, so kann dieser Unterschied nur von Substanzen herruͤhren, die in Alkohol aufloͤslich, in Wasser unaufloͤslich, und von dem Faͤrbestoffe verschieden sind. Dieß sezt folgender Versuch außer Zweifel. Krapp (oder schwefelsaure Kohle) wurde mit kaltem Wasser ausgewaschen, dann mit siedendheißen Alaunaufloͤsungen ausgezogen; hierauf mit saͤuerlichem Wasser ausgesuͤßt, um die lezten Spuren von Alaun zu entfernen, und endlich mit reinem Wasser, um die Saͤure wegzuschaffen. Der Ruͤkstand wurde hierauf so lange mit siedendem Alkohol behandelt, bis alle darin aufloͤslichen Theile ausgezogen waren, der sich besonders bei den ersten Decocten dadurch schoͤn gelb faͤrbte. Die geistigen Aufloͤsungen wurden zusammengegossen, und zur Trokniß abgedampft. Sie gaben gelblichbraune und weiche HarzeHier versteht man unter Harz (resine) die fluͤchtige Substanz des Krapps, welche in Wasser unaufloͤslich, aber in Alkohol und Aether aufloͤslich ist, ohne daß man jedoch uͤber ihre Natur, welche unbekannt ist, sich entschieden aussprechen will.A. d. O., besonders diejenigen von der schwefelsauren Kohle. Diese Harze sublimirten sich mit demselben Geruche, wie das Alizarin, und gaben Krystalle, welche alle Eigenschaften dieser lezteren Substanz besaßen, und welche sehr ausgezeichnet waren, besonders die aus dem Harze von der schwefelsauren Kohle. Diese lezteren Krystalle waren vollkommen weiß und glaͤnzend; aber die anderen von schmuziger hellgelber Farbe. Die Schwefelsaͤure scheint die Sublimation des Alizarins zu beguͤnstigen; denn wenn man einige Tropfen davon dem geistigen Extract des Gelées zusezt, erhaͤlt man daraus viel mehr Alizarin. Sie uͤbt diesen Einfluß auch noch aus, nachdem der Faͤrbestoff sich auf dem Zeuge mit Alaunerde und Eisenoxyd verbunden hat. Wenn man auf gewoͤhnliche Weise, gedrukte und mit Krapp gefaͤrbte, ausgewaschene, und durch Seifenaufloͤsungen gezogene Muster, dem Dampfe aussezt, sublimirt sich ein Theil der Farbe, besonders wenn sie in Beruͤhrung mit Schwefelsaure ist; und umgibt man diese Muster mit einem weißen Zeuge, so vereinigen sich die sublimirten Theile wieder mit diesem, und die Dessins erscheinen darauf in derselben Form, wie auf dem urspruͤnglich gefaͤrbten Zeuge. Die so uͤbertragenen Dessins haben anfangs eine orangegelbe Farbe und werden rosenroth, wenn man sie in reinem oder noch besser in alkalischem Wasser auswaͤscht. Diese Umaͤnderung der Farbe von Gelb in Rosenroth ist die Sache eines Augenblikes, und gleicht derjenigen, welche das Alizarin in demselben Falle erleidet. Es verdient bemerkt zu werden, daß mehrere andere Saͤuren diese Eigenschaft, die Sublimation des Alizarins zu beguͤnstigen, mit der Schwefelsaure theilen.