Titel: Ueber den gegenwärtigen Zustand der Eisenhüttenwerke in Frankreich und über die Wirkung des Einfuhr-Verbotes von Fabrikaten aus dem Auslande, welche im Lande selbst erzeugt werden können.
Fundstelle: Band 27, Jahrgang 1828, Nr. LXXIII., S. 275
Download: XML
LXXIII. Ueber den gegenwaͤrtigen Zustand der Eisenhuͤttenwerke in Frankreich und uͤber die Wirkung des Einfuhr-Verbotes von Fabrikaten aus dem Auslande, welche im Lande selbst erzeugt werden koͤnnen. Aus einem Schreiben an den Herausgeber. Ueber den gegenwaͤrtigen Zustand der Eisenhuͤttenwerke in Frankreich. E. W. haben schon oͤfters in Ihrem Journale sich der Industrie Ihres Vaterlandes, so wie der deutschen Industrie uͤberhaupt maͤnnlich und ehrlich angenommen, und durch das Beispiel aller Staaten Europens erwiesen, daß Industrie nur dort gedeihen kann, wo man sie schuͤzt, und daß die einzig moͤgliche Weise sie zu schuͤzen diese ist, daß man nicht Kraͤmer das einfuͤhren und im Lande verschachern laͤßt, was im Lande selbst erzeugt werden kann. Ich erhielt Heron's de la Villefosse Abhandlung uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand der Eisenhuͤttenwerke in Frankreich, wovon ich Ihnen einen Auszug aus dieser Abhandlung sende, der jedem beweisen wird, daß es gut und weise ist, Einfuhr von Waaren zu verbiethen, die man im Lande selbst erzeugen kann. Frankreich erhoͤhte den Einfuhrzoll auf auslaͤndisches Eisen im J. 1822 auf eine solche Weise, daß so schlecht bisher sein inlaͤndisches Eisen war, kaum mehr eines eingefuͤhrt werden konnte. Das Resultat hiervon war, daß waͤhrend im J. 1821 noch 138,437 metr. Ztr. Stabeisen nach Frankreich eingefuͤhrt wurden, im J. 1822 nur 50,692 1823  – 45,216 1824  – 58,134 metrische Zentner mehr eingefuͤhrt wurden. Dafuͤr fuͤhrte man aber die englische Methode der Eisenerzeugung selbst in Frankreich ein. Englaͤnder, die in England nicht mehr Absaz oder Arbeit hatten, weil der Eisenhandel nach Frankreich verloren war durch diese hohen Zoͤlle, siedelten sich jezt in Frankreich an, und zwar in solcher Menge, daß die Nachfrage nach Roheisen den Preis desselben bedeutend erhoͤhte, von 20 Franken bis auf 28 und 30 per Ztr.; in einigen Gegenden sogar bis auf 70. Wer gewann dabei? Die ganze arbeitende Classe Frankreichs. Tausende, die ehevor bettelten und hungerten, finden jezt reichliche Nahrung in den vielen neu eroͤffneten Eisenbergwerken und neu erbauten Hochoͤfen, in den neu eroͤffneten Steinkohlengruben, und die adeligen und reichen Besizer der fruͤheren Eisenbergwerke und Hochoͤfen, die auf dem Puncte standen, Bankerott bei ihren Eisenwerken zu machen, erhielten sich nicht bloß, sondern bluͤhten neuerdings auf; sie waren nicht mehr genoͤthigt, ihre Arbeiter abzudanken und neue Bettler in das Land zu schiken; sie konnten vielmehr die Bettler zu wohlhabenden Leuten machen, und selbst dabei reich werden. Vergleichen Sie folgende Eisenpreise in Frankreich mit jenen des Auslandes. Im Departement de la Haute-Saône galt der metrische Zentner Stabeisen im J. 1824 55 Fr. 1826 70 Fr. Sehr gutes 76 – 84 Fr. Drahteisen 90 Fr. Im Departement de la Haute Marne im J. 1825 Eisen der ersten Qualitaͤt (roche) 57 Fr. zweiten    – (vosges) 55 Fr. dritten    – (demi-roche) 55 Fr. Zu Paris galt lezteres nach den drei verschiedenen Qualitaͤten im Handel 65 Frank, 62 und 60 Franken. In Burgund galt das Eisen im J. 1825 in mtr. Ztr. 59 Franken. Berry  – 64    – Perigord  – 56    – Gleichzeitig galt aber im Auslande (an Ort und Stelle seiner Erzeugung) das beste niederlaͤndische Eisen 45 Franken; die zweite Qualitaͤt 37 Franken. deutsche vom Rheine 38 Franken. schwedische 32    – russische 32    – englische 24    – „Wie waͤre es moͤglich“ sagt Hr. de la Villefosse „daß unsere Eisenhuͤtten ohne Einfuhrverbothe bei solchen Preisen des besseren auslaͤndischen Eisens Concurrenz halten koͤnnten?“ Selbst jezt noch, bei dem erhoͤhten Zolle, kommen diese auslaͤndischen Eisenarten beinahe so wohlfeil, als die franzoͤsischen: der Franzose hilft indessen lieber der Industrie seines Vaterlandes empor, als der des Auslandes, und unterscheidet sich hierdurch, wie es scheint zu seinem Vortheile, von dem Deutschen. Waͤhrend der Preis des Eisens seit drei Jahren in Frankreich nur um Ein Drittel stieg, stieg der Preis des Holzes um das Dreifache; das Maß Holz, das ehevor 3 Franken kostete, kostet jezt 9 Franken. Und so gewinnt, durch Belebung der Industrie, auch der Landwirth, der seine Guͤter, die jezt so wenig Ertrag gewaͤhren, zu hoͤheren Renten bewirthschaften kann.